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Hervorgeholt: Gefängnis Hoheneck

Besuch eines dunklen Ortes

Blick auf Stollberg, vom Schlossberg aus
Blick auf Stollberg, vom Schlossberg aus

 

Wer die schöne kleine Erzgebirgsstadt Stollberg unweit von Chemnitz mal besucht, der kommt an der Stalburg nicht vorbei. Das ist ein über der Stadt auf einem Berg gelegener Komplex mit Gebäuden aus mehreren Jahrhunderten. Dort ist der ursprüngliche Standort der Stalburg, der auch Stollberg seinen Namen verdankt. Später wurde die Burg zum Schloss umgebaut und hieß Schloss Hoheneck. Dominierendes Gebäude heute ist der große rote Backsteinbau.

 

Das ehemalige Gefängnis. Viele kleine Zellenfenster gucken weit ins Land.

 

Heute ist es eine Gedenkstätte, die noch im Umbau ist und deshalb derzeit nicht von innen besichtigt werden kann. Im Sommer 2019 wurde eine Gedenktafel enthüllt. Eine neugestaltete und sehr interessante Website gibt seit Oktober diesen Jahres Auskunft über die Geschichte von Stalburg, Hoheneck und Gefängnistradition des Ortes.

 

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Gefängnistor Hoheneck
Gefängnistor Hoheneck

 

Verlässt man das Zentrum Stollbergs, den schönen kleinen Markt mit restaurierten Häusern, Gassen und Straßen, einem Park, einem feinen italienischen Restaurant und wendet sich nach Südosten , kommt man zur Stalburg, Schloss Hoheneck, Gefängnis Hoheneck. Viele Namen für einen Ort mit langer und zum Teil sehr unglücklicher Geschichte.

 

Für den Aufstieg gibts verschiedene Möglichkeiten. Man überquert von der Stadt aus kommend den Gablenzbach und geht über kleine Straßen mit Wohnhäusern und Gärten immer bergauf den Schlossberg hoch.  Und steht nach kurzer Zeit schon auf dem Zufahrtsweg zu einem großen blauen Eingangstor. Das ist das Gefängnistor von Hoheneck.

 

Ich stehe davor. Das Tor ist und bleibt geschlossen. Für mich. Ein mulmiges Gefühl habe ich schon, obwohl ich weiß, dass dieser Ort längst kein Gefängnis mehr ist.

 

Die Sonne scheint. Ich bin frei.

 

Viele andere Menschen hatten nicht so viel Glück. Vor allem Frauen hat man hier eingesperrt. Schon im 19. Jahrhundert, aber besonders in der Zeit von 1945 - 1989. Die Geschichte des Gefängnisses ist sehr eindrücklich auf der genannten Website beschrieben, deshalb mache ich da jetzt nicht weiter.

 

Auch einen kleinen Film über "Die Frauen von Hoheneck" habe ich Dir an diesen Artikel drangehangen. Beeindruckend, berührend und interessant. 

Da ich in den Gebäudekomplex nicht hineinkomme, gehe ich einmal außen herum. Das ganze Areal ist ziemlich groß und ich nehme mir Zeit zum Näherhinschauen. Die hohen Außenmauern. Die Tore und Wachstationen. Gebäude, die wie Fabrikgebäude aussehen und in denen die Häftlinge arbeiten mussten. Hier wurde z. B. Bettwäsche für den Export in den Westen genäht.

 

Sobald dieser Ort wieder zugänglich ist, werde ich diese Gedenkstätte besuchen.

 

Wieviel Unglück sich an diesem Ort konzentriert. Auch an so einem schönen sonnigen Tag wie jetzt gerade spürt man es. Für tausende Frauen jeden Alters war hier vorerst Endstation. Sie verloren ihre Kinder, ihre Männer, ihre Familien, ihren sozialen Status. Viele auch ihre Gesundheit, die durch die Haftbedingungen geschädigt wurde. Die Gründe, warum man hier landete, waren verschieden. Aber dazu bin ich nicht kompetent genug, lies bei den Websites von BPB oder Hoheneck selber nach.

 

Auf jeden Fall saßen hier viele Gefangene aus politischen Gründen, z. B. wegen versuchter oder vorbereiteter Republikflucht. Einige von ihnen waren veraten worden, von Menschen, die ihnen nahe standen.  Die Haftbedingungen waren schlimm. Stark überbelegt war dieser Knast, bis zu 1600 Frauen saßen hier gleichzeitig. Es gab Dunkelzellen.  Und Wasserzellen, in die die Gefangenen zur Strafe kamen und Stunden und Tage im kalten Wasser stehen mussten, mit dem die gesamte Zelle geflutet wurde. Aber auch Kriminelle verbüßten hier ihre Strafen. Sie standen in der Gefangenhierarchie weiter oben als die "Politischen". Die Konflikte, die Misshandlungen, die Verzweiflung, das Kaputtsein kann man sich vorstellen. Aber auch Solidarität, Hilfe, Freundschaft untereinander - so gut es ging.

 

Auf Twitter hat die Gedenkstätte Hoheneck einen acount @GHoheneck, dem man folgen und sich informieren kann. Die Bundeszentral für politische Bildung (BPB) hat dazu auch einige Informationen für uns, s. unten.

 

Aber hier kommt erst eine kleine Bildergalerie. Diese Fotos stammen nicht von mir. Die Quellen sind angegeben.

Wenn man sich dieses wuchtige Gebäude auf dem Berg anschaut, so liegt es, mit ein wenig Abstand zwar, aber doch mitten in einer gemütlichen Häuschen-Siedlung, dem Stollberger Stadtteil Hoheneck.

 

Was haben diese Häuschen-Bewohner sich gedacht, wer dort in dem Gefängnis vor ihrer Haustür so sitzt ? Wie lange ? Und warum ? Sie waren daran gewöhnt, da dieses rote Gebäude halt schon immer da war. Viele kleine Zellenfenster. Immer hat man das gesehen, die Kinder beim Spielen, die Großen beim Gärtnern, Autowaschen, Wäscheaufhängen oder Grillen. Viele haben sicher auch da gearbeitet, als Wärterin, als Köchin, als Buchhalter... Hat da mal einer abends rübergeschaut, auf die leuchtenden Vierecke ? Oder die dunklen ? Bestimmt ist irgendwann ein Ausbruch gelungen. Mir hat mal jemand darüber etwas erzählt. Kann ich aber hier nicht wiedergeben. Ob dann einer der Anwohner geholfen hat oder nicht ? Welche Rolle spielten Angst und Überzeugung ? 

 

Das Gefängnis wurde nicht 1989 geschlossen. Es existierte noch bis 2001 als Strafvollzugsanstalt für Männer, soweit ich weiß.

 

Seien wir froh, dass wir in Freiheit leben. Das ist doch das höchste Gut. Und setzen wir uns dafür ein, Demokratie und freiheitliche Werte zu schätzen und zu erhalten !

 

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Den Schlossberg herunter
Den Schlossberg herunter

Reportage zum Frauengefängnis Hoheneck: