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  32. <title>Meine Oberärzte</title>
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  36. <pubDate>Sat, 08 May 2021 07:00:00 +0000</pubDate>
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  46.  
  47. <description><![CDATA[C. betritt den Raum, schaut sich um, unsere Blicke treffen sich. &#8218;Wo bist du heute, T.?&#8216; Ich bin erstaunt. Was möchte C. wohl von mir? &#8218;In der Ambulanz!&#8216;, werfe ich ihm zu. Er nickt, seine dunklen Locken, die mittlerweile schon recht grau sind, sind zerwuschelt wie fast immer und noch dazu etwas zerdrückt vom Fahrradhelm.&#8230; <a class="more-link" href="https://medizinerei.com/2021/05/08/meine-oberarzte/">Weiterlesen <span class="screen-reader-text">Meine Oberärzte</span></a>]]></description>
  48. <content:encoded><![CDATA[
  49. <p>C. betritt den Raum, schaut sich um, unsere Blicke treffen sich. &#8218;Wo bist du heute, T.?&#8216; Ich bin erstaunt. Was möchte C. wohl von mir? &#8218;In der Ambulanz!&#8216;, werfe ich ihm zu. Er nickt, seine dunklen Locken, die mittlerweile schon recht grau sind, sind zerwuschelt wie fast immer und noch dazu etwas zerdrückt vom Fahrradhelm. Wir fahren fast die gleiche Strecke, auf dem Weg getroffen haben wir uns bisher aber nur zwei- oder dreimal. Ich glaube, C. fährt mit seinem Rennrad nur Straße, ich versuche, so viel wie möglich &#8218;durch die Natur&#8216; zu fahren, sofern das in einer Großstadt möglich ist. &#8218;Alles klar, ich komme gleich mal vorbei.&#8216; So langsam trudelt die Mannschaft ein. Die letzten schnellen Schrittes, kurz bevor der Chef die Tür zuzieht und die morgendliche Übergabe beginnt. </p>
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  53. <p>Nach fast eineinhalb Jahren im Team habe ich unsere Oberärzte und Oberärztinnen lieb gewonnen, und obwohl das sentimental-übertrieben klingen mag, meine ich es. Und ich glaube, ich bin nicht die einzige &#8211; es herrscht ein sehr nettes Miteinander und vielleicht liegt es an Corona und daran, dass soziale Kontakte außerhalb der Arbeit deutlich weniger geworden sind &#8211; ich habe das Gefühl, dass wir uns mögen im Team, so ganz grundsätzlich und generell. </p>
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  57. <h4 class="wp-block-heading">Lasst mich vorstellen:  </h4>
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  60.  
  61. <p>Da ist I., der einen auf Junggebliebenen macht und sehr herzlich im Umgang mit den PatientInnen ist. Der durchaus aber auch mal den ein oder anderen Spruch auf den Lippen hat, bei dem seine Sozialisation deutlich wird, die dann irgendwie doch nicht so ganz in die junge Generation passt. Wenn ich gemein wäre, würde ich Typus &#8218;alter weißer Mann sagen&#8216;, oder zumindest ein Vertreter dieses Typus (da gibt es ja auch wieder verschiedene) &#8211; meint es nett, ist sich seiner zahlreichen Privilegien aber nur ansatzweise bewusst und gefällt sich in seiner Rolle als Charmeur, ohne dabei das bittere Geschmäckle seines patriarchalen Erbes kritisch zu bewerten. Oder so ähnlich. </p>
  62.  
  63.  
  64.  
  65. <p>Da ist K., der Ende des Jahres in Ruhestand geht, und bei dem ich mich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass er uns &#8211; den jungen Ärztinnen, mit denen er tagtäglich arbeitet und denen er mit seiner Erfahrung zu Rate steht &#8211; auf eine wohlwollend-väterliche Art dabei zusieht, wie wir &#8218;groß werden&#8216; und &#8218;laufen lernen&#8216;. Manchmal amüsiert über unseren Ehrgeiz, manchmal stolz über unsere Fortschritte. Immer wertschätzend. Belustigt-fasziniert darüber, wie wir jungen Frauen mit Idealismus und reichlich Energie an Dinge herangehen. (Das ein oder andere Mal schien er mir auch sehr gerührt, ob über uns oder die jungen Mütter auf der Säuglingsstation, wobei er das natürlich hinter trockenen Sprüchen versteckt.) Der in seinem Urlaub mit dem Motorrad durch die USA fährt, am Wochenende gärtnert, und mit seinem Humor nicht nur andere unterhält &#8211; sondern oft genug auch sich selbst breit zum Schmunzeln bringt. Kürzlich hat er angemerkt, dass wir (gemeint wiederum wir junge Assistenzärztinnen) doch eigentlich alle viel zu gut bezahlt würden &#8211; wir doch gar kein Geld bräuchten, wo wir alle kein Auto wollten und lieber mit dem Rad kämen. (Das könnte jetzt auch falsch rüberkommen &#8211; in der Situation selbst, habe ich seine Worte aber eher gepaart mit einem Kopfschütteln und Staunen, vielleicht sogar Bewunderung über unsere Generation wahrgenommen.)</p>
  66.  
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  68.  
  69. <p>Und da ist C., der mit dem Wuschelkopf, der unter seinem Kittel oft bunt bedruckte T-Shirts oder wild gemusterte Hemden anhat. Der sympathische, etwas abgedrehte Sonderling, der ein unglaubliches Gedächtnis hat, aber ansonsten oft etwas chaotisch wirkt. Der sich nicht davor scheut, in großer Runde seine Meinung kundzutun und sich auch in intern-krankenhauspolitische Debatten einmischt (was, so ist mein Eindruck, viele Mediziner eher scheuen, sind sie doch oft in strengen, manchmal fast autokratischen Hierarchien &#8218;aufgewachsen&#8216;). </p>
  70.  
  71.  
  72.  
  73. <h4 class="wp-block-heading">&#8230; zurück zur Übergabe &#8230; </h4>
  74.  
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  77. <p>Was C. wohl von mir will? Kürzlich hat er mir Material gegeben, weil ich eine Fortbildung zu einem Thema aus seinem Fachbereich vorbereite. Ob es damit zu tun hat? Oder hat er etwas eine &#8218;Reklamation&#8216;, irgendein Kind, das ich betreut habe, und bei dem mir ein Fehler unterlaufen ist? Kurz geht mein Puls hoch &#8211; obwohl ich mittlerweile klinisch deutlich sicherer bin und selten Angst habe, dass ich etwas komplett falsch eingeschätzt oder übersehen habe, gehört es zum Berufsrisiko, dass irgendwann etwas schief geht. </p>
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  80.  
  81. <p>Kurz nach der Übergabe kommt C. in die Notaufnahme, mittlerweile im Kittel. Meine kurzen Bedenken lösen sich schnell in Luft auf: Er möchte mir das EEG (Messung der Hirnströme) eines Kindes zeigen, das ich kürzlich gesehen habe, und bei dem sich Auffälligkeiten im Sinne einer fokalen Epilepsie zeigen. Nicht als Kritik oder Feedback, sondern weil es spannend ist und letztlich gut gelaufen. Die Eltern hatten sich nachts vorgestellt und angegeben, ihre 5-jährige Tochter sei aus dem Schlaf aufgewacht, habe geweint, sei ängstlich gewesen und habe kurz danach angegeben, nichts sehen zu können. Weil das Kind klinisch unauffällig war, hatte ich sie mit V.a. Pavor nocturnus (= Nachtschreck) nach Hause geschickt; da mir die Geschichte aber dennoch etwas komisch vorkam, sie zum EEG wieder einbestellt. Und diese Intuition war richtig gewesen &#8211; C. zeigt mir die Spike-Waves (ein besonderes Muster im EEG), die okzipital (im Hinterkopf) zu sehen sind, und die durchaus eine kurzzeitige Amaurose (Blindheit) verursachen können. </p>
  82.  
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  84.  
