Die Kehrseite der Medaille: Nachteile unserer globalisierten Wirtschaftswelt

Nicht zuletzt für die Digitalisierung hat die seit über 30 Jahren andauernde Globalisierung Bahnbrechendes geleistet; etwa durch die massive Reduktion von Kosten. Doch wo viel Licht ist, sind Schattenseiten niemals weit entfernt – so auch bei diesem Thema. 

Die Globalisierung als großer Möglichmacher

Kritisiert wird die Globalisierung bereits seit geraumer Zeit. Allerdings darf man bei aller berechtigten Kritik nicht vergessen, welche positiven Auswirkungen eine so eng zusammengewachsene Weltwirtschaft hat. Namentlich unter anderem:

  • Eine breitere Verteilung des Wohlstands; speziell dessen Erhöhung in bisherigen Entwicklungs- und Schwellenländern.
  • Intensivere wirtschaftliche Verflechtungen von Staaten miteinander und dadurch nicht zuletzt eine geringere Wahrscheinlichkeit für Kriege.
  • Bessere Zusammenarbeit, um komplexe Entwicklungen voranzutreiben, dabei unnötige Parallelarbeit zu vermeiden und durch insgesamt mehr Brain- und Manpower schnellere Ergebnisse zu erzielen.
  • Interkultureller Austausch und dadurch nicht zuletzt die Ablösung von (global betrachtet) eher nachteiligen Praktiken und Ansichten. So sehen diverse Forscher beispielsweise einen durch die Globalisierung angestoßenen Trend zu mehr Demokratie.

Nicht zuletzt sollte kein Leser hierbei das Thema Digitalisierung übersehen. Allein der Globalisierung ist beispielsweise zu verdanken, dass die Preise für alle möglichen digitalen Geräte heute (kaufkraftbezogen) deutlich niedriger sind als in früheren Jahrzehnten.

Zwei Beispiele dafür:

  • 2018 verglich das Institut der deutschen Wirtschaft (IW), wie lange ein Arbeitnehmer 1960 und 2018 für bestimmte Produkte arbeiten musste. Für einen (schwarzweiß-) Fernseher waren es 1960 fast 340 Arbeitsstunden. Für ein Smart-TV mit 40-Zoll-Monitor, also ein obendrein noch viel leistungsfähigeres Gerät, betrugt die Arbeitszeit dagegen nur noch rund 24 Stunden.
  • 2023 meldete das Leaders-Magazin, ein in den USA (anstelle von Asien) gefertigtes iPhone 14 Pro würde statt 1.000 eher 2.400 Dollar kosten – wobei manche Teile dennoch importiert werden müssten. Eine ältere Berechnung aus 2018 kam sogar zum Schluss, ein komplett in den USA gefertigtes iPhone hätte einen Verkaufspreis jenseits von 30.000 Dollar.

Ein Großteil der realen Preise für heutige Digitaltechnik geht auf die Globalisierung zurück – und dort besonders auf niedrigere Produktionskosten und einen intensiveren Wettbewerb.

Das alles kann aber nicht über die Nachteile einer globalisierten Welt hinwegtäuschen. Doch welche sind das?

Deutlich erhöhte Emissionen und Umweltschäden

Es gehört sozusagen zum Wesenskern der Globalisierung:

  • Rohstoffe,
  • Halbzeuge,
  • Vorprodukte und
  • fertige Waren

werden zwangsläufig über große Distanzen transportiert – vielfach für jeden einzelnen Schritt. Möglich wurde das nur durch die größte und am feinsten austarierte Maschinerie der Menschheitsgeschichte: die globale Logistik.

Just diese ist jedoch anteilig für erheblich gesteigerte Emissionen verantwortlich. Primär CO2, aber noch diverse andere bis einschließlich Feinstaub. Das ist jedoch nicht die einzige diesbezügliche Negativwirkung. Hinzu kommt: Produktion und Handel mögen zwar stark harmonisiert sein. Unter anderem Umweltgesetzgebungen sind es jedoch nicht.

