Thimm Displays: Neue Produkte brauchen ein „geiles Display“ – sonst sieht sie keiner

Sanella Back-Set „Riesen-Stück Kuchenglück“
Das legendäre Sanella-Display mit den wunderbaren Kuchenback-Sets in eckigen Tortenstück-Kartons. Obwohl ich nicht backe, hätte ich fast eins gekauft.... ©THIMM

Den regelmäßigen Lesern und Abonnenten des naschkater-Blogs dürfte meine Begeisterung für originelle Displays und Aufsteller für Süßwaren und Snacks nicht entgangen sein. Bei jedem Supermarkt-Besuch dokumentiere ich besonders gelungene oder besonders grottige Zweitplatzierungen und veröffentliche sie in diesem Beitrag. In der Fachzeitschrift „Neue Verpackung“ habe ich endlich einmal den Namen eines Herstellers gefunden, der derartige Displays produziert: Die Thimm Group aus Northeim bei Göttingen. Kurzerhand habe ich Display-Experten Michael Weber – seines Zeichens Leiter Corporate Marketing – alles zum Thema gefragt, was mir schon so lange auf der Seele brennt…

Michael Weber leitet bei Thimm das Unternehmensmarketing.

naschkater.com: Welches war das beste Display, das Sie jemals gebaut haben?
Michael Weber: Das Palettendisplay für die Sanella Back-Sets war wirklich ein Hammer, weil der Hersteller uns ziemlich freie Hand gelassen hat. Wir konnten nicht nur das Display gestalten, sondern auch die Verpackung. Und die haben wir als Tortenstücke kreiert und sie wie einen großen Kuchen auf die Palette gestapelt. Wenn man zwei davon nebeneinander stellt, hat man eine riesige Torte, eine Versinnbildlichung des Produkts. Was wollen Sie mehr!?

naschkater.com: Wieviel Input kommt vom Kunden, wie viel von Ihnen?
Michael Weber: Zum einen erhalten wir von den Agenturen unserer Kunden bereits grobe Entwürfe. Diese bringen wir in unsere CAD-Systeme, überprüfen sie hinsichtlich der Fertigungsmöglichkeiten und verplanen sie auf unserem Maschinenpark. Unsere Entwickler gewährleisten dadurch die Funktionen und technische Umsetzung der Displayentwürfe für die anschließende Serienproduktion. Zum anderen erhalten unsere Entwickler Produktmuster, mit denen sich kreative Entwürfe für Verpackungen und Displays entwickeln und gestalten lassen. Ein Prototyp, die sogenannte „Bemusterung“, dient dem Kunden anschließend zum Testen und zur Freigabe. Solche Prototypen können bereits virtuell dargestellt werden.

naschkater.com: Ist Ihnen auch schon einmal ein Display gründlich misslungen?
Michael Weber: Was heißt misslungen… Unsere Displays sollen unseren Kunden helfen, an ihre Kunden zu verkaufen. Wenn das nicht funktioniert, ist das schlecht. Zum Beispiel können Sie ein Display kreieren, das supertoll aussieht, aber die Verbraucher kommen nicht gut an die Produkte ran oder haben Angst, etwas kaputt zu machen. Die müssen auch erstmal unbeschädigt ins Geschäft kommen. Sie haben im Logistikprozess drei Engstellen, wo das Display durchmuss: Erstens das Hochregallager, da muss es stabil stehen, die Displayhaube darf beim Verladen nicht einreißen. Zweitens muss es durch das Lager des Händlers durch und drittens muss es im Geschäft aufgebaut werden können. Und die Merchandiser dort, die Regalverräumer, haben wenig Zeit, da darf es nicht zu kompliziert sein: Die Haube muss schnell abgehen, Topper aufrichten, dann muss es funktionieren. Im schlimmsten Fall nehmen die ihr Cuttermesser, um die Haube zu entfernen und schlitzen damit Waren auf – dann haben sie ein Problem. Die Händler beschweren sich dann beim Markenartikler und der beim Displayhersteller. So etwas wollen wir vermeiden durch gute Planung und einfache Handhabung.

naschkater.com: Was tut ein Display, wenn es „funktioniert“, wie Sie sagen?
Michael Weber: Der Kunde muss stehen bleiben, muss das Produkt gut sehen und rausnehmen können. Und wenn das Display zu drei Vierteln leer ist, müssen die restlichen Waren gut in das Regal verräumt werden. Danach soll das Display leicht zu entsorgen sein und deshalb möglichst nicht aus fünf verschiedenen Materialien bestehen, die getrennt entsorgt werden müssen. Unser Kunde ist zwar der Markenartikler, aber indirekt auch der Händler, denn der soll zum Markenherstellern sagen: ‚Geh zu Thimm, dann kriegst Du auch ein Display, das funktioniert‘. Man kann eben eine Menge falsch machen, aber das ist der Grund, warum wir erfahrene Entwickler beschäftigen.