  85. <p>Also alles in Ordnung. Die Woche kann beginnen! </p>
  86. ]]></content:encoded>
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  92. </item>
  93. <item>
  94. <title>Teambuilding on-the-job</title>
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  97. <dc:creator><![CDATA[medizinerei]]></dc:creator>
  98. <pubDate>Sun, 24 Jan 2021 12:00:32 +0000</pubDate>
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  109. <description><![CDATA[&#8218;Und wenn du schnell bist, dann kann ich das Zimmer in zehn Minuten mit dem Kind besetzen, das mit dem Rettungswagen angekündigt ist.&#8216; Schwester J. ist auf Zack, was in der Notaufnahme und generell im Krankenhaus, wo fast immer mehr zu tun ist als Zeit da, generell nicht verkehrt ist. Trotzdem bin ich so langsam&#8230; <a class="more-link" href="https://medizinerei.com/2021/01/24/teambuilding-on-the-job/">Weiterlesen <span class="screen-reader-text">Teambuilding on-the-job</span></a>]]></description>
  110. <content:encoded><![CDATA[
  111. <p>&#8218;Und wenn du schnell bist, dann kann ich das Zimmer in zehn Minuten mit dem Kind besetzen, das mit dem Rettungswagen angekündigt ist.&#8216; Schwester J. ist auf Zack, was in der Notaufnahme und generell im Krankenhaus, wo fast immer mehr zu tun ist als Zeit da, generell nicht verkehrt ist. Trotzdem bin ich so langsam empört und habe das Bedürfnis, mich zu wehren. &#8218;Mach mir doch keinen extra Druck!&#8216;, werfe ich ihr zu und verschwinde im Behandlungszimmer. Schon öfter hat sie mir nahezu diktiert, was ich machen soll und nicht immer habe ich die Situation klinisch so eingeschätzt wie sie. Diesmal hat sie Recht, das zweijährige Mädchen, dem ich mich zuwende, macht einen sehr guten Eindruck. Vorhin habe seine Mutter eine kleine Papel am linken Augenlid gesehen, die sich eröffnet habe, kurz danach sei das Auge minimal eitrig gewesen. Ansonsten bester Allgemeinzustand, fieberfrei, das Mädchen lässt sich geduldig von mir untersuchen und verfolgt aufmerksam, was ich mit ihr anstelle. Ich gebe ihr Kochsalz-Tropfen mit, mit denen kann sie das Auge ein wenig spülen, ansonsten weiter beobachten und ab nach Hause. </p>
  112.  
  113.  
  114.  
  115. <h4 class="wp-block-heading">Später kommen wir zur Ruhe. </h4>
  116.  
  117.  
  118.  
  119. <p>Corona- und Lockdown-bedingt haben wir nach wie vor viel weniger Patienten in der Notaufnahme als in einem &#8217;normalen&#8216; Winter. Schwester J. erzählt, dass sie langsam das Gefühl hat, zu lange &#8218;raus&#8216; zu sein. Vor vier Jahren ist sie in Ruhestand gegangen, seitdem arbeitet sie etwa zweimal pro Monat, weil man so eine erfahrene Schwester wie sie sehr gut brauchen kann, aber auch, weil es schön ist, immer mal wieder alte KollegInnen zu sehen und den Kontakt zur Klinik noch nicht ganz zu verlieren. Sie erklärt mir, dass sie nun zunehmend gefordert ist &#8211; vom neuen IT-System und von neuen Geräten, in die sie nicht gut eingearbeitet wird oder die sie so selten nutzt, dass sie jedes Mal neu überlegen muss, wie sie noch mal funktionieren. Neue KollegInnen (wie ich) kennen sie nicht; und in vereinzelten Diensten zusammen lernt man sich nicht gut kennen. </p>
  120.  
  121.  
  122.  
  123. <p>Es ist ein gutes Gespräch. Meine Entrüstung über den leicht kommandierenden Ton, den Schwester J. im Umgang mit mir schon öfter an den Tag gelegt hat, geht in Verständnis über. Sie hat mir Jahrzehnte an Erfahrung voraus, wenn es darum geht, kranke Kinder einzuschätzen. Gleichzeitig trage ich die Verantwortung, wenn ich ein Kind nach Hause schicke &#8211; und gerade weil ich noch unerfahrener bin und dennoch sicher gehen will, nichts zu übersehen, arbeite ich gründlich &#8211; und in ihren Augen sicherlich teilweise zu langsam. </p>
  124.  
  125.  
  126.  
  127. <h4 class="wp-block-heading">Im Krankenhaus sind die Teams ständig neu zusammengesetzt. </h4>
  128.  
  129.  
  130.  
  131. <p>Allein durch den Schichtdienst und die Notwendigkeit, dass eine Versorgung rund um die Uhr stattfindet, treffen ständig neue PflegerInnen und ÄrztInnen aufeinander. Müssen sich Namen merken, einschätzen, wie sehr sie auf das fachliche Urteil des Gegenüber vertrauen, so miteinander kommunizieren lernen, dass die Botschaft auch ankommt. Der Pflegemangel überspitzt das ganze &#8211; auch in unserer Kinderklinik haben wir auf den einzelnen Stationen etwa monatlich neue ZeitarbeiterInnen im Dienst, die aushelfen und oft eher nebenbei als gründlich eingearbeitet werden. Manche sind so, dass sowohl die Pflegedienstleitung als auch wir KollegInnen um sie werben und versuchen, sie zu überreden, doch fest bei uns zu bleiben. Andere sind so, dass es heißt, &#8218;man muss halt nehmen, wen man kriegen kann&#8216;; ein Urteil, was wohl vernichtender nicht sein könnte. </p>
  132.  
  133.  
  134.  
  135. <p>Mit Schwester J. habe ich mich am Ende des Dienstes versöhnt. Wir haben uns besser kennen gelernt, wissen um die Situation der anderen und sind verständnisvoller. Hoffentlich überlegt sie es sich noch mal und hört nicht Mitte des Jahres endgültig auf, wie sie es vorhin angekündigt hat. </p>
  136.  
  137.  
  138.  
  139. <p>Denn jetzt haben wir ja gerade eine gute Ebene gefunden zur erfolgreichen Zusammenarbeit. Und dann darf auch gern mal der Status Quo bleiben. </p>
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  146. </item>
  147. <item>
  148. <title>Rassismus im Krankenhaus?</title>
  149. <link>https://medizinerei.com/2020/12/03/rassismus-im-krankenhaus/</link>
  150. <comments>https://medizinerei.com/2020/12/03/rassismus-im-krankenhaus/#comments</comments>
  151. <dc:creator><![CDATA[medizinerei]]></dc:creator>
  152. <pubDate>Thu, 03 Dec 2020 19:36:45 +0000</pubDate>
  153. <category><![CDATA[Klinikmomente]]></category>
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  165.  
  166. <description><![CDATA[&#8218;Naja, und die sehen ja nicht gerade danach aus, als hätten sie 2.000 Euro in der Tasche und könnten das selbst zahlen.&#8218; Ich bin geschafft. Die Woche war anstrengend. Es sind gar nicht so viele Patienten eigentlich, aber so einige haben es in sich. Da ist die Mutter, die kaum Deutsch spricht, und mit der&#8230; <a class="more-link" href="https://medizinerei.com/2020/12/03/rassismus-im-krankenhaus/">Weiterlesen <span class="screen-reader-text">Rassismus im Krankenhaus?</span></a>]]></description>
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  168. <p>&#8218;<em>Naja, und die sehen ja nicht gerade danach aus, als hätten sie 2.000 Euro in der Tasche und könnten das selbst zahlen.</em>&#8218;</p>
  169.  
  170.  
  171.  
  172. <p>Ich bin geschafft. Die Woche war anstrengend. Es sind gar nicht so viele Patienten eigentlich, aber so einige haben es in sich. Da ist die Mutter, die kaum Deutsch spricht, und mit der ich mich mit Händen und Füßen und dem bisschen Spanisch, was übrig geblieben ist aus Erstsemestertagen, verständige. Und da ist die Patientin mit der Colitis ulzerosa, die die Aufklärung und Erklärungen zu ihrer Krankheit der Gastro-Oberärztin so gut sie konnte für ihre Großmutter übersetzt hat, weil die nur Türkisch redet. Zu der ich später noch mal gegangen bin, mit Übersetzer am Telefon&#8230; Da ist das Labor, dem ich hinterhertelefoniere, weil ein Vater, dessen Sohn letzte Woche mit peripherer Fazialisparese (einseitiger Gesichtslähmung) hier war, wie verabredet jeden Nachmittag anruft: Weil wir ihm aufgetragen haben, sich nach den Borrelien-Befunden zu erkunden. Heute meldete er sich mit den Worten &#8218;und täglich grüßt das Murmeltier, Frau Doktor, hier ist xxx, der Vater von yyy!&#8216; Das Labor, das mir gerade eröffnet hat, dass nicht genug Material da war und ich deshalb noch lange auf die Befunde seines Sohnes warten kann &#8211; eine Info, die bereits seit längerem vorlag, aber nicht an mich weitergeleitet wurde&#8230; Der Vater meines Patienten ist mittlerweile fast schon belustigt, dass wir uns täglich am Telefon sprechen &#8211; seinem Sohn geht es glücklicherweise schon wieder deutlich besser, so dass er genau wie ich nicht mehr an eine bakterielle Genese des Geschehens glaubt.</p>
  173.  