Das beste Beispiel hierfür ist ein 2023 eingeführtes System der EU, genannt CBAM. Es wurde nur geschaffen, um Emissionen, die außerhalb der EU entstanden, bei einem Import entsprechender Produkte besser bepreisen zu können. Bloß ist es eben ein EU-System. Andere Staaten gehen anders vor oder haben nichts Vergleichbares.

Zudem darf man nicht nur die reinen Emissionen betrachten. Aus ähnlichen Gründen wie einer Verlagerung von Produktionen in Länder mit weniger strengen Regularien, werden dort teils massive Umweltschädigungen angestoßen. Sie entstehen unter anderem, weil lokale Regierungen im Angesicht vermehrter Geldflüsse und größerer wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit oftmals andere Aspekte nachrangig behandeln.

Ein häufig hierfür herangezogenes Beispiel ist Chinas Drei-Schluchten-Staudamm. Einstmals vordergründig als Schutz gegen häufige, verheerende Überschwemmungen gedacht, waren damit immer schon wirtschaftliche Interessen verbunden. Heute weiß man, wie teuer der Preis für die gesamte Umgebung des Dammes war und ist – selbst wenn das angeschlossene Wasserkraftwerk extreme Strommengen produziert.

Emissionen und Umweltschäden
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Stark beschleunigter und vermehrter Konsum

2016 veröffentlichte Google die erste Generation seiner Pixel-Smartphones. Bereits Ende 2023, also lediglich 7 Jahre später, war man bei der achten Generation angelangt. Rechnet man noch „Zwischengenerationen“, wie etwa der Sprung von Pixel 5 zu Pixel 5a hinzu, dann bringt es Google heute (Frühjahr 2024) sogar auf 14 Generationen von Handys (ohne Pixel Fold). Zumal Google hier nur ein Beispiel unter vielen ist – und man sich nicht nur auf Digitaltechnik beschränken muss.

Egal, ob es Handys sind, Mode, Möbel oder andere Dinge: indem die Globalisierung …

  • die Kosten im Vergleich zur Kaufkraft reduzierte,
  • eine viel größere Produktvielfalt ermöglichte und
  • Konkurrenzkämpfe stärker anfeuerte

sorgte sie für einen insgesamt verstärkten und deutlich beschleunigten Konsum. Ohne Globalisierung gäbe es schlichtweg keine „Fast Fashion“ und kein gigantisches, ganzjähriges Früchte-Angebot in jedem Supermarkt – und somit alle davon ausgelösten nachteiligen Effekte für Klima, Natur und Umwelt. Verstärkend wirkte sich noch das Internet aus; nicht zuletzt gepaart mit den großen Handelsgiganten aus den USA und China.

Erschwerend kommen noch zwei Dinge hinzu:

  1. Die Globalisierung ist diesbezüglich gewissermaßen ein Opfer ihres eigenen Erfolges: Eine Reduktion des Konsums, wie sie allein aus Klima- und Umweltgründen dringend geboten wäre, würde das fein austarierte System empfindlich stören.
  2. Die Globalisierung erzeugte in vielen Schwellenländern mehr Wohlstand und eine vergrößerte Mittelschicht – gesellschaftlich betrachtet ein positiver Effekt. Diese Mittelschicht möchte jedoch aus verständlichen menschlichen Gründen nicht auf Dinge verzichten, die im „Globalen Norden“ seit Jahrzehnten Usus sind. Dadurch aber wächst die Anzahl von Menschen, die mit einem „westlichen Fußabdruck“ leben, seit Jahren rasant an – mit entsprechenden weiteren Folgen für Umwelt und Klima.

Wirtschaftliche Abhängigkeiten und Quasi-Monopole

Theoretisch und teilweise praktisch mag die Globalisierung vieles auf zahlreiche Länder verteilen. Ebenso haben sich allerdings einige Monopole herausgebildet, wie sie die Welt bisher nicht gesehen hat. Das lässt sich beispielsweise an Chinas Stahlproduktion beobachten. Das Land produziert in einem Jahr mehr Rohstahl als die nächsten 15(!) stahlproduzierenden Länder zusammen – und das seit geraumer Zeit.

