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Ein Armutszeugnis für Rat und Verwaltung

Waterbölles-Kommentar

Im Vorfeld der bedeutsamen Ratssitzung am 13. Dezember zum Designer Outlet-Center haben sich Medienvertreter an die Stadt Remscheid gewandt mit der Bitte um Video- und/oder Audioaufnahmen während der Diskussion im öffentlichen Teil der Sitzung. Wie die städtische Pressestelle gestern mitteilte, will Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz zum Sitzungsbeginn auf die Wünsche der Medien hinweisen und die Anwesenden um ihre Zustimmung bitten, allerdings nicht unbedingt im Sinne der Antragsteller. Die Erlaubnis zu Aufzeichnungen während der laufenden Sitzung soll sich vielmehr auf die folgenden beiden Punkte beschränken:

  • Die Abstimmung zum Bebauungsplan 657 und von die offiziellen Verkündung des Abstimmungsergebnisses durch den OB
  • Die offizielle Verkündung des im nichtöffentlichen Teil herbeigeführten Ratsbeschlusses zum Städtebaulichen Vertrag durch den OB.

Um sicherzugehen fragte der Waterbölles bei Pressesprecherin Viola Juric nach: „Wenn ich das richtig verstehe, sollen von den eigentlichen Wortmeldungen der Ratsmitglieder in der öffentlichen Sitzung im Vorfeld der Entscheidung zum Bebauungsplan k e i n e Video- oder Audioaufnahmen erlaubt sein.“ – Antwort: „Ja, das trifft zu.“

Das von der Stadtverwaltung Remscheid vorgeschlagene Verfahren ist ohne gleichen. Merke: Auch in öffentlicher Sitzung soll in Remscheid nicht alles so ganz öffentlich werden. Möglich macht das eine Geschäftsordnung des Rates, die längst eine Auffrischungskur braucht (siehe Kommentar im Waterbölles vom 9. Oktober 2015 mit dem Tenor, ein weitgehendes Verbot von Bild- und Tonaufzeichnungen in Ratssitzungen entspreche nicht mehr den heutigen Standards von Transparenz und Partizipation in einem kommunalen Parlament).

Der Entwurf für eine Neufassung der Geschäftsordnung lässt nach wie vor auf sich warten. Schon im November 2015 verlautete aus dem Rathaus, in der Abteilung für Rats- und Gemeindeangelegenheiten, Beschwerdemanagement und Repräsentationen werde an einer neuen Fassung gearbeitet. Dass die Verwaltung damit überfordert wäre, kann ich mir allerdings nicht vorstellen. Dieses Thema auf die lange Bahn zu schieben ist ein Armutszeugnis für Rat und Verwaltung. Ein Kollege, der in Remscheid häufig mit der Videokemara unterwegs ist, sagte mir gestern: "Ich kenne keine Kommune, in der die Berichterstattung in Bild und Ton in einem solchen Maße eingeschränkt wird!" - Stimmt.

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Waterbölles am : Bürgerinitiative Lennep e.V. gegen Drehverbot bei Diskussion

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Offener Brief an Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz Sehr geehrter Herr Mast-Weisz, wegen der außergewöhnlichen Bedeutung für Remscheid und insbesondere Lennep unterstützen wir die Bitte der Medien, die Ratssitzung am 13.12.2016 in Audio- oder

Kommentare

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Peter Lange am :

Es ist in der Tat unverständlich, dass eine öffentliche Ratssitzung nicht gefilmt werden darf. Dies ist für mich nicht nachvollziehbar. Ziel von Verwaltung und Politik sollte es sein, gerade in Zeiten großer Politikverdrossenheit, so viele Bürger wie möglich an ihrem Tun teilhaben zu lassen und nicht Entscheidungen quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu treffen. Viele berufstätige Bürgerinnen und Bürger (z.B. aus dem Einzelhandel) ist eine Teilnahme aufgrund ihrer Arbeitszeiten nicht möglich, schon alleine deshalb sollten Videoaufzeichnungen von öffentlichen Sitzungen durchgeführt werden. Die Bürger sollten hier in ihrem eigenen Interesse mehr Druck zum Erreichen dieses Zieles aufbauen. Im übrigen finde ich es sehr gut, dass die Kommentarfunktion im "Waterboelles" außerhalb von FB wieder geöffnet wurde, damit ist ein solides und gutes Diskussionsmedium für jedermann zurück. Vielen Dank dafür!!

Ursula Wilms am :

Das können die Medien ganz gelassen sehen. Denn wer zu solchen Mitteln greifen muss, der hat seinen Zenit überschritten, der signalisiert Unsicherheit und Endzeitstimmung. Und er schürt weiter die Politikverdrossenheit. Das allerdings ist die Sorge, die man ernst nehmen muss. Der man entgegensteuern muss. Da kann man der Presse nur raten, auch auf die Aufnahme der Verkündung eines Scheinsieges zu verzichten. Denn die Presse dient immer noch der freien Information und ist nicht Sprachrohr jener, die die Basis ihrer Legitimation vergessen haben, und die die Informationen gern gefiltert hätten.