  174.  
  175.  
  176. <p>Mein Kopf ist also voll, fühlt sich überladen an. Weil ich ständig dabei unterbrochen werde, was ich gerade mache, habe ich mittlerweile das Gefühl, kaum mehr gerade denken zu können. Fühlt sich so Überforderung an? Auf jeden Fall fühle ich mich stark gefordert und sehne mich nach einem Umfeld, in dem nicht 90% meiner KollegInnen gestresst durch die Gegend hetzen&#8230; aber darauf kann ich auf dieser Station wohl noch lange warten. In der Pflege scheint sich die Leitung mittlerweile damit abgefunden zu haben, dass die Fluktuation groß ist. Bei uns ÄrztInnen wird rotiert, so dass keiner von uns über Jahre auf dieser Station bleiben wird. Und es stimmt wohl &#8211; wäre ich durchgängig hier eingeteilt, würde auch ich hier nicht alt werden wollen. So traurig es auch ist, nette Pfleger und Schwestern ziehen zu sehen &#8211; ich kann sie gut verstehen. </p>
  177.  
  178.  
  179.  
  180. <p>In dieser Stimmung bin ich also, als mir mein Oberarzt die Ernährungstherapie bei Morbus Crohn erklärt und auf die hohen Kosten der Ernährungstherapie hinweist. Ich bin zu erschöpft, um bei seinem bissigen Kommentar aufzuhorchen, mache mir Notizen, damit mir die Infos, die ich brauche, um das Prozedere zu organisieren, nicht untergehen. Es ist also wichtig, rechtzeitig daran zu denken, das Rezept auszustellen. </p>
  181.  
  182.  
  183.  
  184. <h4 class="wp-block-heading">Und doch bleiben seine Worte irgendwie hängen. Was meint er eigentlich? </h4>
  185.  
  186.  
  187.  
  188. <p>Mein Oberarzt hat vorhin schon angedeutet, dass er unzufrieden ist mit der Patientin I. bzw. ihren Eltern. Vor zwei Jahren wurde die chronisch-entzündliche Darmerkrankung bei ihr diagnostiziert, durch die von ihm eingeleitete Therapie (eine Art &#8218;Astronautennahrung&#8216; für zwei Monate, anschließend Tabletten als Dauertherapie) hatte sehr gute Ergebnisse erzielt, wurde von der Patientin aber vor einem knappen Jahr ohne Rücksprache mit ihm abgesetzt. Darüber hat er die Nase gerümpft. Patienten, die einfach das machen, was ihnen gefällt, mit denen hat er nich mehr so viel Geduld. </p>
  189.  
  190.  
  191.  
  192. <p>Aber der Kommentar? Wie sehen denn Leute aus, die ohne weiteres 2000€ auf den Tisch legen können? Wie viele gibt es überhaupt in Deutschland, die das aus dem Stand könnten? </p>
  193.  
  194.  
  195.  
  196. <p>Es schmerzt, aber innerlich befürchte ich, dass ich weiß, wie man schon mal nicht aussieht, wenn man Geld hat in der Vorstellung meines Oberarztes: man hat keinen Migrationshintergrund, womöglich schon gar keine schwarze Hautfarbe. </p>
  197.  
  198.  
  199.  
  200. <p>Am nächsten Tag habe ich zum Glück nur eine neue Patientin, habe also Zeit, die Visite gründlich zu machen. Frage genau nach, warum I. die Medikation abgesetzt hat. Erfahre, dass sie im Auslandsjahr in den USA war und ihr die Tabletten ausgegangen sind; dass sie nicht wusste, wie sie neue bekommen könnte; dass sie dann dachte, es würde schon gehen, so gut wie es ihr ging. Jetzt verstehe ich, warum I.s Mutter gestern nicht genau wusste, wann ihre Tochter die Tabletten abgesetzt hat &#8211; die war gerade in Texas, mitten im amerikanischen HighSchool-Alltag. Ich spreche mit I. und ihrem Vater, der sein HomeOffice heute ins Krankenhaus verlegt hat, um seiner Tochter Gesellschaft zu leisten, und mit Laptop im Patientenzimmer sitzt. I. ist einverstanden, die Ernährungstherapie noch einmal durchzuführen; hat bitter am eigenen Leib gemerkt, dass die Tabletten wichtig sind, um den guten Erfolg zu halten. Im Gehen fragt ihr Vater mich, wo meine Eltern herkommen. Es stellt sich heraus, dass er gute Erinnerungen an einen Landsmann meines Vaters hat, mit dem er gemeinsam an der TU studiert hat. Also bin ich hier geboren? Ja genau. Ich bin sozusagen aus der Generation seiner Tochter, halb zumindest, denn meine Mutter ist aus Deutschland. </p>
  201.  
  202.  
  203.  
  204. <p>Ich ärgere mich über meinen Oberarzt und frage mich zugleich, welche Schablonen ich in mir trage, die mich Patienten und ihre Eltern schnell nur eindimensional wahrnehmen lassen. Und hoffe nur, dass er vielleicht einen anderen Grund hatte für seinen unangebrachten, vermutlich auch sehr unüberlegten, flapsig dahingeworfenen Kommentar. Mir fällt aber ehrlich keiner ein. </p>
  205.  
  206.  
  207.  
  208. <h4 class="wp-block-heading">Und jetzt? Erstmal durchatmen. Und das nächste mal hoffentlich genug Energie haben, um derartige Worte direkt zu challengen und nicht im Raum stehen zu lassen. </h4>
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  217. <title>Mach mal &#8218;Aaaah&#8216;</title>
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  220. <dc:creator><![CDATA[medizinerei]]></dc:creator>
  221. <pubDate>Sat, 21 Nov 2020 08:00:00 +0000</pubDate>
  222. <category><![CDATA[Klinikmomente]]></category>
  223. <category><![CDATA[Arzt-Patienten-Beziehung]]></category>
  224. <category><![CDATA[Kinder]]></category>
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  228. <category><![CDATA[Mütter]]></category>
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  230.  
  231. <description><![CDATA[Layla strahlt mich an. Das eineinhalb Jahre alte Mädchen ist mit ihrem Charme äußerst großzügig. Die Untersuchung scheint für sie ein Spiel, meine Maske stört sie keineswegs, sie schaut mir fest in die Augen, gluckst, lacht und greift nach meinem Stethoskop. Pink ist es. Viele Eltern reagieren anfangs etwas überrascht, wenn ich mich ihnen als&#8230; <a class="more-link" href="https://medizinerei.com/2020/11/21/mach-mal-aaaah/">Weiterlesen <span class="screen-reader-text">Mach mal &#8218;Aaaah&#8216;</span></a>]]></description>
  232. <content:encoded><![CDATA[
  233. <p>Layla strahlt mich an. Das eineinhalb Jahre alte Mädchen ist mit ihrem Charme äußerst großzügig. Die Untersuchung scheint für sie ein Spiel, meine Maske stört sie keineswegs, sie schaut mir fest in die Augen, gluckst, lacht und greift nach meinem Stethoskop. Pink ist es. Viele Eltern reagieren anfangs etwas überrascht, wenn ich mich ihnen als Ärztin vorstelle; doch die Assistenzärzte in der Klinik waren immer schon jung und sind heutzutage zum Großteil weiblich. Da macht ein pinkes Stethoskop auch keinen Unterschied mehr &#8211; wer es noch nicht begriffen hat, wird es mit der Zeit schon tun: die Zukunft ist weiblich. Zumindest in der Kinderklinik. </p>
  234.  
  235.  
  236.  
