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  23. <title>Wo bitte geht es hier zum Weltfrieden?</title>
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  26. <pubDate>Thu, 19 Oct 2017 07:00:14 +0000</pubDate>
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  28. <category><![CDATA[Internationale Politik]]></category>
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  40. <description><![CDATA[Eine kleine Ankündigung zu einer grossen Frage: Warum gibt es Krieg? Geht es auch ohne und falls ja wie? Heute werde ich in zum Live-Chat auf Zeit Online darüber diskutieren ob es Weltfrieden überhaupt geben kann und sollte es so sein, was uns bisher den Weg dahin versperrt. Dies hier ist ein Einstiegsbeitrag zu dieser 10 Jahres&#8230;]]></description>
  41. <content:encoded><![CDATA[<p>Eine kleine Ankündigung zu einer grossen Frage: Warum gibt es Krieg? Geht es auch ohne und falls ja wie?</p>
  42. <p>Heute werde ich in zum Live-Chat auf Zeit Online darüber diskutieren ob es Weltfrieden überhaupt geben kann und sollte es so sein, was uns bisher den Weg dahin versperrt. Dies hier ist ein Einstiegsbeitrag zu dieser 10 Jahres Jubiläums Aktion der Kolleginnen und Kollegen der <a href="https://scilogs.spektrum.de/">SciLogs</a> (Happy Birthday!). Der Post soll in etwa den Rahmen abstecken, in dem ich meinen Diskussionsbeitrag sehe. Er ist mehr eine Auslegeordnung. Die Substanz soll sich dann heute im Gespräch ergeben. Ich bin mir sicher meine beiden Mitdiskutanten von den SciLogs, Thomas Grüter (<a href="https://scilogs.spektrum.de/gedankenwerkstatt/">Gedankenwerkstatt</a>) und Michael Blume (<a href="https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/">Natur des Glaubens</a>), werden die Frage von anderer Seite her interessant ausleuchten.</p>
  43. <p><img class="aligncenter size-medium wp-image-2256" src="https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2017/10/dgf.png?resize=500%2C99&#038;ssl=1" alt="dgf" width="500" height="99" srcset="https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2017/10/dgf.png?resize=500%2C99&amp;ssl=1 500w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2017/10/dgf.png?w=1024&amp;ssl=1 1024w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2017/10/dgf.png?resize=456%2C90&amp;ssl=1 456w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2017/10/dgf.png?resize=590%2C116&amp;ssl=1 590w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2017/10/dgf.png?resize=596%2C118&amp;ssl=1 596w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2017/10/dgf.png?resize=950%2C187&amp;ssl=1 950w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2017/10/dgf.png?resize=610%2C120&amp;ssl=1 610w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2017/10/dgf.png?resize=150%2C30&amp;ssl=1 150w" sizes="(max-width: 500px) 100vw, 500px" data-recalc-dims="1" /></p>
  44. <p>Zuerst einmal stellt sich die Frage, was wir unter Weltfrieden eigentlich verstehen. Ist Frieden einfach das Fehlen von Krieg? Das führt nur zum nächsten Definitionsproblem: Was ist Krieg? 2012 habe ich im Zusammenhang mit Syrien <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2012/06/13/wortklaubereien-um-gewalt-burgerkrieg-oder-aufstand-in-syrien/">darüber geschrieben</a>, wie einige Datenbanken zu Krieg und Frieden diese Definitionen angehen.</p>
  45. <p>Es wird zum Beispiel zwischen “Internationaler Gewalt,” “Internationalen Konflikte,” “Internationalen Unabhängigkeitskriegen,” “Ziviler Gewalt,” “Bürgerkriegen,” “Ethnischer Gewalt” und “Ethnischen Kriegen” unterschieden (<em>international violence, international war, international independence war, civil violence, civil war, ethnic violence, ethnic war</em>).  Heisst Weltfrieden vielleicht nur keine zwischenstaatlichen Kriege oder schliesst das auch zum Beispiel Stammeskriege innerhalb von einem Land aus? Wäre ein Welt ohne Kriege zwischen Staaten tatsächlich befriedet, wenn es trotzdem Organisationen wie die <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Rote_Armee_Fraktion">RAF</a>, die <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%93glaigh_na_h%C3%89ireann_(1922%E2%80%931969)">IRA</a> oder <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Al-Qaida">Al-Kaida</a> gäbe? Wie steht es um Gewalt von Gangs und kriminellen Organisationen? Gewalt unter Nachbarn? Abgrenzungen sind schwer und vielleicht nicht immer möglich.</p>
  46. <p>Aber auch Friede ist nicht gleich Friede. Am Anfang der Geschichte der Atomwaffen glaubten nicht wenige, dass dies der Anfang vom Weltfrieden sein muss. Eine Waffe so schrecklich, dass Krieg unmöglich würde. Ist ein Friede, der nur dank einer ständigen Angst vor totaler Vernichtung existiert, ein wirklicher Weltfriede? Oder wie steht es um den Frieden, der von einer dominanten Übermacht allen aufgezwungen wird?</p>
  47. <p>Das Forschungsgebiet der Internationalen Beziehungen wird oft als das Studium von Krieg und Frieden zusammengefasst. Historisch gesehen ist dies auch nicht ganz unwahr. Es gibt verschiedene Denkschulen, die mit verschiedenen Grundannahmen operieren. Dies führt zu anderen Erklärungen für Krieg und Frieden. Hier im Blog habe ich einige Hauptströmungen schon einmal anhand von der Bevölkerung von Mittelerde aus Tolkiens &#8220;Herr der Ringe&#8221; vorgestellt: <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2008/12/17/internationale-beziehungen-von-midlleearth-teil-i/">Teil I</a> stellte den Realismus (die Alle-Gegen-Alle Philosophie der Orks) und die liberalen und idealistischen Denkschulen (mit den weisen und im Prinzip friedfertigen Elben) vor. <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2008/12/18/internationale-beziehungen-von-mittelerde-teil-ii/">Teil II</a> sprach von den verschiedenen sogenannten &#8220;rationalistischen&#8221; Strömungen: Saruman, der Nutzenmaximierer, Gandalf der nicht nur auf Macht aus ist (warum will er sonst den Ring zerstören?), die auf ihr Überleben fokussierten Menschen als sogenannte Neo-Realisten (die Ringwraiths, oder Ringgeister, repräsentieren die offensive Variante davon) und zu guter letzt die Zwerge, die sich nur für ihren eigenen Wohlstand interessieren (neoliberaler Institutionalismus). Im <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2008/12/19/internationale-beziehungen-von-mittelerde-teil-iii/">Teil III</a> dann tauchen die Hobbits (Konstruktivismus) auf. Friedfertig aber auch kampffähig passen sie ihre Wertehaltung einer veränderten Realitätswahrnehmung an. Die Ents stehen für die sogenannte kritische Theorie, die viele mittelerdische Grundannahmen nicht einfach akzeptieren, sondern hinterfragen.</p>
  48. <p>Dies Ladung an Theorie mag als etwas trocken erscheinen, wenn man eigentlich den Weltfrieden möchte. Sie ist aber eigentlich (fast) alles was man braucht um zu verstehen, wie man Krieg oder das Fehlen davon verstehen kann. Die verschiedenen Völker von Mittelerde stehen für verschiedene Sichtweisen und Erklärungsmuster für internationale Beziehungen. Wer will, kann sich mit diesen drei Einträgen relativ gut für die Diskussion heute Mittag wappnen. Ich bin mir sicher, dass nach dem Live Chat die Politik von Mittelerde plötzlich viel klarer erscheint.</p>
  49. <p>Es gab vor allem in der jüngeren Geschichte der Menschheit immer wieder Versuche in Richtung Weltfrieden zu kommen. Da gab es zum Beispiel die Friedensbewegungen im 19. Jahrhundert, die den Grundstein legten für Einschränkungen was man <em>im</em> Krieg darf (siehe zB <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Haager_Landkriegsordnung#Haupttext_der_Konvention">Haager Landkriegsordnung</a>) oder die Schaffung einer friedlichen internationale Streitschlichtung mit einem <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/St%C3%A4ndiger_Schiedshof">Permanenten Schiedsgerichtshof</a>. Nach dem Grauen des ersten Weltkrieges wurde der <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/V%C3%B6lkerbund">Völkerbund</a> gegründet. Dieser verhinderte nicht den Ausbruch des zweiten Weltkrieges und man versuchte aus den Fehlern zu lernen und gründete die Vereinten Nationen als Nachfolgeorganisation in der Hoffnung, dem Weltfrieden näher zu kommen. Diese Institutionen entwickelten auch das Völkerrecht weiter, welches die Beziehungen zwischen Staaten friedlich regeln soll. Sie trieben Abrüstungsbemühungen voran, dienten als Foren für Konfliktlösung zwischen Staaten und manchmal als Instrument um Frieden mit Gewalt zu erzwingen (ob das vielleicht nicht ein Widerspruch ist, ist natürlich eine andere Diskussion).<!--nextpage--></p>
  50. <p>Vielleicht erwarten wir zu viel und die Menschheit bewegt sich tatsächlich auf eine friedfertigere Zukunft zu, aber halt nur langsam. Ist unsere Tendenz Kriege zu führen eventuell doch mehr Kultur als Natur? Besteht Hoffnung, dass sich die Dinge tatsächlich verbessern? Im Lärm der täglichen von Mord und Totschlag geprägten Nachrichten ist das nicht so einfach zu sehen. Der Live Chat heute wird eine Gelegenheit sein, etwas Distanz zu nehmen und zu sehen, was die Zahlen sagen. Vielleicht bewegt sich die Menschheit doch.</p>
  51. <p>Und falls sie es tut, wie kann man diesen Prozess beschleunigen? Was brauchen wir um den Weltfrieden zu verwirklichen und wollen wir ihn unter diesen Umständen überhaupt? Es wird wohl schwer, auf diese grossen Fragen eine einfache Antwort zu finden. Aber ich hoffe, dass wir das Thema ein wenig einkreisen können. Nicht dass uns der Weltfrieden dann plötzlich unvorbereitet überrascht.</p>
  52. <p>Um Punkt 12 legen wir heute los. Ich freue mich darauf, falls ihr dabei seid.</p>
  53. <p>&nbsp;</p>
  54. <p><em>Nachtrag</em>: Thomas Grüter hat <a href="https://scilogs.spektrum.de/gedankenwerkstatt/welchen-weltfrieden-wollen-wir/">seinen Diskussionsbeitrag</a> online gestellt.</p>
  55. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=2254&amp;md5=370c9d5095dd47cb213ee3d90d8dbc4e" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
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  59. <item>
  60. <title>Trump &#8211; Und das politische Problem des Normenbruchs</title>
  61. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2016/11/23/trump-und-das-politische-problem-des-normenbruchs/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=trump-und-das-politische-problem-des-normenbruchs</link>
  62. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2016/11/23/trump-und-das-politische-problem-des-normenbruchs/#comments</comments>
  63. <pubDate>Wed, 23 Nov 2016 17:17:29 +0000</pubDate>
  64. <dc:creator><![CDATA[ali]]></dc:creator>
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  76.  