Eija Tirkkonen am :

In der Bezirksvertretung Lennep hörte ich von vielen interessierten Bürgern, dass die Verwaltung Fragen zum DOC nicht beantwortet. Dies kann ich nur bestätigen. Die Beantwortung wenn überhaupt erfolgt sehr selektiv und dann oft auch nur zum Teil. So unvollständig sind die Antworten der Verwaltung auch regelmäßig auf die Einwohnerfragen des Rates. Es ist schwer nachvollziehbar, wie die Verwaltung immer wieder vehement behauptet, das Transparenzgebot voll und ganz zu erfüllen. Die Ratsmitglieder mit einer Vorlage von tausenden Seiten zu belagern und nur eine unzureichende Einlesezeit vor dem Beschluss zu gewähren hat mit Transparenz rein gar nichts gemein. Die auch oft kritisierte unbegründete Verschiebung von Vorlagen in nicht öffentlichen Sitzungsteilen offenbart die Absicht, Information unter Verschluss zu halten, die die Entscheidungsträger vor der Öffentlichkeit der Kritik aussetzen könnte. Für Akteneinsicht nach dem Informationsfreiheitsgesetz, das den Bürgern den Zugang zu Vorgängen der Verwaltung schaffen soll, droht die Verwaltung im Vorfeld schon mal mit Gebühren bis 1.000 €. Transparenz ist in Remscheid auch unter diesem OB reines Lippenbekenntnis.

Lothar Kaiser am :

Auch die Hausordnungen des Deutschen Bundestages und der Landtage schreiben vor, dass in Sitzungen Geräte zu Aufzeichnung von Bild und Ton nur mit Genehmigung des Bundestags- bzw. Landtagspräsidenten eingesetzt werden dürfen. Dass auch der Rat der Stadt Remscheid hier in der Vergangenheit Regelungsbedarf sah, ist im Grundsatz folglich nicht zu kritisieren. Die Regelung, die der Rat dann beschlossen hat, ist es aus heutiger Sicht aber sehr wohl. Denn die gewählten Formulierungen entsprechen, wie im Waterbölles-Kommentar vom 9. Oktober 2015 erläutert, nicht (mehr) der Wirklichkeit. Sie der Realität anzupassen müsste für einen Kenner der Materie also eine Sache von wenigen Stunden sein. Und den soll es im Rathaus nicht geben?

Wolfgang Rau am :

Transparenz ist sicher eine Seite der digitalen Präsentation der Ratsarbeit. Andererseits sollten die Ratsmitglieder aber auch erkennen, dass sie sich selbst einen Bärendienst erweisen, wenn sie diese Chance der Öffentlichkeitsarbeit nicht weiter voranbringen. Hier kann dem Bürger deutlich gemacht werden, wie aufwendig die Ratsarbeit – und der Ausschussarbeit – für gewählte ehrenamtliche Ratsmitglieder ist. Die oft mühsame Entscheidungsfindung und das Klein-Klein mit der Stadtverwaltung erfordern hohes Engagement, das vielen Bürgern nicht klar ist. Vielleicht trägt auch die Dokumentation des Ratsgeschehen dazu bei, die politisch-fraktionellen Diskussionen in ihrer Gesprächskultur so an die Erwartungen der Bürger zu orientieren, dass einer weiteren Politkverdrossenheit entgegengewirkt wird. Die Bürger sind da sehr wohl sensibel und registrieren Wortwahl, Aussagen und Kontext (auch zwischen einst Gesagtem und aktuellen Ausagen). Aber vielleicht fürchtet man Letzteres ja besonders und möchte das nicht wieder für jedermann abrufbereit haben. Frau Tirkkonen ist zuzustimmen, dass der Wust der DOC-Unterlagen und die beschränkte Lesezeit für die Ratsmitglieder eine Frechheit sind. Das erinnert mich an die Vorlagen in verschiedenen Kommunen in der Vergangenheit zur Überlassung von Müllverbrennungen, Kanalisationen u.a.m. an amerikanische Finanzhaie für Abschreibungsmodelle. Die Modelle sind dann in Folge zu Lasten der Kommunen gescheitert, weil da auch tausende von Seiten nicht gelesen wurden. Die beklagte Torpedierung der Akteneinsicht nach dem Informationsfreiheitsgesetzes muß ebenfalls durch den Rat im Sinne der interessierten Bürger geregelt werde. Abschließend mein Dank für die Öffnung der Kommentarfunktion auf der Homepage. Wer sich den Datenkraken fb usw. nicht unterwerfen wollte, blieb leider so außen vor.

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