  237. <p>&#8218;Du machst das ja klasse!&#8216;, lobe ich Layla. Ich knie vor dem Bett, Layla sitzt auf dem Schoß ihrer Mutter und ich habe mich auf Augenhöhe begeben. Laylas Mutter zeigt mir die Hautstellen ihrer Tochter, die schon deutlich besser geworden sind unter der intensiven Lokaltherapie in den letzten Tagen. In sehr intensiven Fällen wird ein atopisches Ekzem &#8211; im Volksmund auch Neurodermitis &#8211; im Krankenhaus behandelt, Eltern intensiv geschult und beraten, damit die Therapie langfristig zu Hause fortgeführt wird und die Kinder schnell Linderung bekommen. Ich schaue mir Laylas Haut an und nicke. Einen direkten Vergleich habe ich nicht, aber die Haut ist gut hydriert und es gibt keine offenen, nässenden Stellen, wie es noch im Aufnahmebefund vermerkt worden war. Plötzlich spüre ich einen leichten Atemhauch im Nacken und drehe mich um: Janos, Laylas Zimmernachbar, etwa gleich alt, steht direkt hinter mir. Neugierig ist er herangekommen, um zu beobachten, was vor sich geht. Ich muss lachen. &#8218;Zu dir komme ich auch gleich, keine Sorge!&#8216; Janos flüchtet sich auf den Schoß seiner Mutter, die ebenfalls lachen muss. So hatte er sich das wohl nicht gedacht, der sichere Abstand war ihm lieber. </p>
  238.  
  239.  
  240.  
  241. <p>Nachdem ich Janos &#8211; begleitet von viel Geschrei &#8211; ebenfalls untersucht habe, komme ich noch einmal zurück zu Layla. Ihrer Mutter ist noch eingefallen, dass sie mir einen submentalen Lymphknoten (direkt unter dem Kinn) zeigen wollte, so dass ich mir noch einmal genau den Rachenraum ihrer Tochter ansehen möchte. Husten oder Schnupfen wurde eben bereits verneint, aber wo kommt auf einmal der geschwollene Lymphknoten her? Layla strahlt mich weiterhin an, ihre Mutter hat sie liebevoll aber fest im Klammergriff; ich zücke den Spatel. Meine kleine Patientin weiß kurz nicht genau, was ich vorhabe, spürt den Spatel, ist irritiert und &#8211; erbricht im Schwall. </p>
  242.  
  243.  
  244.  
  245. <p>&#8218;Oh nein! Die schöne Milch! Entschuldigen Sie bitte!&#8216;, ich schaue Layla, die mir das ganze nicht übel nimmt, betreten und ihre Mutter mit schlechtem Gewissen an. Doch Laylas Mutter lacht, sie ist zum Glück keine von denen, die nur säuerlich grinsen können, &#8218;Kann doch passieren, macht nichts!&#8216; Auch Layla hat es das Grinsen nicht verschlagen. </p>
  246.  
  247.  
  248.  
  249. <p>Und um dem ganzen noch eine Krone aufzusetzen an netter Ärztin-Patienten-Mütter-Interaktion reicht Janos&#8216; Mutter uns Papiertücher. Kurze Zeit später ist das Malheur beseitigt. </p>
  250.  
  251.  
  252.  
  253. <h4 class="wp-block-heading">Liebe Leut&#8216;: Mit Kindern und Müttern zu arbeiten macht Spaß! </h4>
  254.  
  255.  
  256.  
  257. <p>Auch wenn man zwischendurch angekotzt wird. Was immer bleibt, ist unmittelbare Interaktion mit ehrlichen kleinen Menschen. Wer weiß, vielleicht hatte ich es ja verdient <img src="https://s0.wp.com/wp-content/mu-plugins/wpcom-smileys/twemoji/2/72x72/1f609.png" alt="😉" class="wp-smiley" style="height: 1em; max-height: 1em;" /></p>
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  264. </item>
  265. <item>
  266. <title>Corona in aller Munde</title>
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  269. <dc:creator><![CDATA[medizinerei]]></dc:creator>
  270. <pubDate>Mon, 16 Nov 2020 08:02:42 +0000</pubDate>
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  272. <category><![CDATA[Ärztin]]></category>
  273. <category><![CDATA[Corona]]></category>
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  282.  
  283. <description><![CDATA[In einem Spätdienst vor drei Wochen geht es los. Was die steigenden Infektionszahlen, die ich nun wieder aktiver verfolge als in der &#8218;Sommerpause&#8216;, schon haben befürchten lassen, wird wahr. Gleich drei Anrufe aus dem Labor kommen innerhalb von zehn Minuten. Drei unserer Patienten sind positiv auf Corona getestet worden. Zwei Säuglinge (plus Mütter) und ein&#8230; <a class="more-link" href="https://medizinerei.com/2020/11/16/corona-in-aller-munde/">Weiterlesen <span class="screen-reader-text">Corona in aller&#160;Munde</span></a>]]></description>
  284. <content:encoded><![CDATA[
  285. <p>In einem Spätdienst vor drei Wochen geht es los. Was die steigenden Infektionszahlen, die ich nun wieder aktiver verfolge als in der &#8218;Sommerpause&#8216;, schon haben befürchten lassen, wird wahr. Gleich drei Anrufe aus dem Labor kommen innerhalb von zehn Minuten. Drei unserer Patienten sind positiv auf Corona getestet worden. Zwei Säuglinge (plus Mütter) und ein Schulkind. </p>
  286.  
  287.  
  288.  
  289. <p>Der ansonsten ruhig begonnene Dienst nimmt an Fahrt auf. Ich gehe von Zimmer zu Zimmer, Station zu Station. Kläre Eltern auf, bespreche mich mit den Schwestern, halte meinen Oberarzt auf dem Laufenden, informiere unseren hausinternen Corona-Krisenstab, lege zwei betroffene Kinder zusammen, um Zimmer zu sparen. Kohortenisolation, wie es so schön heißt. </p>
  290.  
  291.  
  292.  
  293. <h4 class="wp-block-heading">Im Dienst selbst habe ich zu viel zu tun, um mir Gedanken zu machen. </h4>
  294.  
  295.  
  296.  
  297. <p>Am Morgen danach überkommt mich die Sorge. Zwei der Patienten habe ich aufgenommen und bei der Untersuchung bin ich den Kindern sehr nahe, nicht selten werde ich angehustet, angeweint, angeschrien. (Insbesondere die Zweijährigen haben große Angst davor, eine fremde Person so nah an sich heranzulassen.) Ist die FFP2-Maske wirklich ein ausreichender Schutz? Oder werde ich nicht den ganzen Winter über eine Risikoperson sein für andere, mich im Privaten noch mehr isolieren müssen, als ich es sowieso schon tue? </p>
  298.  
  299.  
  300.  
  301. <p>Meine Schwester kauft Corona-Schnelltests; wir sprechen über das Für und Wider, ist es ethisch vertretbar, dass wir unseren Arztausweis zücken, um uns selbst einige Tests zu kaufen? Wir kommen zu dem Schluss, dass es mit Sicherheit nur ein kleines Kontingent gibt, was auf diesem Wege zu erwerben ist, und dass es wohl eher verantwortungsvoll ist, sich regelmäßig zu testen. (Kurz danach werden regelmäßige Personalabstriche auch in meiner Klinik wieder eingeführt, so dass ich nur kurzzeitig Selbstversorger war.) </p>
  302.  
  303.  
  304.  
  305. <p>Mittlerweile bin ich wieder etwas entspannter &#8211; in der Klinik hat sich niemand der Pflege oder ÄrztInnen angesteckt; unsere Hygiene-Maßnahmen greifen. Ich erlaube mir, etwas aufzuatmen. </p>
  306.  
  307.  
  308.  
  309. <h4 class="wp-block-heading">Doch der Alltag im Krankenhaus ist nur das eine. </h4>
  310.  
  311.  
  312.  
  313. <p>Im Privaten wird mir langsam bewusst, dass Corona unsere Gesellschaft spalten kann. In meinem engsten Freundeskreis habe ich niemanden, der seinen Job verloren hat oder in finanzielle Schwierigkeiten geraten ist. Aber ich spüre deutlich, wie auch in diesem kleinen, insgesamt privilegierten Kreis der Widerwillen gegen die erneuten Maßnahmen oder zumindest der Zweifel an ihrer Sinnhaftigkeit wächst; die Sorge vor wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Konsequenzen ist da; und die Vorgaben werden unterschiedlich streng umgesetzt. </p>
  314.  
  315.  
  316.  