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  78. <description><![CDATA[Der nächste Präsident der USA hat gestern folgenden Tweet abgesetzt: Many people would like to see @Nigel_Farage represent Great Britain as their Ambassador to the United States. He would do a great job! — Donald J. Trump (@realDonaldTrump) November 22, 2016 Dies ist ein krasser Bruch mit diplomatischen Gepflogenheiten. Die Ernennung einer Botschafterin oder eines&#8230;]]></description>
  79. <content:encoded><![CDATA[<p>Der nächste Präsident der USA hat gestern folgenden Tweet abgesetzt:</p>
  80. <blockquote class="twitter-tweet" data-lang="en">
  81. <p dir="ltr" lang="en">Many people would like to see <a href="https://twitter.com/Nigel_Farage">@Nigel_Farage</a> represent Great Britain as their Ambassador to the United States. He would do a great job!</p>
  82. <p>— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) <a href="https://twitter.com/realDonaldTrump/status/800887087780294656">November 22, 2016</a></p></blockquote>
  83. <p><script src="//platform.twitter.com/widgets.js" async="" charset="utf-8"></script></p>
  84. <p>Dies ist ein krasser Bruch mit diplomatischen Gepflogenheiten. Die Ernennung einer Botschafterin oder eines Botschafters ist kein Wunschkonzert. Dies geht gegen jahrhundertealten Gewohnheiten in zwischenstaatlichen Beziehungen. Man könnte sogar argumentieren, dass es das Prinzip der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten tangiert. Ein Staat kann natürlich die Akkreditierung einer Botschafterin oder eines Botschafters verweigern, aber dazu braucht es schon relative gute Gründe, wird es doch als eher unfreundlicher Akt wahrgenommen. Insbesondere in der Beziehung zu einem Staat wo immer wieder eine mythische &#8220;spezieller Beziehung&#8221; (<em>special relationship</em>) beschworen wird ist das gelinde gesagt problematisch.</p>
  85. <p>Nun es stimmt vielleicht das es einzelne Fälle gab, wo ähnlich schon passierte. Es gab zum Beispiel einen <a href="https://www.bbc.com/news/uk-38068519">Präzedenzfall unter Kennedy</a>. Die Umstände und Gründe lagen jedoch sehr anders und die Situation ist kaum vergleichbar.</p>
  86. <p>Der Fauxpas illustriert sehr gut ein Problem mit der Kritik an Trump. Die Bedeutung des Bruchs mit diplomatischen Gepflogenheiten ist schwer politisch zu kommunizieren. Viele haben kein Gefühl dafür zu welchem Grad hier eine Regel gebrochen wurde. Die meisten Trump Fans werden es wohl gar als erfrischend unkonventionell wahrnehmen.</p>
  87. <p>Das Problem liegt aber was Trump mit diesem Tweet signalisiert. Er sendet damit zwei Botschaften und ich weiss nicht, welche schlimmer ist. Die erste ist (für jene die es immer noch nicht gemerkt haben) völlige Inkompetenz. Die zweite ist seine Gleichgültigkeit gegenüber etablierten Normen.</p>
  88. <p>Nun werden sich trotzdem viele auch ausserhalb des Trump Fanclubs sagen: Na und? So schlimm ist das doch nicht. Er ist ja neu in dem Geschäft. Es ist aber nicht so einfach. Normen, die uns vertrauter sind als das diplomatische Protokoll illustrieren das Problem vielleicht besser. Darum zwei Beispiele:</p>
  89. <p>Einem Kind bringt man in allen möglichen Situationen bei, sich zu bedanken. Die wenigsten Eltern werden meinen, dass sie dem Kind Dankbarkeit per se beibringen. Es geht darum eine Norm zu verinnerlichen. Dies ist unter anderem auch notwendig, weil es die entsprechende gesellschaftliche Erwartung gibt. Es gibt viele Situationen wo ein &#8220;Vielen Dank&#8221; und sei es nur als Floskel, erwartet wird. Verspüre ich wirklich Dankbarkeit wenn jemand die Tür 4 Sekunden länger offenhält (man stelle sich vor die Person würde sie mir vor der Nase zuschlagen!), jemand einen halben Schritt zur Seite geht um mich nicht anzurempeln oder  wenn mir jemand gerade etwas verkauft hat? Nur in einem sehr geringen Ausmass falls überhaupt. Viel wichtiger ist, dass wir damit die Geste und vielleicht auch unsere Mitmenschen anerkennen.</p>
  90. <p>Der Normenbruch in Trumps Tweet ist das Äquivalent zur Unterlassung eines solchen &#8220;Dankeschöns&#8221;. Ein Kleinkind würde man dazu anhalten es nachzureichen. Bei einem Erwachsenen würde man sich seine Sache denken.</p>
  91. <p>Ein anderes Beispiel: Wenn ich an einem fremden Ort eine Kirche oder Moschee besichtigen gehe und da steht am Eingang man dürfe den Ort nicht in kurzen Hosen oder im T-Shirt betreten (nicht dass ich oft kurze Hosen tragen würde, schon gar nicht auf Urlaub), dann tue ich das nicht. Nicht weil ich meine, dass mich sonst ein göttlicher Zornesblitz treffen würde, oder ich die Argumentation der Gemeinschaft, die das Gotteshaus betreibt, anerkennen würde, sondern schlicht aus Respekt der Norm gegenüber und indirekt den Menschen, die sie aufgestellt haben.</p>
  92. <p>Trump ist im T-Shirt und Shorts in die Kirche gelatscht. Das ist nicht &#8220;erfrischend informell&#8221;.</p>
  93. <p>Trump zeigte mit diesem Tweet seine Ignoranz gegenüber diesen grundlegenden Normen und sein Unwillen irgendwas über seinen neuen Job zu lernen. Ohne eine Entschuldigung, die es ziemlich sicher nicht geben wird, ist der Tweet mehr oder weniger ein Stinkefinger in Richtung jenes Landes, das historisch als besonders enge Partnerin gilt.<!--nextpage--></p>
  94. <p>Gerade in der Diplomatie gibt es viele solcher Normen. Es kommt nicht von ungefähr, dass dem Protokoll so viel Bedeutung zugemessen wird in der Diplomatie. Solche Regeln erlauben es unter anderem auch Missverständnisse aufgrund divergierender Heimregeln zu verhindern. Sie ebenen das Spielfeld und grenzen es ein. Sie sind das Räderwerk das die internationalen Beziehungen am Laufen hält. Es war vielleicht nur ein Fettnäpfchen, mit beschränkten unmittelbaren Folgen. Nichts das auf lange Sicht nicht wieder ausgebügelt werden könnte. Die Natur dieses Fettnäpfchens lässt aber nichts Gutes erahnen für die Zukunft.</p>
  95. <p><em>Nachtrag: Ich habe den Abschnitt, der dem &#8220;Vielen Dank&#8221; Beispiel folgt, da er nicht korrekt und unklar war (ein Normen respektierendes &#8220;Vielen Dank&#8221; geht dafür an <a href="https://twitter.com/spinfocl">@spinfocl</a>)</em></p>
  96. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=2238&amp;md5=b930a72a5720537c6619010afc17b01e" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
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  100. <item>
  101. <title>Wer wählte Trump?</title>
  102. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2016/11/15/wer-waehlte-trump/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=wer-waehlte-trump</link>
  103. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2016/11/15/wer-waehlte-trump/#comments</comments>
  104. <pubDate>Tue, 15 Nov 2016 17:33:59 +0000</pubDate>
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  106. <category><![CDATA[Geistes- & Sozialwissenschaften]]></category>
  107. <category><![CDATA[Kommentar]]></category>
  108. <category><![CDATA[Politik]]></category>
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  119. <description><![CDATA[Die meisten Diskussionen um das Wie und Warum der Trumpwahl führen auf eine grosse Frage zurück: Wer sind die Trumpwählerinnen und -wähler? Es scheint mir daher wichtig, zuerst mal diese Grundlage so weit als möglich zu klären, bevor wir weiter diskutieren. Dieser Überblick kommt mit einer Warnung die ich mir auch selber immer wieder in&#8230;]]></description>
  120. <content:encoded><![CDATA[<p class="p1">Die meisten Diskussionen um das Wie und Warum der Trumpwahl führen auf eine grosse Frage zurück: Wer sind die Trumpwählerinnen und -wähler? Es scheint mir daher wichtig, zuerst mal diese Grundlage so weit als möglich zu klären, bevor wir weiter diskutieren.</p>
  121. <p class="p1">Dieser Überblick kommt mit einer Warnung die ich mir auch selber immer wieder in Erinnerung rufen muss: Einige dieser Analysen basieren auf Exit-Polls. Die nationalen Umfragen lagen im Schnitt zwar ziemlich richtig (besser als in den letzten Wahlen). Dies stimmt aber nicht für einige Umfragen auf Staatenebene (Resultate waren je nach Staat schon immer durchzogener). Wie bei Vorwahlumfragen werden auch Exit-Polls gewichtet, Samples angepasst und es wird mit teilweise ähnlichen Problemen gekämpft. Sie sind damit also nur mit entsprechender Vorsicht zu geniessen.</p>
  122. <p class="p1">Um Missverständnissen vorzubeugen, möchte ich noch einen anderen Punkt klären: Ich werde öfters in groben Kategorien sprechen (zB. “Frauen”). Diese Kategorien können zumindest theoretisch immer weiter runtergebrachten werden (z.B unverheiratete Frauen mit Universitätsabschluss in städtischen Gebieten die jünger als 30 Jahre sind) und Überlappungen gibt es natürlich auch (wir können “Männer” als Gruppe betrachten aber ebenso “Rural”, diese Kategorien schliessen sich nicht aus). Was für die ganze Gruppe gilt, gilt nicht unbedingt für die Untergruppe. Es versteht sich auch von selbst, dass wir nie von allen in der Gruppe sprechen. Wenn ich schreibe “Gruppe X hat Trump gewählt” wird es immer einen (nicht selten beträchtlichen) Prozentsatz in dieser Gruppe geben, die das nicht getan hat.</p>
  123. <p class="p1">Ein letztes Element das ich noch betonen möchte ist, dass es in den meisten Fällen um die Gruppe der <i>Stimmenden</i> geht. Wenn wir also sagen “x% der weissen Männer hat Trump gewählt,” heisst das eigentlich immer “x% der weissen Männer <i>die gewählt haben </i>haben Trump gewählt.” Ich werde das nicht jedes mal anfügen.</p>
  124. <p class="p1">Ein guter Ausgangspunkt für eine solche Analyse ist die Aufschlüsselung auf der Basis von <a href="https://www.nytimes.com/interactive/2016/11/08/us/politics/election-exit-polls.html">Exit-Polls die die New York Times gemacht hat</a>. Hier ist was mir ins Auge sticht (aber weitere Analysen sind auf jeden Fall willkommen da man sicher verschieden Narrative in diese Zahlen lesen kann):</p>
  125. <ul>
  126. <li class="p1">Frauen in der Mehrheit Clinton (54%) gewählt haben und Männer in der Mehrheit Trump (53%) (ich komme später noch darauf zurück, da sich hier eine weiteres runterbrechen interessant ist).</li>
  127. <li class="p1">Ausser jenen die sich als “weiss” definieren haben die &#8220;nicht-weissen&#8221; Gruppen (meist überaus deutlich) Clinton gewählt.</li>
  128. <li class="p1">Bis 44 Jahre alte Wählerinnnen und Wähler haben Clinton gewählt. Die ältere Generation hat in der Mehrheit Trump gewählt.</li>
  129. <li class="p1">Eine weitere Spaltung finden wir bei der Ausbildung: Mit einem College Abschluss tendiert man zu Clinton, ohne zu Trump.</li>
  130. <li class="p1">Noch markanter, ja geradezu drastisch wird dieser Unterschied wenn man dann nach “race” unterschieden wird: Während Weisse ohne College Abschluss mit deutlicher Mehrheit Trump wählten (67%) und jene mit noch immerhin mit 49%, wählten die Nicht-Weissen mit und ohne Abschluss mit über 70% für Hillary. Beachtenswert ist hier auch der “Swing”: 10% der weissen <em>mit</em> College Abschluss wechselten zur demokratischen Partei und 14% jener <em>ohne</em> zur Grand Old Party.</li>
  131. <li class="p1">Ebenfalls interessant in Anbetracht des Argumentes, dass die Wurzel in der ökonomischen Situation zu suchen sei ist, dass tiefere Einkommen in der Tendenz eher Clinton wählte und Trump mit den höheren Einkommen und der Mittelschicht (in den USA meist alle die nicht als “arm” durchgehen). Dies wird jedoch durch den massiven Swing in Richtung GOP (16%) in der untersten Einkommensklasse relativiert.</li>
  132. <li class="p1">Der Stadt-Land Unterschied ist nicht überraschend, sehr deutlich. Der <a href="https://www.economist.com/blogs/graphicdetail/2016/11/daily-chart-7?fsrc=scn/tw/te/bl/ed/acountrydividedbycounties">Economist errechnete sogar</a>, dass in Gebieten in denen einer Person mindestens 2.6km zur Verfügung stehen, 80% Trump wählten. Dies ist auch interessant wegen der (meines Erachtens völlig hanebüchenen) “Dichtestress&#8221; These, die in der Schweiz in den letzten Jahren in Anti-Einwanderungszirkeln en Vogue war.</li>
  133. <li class="p1">Wie deutlich Trump bei den Evangelikalen gepunktet hat ist ebenfalls bemerkenswert, sahen diese sich doch bisher immer als “value voters” und ein Kandidat wie Trump wäre in seiner Vulgarität und Geschichte völlig undenkbar gewesen. Vielleicht hat hier die Supreme Court Vakanz eine einzigartige Chance für Trump geschaffen (ein Punkt der vielleicht ein anderes mal separat besprochen werden sollte).</li>
  134. </ul>
  135. <p class="p1"><a href="https://fivethirtyeight.com/features/where-trump-got-his-edge/">Fivethirtyeight hat versucht statt mit Exit-Polls mit Zensusdaten herauszufinden wo Trump gewählt wurde</a>. Sie verglichen dabei nur GOP mit GOP, will heissen ob Trump besser oder schlechter war als Romney in 2012. Dies kann uns als erster Hinweis dienen, wie viel Vertrauen wir den obigen Exit-Polls schenken möchten. Die Daten sind noch nicht vollständig und müssen darum wiederum mit gewisser Vorsicht aufgenommen werden. Auch korrelieren sie einfach demographischen Daten und Wahlresultate wenn ich es richtig verstehe, was andere methodische Problem mit sich bringen kann. Tatsächlich sind die Resultate ähnlich:</p>
  136. <p><!--nextpage--></p>
  137. <ul>
  138. <li class="p1">Trump schlug Romney in “weisseren” Distrikten.</li>
  139. <li class="p1">Trump schlug Romney in “älteren” Distrikten.</li>
  140. <li class="p1">Weniger Immigrantinnen und Immigranten bedeutete dass Trump besser abschnitt als Romney.</li>
  141. <li class="p1">In schlechter ausgebildeten Bezirken lag Trump ebenfalls besser als Romney.</li>
  142. </ul>
  143. <p class="p1">Wenn es ein Thema gibt, dass hier im Blog immer wieder auftaucht ist es, dass Demokratie mehr ist als die blosse Herrschaft der Mehrheit. Die Tyrannei der Mehrheit über eine Minderheit ist sogar eine Gefahr für einen demokratischen Staat. Diese Zahlen sind ein Hinweis darauf, dass sich bei dieser Wahl vermutlich eine weisse Mehrheit einen Dreck um die Sorgen anderer Gruppen kümmerte und den Kandidaten trotz seines Rassismus (oder schlimmer noch <i>wegen </i>diesem) gewählt hat.</p>
