Moira - Verletzungen in der Psychotherapie

Moira hält Fachleuten den Spiegel vor

Ich bin wohl eine der wenigen Personen, die keine neuen Wunden durch die Psychotherapie bekommen hat. Meine Wunden wurden in unheilbare verändert.

Mein Misstrauen gegenüber jeglichen Therapeuten im Bereich der Psychologie ist daher logisch, hat aber nichts mit einer selbsterfüllenden Prophezeiung zu tun. Ich glaube nicht an dieses Konzept und weiß aus Erfahrung, dass schlechte Erwartungen zu positiven Überraschungen führen können.

Die Wurzel allen Übels

Trotz meiner Kindheit kam für mich eine Therapie nie in Frage. Meine Mutter bewies mir in meinen ersten fünf Lebensjahren, mit meinem aggressiven, alkoholsüchtigen Stiefvater, wie sehr sie mich hasste. Jegliche vorstellbare Art von psychischer und physischer Gewalt aktivierte meine Urinstinkte – ein reiner Schutzmechanismus. Heute nutze ich diese Fähigkeiten zu meinem Vorteil.

Vor der ersten Klasse kam ich ins Heim, einige Jahre später zu Pflegeeltern. Doch hier wiederholte sich das Muster ähnlich. Eine Mutter, die mich mehr erniedrigte als mich unterstützte. Und ein Vater, der Alkoholiker war. Ich hatte gelernt, mich selbst zu versorgen, doch ich musste mich auch selbst erziehen.

Zum Glück glaubte ich meinen Pflegeeltern kein Wort, wie z.B. dass ich es niemals zu etwas bringen würde. Das hat es jedoch nicht erträglicher gemacht.

Schließlich verwandelten sich kindliche milde Überreaktionen in mäßige bis starke Allergien und Intoleranzen und Schmerzen. Mein Hausarzt nahm mir nach zwei qualvollen Jahren die Schmerzen mit dem richtigen Medikament, doch das Ganze (plus die familiäre Situation) war zu viel für mich.

Also entschied ich mich doch dafür, eine Therapie zu versuchen.

Erkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung – auch für Therapeuten

Meine, mir antrainierte, Offenheit hatte ihre Nachteile. Nach fast drei Jahren verzweifelte meine Therapeutin an dem Fehlen eines Fortschrittes. Schließlich gab sie meinem Hausarzt die Schuld und riet mir, diesen zu wechseln. Ihm vertraute ich mehr, und dies sollte angeblich mehr schaden als fördern.

Ich lehnte ab und wurde kurzerhand – ironischerweise über meinen Hausarzt – aus der Therapie geworfen.

Im Laufe der ambulanten ersten Therapie hatte ich auch eine Psychiatrie und eine stationäre Psychotherapie kennengelernt. Nach vier Wochen unter stark depressiven Patienten und einer aggressiven Chefärztin mit Geltungsdrang, stand ich noch immer am Anfang. Ich war die einzige Patientin, die sie nicht zum Weinen bringen konnte – das sagt wohl alles.

Den stationären Aufenthalt musste ich aufgrund einer Kiefer-OP abbrechen, doch meine Therapeutin und ich gingen im Guten auseinander. Allerdings empfing sie mich nach einigen Monaten hochgradig aggressiv und schrie mich eine halbe Stunde lang an und warf mir Magersucht und groteske Manipulation vor (auch seitens meiner Ärzte). Ich muss wohl nicht erklären, warum ich noch am selben Tag wieder abgereist bin.

Der letzte Versuch war eine teilstationäre Behandlung, um von meinem Pflegevater weg zu kommen. Doch auch nach drei Monaten Langeweile und Eigenmästung mit Maismehl war ich noch immer keinen Schritt weiter. Ich hatte keine Therapiegespräche und beschäftigte mich daher damit, den Mitarbeitern den Spiegel vorzuhalten. Zudem fand ich dort meine heutige Arbeitsstelle.

Wer hoch steigt…

Trotzdem versuchte ich es erneut mit einer Therapie und fand einen Therapeuten, dessen Ego nicht größer sein konnte. Erst beschimpfte er alle seine Kollegen als Versager, hatte aber offensichtlich keine Ahnung, wie er mit mir umgehen sollte. Tiefenpsychologie schien auch nicht zu mir zu passen, da ich bis heute nicht verstehe, warum es mir helfen soll, wenn ich mit einem Zuschauer Selbstgespräche führe. Natürlich brachte auch er keine Träne aus mir heraus, versuchte aber weiterhin meine erste Vertrauensperson zu werden.

Bis dato hatte ich jegliche Kontakte zu Familie, Freunden und meinem Hausarzt abgebrochen. Blieb nur noch einer. Doch viel helfen musste ich nicht, auch wenn ich lange gespürt hatte, dass auch er langsam an mir verzweifelte.

Erst versprach er mir ewige Unterstützung, obwohl ich ihm bereits verdeutlicht hatte, dass ich abbrechen wollte: „Egal, was Sie sagen. Egal, was Sie tun. Ich lasse Sie nicht im Stich!“

Nur wenige Wochen nach diesem Versprechen riss ihm der Geduldsfaden. Endlich sprach er aus, was ich schon ewig gesehen hatte. Er war genauso wie seine anderen Kollegen und voller Vorurteile. Daher brüllte ich ein „Bullshit!“ zurück und wurde bei der nächsten Sitzung aus der Therapie geworfen.

Natürlich stellte er es als meine Schuld dar.

So schlecht diese Erfahrungen auch waren, so sehr haben sie geholfen, meine Memoiren zu füllen, die ich sogar veröffentlichen durfte. Wenn auch nur aus reiner Neugierde (Wie entsteht ein Buch?). So viel zum Thema, dass ich nie etwas zustande bringen kann…

Moira Dawkins, 05.07.22

Dr. phil. Michael Mehrgardt

Hallo, meine Name ist Dr. phil. Michael Mehrgardt und ich war fast 40 Jahre lang als Psychologischer Psychotherapeut tätig. Dabei musste ich viele Missstände kennenlernen, die ich auf diesem Psychotherapie-Blog offen anspreche, das Thema: Grenzverletzung in der Psychotherapie. Auf meinem YouTube-Vlog  findest du Selbsthilfe-Tipps bei Depressionen, Ängsten, Paarkonflikten & Co.

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