  317. <p>Ich gehöre wohl eher zu den braven Hardlinern, die im Marshmallow-Test bereit gewesen wären, Geduld zu üben in Aussicht auf die doppelte Belohnung und die sich zwischendurch fragen, warum nicht über einen harten Shutdown für zwei bis drei Wochen geredet wird (Vorbild Wuhan): In der Hoffnung, dann ein für allemal durch zu sein mit dem Virus, anstatt &#8211; wie ich es jetzt vorhersehe &#8211; durch den ganzen Winter und vermutlich noch länger mit starken, aber letztlich nicht konsequenten Einschränkungen zu tingeln. Sorgfältig angekündigt, so dass jeder sich Vorräte anschaffen kann &#8211; ginge das nicht? Klar, dafür müssten alle mitmachen, am besten auch die Nachbarländer &#8211; und das wird wohl für unrealistisch gehalten in unserer Demokratie, in der das Individuum im Mittelpunkt steht. Aber Stamina braucht es auch, um die nun schon über Monate geltenden Restriktionen (mal mehr, mal weniger streng) einzuhalten; und das &#8211; so beobachte ich es &#8211; ist am Schwinden. </p>
  318.  
  319.  
  320.  
  321. <p>Mein Bild? Dass Kontaktbeschränkungen sinnvoll sind, leuchtet mir ein. Denn dass Restaurantbesuche, Konzerte, Kinos oder volle U-Bahnen keine Infektionsquelle sind &#8211; wer weiß das schon? Ich habe aus dem privaten Umfeld eher gehört, dass gerade das die einzig möglichen Quellen sein können, weil Betroffene ansonsten kaum Kontakte hatten, schon gar nicht wissentlich zu COVID-Erkrankten. Und dass das Virus nicht tödlicher ist als andere, verstehe ich auch; dass es aber dennoch problematischer ist, weil es neu ist und keine Herdenimmunität durch Impfungen oder durchgemachte Infektionen besteht, ist doch klar, oder? Denn wenn wir alle gleichzeitig an Masern oder der Grippe erkranken würden, wäre das auch dramatisch. </p>
  322.  
  323.  
  324.  
  325. <p>Corona ist über uns gekommen. Schicksal. Am ehesten &#8218;Schuld&#8216; ist unser nicht-nachhaltiger Lebensstil, Urbanisierung, Verdichtung, Vernetzung, die Tatsache, dass Homo Sapiens den Planeten erobert hat, der dem Virus einen fruchtbaren Boden bietet. Nicht neu, Epidemien gab es immer schon. Neu ist, dass wir den Anspruch haben, unsere technischen und demokratischen Möglichkeiten zu nutzen, um auch die schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft zu schützen. Und uns langfristig unsere Freiheiten zu bewahren; aber auch kritisch evaluieren, wie wir eigentlich leben. </p>
  326.  
  327.  
  328.  
  329. <h4 class="wp-block-heading">Eine Herausforderung, der wir hoffentlich gewachsen sind. </h4>
  330.  
  331.  
  332.  
  333. <p>Was meint ihr? </p>
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  342. <title>5 Jahre.</title>
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  346. <pubDate>Fri, 13 Nov 2020 21:09:01 +0000</pubDate>
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  349. <category><![CDATA[Corona]]></category>
  350. <category><![CDATA[Erasmus]]></category>
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  355.  
  356. <description><![CDATA[Anders als in meiner Einarbeitung vor einem Jahr bin ich heute etwas langsamer unterwegs auf den langen Fluren. Der Boden kommt mir besonders hart vor und mein Knie tut weh, vielleicht sind diese Barfuß-Schuhe doch nicht so das Wahre. Aber meine etwas gemächlicheren Schritte sind auch deshalb in Ordnung, weil ich nicht so gehetzt werde&#8230; <a class="more-link" href="https://medizinerei.com/2020/11/13/5-jahre/">Weiterlesen <span class="screen-reader-text">5 Jahre.</span></a>]]></description>
  357. <content:encoded><![CDATA[
  358. <p>Anders als in meiner Einarbeitung vor einem Jahr bin ich heute etwas langsamer unterwegs auf den langen Fluren. Der Boden kommt mir besonders hart vor und mein Knie tut weh, vielleicht sind diese Barfuß-Schuhe doch nicht so das Wahre. Aber meine etwas gemächlicheren Schritte sind auch deshalb in Ordnung, weil ich nicht so gehetzt werde wie in manch anderen Diensten: Es ist deutlich weniger los als letztes Jahr; Corona und die AHA-Regeln führen dazu, dass weniger Kinder mit Infekten unsere Wartehalle fluten und die auf etwa ein Drittel reduzierte Bettenzahl dennoch fast immer ausreicht. Weniger Betten haben wir in dieser Saison, weil Zwei-Bett-Zimmer nicht dem gegenwärtigen Zeitgeist entsprechen&#8230; Schnell haben wir uns an Masken, Kittel, Handschuhe gewöhnt. Dabei will ich diese neue Normalität ungern akzeptieren &#8211; aber es nützt ja nichts, da müssen wir nun durch! </p>
  359.  
  360.  
  361.  
  362. <p>Heute bin ich besonders nostalgisch und trauere nicht nur dem Prä-Corona-Zeitalter im Allgemeinen, sondern meinem Pariser-Erasmus-Studium im besonderen hinterher &#8211; im Radio wurde morgens an die Terror-Anschläge in Paris erinnert und obwohl das ein trauriger Jahrestag ist &#8211; plötzlich war meine Zeit in Paris wieder präsent. Und mir wurde mit einem Schlag klar, dass mein Wandeln durch die schöne Stadt, mein Staunen über den Krankenhaus-Alltag in Paris und die französische Lebensart, so viele Begegnungen und Momente bereits fünf Jahre zurückliegen. </p>
  363.  
  364.  
  365.  
  366. <p>Mittlerweile bin ich also angekommen in meiner Klinik, in meinem Team. Ein direkter Vergleich hinkt, denn meine damalige Rolle als Halbtags-Studentin im Krankenhaus ist eine ganz andere als meine aktuelle als Assistenzärztin in der Klinik: Heute trage ich Verantwortung, treffe Entscheidungen, führe Gespräche; damals habe ich vor allem zugesehen. Es ist ein schönes Gefühl, wirklich eingebunden zu sein; und gleichzeitig manchmal einengend, mich als Rädchen in der Maschinerie &#8218;Kinderklinik&#8216; zu fühlen. </p>
  367.  
  368.  
  369.  
  370. <p>Wenn Corona vorbei ist, muss ich mal wieder bummeln und entdecken; beobachten und beschreiben. </p>
  371.  
  372.  
  373.  
  374. <p>Und wenn Corona noch länger bleibt &#8211; muss ich vielleicht darüber nachdenken, ob ich in den nächsten fünf Jahren vielleicht noch andere Wege gehen will als nur über die langen, inzwischen so wohl vertrauten Flure &#8218;meiner&#8216; Klinik. </p>
  375. ]]></content:encoded>
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  381. </item>
  382. <item>
  383. <title>Kultur und Kommunikation</title>
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  386. <dc:creator><![CDATA[medizinerei]]></dc:creator>
  387. <pubDate>Mon, 24 Aug 2020 15:32:46 +0000</pubDate>
  388. <category><![CDATA[Klinikmomente]]></category>
  389. <category><![CDATA[Arzt-Patienten-Beziehung]]></category>
  390. <category><![CDATA[Kinder]]></category>
  391. <category><![CDATA[Kinderheilkunde]]></category>
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  393. <category><![CDATA[Kommunikation]]></category>
  394. <category><![CDATA[Kultur]]></category>
  395. <category><![CDATA[Notaufnahme]]></category>
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  397.  