  144. <p class="p1">Um so schwieriger finde ich es zu akzeptieren, wenn nun argumentiert wird, dass dies die Quittung für fehlende Empathie für die nun Trump-wählenden war. <a href="https://blogs.lse.ac.uk/politicsandpolicy/trump-and-brexit-why-its-again-not-the-economy-stupid/">Andere verglichen die Trump Wahl und die Brexit-Abstimmung</a> und kamen zu einem ähnlichen Schluss wie die obige Analysen nahelegen: Es ging um einen Werte-Graben (Werte sind ja nicht unbedingt positiv) und nicht um die wirtschaftliche Situation. Zahlen aus vertrauenswürdigen Quellen, die etwas anderes zeigen, sind mir bisher nicht begegnet.</p>
  145. <p class="p1">Aber selbst wenn wir die Prämisse der ignorierten ökonomischen Sorgen akzeptieren, muss man klar sehen, dass es sich um die ökonomischen Sorgen <i>der weissen Bevölkerung</i> geht. Warum soll ich Verständnis haben für eine Gruppe, die ohne Skrupel bereit ist, eine anderes Segment der Bevölkerung mit den gleichen Schwierigkeiten, ohne solche Sympathie nur wegen ihrer Hautfarbe unter den Bus zu werfen, so lange sie meinen, sie kriegen dafür was sie wollen? Das klingt mehr nach einer Rechtfertigung für Rassismus und nicht nach Empathie.</p>
  146. <p class="p1"><i>Nachtrag: Dies ist eine erste Aufschlüsselung als Diskukssionsgrundlage. Zu den Themenbereichen Sexismus, Mobilisierung/Enthusiasmus und Religion werde ich hoffentlich später einen eigenen Blogpost widmen. Ich bitte dem in den Kommentarbeiträgen Rechnung zu tragen.</i></p>
  147. <p class="p1"><em>Nachtrag 2: Links die die &#8220;economic grievances&#8221; These in Frage stellen.</em></p>
  148. <p class="p1" style="padding-left: 30px;"><em><a href="https://fivethirtyeight.com/features/the-mythology-of-trumps-working-class-support/">Im Mai schaute sich 538 an aus welcher sozialen Schicht</a> Trumpwählerinnen und -wähler merheitlich stammen.</em></p>
  149. <p class="p1" style="padding-left: 30px;"><a href="https://www.washingtonpost.com/news/wonk/wp/2016/08/12/a-massive-new-study-debunks-a-widespread-theory-for-donald-trumps-success/">Gallup unternahm eine ähnliche Analyse</a> und kam zu ähnlichen Schlussfolgerungen (ich habe mir das aber nicht im Detail angeschaut und könnte ziemlich sicher <a href="https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2822059">die Methode auch nicht wirklich beurteilen</a>).</p>
  150. <p class="p1" style="padding-left: 30px;"><a href="https://electionado.com/canvas/1479173071893">Dieser Tweetstorm argumentiert</a> ebenfalls mit guten Argumenten, dass es &#8220;Race&#8221; war und nicht &#8220;Economics&#8221;.</p>
  151. <p class="p1" style="padding-left: 30px;">New York Times hat einen <a href="https://www.nytimes.com/2016/11/20/opinion/sunday/the-end-of-identity-liberalism.html">Gastbeitrag der argumentiert, dass &#8220;Identity Politics&#8221;</a> das Problem seien (ich bin zwar nicht einverstanden, möchte hier aber auch andere Meinungen verlinken.)</p>
  152. <p class="p1" style="padding-left: 30px;">Eine weitere interessante Analyse von 538 die ziemlich klar gegen die ökonomische These spricht: <a href="https://fivethirtyeight.com/features/education-not-income-predicted-who-would-vote-for-trump/">Education, Not Income, Predicted Who Would Vote For Trump</a>,</p>
  153. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=2231&amp;md5=2bd3ccd03966dc676be69823d41d5730" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
  154. <wfw:commentRss>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2016/11/15/wer-waehlte-trump/feed/</wfw:commentRss>
  155. <slash:comments>121</slash:comments>
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  157. <item>
  158. <title>Trump &#8211; &#8220;Der Bursche ist eine Katastrophe&#8221;</title>
  159. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2016/11/13/trump-der-bursche-ist-eine-katastrophe/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=trump-der-bursche-ist-eine-katastrophe</link>
  160. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2016/11/13/trump-der-bursche-ist-eine-katastrophe/#comments</comments>
  161. <pubDate>Sun, 13 Nov 2016 13:06:44 +0000</pubDate>
  162. <dc:creator><![CDATA[ali]]></dc:creator>
  163. <category><![CDATA[Internationale Politik]]></category>
  164. <category><![CDATA[Kommentar]]></category>
  165. <category><![CDATA[Politik]]></category>
  166. <category><![CDATA[kommentar]]></category>
  167. <category><![CDATA[rassismus]]></category>
  168. <category><![CDATA[trump]]></category>
  169. <category><![CDATA[us wahlen 2016]]></category>
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  171.  
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  173. <description><![CDATA[On some great and glorious day the plain folks of the land will reach their heart&#8217;s desire at last, and the White House will be adorned by a downright moron. (H.L. Mencken, 1920) Als es sich am Dienstag abzeichnete, dass Menckens obiges Zitat tatsächlich prophetisch war (eigentlich glaubte ich das schon als G. W. Bushs gewählt wurde)&#8230;]]></description>
  174. <content:encoded><![CDATA[<blockquote><p>On some great and glorious day the plain folks of the land will reach their heart&#8217;s desire at last, and the White House will be adorned by a downright moron.</p>
  175. <p>(H.L. Mencken, 1920)</p></blockquote>
  176. <p>Als es sich am Dienstag abzeichnete, dass Menckens obiges Zitat tatsächlich prophetisch war (eigentlich glaubte ich das schon als G. W. Bushs gewählt wurde) ging ich kurz nach 4 Uhr deprimiert, fassungslos und auch mit Angst im Bauch schlafen. Angst, dass das Wunder nicht mehr geschieht und Hillary Clinton unerwartet, die USA Präsidentschaft noch kurz vor dem Abgrund doch noch an sich reissen kann und Angst davor, was passiert, wenn sie es nicht tut.</p>
  177. <p>Nun hatte ich etwas Zeit nachzudenken und den ersten Schock zu verarbeiten. Vieles dass ich seit Dienstag gelesen habe, reizte mich in Blogposts abzuarbeiten. Zu weit weg war aber die Routine, dass ich mich wirklich hinsetzte, zu lange her war mein letzter Blogpost. Nun ist es aber soweit: Die überraschende Wahl von Trump brachte mich dazu, mich wieder an die Tastatur zu setzen.</p>
  178. <p>Als politischer Beobachter bin ich schockiert, dass er es geschafft hat, in einem System, das eigentlich darauf ausgelegt ist Demagogen wie ihn zu verhindern, gewählt zu werden. Auch die Realisierung, dass ich zwar die mathematische Realität eines Trump Sieges intellektuell durchaus anerkannte, aber emotional nicht als Möglichkeit in Betracht ziehen wollte. Ganz unabhängig davon, ob eine Trump-Präsidentschaft unter der Last seiner Inkompetenz in einer vierjähriger Lähmung der Exekutive verpufft oder ob er es schafft, mit der Demontierung der US Demokratie zu beginnen, ich verstehe nun die Fassungslosigkeit jener, die die Machtergreifung des &#8220;Clowns&#8221; Adolf H. beobachteten. Die vielen frühen schockierten Kommentare wirken plötzlich nicht mehr so abstrakt.</p>
  179. <p>Um es deutlich zu sagen: Zur Zeit scheint es mir unwahrscheinlich, dass Trump viel bewirken kann und ich sehe plausible Szenarien, in denen er keine vier Jahre an der Macht bleibt. Leider ist das aber auch eine andere unheimliche Parallele mit Beobachter_innen in den 30er Jahre, die mich an meiner eigenen Einschätzung zweifeln lässt.</p>
  180. <p>Neben Menckens Kommentaren ist ein anderer Text den ich wieder hervorkramte Thomas Manns Essay &#8220;Bruder Hitler&#8221;. Wenn einiges auch gar nicht passt, scheinen viele der Charakterzüge schon fast unheimlich treffend den orangen Reality TV Star zu beschreiben (selbst das sexistische &#8220;was Männer können&#8221; trifft in seiner Antiquiertheit erschrecken gut den Ton seiner Kampagne).</p>
  181. <blockquote><p>Der Bursche ist eine Katastrophe; das ist kein Grund, ihn als Charakter und Schicksal nicht interessant zu finden. Wie die Umstände es fügen, daß das unergründliche Ressentiment, die tief schwärende Rachsucht des Untauglichen, Unmöglichen, zehnfach Gescheiterten, des extrem faulen, zu keiner Arbeit fähigen Dauer-Asylisten und abgewiesenen Viertelskünstlers, des ganz und gar Schlechtweggekommenen sich mit den (viel weniger berechtigten) Minderwertigkeitsgefühlen eines geschlagenen Volkes verbindet, welches mit seiner Niederlage das Rechte nicht anzufangen weiß und nur auf die Wiederherstellung seiner &#8220;Ehre&#8221; sinnt; wie er, der nichts gelernt hat, aus vagem und störrischem Hochmut nie etwas hat lernen wollen, der auch rein technisch und physisch nichts kann, was Männer können, kein Pferd reiten, kein Automobil oder Flugzeug lenken, nicht einmal ein Kind zeugen, das eine ausbildet, was not tut, um jene Verbindung herzustellen: eine unsäglich inferiore, aber massenwirksame Beredsamkeit, dies platt hysterisch und komödiantisch geartete Werkzeug, womit er in der Wunde des Volkes wühlt, es durch die Verkündigung seiner beleidigten Größe rührt, es mit Verheißungen betäubt und aus dem nationalen Gemütsleiden das Vehikel seiner Größe, seines Aufstiegs zu traumhaften Höhen, zu unumschränkter Macht, zu ungeheueren Genugtuungen und Über-Genugtuungen macht.</p>
  182. <p>(Thomas Mann, Bruder Hitler, 1938)</p></blockquote>
  183. <p>Ich bin normalerweise Optimist. Ich bin überzeugt von der Macht von Institutionen und der Schwierigkeit diese zu ändern. Ich habe deshalb hier immer wieder internationale Ereignisse kommentiert und die lesenden zu beruhigen versucht, in dem ich darauf hinwies, dass die Suppe nicht so heiss gegessen wird, wie sie gekocht wird. Heute kann ich das zum ersten Mal nicht mit gutem Gewissen tun. Nicht weil die Katastrophe vorprogrammiert ist. Das Problem ist, dass wir völliges Neuland betreten.<!--nextpage--></p>
  184. <p>Ausser der narzisstischen Persönlichkeit Trumps und seiner zum Himmel schreienden Inkompetenz wissen wir nicht, wofür er steht oder wohin er möchte. Er schien während dem Wahlkampf ideologisch kaum fassbar. Wie eine schlechte Parodie eines Politikers der nichts konkretes zu sagen versucht. Eine der wenigen Konstanten die weiter zurückgehen, sind sein Rassismus, seine Tendenz zu Verschwörungstheorien und sein hemmungsloses Lügen. In Kombination mit einer offensichtlichen Unwilligkeit zu lernen, schafft dies sicher keine Zuversicht.</p>
  185. <p>Wir hier in Europa und dem Rest der Welt haben keine Stimme in einer US Wahl. Wir haben kaum Zugang zum politischen System in den USA. Was kann also getan werden? Die Wahl Trump ist kein US spezfisches Phänomen. Im Gegenteil: Die selbe Form von rechtem Populismus beobachten wir hier bei uns schon lange, die selben Themen werden bearbeitet, die selben Entschuldigungen werden vorgebracht. Es kommt nicht von ungefähr, dass Trump sich gleich mit Nigel Farage getroffen hat und es Berichte gibt, dass seine Kampagne die Hand in Richtung Le Pen Clan ausgestreckt hat. Es ist kein Zufall, dass ein gewisses Segment der ungarischen Politik seine Wahl enthusiastisch begrüsste oder schwedische Neonazis eine Siegesparade abhielten. Das ist unser Vorgarten und hier können wir etwas tun. Der Diskurs der neuen Rechten darf nicht normalisiert werden, sie dürfen sich nicht zur neuen Mitte umdefinieren.</p>
  186. <p>Das ist warum ich mich hingesetzt habe um wieder zu Bloggen. Ich kam zum Schluss, dass was ich beitragen kann ist mit meiner bescheidenen Expertise zu versuchen, den politischen Diskurs einem Faktencheck zu unterwerfen. In der Aussenpolitik Komplexität und Nuancen herauszustreichen und auf das nicht-erwähnte hinzuweisen. Und das gilt in alle politischen Richtungen. Ich verzweifle im Moment ebenso an vielen schlechten Analysen beim Post-Mortem der Clinton Niederlage zur Linken (zum Beispiel was zu Freihandel oder der Nato geschrieben wird).</p>
  187. <p>Damit mich niemand falsch versteht: Ich glaube nicht im geringsten, dass ich damit die Welt ändere werde. Es ist wenn ich Glück habe, ein kleiner Beitrag. Falls ich niemanden aus ihrer/seiner Filterblase holen kann für einen Moment, dann habe ich es zumindest versucht. Das scheint mir im Moment das wichtigste, nämlich dass wir nicht vor den illiberalen und rückwärtsgewandten Kräften und deren Steigbügelhalter auf allen Seiten des politischen Spektrums kapitulieren.</p>
  188. <p>Was könnt ihr also erwarten, sollte ich meine guten Vorsätze verwirklichen? Es wird sich wohl nicht viel ändern. Der Fokus wird vielleicht etwas mehr US-lastig sein. Ich werde eventuell vermehrt kontroversere Themen aufgreifen und auch öfters kommentieren. Besonders wenn Rassismus als Wissenschaft verkleidet (sozusagen im Laborkittel) daher kommt und sich hinter Pseudo-Rationalismus und Wörterbuchdefinitionen versteckt will ich vermehrt reagieren. Zu oft habe ich es nicht mehr getan, weil es zu ermüdend war, immer wieder die selben Dinge zu erklären sich immer wieder rechtfertigen zu müssen (es ist erstaunlich was Leute aufgrund eines Vornamens und etwas Melanin zu wissen glauben).</p>
  189. <p>In naher Zukunft werde ich versuchen eine Serie zur Trumpwahl zu starten um zu verstehen, was diese bedeuten könnte und wie sie passierte. Ich hoffe ich werde es schaffen Gedankenanstösse zu geben und euch vielleicht auch mal ab und zu mit guten Argumenten zu verärgern.</p>
  190. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=2224&amp;md5=39c3fd0224445434345910766b511e65" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
  191. <wfw:commentRss>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2016/11/13/trump-der-bursche-ist-eine-katastrophe/feed/</wfw:commentRss>
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  194. <item>
  195. <title>Wer soll normative Richtungen vorgeben, wenn nicht Ihr? – Ein Appell an die Politologie [Gastbeitrag]</title>
  196. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2016/05/12/wer-soll-normative-richtungen-vorgeben-wenn-nicht-ihr-ein-appell-an-die-politologie-gastbeitrag/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=wer-soll-normative-richtungen-vorgeben-wenn-nicht-ihr-ein-appell-an-die-politologie-gastbeitrag</link>
  197. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2016/05/12/wer-soll-normative-richtungen-vorgeben-wenn-nicht-ihr-ein-appell-an-die-politologie-gastbeitrag/#comments</comments>
  198. <pubDate>Thu, 12 May 2016 08:22:05 +0000</pubDate>
  199. <dc:creator><![CDATA[ali]]></dc:creator>
  200. <category><![CDATA[Geistes- & Sozialwissenschaften]]></category>
  201. <category><![CDATA[Kommentar]]></category>
  202. <category><![CDATA[bloggen]]></category>
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  208.  