Zumal es nicht nur Stahl ist. China hat eine enorme Dominanz bei weiteren Dingen wie seltenen Erden, Grafit, Zinn, Magnesium, Wolfram – und daneben

  • Solarzellen,
  • Elektronik,
  • Textilien,
  • Spielzeug,

Ja sogar bei Möbeln ist das Reich der Mitte ein Monopolist. Hinzu kommt seine enorm große Bevölkerung. Das zusammen ergibt eine riesige Marktmacht. Selbst gegenüber der EU und den USA kann das Land dadurch sehr bestimmend auftreten.

Das ist jedoch abermals nur ein Beispiel. Die Globalisierung erzeugte noch viele andere derartige Abhängigkeiten. Sie gehen bis hinab zum Verlust von Vielfalt seitens der Hersteller und Anbieter. Bei vielen Produkten existieren hinter einem Geflecht von Töchtern und Markennamen nur eine kleine Handvoll globaler Megakonzerne. Damit einher geht oft eine weitere nachteilige Auswirkung:

Wirtschaftliche Abhängigkeiten und Monopole
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Erosion nationaler Eigenständigkeit und Demokratie

Wenn ein Unternehmen in einer wirtschaftlich bislang wenig entwickelten Region im großen Stil investieren möchte, dann wägen wohl nur die wenigsten Regierungen dabei positive und negative Auswirkungen gleichermaßen ab. Verständlich, denn die Investition wird zunächst einmal Geld einbringen, Arbeitsplätze erschaffen und so einen Grundstein für Wachstum und mehr Zufriedenheit im Land erschaffen.

Das Problem daran ist nur: Schon mehrfach in der Geschichte der Globalisierung zeigte sich, wie schnell und stark durch eine solche Öffnung verschiedene Dinge erodierten. Namentliche Elemente wie

  • demokratische Partizipation,
  • allgemeine Menschen- und Arbeiterrechte,
  • eigene Umwelt-, Natur- und Klimaschutzbestrebungen,
  • nationale, regionale und mitunter sogar kulturelle Souveränität.

Denn kein Unternehmen investiert vollkommen uneigennützig. Und es gehört zu den Grundprinzipien der Wirtschaft, dass derjenige, der die „Zeche“ zahlt, auch gewisse Regeln aufstellen darf. Dies gilt umso stärker, je größer die Marktmacht eines Betriebs ist.

In der Folge können Unternehmen, oftmals Großkonzerne, über Regionen und ganze Länder starke Kontrolle ausüben. Kontrolle vorbei an demokratischen Prozessen und somit der Bevölkerung an sich. Vordergründig entscheiden zwar meistens die Regierungen, dennoch sind besagte Unternehmen der eigentliche Richtungsgeber. Für die Einheimischen geht damit ein Großteil der Kontrolle über ihre Lebensumgebung und viele Realitäten darin verloren.

Übrigens geschieht dies beileibe nicht nur in Entwicklungs- und Schwellenländern. Es gibt viele Beispiele dafür, wie Konzerne weltweit durch Investitionen und Lobbyismus politische Entscheidungen dominierten und dominieren. Zwar geht es erwiesenermaßen auch umgekehrt, indem Länder durch die Globalisierung und damit Anbindung an Weltmärkte demokratischer wurden. Dennoch darf dieser Aspekt nicht ignoriert werden.

Nicht zuletzt muss man unter dieser Zwischenüberschrift noch ein gänzlich anders gelagertes Problem betrachten: Aufgrund der Globalisierung erfolgt automatisch eine starke Harmonisierung. Zunächst bei Waren, ausgelöst dadurch jedoch ebenso auf soziokultureller Ebene.

Zwar gibt es hierzu bereits seit langer Zeit lebhafte Debatten. Doch zumindest ein Teil der Fachwelt vertritt die Ansicht, die Globalisierung würde weniger für einen Austausch und somit mehr kulturelle Vielfalt sorgen, als dass sie eher in einem Großteil der Welt starke Einheitlichkeit bei zahllosen Dingen zwischen Möbeln, Mode und Musik erzeugen würde – zulasten indigener Identität.

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