  398. <description><![CDATA[&#8218;Der Vater ist auch Internist.&#8216;, die Notfallschwester schaut mich bedeutend an. Ich zucke mit den Schultern. &#8218;Na und?&#8216;. &#8218;Naja, der kam schon rein und wollte direkt ein Röntgenbild und dann eine Blutentnahme, der hat schon genau gesagt, was jetzt der Plan ist. So einer ist das.&#8216; Es ist ein etwas verregneter Sommertag, der erste seit&#8230; <a class="more-link" href="https://medizinerei.com/2020/08/24/kultur-und-kommunikation/">Weiterlesen <span class="screen-reader-text">Kultur und Kommunikation</span></a>]]></description>
  399. <content:encoded><![CDATA[<p>&#8218;Der Vater ist auch Internist.&#8216;, die Notfallschwester schaut mich bedeutend an. Ich zucke mit den Schultern. &#8218;Na und?&#8216;. &#8218;Naja, der kam schon rein und wollte direkt ein Röntgenbild und dann eine Blutentnahme, der hat schon genau gesagt, was jetzt der Plan ist. So einer ist das.&#8216;</p>
  400. <p>Es ist ein etwas verregneter Sommertag, der erste seit fast drei Wochen. Mein 12-Stunden-Dienst neigt sich dem Ende entgegen. Nach einer anstrengenden Woche im Spätdienst (mit vielen Kindern mit infizierten Insektenstichen und &#8211; für die Sommerzeit etwas überraschend &#8211; reichlich Infekten und obstruktiven Bronchitiden), war der Tag heute überraschend ruhig. Während wir unter der Woche jeden Tag erneut hin- und herüberlegt haben, ob doch genug Platz für ein weiteres Kind ist, teilweise Betten verschieben mussten und mit den Pflegern der unterschiedlichen Stationen verhandelt haben,  ist es dieses Wochenende auf den Stationen regelrecht leer. Ich habe auf einer Station sieben Kinder visitiert, auf der zweiten fünf. Einige konnte ich entlassen, nachmittags hatte ich sogar Zeit, Briefe zu diktieren und so für meine Kollegen ein bisschen vorzuarbeiten. Der dicke Stapel Akten, der in meinem Fach lag, ist auch durchgearbeitet. Meiner Kollegin ging es ähnlich, die letzten zwei Stunden fingen sogar an, sich in die Länge zu ziehen. Das kommt im Krankenhaus eher selten vor.</p>
  401. <p>Nun, kurz vor Feierabend, geht es aber los. Meine Kollegin ist gerade mit einer anaphylaktischen (allergischen) Reaktion nach Wespenstich beschäftigt, ich sehe mir &#8218;das Knie&#8216; an &#8211; einen 14jährigen Jungen mit dickem Knie seit gestern, der zunehmend schmerzgeplagt ist und nun zur stationären Diagnostik und Therapie eingewiesen wurde.</p>
  402. <h4>Der Vater ist also Internist.</h4>
  403. <p>Ich klopfe an, betrete das Untersuchungszimmer und stelle mich vor. Herr P. spricht sehr schnell und gebrochen Deutsch, ich verstehe ihn nicht gut. In der Tat weist er mich direkt darauf hin, dass er ärztlicher Kollege sei. Ich bleibe höflich und frage kurz nach &#8211; aus welchem Land er komme und ob er auch in Hamburg praktiziere. Er nickt eifrig, er sei Allgemeinmediziner, habe zum Teil in Afghanistan und in Deutschland studiert, und arbeite seit mehreren Jahren in einer Praxis. Ich nehme alles kurz auf, wende mich dann aber seinem Sohn, meinem Patienten und damit der eigentlichen Hauptperson zu. Diesem ist sichtlich peinlich, dass sein Vater plaudern will, aber das ist bei den meisten Jugendlichen so.</p>
  404. <p>Das Knie ist tatsächlich deutlich geschwollen, der Junge fieberfrei, kein Zeckenstich erinnerlich &#8211; ich bereite die Aufnahmepapiere vor, stelle meinen Patienten meiner chirurgischen Kollegin vor (weil ich mir vorstellen kann, dass eine Punktion sowohl diagnostisch als auch therapeutisch schon heute sinnvoll ist) und schicke den Patienten über die Röntgenabteilung hoch auf die Station.</p>
  405. <p>Herr P. nickt geflissentlich, er ist zufrieden mit diesem Plan; mir ist seine devote Art etwas unangenehm.</p>
  406. <h4>Und warum hat er von Anfang an betont, dass er ärztlicher Kollege sei? Mein Anspruch ist, allen Patienten gerecht zu werden, ungeachtet ihrer Herkunft, ihrer sozialen Stellung oder ihres Berufes.</h4>
  407. <p>Gleichzeitig muss ich an die Fortbildung eines Kollegen denken, die mich letzte Woche sehr inspiriert hat. Das Thema: Medizinische Versorgung geflüchteter Kinder. Um somatische Erkrankungen ging es nur sekundär (O-Ton meines Kollegen: &#8218;Bei der Vorbereitung habe ich gemerkt, dass das eigentlich alles recht banal ist, mehr Tuberculose und Infektionserkrankungen, Impfungen müssen nachgeholt werden, chronisch erkrankte Kinder wurden aufgrund ihrer Flucht oft monatelang nicht adäquat betreut etc.&#8216;). Was am Ende eher im Fokus stand, war nicht nur spannend, sonder auch hochgradig relevant für unsere Arbeit: Kultur, Trauma, Kommunikation; unseren Patienten und ihren Eltern angemessen zu begegnen und ihnen gerecht zu werden.</p>
  408. <p>Herr P. hat mir gerade erzählt, dass er schon in den 1970er Jahren nach Deutschland gekommen ist. Sein Auftreten (Jogginghose, alte Jacke) hat mich im ersten Moment nicht vermuten lassen, dass er Arzt ist (ich gebe zu, ganz frei vom ersten Eindruck und einem gewissen Schubladendenken bin auch ich nicht), aber gerade ihm war es besonders wichtig, seinen Beruf von Anfang an zu betonen. Erhofft er sich darüber mehr Respekt oder eine gründlichere Behandlung, als ihm in unserer Gesellschaft ansonsten entgegen gebracht wird? Ob er sich in Deutschland eine andere Karriere erhofft hat, die sich nicht hat erfüllen lassen? Und ob die Art, die ich als fast unterwürfig wahrnehme, vielleicht nur der höfliche Umgang ist, der in seinem Kulturkreis bei einem Arztbesuch als angemessen gilt?</p>
  409. <p>Ich möchte nicht mutmaßen, mache mir aber Gedanken und bin froh, ihm offen begegnet zu sein und nicht etwa unwirsch, was nach der &#8218;Vorwarnung&#8216; meiner Kollegin auch eine Möglichkeit gewesen wäre. Denn was auch immer seine Geschichte sein mag, die ihn auftreten lässt, wie er ist &#8211; es ist nicht meine Aufgabe, das zu bewerten und wenn möglich, lasse ich mich nicht davon nicht irritieren. Sondern begegne ihm mit Respekt, nehme ihn und seinen Sohn ernst und lasse es nicht zu, dass mein klinischer Blick verschleiert wird. Wie ich es mit allen meinen Patienten mache.</p>
  410. <h4>Zumindest ist das der Plan.</h4>
  411. <p>Und mich immer wieder daran zu erinnern und zu hinterfragen eine meiner tagtäglichen Aufgabe.</p>
  412. ]]></content:encoded>
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  420. <title>Sommerdienste</title>
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  424. <pubDate>Mon, 03 Aug 2020 12:54:23 +0000</pubDate>
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  434. <description><![CDATA[Samstag Abend, Spätdienst in der Notaufnahme. Heute war ein heißer Sommertag, noch sind Sommerferien. Vermutlich werden meine chirurgischen Kollegen heute mehr zu tun haben als wir: In der Kinderheilkunde ist im Winter Hochsaison, zu Zeiten von Husten, Schnupfen, Infekten. In der Kinderchirurgie ist es umgekehrt: Jetzt, wo Kinder draußen sind, toben, auf Klettergerüste und Bäume klettern,&#8230; <a class="more-link" href="https://medizinerei.com/2020/08/03/sommerdienste/">Weiterlesen <span class="screen-reader-text">Sommerdienste</span></a>]]></description>
  435. <content:encoded><![CDATA[<p>Samstag Abend, Spätdienst in der Notaufnahme. Heute war ein heißer Sommertag, noch sind Sommerferien. Vermutlich werden meine chirurgischen Kollegen heute mehr zu tun haben als wir: In der Kinderheilkunde ist im Winter Hochsaison, zu Zeiten von Husten, Schnupfen, Infekten. In der Kinderchirurgie ist es umgekehrt: Jetzt, wo Kinder draußen sind, toben, auf Klettergerüste und Bäume klettern, Fahrrad und Laufrad lernen und vor allem Trampolin springen, ist es abends voll: Kinder werden vorstellig mit Kopfplatzwunden, Brüche, Beulen, umgeknickte Knöchel.</p>