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  210. <description><![CDATA[[Dies ist ein Gastbeitrag von Gesche Schifferdecker zu einer aktuellen Debatte in den Politikwissenschaften] Eines der ersten Gespräche mit meinem Partner drehte sich um die Politikwissenschaft. Er ist Franzose und hat am Institut d’études politiques (kurz: Sciences Po) in Strasbourg studiert. Ein Politikwissenschaftler der alten Schule also. Er war begeistert, als ich ihm berichtete, dass ich&#8230;]]></description>
  211. <content:encoded><![CDATA[<p><i>[Dies ist ein Gastbeitrag von <em>Gesche Schifferdecker </em>zu einer aktuellen Debatte in den Politikwissenschaften]</i></p>
  212. <p>Eines der ersten Gespräche mit meinem Partner drehte sich um die Politikwissenschaft. Er ist Franzose und hat am Institut d’études politiques (kurz: Sciences Po) in Strasbourg studiert. Ein Politikwissenschaftler der alten Schule also. Er war begeistert, als ich ihm berichtete, dass ich derselben Zunft angehöre, und erklärte mir allen Ernstes, mit dem Studium könne man quasi überall arbeiten. Ich habe herzlich gelacht und gefragt, ob er mich auf den Arm nehmen wollte. Aber nein – in Frankreich, und auch in Brüssel, wo er seit vielen Jahren „Policy Adviser“ ist, geht das offensichtlich. Dort arbeiten PolitikwissenschaftlerInnen in Unternehmen, im Öffentlichen Dienst, in der Politikberatung, im Journalismus und in vielen anderen Bereichen. Und wenn sie in der Wissenschaft bleiben, äußern sie sich zu öffentlichen Debatten – wie zum Beispiel Jean-Yves Camus zum Erfolg des Front National. Vor allem aber arbeiten Politikwissenschaftler in der Politik. Um dort Karriere zu machen, sollte man die klassische Laufbahn planen: Sciences Po, am besten in Paris, und danach ein weiteres Studium an der École nationale d’administration (ENA). Der jetzige französische Präsident Francois Hollande hat dort seinen Abschluss gemacht, genau wie vor ihm Valéry Giscard d&#8217;Estaing oder Jacques Chirac. Politische Wissenschaft ist in Frankreich ein Studium mit Machtgarantie.</p>
  213. <p>In Deutschland sieht es für unsere Disziplin vermeintlich anders aus. „Ein Fach ohne Ausstrahlung“ <a href="https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/forschung-und-lehre/politikwissenschaft-und-ihre-lage-der-in-der-oeffentlichkeit-14186054.html">titelte kürzlich die Frankfurter Allgemeine Zeitung</a>. In Deutschland ist Herfried Münkler einer der wenigen Politologen, die einer breiteren Öffentlichkeit bekannt sind. Er ist ein typischer „public intelectual“, berät Institutionen und veröffentlicht Bücher, die man auch als Nicht-Wissenschaftler lesen und verstehen kann. Aber er machte <a href="https://hu.blogsport.de/muenkler-watch/">auch kürzlich Schlagzeilen mit Münkler-Watch</a>, einem Blog, in dem Studierende an der HU Berlin ihm „<a href="https://hu.blogsport.de/images/1234vawf.pdf">Rassismus, Sexismus, und Militarismus</a>“ vorwerfen. Und aus seinen Vorlesungen zitieren. Seitdem möchte ich nicht mehr Publikum seiner öffentlichen Auftritte sein.</p>
  214. <p>Wie hat sich diese – im Vergleich z. B. zur Geschichtswissenschaft und Ökonomie – immer noch junge, verheißungsvolle Disziplin in den vergangenen Jahren tatsächlich entwickelt? Einige ihrer Gründungsväter in Deutschland habe ich studiert: Max Weber als der bekannteste natürlich, aber zum Beispiel auch Ossip K. Flechtheim und Eric Voegelin, die eher zu den „Underdogs“ zählen. Viele der antiken, mittelalterlichen und frühneuzeitlichen und modernen Philosophen habe ich ebenso verschlungen – obwohl die Disziplin noch nicht „Politische Wissenschaft“ hieß. Heute lese ich Axel Honneth und Jürgen Habermas. Letzterer ist zwar eher ein Philosoph, gilt aber als einer der wichtigsten wissenschaftlichen Kritiker aktueller politischer Entscheidungen, zum Beispiel in Bezug auf die Europapolitik der Bundesregierung (vgl. <a href="https://www.tagesspiegel.de/kultur/juergen-habermas-ueber-fluechtlinge-mit-dem-blossen-aufprall-ihrer-erschoepften-und-hilfsbeduerftigen-existenzen/12522496.html">auch hier</a>). Axel Honneth findet man im Deutschlandradio oder in der taz, wenn er ein neues Buch vorstellt. Zurzeit beschäftigt er sich mit der Wiederbelebung sozialistischer Ideen. Das Thema ist hochspannend, aber auch hier ist der Diskurs – zugegebenermaßen – eher philosophisch. Mir fehlt eine Einschätzung aktueller Debatten von VertreterInnen der politischen Philosophie genauso wie von WissenschaftlerInnen, die sich mit Internationalen Beziehungen oder Europapolitik beschäftigen. Warum vermitteln sie weder uns als Gesellschaft noch unseren politischen RepräsentantInnen anwendungsbezogenen Ideen? Wo sind die wissenschaftsinternen <em>und</em> die öffentlichen normativen Debatten, auf deren Basis die Disziplin gegründet wurde? Wie sollen wir mit brennenden Themen wie Integration und demographischer Entwicklung, aber auch mit zunehmender Politikverdrossenheit und zentrifugalem politischen Wettbewerb umgehen? Wer kann uns heute eine Richtung vorgeben? Überlässt die Politikwissenschaft dieses Feld den Juristen und Historikern? (Ich verwende hier bewusst das Maskulinum, weil Frauen extrem unterrepräsentiert sind in öffentlichen wissenschaftlichen Debatten – aber das ist Stoff für einen weiteren Blogbeitrag.)</p>
  215. <p>Wenn ich diese Wünsche äußere, geht es nicht darum, „dem drängendem Wunsch nach einer Politologie nachzugeben, die den Gesetzen öffentlicher Werbung gehorcht“, wie der Münchner <a href="https://www.theorieblog.de/index.php/2016/05/fach-ohne-ausstrahlung-replik-auf-frank-deckers-und-eckhard-jesses-kritik-der-politikwissenschaft-in-deutschland/">Politikwissenschaftler Sebastian Huhnholz den Autoren des FAZ-Artikels Frank Decker und Eckhard Jesse vorwirft</a>. Es geht darum, sich <em>überhaupt </em>allgemein zugänglich zu äußern, auch normativ. Aus der Wissenschaft und von Forschungsergebnissen zu berichten ebenso wie aktuelle politische und gesellschaftliche Fragen zu kommentieren. Sebastian Huhnholz ist dafür übrigens ein tolles Beispiel. Er zählt zu den Wissenschaftlern, die die Öffentlichkeit an ihren Gedanken teilhaben lassen –  indem er bloggt. Das Theorieblog, zu dessen Redakteuren und Autoren er gehört, ist eines der wichtigsten Wissenschaftsblogs für die Community in Deutschland, wo sowohl wissenschaftliche Debatten abgebildet als auch tagespolitische Ereignisse diskutiert werden.</p>
  216. <p>Die Politikwissenschaftler Thomas Plümper und Thomas König haben als Reaktion auf den FAZ-Artikel einen offenen Brief mit dem Titel „<a href="https://www.dvpw.de/fileadmin/docs/2016-05-01%20Pl%FCmper_K%F6nig.pdf">Die Unsichtbarkeit der Politikwissenschaft und die Furcht vor der Amerikanisierung</a>“ geschrieben, der auf der Webseite der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft publiziert worden ist. Für wen war dieser Brief gedacht? Für die Community?  Dann spiegelt er genau das selbstreferentielle Verständnis von Wissenschaft, das die Politikwissenschaft laut Frank Decker und Eckhard Jesse in ihre kritische Situation gebracht hat. Die Befürchtung von Jäger und Plümper, dass der „wissenschaftliche Diskurs durch einen öffentlichen Diskurs ersetzt“ werden könnte, wenn Politikwissenschaftler sich mehr an die Öffentlichkeit wenden, teile ich nicht. Ich verstehe, wenn WissenschaftlerInnen mit den Mechanismen des medialen Marktes nicht immer einverstanden sind – umso wichtiger ist es, dass sie sich nicht zurückziehen und den Austausch von – so Plümper und König – „Austausch von ideologiebasierten Meinungen“ anderen überlassen.</p>
  217. <p>Mir ist natürlich klar, dass ich zu den VertreterInnen derjenigen Politologen zähle, die die aktive Wissenschaft verlassen haben, und dass man mich deswegen vielleicht nicht ernst nimmt. Stattdessen arbeite ich jetzt als Referentin für Wissenschaftskommunikation, und meine Perspektive ist genauso subjektiv wie alle anderen. Ich fordere nicht nur die Transparenz von Forschungsergebnissen, sondern auch an einen fruchtbaren Austausch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. Gleichzeitig habe ich aber das Vertrauen in die Kompetenz meiner Disziplin nicht verloren. Deswegen möchte ich an meine ehemaligen KollegInnen appellieren: Nehmt Stellung! Gebt Interviews, bloggt, diskutiert öffentlich, traut Euch! Lasst uns teilhaben an Euren Gedanken und auch am try&amp;error! Denn –  um es frei nach meinem Lieblingsphilosophen Aristoteles zu sagen – „es gibt nur einen Weg um Kritik zu vermeiden: tue nichts, sage nichts und sei nichts“. Das ist nicht die Zukunft, die ich mir nach 2400 Jahren intensiver Auseinandersetzung mit uns Menschen als politische Lebewesen für die Politikwissenschaft wünsche.</p>
  218. <p><em>Gesche Schifferdecker ist Referentin für Wissenschaftskommunikation und ein zoon politikon. In ihrem nächsten Leben möchte sie ihre Dissertation beenden – allerdings gerne mit einem Arbeitsvertrag an der Uni, der für mindestens zwei Jahre anstelle von für zwei Monate angelegt ist.</em></p>
  219. <p><em>Korrektur: Ich wurde darauf hingewiesen, dass die im Text erwähnte vermeintliche Stellungnahme der Deutsche Vereinigung für Politische Wissenschaft nur eine Einsendung an diese war, die die DVPW dann auf ihrer Webseite veröffentlichte. Die Autoren sprechen nicht für die Organisation, den Vorstand oder Beirat. <del>Ich habe den Satz entsprechend geändert</del>. Die Autorin hat den Abschnitt nun neu formuliert.</em></p>
  220. <p>&nbsp;</p>
  221. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=2212&amp;md5=bd4ed9dc93fc179042c50559132e6db2" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
  222. <wfw:commentRss>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2016/05/12/wer-soll-normative-richtungen-vorgeben-wenn-nicht-ihr-ein-appell-an-die-politologie-gastbeitrag/feed/</wfw:commentRss>
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  225. <item>
  226. <title>Die Panzerfaust auf Facebook kaufen</title>
  227. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2016/04/20/die-panzerfaust-auf-facebook-kaufen/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=die-panzerfaust-auf-facebook-kaufen</link>
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  229. <pubDate>Wed, 20 Apr 2016 09:10:40 +0000</pubDate>
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  248. <description><![CDATA[Ich habe im letzten Post einen Eintrag versprochen, der zur Abwechslung nicht auf irgend das Aufreg-Thema des Tages zurückgeht. Ein Grund warum es hier in den letzten Wochen und Monaten eher still war, ist meine Arbeit. Diejenigen, die hier schon länger mitlesen werden gemerkt haben, dass die Blogfrequenz ungefähr gleichzeitig mit einer Änderung im Bloggerprofil zur rechten&#8230;]]></description>
  249. <content:encoded><![CDATA[<p>Ich habe im letzten Post einen Eintrag versprochen, der zur Abwechslung nicht auf irgend das Aufreg-Thema des Tages zurückgeht. Ein Grund warum es hier in den letzten Wochen und Monaten eher still war, ist meine Arbeit. Diejenigen, die hier schon länger mitlesen werden gemerkt haben, dass die Blogfrequenz ungefähr gleichzeitig mit einer Änderung im Bloggerprofil zur rechten Seite einherging.</p>