naschkater.com: In welcher Preisspanne bewegt man sich für so schöne Displays beziehungsweise was erhöht schnell die Kosten?
Michael Weber: Die Preise hängen von vielen unterschiedlichen Faktoren ab, die es nicht möglich machen, eine Pauschale zu nennen. Kostentreiber bei Displays können Veredelungen, Komplexität, Co-Packing aber auch Abweichungen von Standard-Palettenmaßen oder auch umfassende Aufbauanleitungen sein. Gerade für kleine Unternehmen und Startups bietet sich der Digitaldruck an, da die Displays auch in geringer Stückzahl erhältlich sind.

naschkater.com: Wenn man ein Süßwarenunternehmen ist und das erste Mal ein Display bundesweit in einer Supermarktkette, z. B. real, platzieren möchte, wie viele Displays muss man produzieren?
Michael Weber: In der Regel wird pro Supermarkt mindestens ein Display eingeplant. Bei Aktionen werden auch zwei oder mehr Displays an unterschiedlichen Stellen im Markt platziert. Die Displaymenge hängt daher von der Anzahl der geplanten Handelsketten mit der jeweiligen Anzahl an Märkten ab.

naschkater.com: Wir haben jetzt beim Sweetie eine Fußball-Erlebnisplatzierung von ültje ausgezeichnet, die in Form eines Stadions gebaut ist, die Dosen liegen oben drin. Wie sorgt man dafür, dass so etwas auch immer gefüllt ist, damit es nicht blöd aussieht?
Michael Weber: Dieses konkrete Display kenne ich noch nicht, aber es gibt hierzu mitunter gesonderte Absprachen zwischen Herstellern und Händlern, die ein Display platzieren, dass sie das regelmäßig wieder auffüllen müssen. Der Warenwert eines solchen Displays muss hoch sein, denn Herstellung und insbesondere die Platzierung im Geschäft sind teuer.

naschkater.com: Wenn alles so teuer ist und schief gehen kann – warum lohnt es sich dann für Hersteller, ein Display herzustellen und aufbauen zu lassen?
Michael Weber: Es geht um die Aufmerksamkeit und die Verkaufsförderung. Wenn der Kunde in einen Laden kommt, weiß er noch nicht, dass er Produkt XY kaufen will, er kennt das oft noch nicht mal. Aber wenn er an der Impulsfläche vorbei geht und ein Produkt seine Aufmerksamkeit erregt, dann will er es haben. Ein Standarddisplay mit vier Kartons übereinander kann man in den Weg stellen – wenn der Einkaufswagen daran hängen bleibt, dann nimmt der Kunde vielleicht was mit. Aber neue Sachen hat der Kunde nicht auf seinem Einkaufszettel! Die nimmt er nur, wenn man ihn mit einem richtig geilen Display einfängt.

naschkater.com: Was passiert eigentlich mit den wiederverwertbaren Teilen eines Displays – etwa mit großen Stofftieren, die oben befestigt sind? Kriegt die immer der Marktleiter oder kommen die zurück?
Michael Weber: Hochwertige Komponenten wie beispielsweise LCD-Displays von Permanentdisplays gehen zur Aufbereitung an die Markenartikler bzw. die Hersteller zurück. Sonstige wiederverwertbare Teile sind Eigentum des Handels.

naschkater.com: Gibt es auch Sammler von besonders gelungenen Displays oder Teilen davon? Gerade wenn Promis, Filme oder Zeichentrickfiguren abgebildet sind, wirken die ja zum Teil sehr attraktiv…
Michael Weber: Display-Dekorationen der Kosmetikbranche mit Prominenten oder Display-Topper mit Filmfiguren sind tatsächlich sehr begehrt. Sie sind Eigentum des Handels. Teilweise stellen Marktbetreiber solche Displayteile nach den Aktionen kostenfrei zur Verfügung. Dadurch spart er die Entsorgung.

naschkater.com: Interessanterweise stehen bei Aldi jetzt auch ungebrandete Displays, die immer neu mit Produkten aus dem ALDI-Sortiment bestückt werden…
Michael Weber: Das ist natürlich die kostengünstigste Art des Displays, wenn ich das gar nicht mehr ans Produkt anpasse. Das funktioniert aber nur bei einem Discounter, der damit nicht das Produkt, sondern sich selbst, also die Marke promoted. Der Kunde soll sehen: Aha, das kriege ich hier auch. Dabei ist es im Grunde egal, was sie kaufen, so lange es schnell geht.

naschkater.com: Okay, dann hätten wir das auch geklärt. Abschließend: Was bringt eigentlich die Zukunft für die Displays? Worauf dürfen wir uns freuen?
Michael Weber: Displays, aber auch Produktverpackungen selbst, werden zukünftig viel stärker interaktiv sein, so dass sie über ihr Handy sofort Zusatzinformationen oder Animationen erhalten können. Apps werden ihnen automatisch sagen, ob sie auf Inhaltsstoffe eines Produkts allergisch reagieren oder ob etwas im Angebot ist, ohne dass sie lange etwas eingeben müssen.

naschkater.com: Alles klar, dann danke, Herr Weber, für ihre Auskunftsbereitschaft.

Übrigens habe ich schon mehrfach über POS-Displays in diesem Blog berichtet, etwa über die besonders gelungenen Zweitplatzierungen, über schmale Displays in Südosteuropa und über große auf ganzen Europaletten

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