  436. <p>Erwartungsgemäß ist es bei uns überschaubar. Ich habe zwar durchgehend zu tun, weil immer wieder Patienten eintrudeln, die Wartezeiten sind jedoch nicht lang, ich kann die Kinder gut &#8218;abarbeiten&#8216;. Manchmal fühlt sich ein Krankenhaus an wie eine Produktionsstätte. Input: Kranke Kinder. Output: Genesene Kinder oder zumindest Kinder mit einem genauen Plan, um wieder gesund zu werden. Der Prozess dazwischen jedoch voller &#8218;Störvariablen&#8216;. Schreiende Kinder, besorgte Eltern, sehr viel Kommunikation und &#8217;social skills&#8216; sind erforderlich, damit möglichst wenig Reibung entsteht und &#8218;der Betrieb läuft&#8216;. Die Schwestern sortieren eintrudelnde Kinder nach Dringlichkeit; wer am kränksten ist, wird zuerst von uns gesehen.</p>
  437. <p>M. ist neun Jahre alt und kommt um 22.00h mit ihrem Vater. Sie hat vergleichsweise lange warten müssen, wobei das heute auch nur eine 3/4 Stunde bedeutet, so wenige Kinder sind im Warteraum und so wenig akute Fälle gibt es. M.s Vater berichtet, dass seine Tochter seit zwei Tagen eine trockene Stelle am Ohrläppchen hat. Beim abendlichen Duschen ist den Eltern aufgefallen, dass die Stelle größer geworden ist. Kein Juckreiz, ansonsten bester Allgemeinzustand, nur im Bett drücke die Stelle ein wenig, wenn das Ohr auf dem Kissen liege. Eigentlich bin ich nicht unwirsch oder genervt, wenn Eltern sich mit ihren Kindern vorstellen, denn subjektiv steckt dahinter immer Sorge um das eigene Kind und der Wunsch nach Beratung und Hilfe. Dennoch frage ich mich manchmal, ob der gemeinen Elternschaft klar ist, dass eine Notaufnahme für Notfälle gedacht ist und keine kinderärztliche Sprechstunde ersetzt. Ich stelle den Verdacht auf eine Pilzinfektion, kläre M.s Vater auf, schicke ihn am Montag zum Kinderarzt, damit ein Hautabstrich gemacht wird. Dankbar verlassen Vater und Tochter die Notaufnahme.</p>
  438. <p>T. ist knapp zwei Jahre alt und hat seit drei Tagen Fieber, bereits gestern war seine Mutter mit ihm beim Kinderarzt, der einen Virusinfekt vermutet hat. Heute ist das Fieber noch einmal höher gestiegen, daher die erneute ärztliche Vorstellung. T. schreit bei der Untersuchung wie am Spieß. Er ist müde und hat keine Lust, von mir angefasst zu werden, was ich beides gut verstehen kann. Trotzdem muss ich mir ein Bild von ihm machen. Sehr roter Rachen, feinfleckiges Exaktem am Rumpf (Körperstamm). Ich bestätige den Verdacht auf einen Virusinfekt, bestimme aber vorsichtshalber noch den Entzündungswert (CrP), um eine sekundäre bakterielle Infektion auszuschließen und mache eine Blutgasanalyse, um den Flüssigkeitshaushalt des Patienten zu überprüfen. Dehydriert (&#8218;ausgetrocknet&#8216;) wirkt er klinisch nicht, aber T.s Mutter berichtet, dass ihr Sohn heute trotz Fieber wenig getrunken hat. Beide Befunde sind unauffällig, T. darf wieder gehen und endlich ins Bett.</p>
  439. <p>J.s Vater begrüßt mich begeistert, als ich das Untersuchungszimmer betrete. Vor etwa zehn Tagen habe ich seinem Sohn ein Antibiotikum verschrieben, der kleine Mann hatte einen Wespenstich, der sich sekundär bakteriell infiziert hat. Es habe gut geholfen, die Haut sei längst wieder unauffällig und dem Jungen gehe es sehr gut. Ich freue mich über die nette Begrüßung. Wenn die Patienten, die ich in der Notaufnahme gesehen habe, nicht kurz danach wiederkommen und im schlimmsten Fall stationär aufgenommen werden, ist das eine sehr indirekte Rückmeldung dafür, dass ich wohl richtig entschieden habe. Unmittelbares Feedback wie dieses hier bekomme ich selten. Heute ist also der mir bekannte Vater mit seiner Tochter hier. J. hat schon seit ein paar Tagen hohes Fieber, Husten und Schnupfen. Nach Fiebersaft gehe es ihr immer für ein paar Stunden gut, sie esse insgesamt weniger als sonst, trinke aber gut. Der Fiebersaft mache inzwischen Magenschmerzen. Roter Rachen, auf der linken Seite ein rotes Trommelfell, niedriger Entzündungswert. Auch J. entlasse ich mit der Diagnose Virusinfekt, empfehle aber, vorerst lieber Paracetamol als Ibuprofen gegen das Fieber zu geben, das reizt den Magen nicht so.</p>
  440. <p>Keine schweren Schicksale diesmal, keine Jugendliche mit selbstverletzendem Verhalten oder Suizidgedanken, nicht so wie letzte Woche. Kein akuter Krampfanfall, keine schwer kranken Kinder. Am Ende meines Dienstes bin ich erleichtert.</p>
  441. <p>Kinderheilkunde ist ein tolles Fach, weil Arbeit mit Kindern Spaß macht und erfrischend ist, finde ich zumindest. Die kleinen Patienten überraschen nicht selten mit lustigen Kommentaren. Wie der todernste Dreijährige, der vor mir saß und seiner Mama etwas auf Russisch zuflüsterte, während ich noch dabei war, die Krankengeschichte zu erfragen. Weil ich neugierig war, worum es ging, bat ich seine Mutter, das eben gesagte zu übersetzen. Diese lachte verlegen. &#8218;Er hat nur angemerkt, was für kleine Ohren Sie haben!&#8216;. Wo bekommt man schon &#8218;Komplimente&#8216; dieser Art?</p>
  442. <p>Hach ja, so ein Sommerdienst kann wirklich Spaß machen.</p>
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  451. <title>Da sein.</title>
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  455. <pubDate>Sun, 12 Jul 2020 10:32:28 +0000</pubDate>
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  469. <description><![CDATA[Schreiben als Katharsis, als innere Reinigung. Ein bisschen so hat dieser Blog oft funktioniert. Denn in der Medizin gibt es immer wieder Situationen, die mich emotional bewegen und berühren, die ich mit mir trage und die ich verarbeite, unter anderem durch das Beschreiben, Einordnen, Niederschreiben.  Die Monate ziehen dahin und es hätte vieles Berichtenswertes gegeben,&#8230; <a class="more-link" href="https://medizinerei.com/2020/07/12/da-sein/">Weiterlesen <span class="screen-reader-text">Da sein.</span></a>]]></description>
  470. <content:encoded><![CDATA[<p>Schreiben als Katharsis, als innere Reinigung. Ein bisschen so hat dieser Blog oft funktioniert. Denn in der Medizin gibt es immer wieder Situationen, die mich emotional bewegen und berühren, die ich mit mir trage und die ich verarbeite, unter anderem durch das Beschreiben, Einordnen, Niederschreiben. </p>
  471.  
  472. <p>Die Monate ziehen dahin und es hätte vieles Berichtenswertes gegeben, jetzt aber ist es etwas anderes &#8211; einiges muss raus, muss ich loswerden.</p>
  473.  
  474. <p>Denn nach kleinen Schritten in der Klinik fühle ich mittlerweile die Last der Verantwortung, die mein Tun im Krankenhaus mit sich bringt. Während ich mich in den ersten Monaten in einem eng geknüpften Netz aus Kollegen gut aufgehoben fühlte, habe ich nun verstanden, dass dieses Netz zwar nach wie vor funktioniert &#8211; aber nur dann, wenn alle Beteiligten daran arbeiten, es stabil geknüpft zu halten. Auch ich, obwohl ich immer noch das Gefühl habe, neu zu sein und doch eigentlich vieles noch nicht selbst einschätzen zu können. <br />Meine Kollegen stehen mir mit Rat und Tat zur Seite &#8211; und gleichzeitig muss ich mir selbst von jeder Situation, jedem Kind, mein eigenes Bild machen. Versuchen, vorurteilsfrei in ein Untersuchungszimmer zu gehen, mit allen Sinnen und durch gezieltes Fragen und Untersuchen ein Kind einschätzen und meine Schlüsse ziehen. Erst dann abgleichen mit den mir übertragenen Eindrücken meiner Kollegen &#8211; und mich für ein Prozedere entscheiden, das ich dann wiederum mit meinen Oberärzten bespreche.</p>
  475.  