  250. <p>Kleinwaffen und leichte Waffe sind ein riesiges Problem. Eine beträchtliche Zahl an Menschen stirbt alleine wegen Unfällen und wegen Missbrauch von solchen Waffen (was als legitimer Gebrauch gilt ist nochmals eine andere Diskussion). Gleichzeitig fehlen Informationen darüber, auf welchen  oft verworrenen Wege diese Waffen zu ihren Endbenutzer_innen kommen. Entsprechend fehlt auch die Grundlage um die Weiterverbreitung und den Missbrauch dieser Waffen einzudämmen.</p>
  251. <p>Diese Lücke versucht die Organisation, für  die ich arbeite, die <a href="https://www.smallarmssurvey.org">Small Arms Survey</a>, zu füllen. Ich bin zuständig für ein <a href="https://www.smallarmssurvey.org/sana">Projekt, dass sich spezifisch dem Nahen Osten, Nordafrika und der Sahelzone  widmet</a>. Und unsere letzte Publikation hat ein relativ grosses Medienecho ausgelöst, <a href="hhttps://www.bbc.com/news/world-africa-35980338">die BBC</a>, die <a href="https://www.nytimes.com/2016/04/07/world/middleeast/facebook-weapons-syria-libya-iraq.html?_r=0">New York Times</a>  und viele andere haben darüber berichtet. Es ist somit vielleicht auch einen Blogeintrag wert.</p>
  252. <p>Libyen ist ein Fokus meiner Arbeit im Moment. Nachdem Umsturz und dem Absetzen von Gaddafi wurde die Situation immer chaotischer. Schon als die Revolution im Gange war lösten sich Teile der Polizei und Streitkräfte auf, Magazine wurden geplündert und eine riesige Menge an Kleinwaffen und leichten Waffen überschwemmten das Land. Überall im Land werden viele staatliche Sicherheitsfunktionen nach wie vor von nicht regulierten Milizen wahrgenommen. Das muss aber für ein anderes mal warten. Diese Waffen wurden überall in der Region wiedergefunden (zum Beispiel in Tunesien und sogar in Mali).</p>
  253. <div id="attachment_2200" style="width: 310px" class="wp-caption alignright"><img class="wp-image-2200" src="https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2016/04/RTEmagicC__txdam5409_461bc5.jpg.jpg?resize=300%2C169&#038;ssl=1" alt="A MIRA thermal sight for MILAN series ATGWs advertised in a Libyan social media group used to trade arms" width="300" height="169" srcset="https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2016/04/RTEmagicC__txdam5409_461bc5.jpg.jpg?w=300&amp;ssl=1 300w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2016/04/RTEmagicC__txdam5409_461bc5.jpg.jpg?resize=160%2C90&amp;ssl=1 160w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2016/04/RTEmagicC__txdam5409_461bc5.jpg.jpg?resize=150%2C85&amp;ssl=1 150w" sizes="(max-width: 300px) 100vw, 300px" data-recalc-dims="1" /><p class="wp-caption-text">Bildquelle: ARES 2016</p></div>
  254. <p>Es ist schwer sich bewusst zu machen, wie einfach es ist, in Libyen Kleinwaffen zu kaufen. Man findet auf Märkten Stände mit einem beträchtlichen Angebot and Faustfeuerwaffen und anderer Gerätschaft. Und dann gibt es natürlich das Internet. <a href="https://www.smallarmssurvey.org/about-us/highlights/2016/highlight-sana-dispatch6.html">Dazu haben wir nun eine Studie veröffentlicht</a> (hier <a href="https://www.smallarmssurvey.org/fileadmin/docs/R-SANA/SANA-Dispatch6-Online-trade.pdf">als pdf</a>).</p>
  255. <p>Die Veröffentlichung bezieht sich nur auf leichte Waffen. In ein paar Wochen wird eine längere Publikation zu Kleinwaffen im Libyschen Netz folgen.</p>
  256. <p>Es existieren verschiedene Definitionen was <em>leichte Waffen</em> sind, aber keine die universell anerkannt wäre. Wir folgen mehr oder weniger der Definition des UN <a href="https://www.un.org/Depts/ddar/Firstcom/SGreport52/a52298.html">Panels of Government Experts (UNGA) von 1997</a>. Eine unwissenschaftliche aber für die Zwecke dieses Eintrags nützliche Definition könnte wie folgt lauten: Als Kleinwaffen gelten Waffen, die von einer Person transportiert und benutzt werden (zB Sturmgewehr, Faustfeuerwaffe). Leichte Waffen sind hingegen eigentlich nur leicht im Vergleich zu schweren Waffen. Es brauch für diese meist eine zweite Person oder ein kleines Gefährt oder Anhänger um sie operieren zu können (zB MANPADs, Mörser).</p>
  257. <p>Wer bis hier mitgelesen hat wird sich nun vielleicht fragen: Moment, <em>leichte</em> Waffen über das Internet kaufen? Das ist genau das Problem in Libyen. Der Staat ist quasi verschwunden und gleichzeitig zirkuliert eine enorme Zahl an Waffen jedes Kalibers. Teilweise haben die Menschen sogar Zugang zu schweren Waffen ohne jegliche Ausbildung wie mit diesen Umzugehen ist.</p>
  258. <div id="attachment_2201" style="width: 247px" class="wp-caption alignleft"><img class="wp-image-2201 size-full" src="https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2016/04/RTEmagicC_PF-89_01.jpg.jpg?resize=237%2C707&#038;ssl=1" alt="A WPF89-2 advertised in a Libyan social media group used to trade arms" width="237" height="707" srcset="https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2016/04/RTEmagicC_PF-89_01.jpg.jpg?w=237&amp;ssl=1 237w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2016/04/RTEmagicC_PF-89_01.jpg.jpg?resize=101%2C300&amp;ssl=1 101w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2016/04/RTEmagicC_PF-89_01.jpg.jpg?resize=30%2C90&amp;ssl=1 30w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2016/04/RTEmagicC_PF-89_01.jpg.jpg?resize=198%2C590&amp;ssl=1 198w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2016/04/RTEmagicC_PF-89_01.jpg.jpg?resize=150%2C447&amp;ssl=1 150w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2016/04/RTEmagicC_PF-89_01.jpg.jpg?resize=235%2C700&amp;ssl=1 235w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2016/04/RTEmagicC_PF-89_01.jpg.jpg?resize=67%2C200&amp;ssl=1 67w" sizes="(max-width: 237px) 100vw, 237px" data-recalc-dims="1" /><p class="wp-caption-text">Bildquelle: ARES 2016</p></div>
  259. <p>Die Studie beobachtete diverse geschlossen Gruppen im Netz. Nicht zuletzt auf dem populärsten sozialen Netzwerk wurden die Autoren fündig, obwohl solche Verkäufe dort gar gegen die Richtlinien verstossen (übrigens selbst im Fall von legalen Waffengeschäften).</p>
  260. <p>Seit September 2014 tauchten auf den Seiten unter Beobachtung fast 100 solcher Waffen auf, darunter Raketen, schwere Maschinengewehre oder Granatwerfer. Wie schon erwähnt, dies ist ohne die Kleinwaffen. Diese werden in einer späteren Publikation analysiert werden.</p>
  261. <p>Wenn man waffentechnisch versiert ist, kann man oft Produktionsland und -Jahr schätzen (oder manchmal ist diese Information sogar erhältlich). Dies ist im Fall von Libyen spezielle interessant, denn zwischen 1992 und 2003 hätten internationale Sanktionen gegen Gaddafi den Import verhindern sollen. Selbst nach der Aufhebung der Sanktionen wurden innerhalb des Landes kaum Waffen gehandelt. Dinge änderten sich nach dem Umsturz von 2011.</p>
  262. <p>In der Mehrheit der Fälle konnte das Ursprungsland identifiziert werden. 73% kamen aus der ehemaligen Sowjetunion oder der Russischen Föderation. An zweiter Stelle finden wir Belgien (8%) und an dritter China (6%). Die meisten der nicht-identifizierten leichten Waffen wurden vermutlich in Warschauer Pakt Ländern produziert.</p>
  263. <p>Die Autoren vermuten, dass ein grosser Teil des Handels von Leuten vollzogen wird, die Verbindungen zu den diversen Milizen haben zwecks Anschaffung von neuem Material oder um Überschüsse loszuwerden. Wegen der angewandten Methode, ist beim Preis nur der Angebots- aber nicht der Endpreis bekannt.</p>
  264. <p>Für ein schweres Maschinengewehr wurde im Durchschnitt 8125 Libysche Dinar (LYD) verlangt (5&#8217;900 USD). Für ein Fliegerabwehr-Maschinengewehr wie zB eine <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/ZPU-2">ZPU-2</a> wurden 85&#8217;000 LYD (62&#8217;000 USD) verlangt. Das durchschnittliche <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%BCcksto%C3%9Ffreies_Gesch%C3%BCtz">rückstossfreie Geschütz</a> war ein Schnäppchen für 5&#8217;417 LYD (4&#8217;000 USD) und ein Raketenwerfer war den Verkäufern 9&#8217;000 LYD (6&#8217;500 USD) wert.</p>
  265. <p>Die meisten der Waffen stammten aus von vor 1992 (dem Beginn des Embargos). Aber es tauchen auch einige neuere und technologischer fortgeschrittenere Waffen auf. Panzerabwehrlenkwaffen (<a href="https://de.wikipedia.org/wiki/AT-4_Spigot">9M111M</a> oder <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/MILAN">MILAN F3</a>) aber auch <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Man_Portable_Air_Defense_System">MANPADS</a> (Boden-Luft Raketen) wurden gefunden.</p>
  266. <p>Die technischen Details hier sind vermutlich zweitrangig (es ist auch ganz klar nicht mein Kerngeschäft) aber die einfache Erhältlichkeit dieser Waffen auf online Platformen gibt zu denken. Einige dieser geplünderten Waffen liegen unter Betten, in Küchenschränken und in Kellern. Der Zugang scheint einfach zu sein. Alleine das Potential für Unfälle ist enorm. Von den Risiken für den Konflikt oder den Zugang durch terroristische Organisationen gar nicht erst zu reden.</p>
  267. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=2199&amp;md5=66483fbfff0fb51d67d00229b1ba7679" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
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  271. <item>
  272. <title>Händedruckpflicht zur Rettung des Abendlandes</title>
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  275. <pubDate>Thu, 07 Apr 2016 08:27:13 +0000</pubDate>
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  293. <description><![CDATA[Nun blogge ich trotz guter Vorsätze wieder lange nicht und statt interessantes aus der Internationalen Politik zu verwursten (und davon gäbe es genug) muss ich wieder kurz das leidige Thema der Islam-Panik beackern. Dieses mal da mein Schweizer Heimatkanton es bis in die Schlagzeilen der BBC geschafft hat und mir auf Twitter einen hohen Blutdruck beschert hat.&#8230;]]></description>
  294. <content:encoded><![CDATA[<p>Nun blogge ich trotz guter Vorsätze wieder lange nicht und statt interessantes aus der Internationalen Politik zu verwursten (und davon gäbe es genug) muss ich wieder kurz das leidige Thema der Islam-Panik beackern. Dieses mal da mein Schweizer Heimatkanton es bis in die <a href="https://www.bbc.com/news/world-europe-35967349">Schlagzeilen der BBC geschafft hat</a> und mir auf Twitter einen hohen Blutdruck beschert hat.</p>
  295. <p>Die Geschichte ist schnell erzählt: In Therwil im Kanton Baselland haben gemäss Meldung zwei muslimische Teenager ihrer Lehrerin einen offenbar institutionalisierten Händedruck verweigert. Sie taten dies mit dem Verweis, dass ihr Glaube ihnen verbieten würde einer Frau die Hand zu geben. Die Schule fand darauf hin einen Kompromiss. Um einerseits dem Wunsch der Schüler gerecht zu werden, aber anderseits damit nicht selber Diskriminierung abzusegnen, sah dieser vor, dass sie als die Hand <em>keiner</em> Lehrperson geben, unabhängig vom Geschlecht.</p>
  296. <p>Nun könnte man meinem mit dieser vernünftig erscheinenden Lösung sei die Sache gegessen und den sich hinter ihrer Religion versteckenden Möchtegern-Rebellen sei damit der Wind aus den Segeln genommen. Natürlich nicht. Denn wo das Label &#8220;Islam&#8221; draufsteht muss Hysterie drin sind. Und Hysterie wurde geliefert. Nicht nur wurde die Sau (ich benutze dieses Bild nur, damit zufällig mitlesende Salafisten auch etwas an diesem Post zu mäkeln haben) durch das internationale Mediendorf gejagt.</p>
  297. <p>Unsere Justizministerin, eine Sozialdemokratin wohlgemerkt, musste natürlich auch gleich dem Niedergang des Abendlandes entgegentreten und <a href="https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/so-stelle-ich-mir-integration-nicht-vor/story/25643801">liess verlauten</a>: &#8220;Dass ein Kind der Lehrperson die Hand nicht gibt, das geht nicht.&#8221; Oder um es in den leicht abgeänderten Worten eines grossen deutschen Denkers zu sagen: &#8220;Kannst mal runner in Keller kucken, ich glaub, die Islamisten sind da!&#8221;</p>
  298. <p>Rechts fiel allen sofort wieder ein wie wichtig ihnen der Kampf gegen Sexismus ist (weil sonst alles OK ist <a href="https://twitter.com/Innenwelttramp/status/716977901862830080">wich letztens erneut belehrt wurde</a>), alle waren sich einig, dass Religion natürlich gefälligst aus dem Klassenzimmer fernzuhalten sei und der Händedruck wurde plötzlich zu einer nationalen Tradition erklärt (wie zuvor ein &#8220;<a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2013/09/22/burkaverbotsabstimmung-im-tessin-die-freiheit-mit-verboten-schutzen/">unverhülltes Antlitz&#8221; plötzlich zum zentralen Schweizer Kulturerbe avancierte</a>).</p>
  299. <p>Nun sind die Themen tatsächlich wichtig und und die Kritik in den meisten Fällen zumindest halbrichtig. Das Problem ist, dass es offenbar sonst kein Schwein (dies ist für die Salafisten, die trotz der ersten Metapher bis hierher gelesen haben) interessiert, ausser es hat irgendwas mit Islam zu tun. Lasst mich also kurz dazu ein paar Gedanken loswerden.</p>
  300. <p>Zuerst will ich aber etwas klarstellen. Es ist zwar tragisch, dass ich das immer wieder tun muss, aber anscheinend geht einigen jegliche Fähigkeit zum Textverständnis abhanden, wenn irgendwo das Wort &#8220;Muslim&#8221; oder &#8220;Islam&#8221; auftaucht. Frauen nicht die Hand geben zu wollen ist in diesem Fall ein klarer Ausdruck einer in religiösem Patriarchalismus verwurzelter Misogynie. Daran besteht meinerseits absolut kein Zweifel und das verdient keinerlei Respekt. Weder legitimiere ich diese Haltung, noch rechtfertige ich religiöse Ausnahmen wenn ich deren Rechte verteidige. Es geht um Kohärenz, Verhältnismässigkeit und individuelle Freiheit. Wer das nicht verstehen kann oder will, soll sich gar nicht erst die Mühe machen zu kommentieren.</p>
  301. <p>Rechtsstaat, Freiheit und Demokratie bringen es nun leider mit sich, dass Menschen in gewissen Grenzen das Recht haben, sich als unaufgeklärte Assoziale zu benehmen. Wie sehr man zu diesen Werten steht, sieht man erst, wenn sie <em>wirklich</em> Andersdenkenden zugestanden werden müsssen. Der Fall unserer Teenager-Fundis wäre so ein Beispiel.</p>
  302. <p>Ich verstehe nicht, was über diesen Fall überhaupt diskutiert wird. Was ist die Alternative im Sinne unserer Justizministerin wenn wir mal vom politischen Positionieren absehen? Wie setzen wir das &#8220;geht nicht&#8221; um? Es wird wohl kaum jemand vorschlagen die körperliche Autonomie der beiden Schüler in Frage zu stellen. Wenn sie nicht die Hand geben wollen, können wir sie wohl kaum dazu zwingen. Weil geht das, wo zieht man dann die Grenze?</p>
  303. <p>A propos physische Autonomie: In der etwas mediterraneren lateinischen Schweiz (wo ich lebe) ist es Tradition, dass die Begrüssung und Verabschiedung in vielen Fällen (ausserhalb des Klassenzimmers natürlich) durch Küsschen auf die Wange gemacht wird (&#8220;Sodann sollst du zählen bis Drei, nicht mehr und nicht weniger. Drei allein soll die Nummer sein, die du zählest.&#8221;). Nicht selten zwischen Leuten, die sich noch nie vorher getroffen haben, in der Regel unterschiedlichen Geschlechts. Wenn nun das 11 jährige Mädchen dem 55 jährigen Mann lieber nur die Hand geben möchte, sollte man sie im Namen der Tradition und sozialen Konvention zwingen? Falls jemand dieser Meinung ist, müssen wir über etwas anderes als Salafisten diskutieren.</p>
  304. <p>Dann ist da die Sache mit Religion im Klassenzimmer. Ich habe meine obligatorische Schulzeit und das Abitur im fraglichen Kanton gemacht. Zumindest damals in meinen Schulen gab es sicher keine Tradition von einem täglichen (?) Händedruck mit der Lehrperson, ich weiss also nicht wo das plötzlich herkommt. Was ich aber über zwei Jahre lang täglich machen musste ist, den Unterricht mit einem Gebet zu beginnen und zwar von uns gesprochen. Dinosaurier wurden mir von einem Junge-Erde-Kreationist erklärt. Ich kriegte das ganze Paket inklusive die grosse Flut im Biounterricht. Und als Tschernobyl in die Luft ging, verkündete mein damaliger Lehrer, statt den besorgten 9 jährigen die Angst etwas zu nehmen, dass dies ein Zeichen für das kommende jüngste Gericht sein müsse. Mit diesem Hintergrund, hier zwei Zitate aus dem Schulgesetz von eben diesem Kanton (meine Betonung):</p>
  305. <div class="article">
  306. <blockquote>
  307. <div class="article_number"><span class="title_text">2 Ziel</span></div>
  308. <div class="article_number">1 Die Bildung ist ein umfassender und lebenslanger Prozess, der die Menschen in ihren geistigen, körperlichen, seelischen, kulturellen und sozialen Fähigkeiten altersgemäss fördert und von ihnen Leistungsbereitschaft fordert. Das Bildungswesen weiss sich der <em>christlichen</em>, humanistischen und demokratischen Tradition verpflichtet.</div>
  309. </blockquote>
  310. </div>
  311. <blockquote>
  312. <div class="paragraph"></div>
  313. <div class="paragraph"><span class="number">20 </span><span class="title_text">Christlicher Religionsunterricht</span></div>
  314. <div class="paragraph"><span class="number">1 </span>Der christliche Religionsunterricht wird durch die Landeskirchen und die anderen kantonal anerkannten Religionsgemeinschaften organisiert.</div>
  315. <div class="paragraph"><span class="number">2 </span>Die Schulen ermöglichen den Schülerinnen und Schülern die Teilnahme.</div>
  316. <div class="paragraph"><span class="number">3 </span>Die Trägerschaft stellt die dafür erforderlichen Schulräume unentgeltlich zur Verfügung.</div>
  317. <div class="paragraph"><span class="number">4 </span>Die Religionslehrerinnen und Religionslehrer nehmen an den Sitzungen des Lehrerinnen- und Lehrerkonvents ihrer Schule mit beratender Stimme teil.</div>
  318. </blockquote>
  319. <div class="paragraph">
  320. <div class="article"></div>
  321. <p>Dies Privilegien existierten schon als ich dort zur Schule ging und sie waren mir schon damals ein Dorn im Auge. Wo waren die ganzen Leute die nun plötzlich keine Religion in baselbietern Klassenzimmer sehen wollen während den letzten Jahrzehnten? Solange wir vom Staat subventioniert religiös indoktrinierte wurden, war offenbar alles in Ordnung. Aber wenn zwei Teenies mit ihren kruden religiösen Ansichten angelaufen kommen, dann wird die Justizministerin auf Bundesebene mobilisiert um einen schulinternen informellen und wie schon gesagt eigentlich vernünftigen Kompromiss zu Fall zu bringen. Und auch hier wieder liebe Leute mit Leseproblemen: Ich sage nicht, dass der <em>status quo</em> gut ist, ich sage, dass für alle gleiche Regeln gelten sollten.</p>
  322. <p>Nebenbei würde mich interessieren wie die gleiche Diskussion geführt würde falls überhaupt, wenn es sich beispielsweise um ultraorthodoxe Juden handeln würde. Problematisieren könnte man ähnliches: Diskriminierung von Frauen, die vielbemühte Parallelgesellschaft, isolierte religöse Schulen die indoktrinieren, etc. Ich vermute die Diskussion würde wesentlich differenzierter verlaufen und der Kompromiss tendenziell gelobt. Leider wäre dies wohl teilweise darauf zurückzuführen dass offener Antisemitismus als verpönt gilt und viele darum ihre Ressentiments unter einer dünnen Decke vorgetäuschten Anstandes halten würden. Es besteht leider kaum Zweifel an der Universalität von tribalistischem Denken. Zumindest ein kleiner Sieg für die politische Korrektheit.</p>
  323. <p>Obwohl es sich um <em>einen</em> Fall in <em>einer</em> Schule handelt (und eventuell einem zweiten gemäss einigen Medienberichten) wird nun daraus sofort eine Integrationsdebatte (obwohl je nach Quelle war es nicht klar ob es sich überhaupt um Immigranten handelt). <em>Die Muslime </em>müssen sich integrieren und <em>unsere Regeln befolgen. </em>Obwohl kaum jemand in der Schweiz aus religiösen Gründen nicht Hände drückt, obwohl es kaum eine universelle schweizerische kulturelle Praxis gibt und obwohl es in einer freien Gesellschaft keinen gesetzlichen Zwang zur kulturellen Anpassung geben darf solange die Gesetze respektiert werden, soll trotzdem ein vorwiegend imaginärer Gegner in eine imaginäre Schablone gedrückt werden. Politik auf der Basis von mediatisierten Einzelfällen. Und wenn im Prozess das Kind mit dem Badewasser ausgeschüttet wird, dann werfen wir das Becken und den Tisch gleich noch hinterher. Hauptsache wir wissen wo der Feind sitzt.</p>
  324. <p>Danke fürs Durchhalten. Hoffentlich Morgen gibt es hier im Blog dafür noch etwas im Zusammenhang mit meiner Arbeit.</p>
  325. <p>PS: Es gelten die gleichen Kommentarregeln wie immer. Ich werde ohne Vorwarnung und nach Gutdünken entvokalisieren und löschen. Dies gilt <em>besonders</em> bei Jammern über angebliche &#8220;Zensur&#8221;. Wer damit ein Problem hat, soll gar nicht erst kommentieren.</p>
  326. <p>PPS: Ja, <a href="https://www.20min.ch/schweiz/news/story/17235435">ich habe gelesen was die Journos</a> in den Facebook Profilen der beiden Teenager respektive deren Vater meinen gefunden zu haben. Wer meint das ändert irgendwas an dem oben gesagten, der soll den Post nochmals lesen. Und wer es immer noch nicht versteht, ein drittes Mal. Hilft das auch nicht, kann er oder sie meinetwegen bei <em>Politically Incorrect</em> kommentieren gehen. Dort versteht man sich sicher.</p>
  327. </div>
  328. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=2181&amp;md5=aabb8a568a10cd749c90071dfcb84c22" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
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  333. <title>Geständnisse eines arabisch und nordafrikanisch aussehenden Menschen</title>
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  336. <pubDate>Sat, 09 Jan 2016 11:10:07 +0000</pubDate>
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  350. <description><![CDATA[Ich gestehe: Ich bin ein arabisch und nordafrikanisch aussehender Mensch. Dazu kommt, dass in meiner Muttersprache das &#8216;ch&#8217; verdächtig kratzt. Wenn ich irgendwo gegen das Gesetz verstossen würde, wenn ich mich als Bürger an Debatten um Migrationspolitik beteilige oder beim Grenzübertritt beim nach Hause kommen in die Schweiz, ist das irgendwie wichtig. Es spielt hingegen&#8230;]]></description>
  351. <content:encoded><![CDATA[<p>Ich gestehe: Ich bin ein arabisch und nordafrikanisch aussehender Mensch. Dazu kommt, dass in meiner Muttersprache das &#8216;ch&#8217; verdächtig kratzt.</p>