  476. <p>Was vielleicht banal klingen mag, ist in der Klinik nicht immer einfach durchzuhalten. Ständig will jemand etwas von mir, auf den Fluren herrscht durchgehend ein reges Treiben, oft ist die Atmosphäre stressig. Und in solchen Momenten dennoch hellwach zu sein, ist eine Herausforderung. <br />In einer Famulatur, die ich vor drei Jahren in der Praxis eines erfahrenen niedergelassenen Kinderarzt gemacht habe, hat Dr. T. jedes Mal, bevor er ein Zimmer betreten hat, seine Hand einen Moment lang auf der Türklinke liegen lassen, tief durchgeatmet &#8211; und mir dabei in die Augen geschaut. </p>
  477.  
  478. <p>Mittlerweile betrete ich die Zimmer meist allein. Das Durchatmen und Sammeln der Konzentration habe ich mir von ihm abgekuckt. Jeder Patient hat es verdient, einer wachen, gesammelten Ärztin gegenüber zu stehen. Das ist mir bewusst. Und trotzdem aktuell eine meiner größten Aufgaben. </p>]]></content:encoded>
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  486. <title>Corona-Dienst</title>
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  490. <pubDate>Sun, 22 Mar 2020 08:30:43 +0000</pubDate>
  491. <category><![CDATA[Klinikmomente]]></category>
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  504. <description><![CDATA[Stille auf den Fluren. Relative, wohlgemerkt. Die seltsame Ruhe, die sich über das Land gelegt hat, wirkt auch hier. Pfleger und Schwestern laufen mit Atemmasken über die Flure, Eltern und Kinder bleiben mehr als sonst auf ihren Zimmern. Pro Tag gibt es momentan übrigens pro Mitarbeiter eine Maske &#8211; auf den Stationen, auf denen Corona-Verdachtsfälle&#8230; <a class="more-link" href="https://medizinerei.com/2020/03/22/corona-dienst/">Weiterlesen <span class="screen-reader-text">Corona-Dienst</span></a>]]></description>
  505. <content:encoded><![CDATA[<p>Stille auf den Fluren. Relative, wohlgemerkt. Die seltsame Ruhe, die sich über das Land gelegt hat, wirkt auch hier. Pfleger und Schwestern laufen mit Atemmasken über die Flure, Eltern und Kinder bleiben mehr als sonst auf ihren Zimmern. Pro Tag gibt es momentan übrigens pro Mitarbeiter eine Maske &#8211; auf den Stationen, auf denen Corona-Verdachtsfälle vorliegen bzw. Kinder Fieber und Husten haben. Bizarrerweise setze ich also auf der einen Station meine Maske auf, auf der anderen verstecke ich sie, damit kein Unmut unter meinen Kollegen aufkommt, die dort keine bekommen haben. Und sowieso komme ich heute meinen Kollegen und Patienten so nah wie seit Tagen nur meiner Familie. Seltsam ist das &#8211; aber obwohl ich mir Mühe gebe, lässt es sich gar nicht vermeiden. HomeOffice und Sprechstunde auf Entfernung &#8211; das mag in einigen Bereichen der Medizin zukünftig denkbar sein, beim Einschätzen von kranken Kindern kann ich es mir bisher kaum vorstellen.</p>
  506. <p>Am Wochenende sind meine Kollegin und ich zu zweit im Haus, teilen uns die Patienten auf, visitieren alle, werden zwischendurch in die Notaufnahme gerufen und sehen uns Kinder an, die niedergelassene Kollegen, die am Wochenende dort eine Sprechstunde anbieten, eingewiesen haben. Normalerweise eine Mammutaufgabe, kürzlich fand ein Gespräch statt, ob wir nicht besser zu dritt sein sollten für all diese Aufgaben, die mich bisher fast immer 13 Stunden am Stück auf den Beinen gehalten haben &#8211; von einer späten nachmittägliche Mittagspause von maximal 20 Minuten mal abgesehen. Bisher war das sehr schwierig &#8211; denn acht mal pro Monat für je vier Stunden ein Arzt extra, was das kostet!</p>
  507. <h4>Doch Corona hat alles verändert.</h4>
  508. <p>Heute ist es anders. Es erscheinen viel weniger Eltern mit ihren Kindern in der Notaufnahme. Ich kann nur mutmaßen, dass die Hürde zum Arztbesuch aus Angst vor Ansteckung gerade auf ein adäquates Maß gestiegen ist. (Wobei adäquat eine Wertung ist &#8211; hoffentlich bleiben nicht auch Eltern unserer Klinik fern, deren Kinder von einem Arzt gesehen werden müssten.) Auf jeden Fall ist es beachtlich leer. Auch die Stationen sind überschaubar belegt. OPs wurden abgesagt, geplante Untersuchungen ebenfalls &#8211; allein daher sind viele Betten leer. Wer meint, dass Krankenhäuser in der Corona-Krise wirtschaftlich keinen Schaden davontragen werden, irrt &#8211; die gegenwärtigen Vorbereitungen führen vielerorts dazu, dass gerade die wirtschaftlich lukrativen Eingriffe weniger oder gar nicht durchgeführt werden. (Unsere armen Chirurgen sind aktuell nur für Notfall-OPs gefragt. Die Anästhesisten haben entsprechend aktuell auch kaum zu tun, aber bereiten sich darauf vor, demnächst vermehrt zu beatmen&#8230;)</p>
  509. <p>Nur Frühgeborene gibt es genau so viele wie sonst. Babys kommen dann zur Welt, wenn sie müssen, Ausgangssperre hin oder her. Ihre Eltern haben besonders viel auf einmal zu verarbeiten: Freude, Sorge, dazu die strengen Besucherregelungen &#8211; nur ein Elternteil. In den meisten Fällen ist es der Vater, der fernbleiben und mit seinen Gefühlen allein klar kommen muss.</p>
  510. <h4>Wie lange werden die strengen Regeln gelten? Riskieren wir nicht auch, dass Menschen isoliert zu Hause auf Dauer einsam und depressiv werden? Sich in ihrer Angst und Sorge verrennen?</h4>
  511. <p>Am Ende des Tages, wieder mal nach 13 Stunden, fühle ich mich anders als an meinen bisherigen Wochenend-Diensten. Da war ich erschöpft, ausgelaugt, müde. Diesmal bin ich glücklich und müde. Aktiv war ich auch heute durchgehend, aber in einem anderen Tempo und nie mit dem Gefühl, die Aufgaben nicht bewältigen zu können. Zeit war da für etwas ausführlichere Elterngespräche und einen kleinen Plausch mit den Schwestern. Beides sehr wichtig, sowohl für die Patientencompliance (so nennen wir es, wenn Patienten brav unseren Rat befolgen) als auch für die Zusammenarbeit, die besser funktioniert, wenn nicht nur abgeackert wird, sondern ein vertrauensvolles Verhältnis besteht.</p>
  512. <p>Wenn ich mir eins wünsche, für die Zeit nach dieser Krise, dann sind es mehr Tage wie diese im Krankenhaus. Mit etwas weniger Zeitdruck und mehr verständnisvollen Worten. Als ich zu Hause ankomme, ist es 21.00h, ich lüfte. Und plötzlich erklingt Gejohle und Applaus. Von der Aktion (zum Dank an alle, die momentan gesellschaftliche Aufgaben in der Versorgung der Gesellschaft mit lebenswichtigen Gütern übernehmen) hatte ich gehört und obwohl ich heute kein Kind versorgt habe, dass an Corona erkrankt war, fühle ich mich angesprochen und nehme ich das Lob grinsend an. Ja, wir setzen uns alle ein in der Medizin. Vergesst ihr nur nicht, dass es mit einmal Klatschen nicht vorbei ist &#8211; dass ihr uns Ärztinnen und Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger und letztendlich Patientinnen und Patienten auch in ein paar Monaten noch unterstützt für humane Bedingungen in der medizinischen Versorgung.</p>
  513. <p>Denn gerade jetzt sollte klar sein: Es ist nirgends und nie nur das Geld, das zählt.</p>
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