  352. <p>Wenn ich irgendwo gegen das Gesetz verstossen würde, wenn ich mich als Bürger an Debatten um Migrationspolitik beteilige oder beim Grenzübertritt beim nach Hause kommen in die Schweiz, ist das irgendwie wichtig. Es spielt hingegen keine Rolle, wenn ich die Steuerrechnung kriege, Gebühren zahlen muss oder gute Arbeit leiste. Es war egal als ich meine Doktorarbeit verteidigte und mein Aussehen kümmerte damals niemanden als es um die Wehrpflicht ging.</p>
  353. <p>Das ist alles sehr verwirrlich. Aber was sich nun in den letzten Tagen abspielt, scheint noch viel komplizierter.</p>
  354. <p>Als arabisch und nordafrikanisch aussehender Mensch war mir Feminismus schon immer ein Anliegen. Ich lerne nun, dass das nicht in meiner Kultur liegt (wie wir alle wissen, ist unsere Kultur eine direkte Funktion unserer Hautfarbe) . Geduldig wurde mir in den Kommentaren erklärt, dass ich dem &#8220;Genderwahn&#8221; verfallen sei und ich wurde als &#8220;Frauenversteher&#8221; bezeichnet. Wenn &#8220;jemanden zu verstehen&#8221; zur Charakterschwäche wird, weiss man wohl, dass man es mit einer Kultur zu tun hat, die Frauen- und Menschenrechte zu schätzen weiss.</p>
  355. <p>Nach den Übergriffen in Köln scheinen nun viele doch zum Schluss gekommen zu sein, dass sexualisierte Gewalt doch ein grosses Problem ist dem man sich annehmen muss. Oder vielleicht auch nicht. Weil will ich nun über solche Gewalt als allgemeines Problem sprechen, wird mir erklärt, dass ich ein Kulturrelativist sei, ein Verharmloser und dass ich das eigentliche Thema unter den Teppich wischen möchte. Dieses eigentliche Thema sind anscheinend Leute die irgendwie aussehen wie ich.</p>
  356. <p>Das <a href="https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/die-uebergriffe-in-koeln-und-falsche-zahlen-von-der-wiesn-14004617.html">Oktoberfest ist natürlich was ganz anderes</a>. Weil es gab weniger Anzeigen. Es gibt anscheinend eine Grundniveau von solchen Übergriffen die akzeptabel sind. Dies unterscheidet wohl fortschrittliche von rückständigeren Kulturen. Auch die Basis, um diesen magischen Prozentsatz zu berechnen muss man kennen. In München sind das alle Besucherinnen und Besucher des Oktoberfests. In Köln plus minus die anwesenden Täter. Prozentrechnen ist wohl auch so ein kulturelles Problem, das ich wegen meiner Haar- und Hautfarbe nicht ganz verstehe.</p>
  357. <p>Als Gloria von Thurn und Taxis über die kulturellen Eigenheiten von Afrika, ein Land irgendwo südlich vom Mittelmeer so viel ich weiss, philosophierte (&#8220;der Schwarze schnackselt halt gerne&#8221;), machte man sich über so viel Unbildung und Verallgemeinerung lustig. <a href="https://www.nzz.ch/feuilleton/phallisch-aggressives-verhalten-1.18673539">Heute darf man im Feuilleton der NZZ</a> zu einer &#8220;differenzierten&#8221; Diskussion aufrufen und gleichzeitig bedenklich über einen Technoladen &#8220;voll mit arabischen und afrikanischen Männern&#8221; (wir wissen ja, wie die aussehen) schreiben, &#8220;die nicht wussten, dass die leichte Bekleidung der Tänzerinnen keine Einladung zum Begrabschen ist, und die nicht verstehen wollten, dass ein weibliches &#8216;No&#8217; tatsächlich Nein bedeuten kann.&#8221; Was für eine fremde Kultur das doch ist. So was gibt es bei uns sonst nicht.</p>
  358. <p>Nun kann es natürlich zu Missverständnissen kommen. So mancher Repräsentant von zivilisierteren Nationen wie zum Beispiel Spanien oder Italien könnte bei einem flüchtigen Blick mit einem arabisch und nordafrikanisch aussehenden Menschen verwechselt werden. Aber gemäss dem Feuilleton der NZZ mögen es diese Männer (wohl im Gegensatz zu uns arabisch und nordafrikanisch aussehenden Menschen), als &#8220;Machos&#8221; bezeichnet zu werden. Es ist für sie &#8220;ein Kompliment und Teil ihrer Selbstdefinition&#8221;. Darum soll der Begriff bitte auch auf &#8220;islamische Gesellschaften kritisch angewendet&#8221; werden dürfen. Ich finde das macht total Sinn. Ausserdem wird mir zum Glück im Netz bei jeder Diskussion um Islamophobie immer wieder erklärt, dass das nichts mit Rassismus zu tun hat, weil &#8220;der Islam schliesslich keine Rasse&#8221; sei. Zum Glück gibt es alle diese Erklärbären im Netz. Sonst hätte der Eindruck entstehen können, dass &#8220;muslimisch&#8221; irgendwie synonym mit &#8220;arabisch und nordafrikanisch aussehenden Menschen&#8221; benutzt wird. Feuilletons muss man halt lesen können. Als kulturell christlich geprägter Atheisten, der regelmässig erklären muss, dass er nicht Muslim ist, finde ich das sehr beruhigend.</p>
  359. <p>Fakten sind Fakten höre ich immer wieder. Es liegt wohl daran, dass ich ein arabisch und nordafrikanisch aussehender Mensch bin, dass es mir so schwer fällt diese auszumachen. Ich bin wohl einfach zu emotional (so sind wir &#8220;Orientalen&#8221; habe ich schon von Sarrazin gelernt). Ich glaubte in den letzten Tagen unzählige Texte von Feministinnen zu den Übergriffen in Köln gelesen zu haben, lerne nun aber <a href="https://twitter.com/RichardDawkins/status/685432559795367936">dass sie sich zum Thema ausschweigen</a>. Eine Kriminalstatistik auf Nationalitäten runter zu brechen ist ein Fakt mit klaren Implikationen was zu tun ist. Dies gilt aber nicht, wenn es um das Geschlecht geht (statistische Kontrollen sind übrigens auch völlig irrelevant). Dass sexualisierte Gewalt ein riesiges Problem ist in unserer Gesellschaft und das der typische &#8220;Täter kein Fremder ist (kein generisches Maskulinum) ist <em>kein</em> wichtiges Fakt. Dass gemäss Zeugen &#8220;arabisch und nordafrikanisch aussehenden Menschen&#8221; solche Gewalt ausgeübt haben ist hingegen nicht nur ein zentrales Fakt, sondern es soll auch sofortige politische und rechtliche Konsequenzen haben. Es ist auf jeden Fall genug Fakt um aufs gröbste zu Verallgemeinern und gigantische Sprachräume und Regionen über einen Kamm zu scheren und seinen ganzen Vorurteilen freien Lauf zu lassen.</p>
  360. <p>Aber niemand muss diesen Eintrag ernst nehmen. Schliesslich wurde er von einem arabisch und nordafrikanisch aussehenden Menschen geschrieben. Ich bin offensichtlich Partei. Und anders.</p>
  361. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=2172&amp;md5=6a276e5dba291ed56aaaa50b94cf10e1" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
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  366. <title>Gratisarbeit für die UN &#8211; Der Praktikant im Zelt</title>
  367. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/08/14/gratisarbeit-fuer-die-un-der-praktikant-im-zelt/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=gratisarbeit-fuer-die-un-der-praktikant-im-zelt</link>
  368. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/08/14/gratisarbeit-fuer-die-un-der-praktikant-im-zelt/#comments</comments>
  369. <pubDate>Fri, 14 Aug 2015 10:41:47 +0000</pubDate>
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  383. <description><![CDATA[In den Medien macht gerade eine Geschichte von einem campierenden UN Praktikanten in Genf die Runde (sogar die BBC berichtete). Das Problem existiert schon lange und ist eine Ungerechtigkeit, die nicht nur in den UN Institutionen geduldet wird. Nicht zuletzt mit Abschlüssen in meiner Disziplin existiert ein erheblicher Druck zur Gratisarbeit. Hier in Genf gibt&#8230;]]></description>
  384. <content:encoded><![CDATA[<p>In den Medien macht gerade eine Geschichte von einem campierenden UN Praktikanten in Genf die Runde (sogar <a href="https://www.bbc.com/news/world-europe-33893384">die BBC berichtete</a>). Das Problem existiert schon lange und ist eine Ungerechtigkeit, die nicht nur in den UN Institutionen geduldet wird. Nicht zuletzt mit Abschlüssen in meiner Disziplin existiert ein erheblicher Druck zur Gratisarbeit.</p>
  385. <p>Hier in Genf gibt es etwas, dass man eine UN Praktikums <em>Szene</em> nennen könnte. Für viele ist ein solches Praktikum ein Schritt um erste Berufserfahrungen zu sammeln und verbunden mit der Hoffnung so via Hintertür später für die Vereinten Nationen arbeiten zu können. Es ist notorisch schwierig regulär in das UN Institutionensystem reinzukommen. Einer der einfacheren Wege zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein oder die notwendigen Kontakte zu knüpfen bleibt  via Praktikum. Man sieht auch (mein Eindruck ist immer häufiger) diverse Nichtregierungsorganisationen sich so gut qualifizierte Arbeitskräfte zum Nulltarif zu besorgen.</p>
  386. <p>Nun ist Genf eine der teursten Städte der Welt. Seit Jahren ist Mietraum sehr knapp und die Mieten erreichen auch für Schweizer Verhältnisse astronomische Höhen. Schon zu einem Praktikumslohn kann man sich auch bei spartanischem Lebensstil es sich kaum leisten hier zu leben. Bei Gratisarbeit noch weniger. Auch nicht wenn man in der UN Kantine Rabatt kriegt.</p>
  387. <p>Trotzdem  werden jedes Jahr wieder haufenweise Praktikumsplätze in Genf besetzt. Zwangsläufig von jenen, die sich diesen Startvorteil von zu Hause aus finanzieren lassen können. Oder jenen, die sich Geld zusammensparen konnten, um so der UN eine nie anerkannte Spende machen zu können. Dies ist ungerecht. Ungerecht für Menschen aus dem globalen Süden. Für Menschen aus finanziell schwächeren Verhältnissen. Die UN verstärkt in diesem Fall aktiv Ungleichheiten, statt diese zu reduzieren. Nun scheint es einen kleinen Aufschrei zu geben, da ein campierender Neuseeländer kurz durch die Medien gezerrt wird. Das alles wird leider auch ebenso schnell wieder vergessen sein. Die Mühlen der UN malen in einer anderen Zeitdimension.</p>
  388. <p>Was kann also getan werden? Selber keine Gratis-Praktika ausschreiben. Wer Arbeit nicht bezahlen kann, soll halt darauf verzichten (auch wenn man vom guten Zweck überzeugt ist). Wenn möglich sollte man keine unvergüteten Praktika antreten. Dies ist jedoch oft einfacher gesagt als getan, kann es doch die beste Chance für einen Berufseinstieg sein und ich verüble es niemandem, wenn sie oder er es daher trotzdem tut. Man kann sich dafür einsetzen, dass auf Mailinglisten und in Foren, die Jobangebote und Praktikumsplätze weiterverbreiten, keine solche Praktika beworben werden (dies ist der Fall für einige akademische Mail-Listen die ich kenne). Auf jeden Fall sollte man protestieren, wenn diese Regeln nicht durchgesetzt werden. So lange das Gratisarbeit-System funktioniert, hat niemand einen Anreiz, auf die kostenlosen Arbeitskräfte zu verzichten. Dabei sollte die UN eigentlich mit gutem Beispiel vorangehen.</p>
  389. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=2158&amp;md5=e64bef8ee7ca3f2bd6cedf78227d430e" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
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  394. <title>Gedanken zum Anschlag von Sousse</title>
  395. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/07/03/gedanken-zum-anschlag-von-sousse/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=gedanken-zum-anschlag-von-sousse</link>
  396. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/07/03/gedanken-zum-anschlag-von-sousse/#comments</comments>
  397. <pubDate>Fri, 03 Jul 2015 11:01:15 +0000</pubDate>
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  399. <category><![CDATA[Kommentar]]></category>
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  411. <description><![CDATA[Dies soll nicht zu einem Tunesien Krisenblog werden. Es sind aber die Themen die mir nahe sind, die auch die grösste Motivation schaffen, trotz Zeitmangel mich an die Tastatur zu setzen. Und dieses mal waren die Einschläge sehr nahe. Meine Eltern leben nicht weit vom Hotel wo der Anschlag stattfand. Den Hafen der sich neben&#8230;]]></description>
  412. <content:encoded><![CDATA[<p>Dies soll nicht zu einem Tunesien Krisenblog werden. Es sind aber die Themen die mir nahe sind, die auch die grösste Motivation schaffen, trotz Zeitmangel mich an die Tastatur zu setzen. Und dieses mal waren die Einschläge sehr nahe. Meine Eltern leben nicht weit vom Hotel wo der Anschlag stattfand. Den Hafen der sich neben dem Hotel befindet (siehe Karte) ist wo ich schon öfters zum Essen, Einkaufen war oder mich für einen Aperitif mit Blick aufs mehr etwas hinsetzte.</p>
  413. <p><iframe style="line-height: 1.5em; border: 0px;" src="https://www.google.com/maps/embed?pb=!1m14!1m12!1m3!1d3347.676951970527!2d10.595382484887354!3d35.89460244064747!2m3!1f0!2f0!3f0!3m2!1i1024!2i768!4f13.1!5e1!3m2!1sen!2sch!4v1435674316518" height="450" width="600" allowfullscreen="" frameborder="0"></iframe></p>
  414. <p>Nicht überraschend ist wie der Anschlag nun mental abgelegt wird: Ein <em>weiterer</em> Terroranschlag von Islamisten in Tunesien. So weit so gut. Der Anschlag wird sich jedoch einreihen in die anekdotischen Belege, die das bigotte Weltbild von PI, AchGut und anderen Biedermännern und Brandstifterinnen immer wieder so schön bestätigen. Ein Ereignis von dem man nach Herzenslust vor sich hin generalisieren kann.</p>
  415. <p>Man bucht nun keinen Urlaub mehr nach Tunesien oder anuliert diesen. Aber das Wochenende in Paris oder London wurde damals als dort Anschläge stattfanden natürlich nicht abgesagt. Vielleicht traut man Tunesien einfach nicht zu, einen ebenso guten Polizeistaat einzurichten, wie das mancherorts im Namen des sogenannten &#8220;Krieg gegen den Terrorismus&#8221; versucht wird. Der Zyniker in mir befürchtet aber, dass da Tunesien leider doch einiges an Expertise zu bieten hat. Man sollte vorsichtig sein was man sich wünscht.</p>
  416. <p>Im ganzen brauchte es nur drei gewaltbereite junge Männer für die beiden Massaker dieses Jahr (Bardomuseum in Tunis und jetzt in Sousse) und vielleicht (aber nicht einmal das ist sicher) eine handvoll Komplizen. Diese kleine Gruppe bildet die Grundlage für Rückschlüsse über die Radikalisierung ganzer Gruppen gar Millionen von Menschen zu machen (&#8220;<em>die</em> Muslim_innen&#8221;; &#8220;<em>die</em> Tunesier_innen&#8221;). Jene Hotelangestellten die eine <a href="https://www.independent.co.uk/news/world/africa/tunisia-attack-hotel-workers-speak-of-moment-they-risked-their-lives-to-form-human-shield-10354486.html">Menschenkette gebildet haben um die Gäste zu schützen</a>, der Maurer, der den Attentäter vom <a href="https://www.channel4.com/news/hero-of-sousse-mayel-moncef-tried-to-stop-tunisia-attack">Dach mit Steinen beworfen hat</a> oder der Tour Guide <a href="https://www.dailymail.co.uk/news/article-3143043/Pictured-moment-hero-hotel-worker-came-10-yards-Tunisia-gunman-ran-beach-massacre.html">der ihm am Strand <span style="line-height: 1.5em;">nachgerannt ist</span></a><span style="line-height: 1.5em;"> (ich bin mir immer noch nicht sicher ob </span>heldenhaft<span style="line-height: 1.5em;"> oder dumm), die taugen natürlich alle nicht zum Extrapolieren. Ist ein solcher mutiger Einsatz für seine Mitmenschen typisch für den Islam? Speziell in Tunesien zu finden? Natürlich nicht. Man wird </span>solche<span style="line-height: 1.5em;"> Menschen in jeder Gesellschaft finden. Ebenso wie man in fast jeder Gesellschaft Mörder_innen rekrutieren, Menschen ideologisch verblenden und Attentate planen kann. Darum sollte man gar nicht erst das &#8220;die&#8221; hervorkramen. Es ist zwangsläufig falsch.</span></p>
  417. <p>Die meisten Menschen in Tunesien stehen unter Schock. Es wurde demonstriert. Immer wieder wir betont &#8220;das sind nicht wir.&#8221; All das wird keinen der üblichen Verdächtigen davon abhalten in ein paar Wochen wieder zu behaupten, &#8220;die muslimische Welt&#8221; würde sich nicht (genug) vom Terrorismus distanzieren. Das eigentlich Problem ist doch, dass diese Leute die Distanzierungen nicht hören <em>wollen</em>.</p>
  418. <p>Nicht dass noch das Weltbild kaputt geht. Es ist doch so zerbrechlich.</p>
  419. <p>Nun heisst es inzwischen der Schütze sei in Libyen ausgebildet wurde. Regierungsquellen scheinen dies zu bestätigen. Tatsächlich muss er den Umgang mit der Waffe irgendwo gelernt und diese auch irgendwo bezogen haben. Da in Tunesien bis vor kurzem nur wenige Schusswaffen zu finden waren, ist diese Theorie durchaus plausibel. Sie ist aber mit Vorsicht zu geniessen, da sie auch allen gut in den Kram passt und die (öffentlich bekannte) Beweislage praktisch inexistent ist. Die von ISIS beanspruchte Verantwortlichkeit ist in einem ähnlichen Licht zu sehen. Wie eng die Verbindung zu einer Gruppe ist, die selber primär ein Franchisenprojekt mit guter Werbeabteilung ist, müsste man im Detail anschauen. Eine wirklich zentrale Planung halte ich für unwahrscheinlich. Den Attentäter gleich zum Vollmitglied der extremistischen Clown Ninjas zu erheben, freut vor allem diese. Aber differenzieren ist halt nicht interessant, wenn Akzeptieren doch so gut ins politische Programm passt.</p>
  420. <p>Ein weiterer Punkt ist wie der Anschlag die News Prioritäten illustrierte. Am gleichen Tag war auch noch ein Mord in Frankreich und ein Attentat auf eine Moschee in Kuweit. Es begann mit Breaking News zu Frankreich. Es wurde schnell klar, dass der Täter das Opfer schon kannte (sein Arbeitgeber). Ich vermute das liess das Interesse dann sinken (zumindest war es mein Eindruck, dass dies ausserhalb der französischen Medien passierte), weil das Willkür Element einer &#8220;echten&#8221; Terrorattacke fehlte. In dem Zusammenhang von der &#8220;<a href="https://www.lemonde.fr/politique/article/2015/06/28/terrorisme-la-france-n-a-jamais-fait-face-a-une-telle-menace-selon-manuel-valls_4663389_823448.html">grössten Bedrohung der Frankreich je gegenüberstand</a>&#8221; zu sprechen scheint nun jedoch offensichtlich hysterisch (ausser natürlich man ist allen ernstes überzeugt, historische Bedrohungen wie Nazi-Deutschland oder nukleare Auslöschung müssen hinten anstehen). Kurz wieder aufgetaucht ist der Fall in den Medien, nachdem bekannt wurde, dass der Täter Bilder vom abgetrennten Kopf seines Opfers via Handy in die Welt schickte. Das passt dann halt wieder gut in den Terror-Narrativ.<!--nextpage--></p>
  421. <p>Der Selbstmordanschlag in der Moschee in Kuweit ging auch kurz durch den News Ticker obwohl die Opferzahl ähnlich hoch war und Kuweit bisher (soweit ich weiss) von solchen Attacken verschont blieb. Aber Das blieb sozusagen &#8220;unter denen&#8221; (da ist es wieder, dieses &#8220;die&#8221;). Dann traf es europäische Urlauber_innen am Strand. Alles andere schien in den Hintergrund zu treten. Findet man nun aber Terrorismus so abscheulich oder hat man vor allem ein Problem damit, dass es Menschen aus dem Westen trifft? Ist es vielleicht doch nicht so, dass Terrorismus qualitativ ein anderes Verbrechen ist wie es inzwischen in vielen Rechtssystemen definiert wird? Ist der qualitative Unterschied vielleicht eher darin zu suchen, wer die potentiellen Opfer sind?</p>
  422. <p>Was heisst das für andere Fälle? Zum Beispiel die <a href="https://www.washingtonpost.com/news/morning-mix/wp/2015/06/29/six-predominately-black-southern-churches-burn-within-a-week-with-arson-suspected-in-at-least-three/">Serie von mutmasslicher Brandstiftung auf schwarze Kirchen</a> in den USA? Würde anders oder mehr berichtet wenn eine islamistische Motivation vermutet würde? Oder die Kirchgemeindemitglieder aus dem weissen Mittelstand stammen würden? Wie steht es um die Anschläge auf Flüchtlingsheime in Deutschland? Wieviel Schlagzeilen würde es generieren, wenn dieses Jahr schon <em>150 Anschläge mit islamistischen Hintergrund</em> in Deutschland durchgeführt worden wären? Vermutlich würde man den Ausnahmezustand ausrufen. Aber es geht ja nicht gegen &#8220;uns&#8221; also ist wohl alles nicht so schlimm.</p>
  423. <p>Es ist schlimm wie bereitwillig das Spiel der gewaltbereiten islamistischen Organisationen mitgespielt wird. Mit einem minmalen Aufwand erreichen sie so ein Maximum an Schrecken. Die radikalsten Schreihälse sind gesucht für Interviews, weil sie schrille gute Schlagzeilen generieren. Die überwiegend moderaten Stimmen werden ignoriert. Mit diesen Eindrücken darf man sich dann ein Weltbild basteln. So viel zum Thema Aufklärung. Ich bin mir sicher, die Fundis werden sich nicht beschweren.</p>
  424. <p>[Diesen Eintrag habe ich schon vor ein paar Tagen zu schreiben angefangen aber erst jetzt fertiggestellt. Ich habe versucht ihn zu aktualisieren, es ist aber gut möglich, dass ich Dinge übersehen habe.]</p>
  425. <p>&nbsp;</p>
  426. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=2146&amp;md5=7962c1dc2c1074b90ba2fdb19fedc7d9" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
  427. <wfw:commentRss>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/07/03/gedanken-zum-anschlag-von-sousse/feed/</wfw:commentRss>
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  430. <item>
  431. <title>Humanitäres Völkerrecht? There&#8217;s an app for that!</title>
  432. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/05/22/humanitaeres-voelkerrecht-theres-an-app-for-that/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=humanitaeres-voelkerrecht-theres-an-app-for-that</link>
  433. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/05/22/humanitaeres-voelkerrecht-theres-an-app-for-that/#comments</comments>
  434. <pubDate>Fri, 22 May 2015 14:28:33 +0000</pubDate>
  435. <dc:creator><![CDATA[ali]]></dc:creator>
  436. <category><![CDATA[Recht]]></category>
  437. <category><![CDATA[Uncategorized]]></category>
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  443.  
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  445. <description><![CDATA[Im Krieg gibt es Regeln. Diese sind oft für das Völkerrecht ungewöhnlich spezifisch. Die meisten dieser Regeln sind in den berühmten Genfer Konventionen festgeschrieben und kodifiziert (ich habe sie hier einmal vorgestellt). Dass diese Regeln etwas zu regulieren versuchen, das eigentlich ein Ausnahmezustand ist, bei dem fundamentale Grundregeln unseres Zusammenlebens ausser Kraft gesetzt werden (z.B.&#8230;]]></description>
  446. <content:encoded><![CDATA[<p>Im Krieg gibt es Regeln. Diese sind oft für das Völkerrecht ungewöhnlich spezifisch. Die meisten dieser Regeln sind in den berühmten Genfer Konventionen festgeschrieben und kodifiziert (ich habe sie <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2009/08/12/60-jahre-genfer-konventionen/">hier einmal vorgestellt</a>). Dass diese Regeln etwas zu regulieren versuchen, das eigentlich ein Ausnahmezustand ist, bei dem fundamentale Grundregeln unseres Zusammenlebens ausser Kraft gesetzt werden (z.B. Tötungsverbot), verschafft ihnen oft einen schlechten Ruf.</p>
  447. <p>Im Krieg können es keine Regeln geben, ist die populäre Wahrnehmung. Die Kriegsparteien machen sowieso was sie wollen und berufen sich nur auf das humanitäre Völkerrecht, wenn es ihnen opportun erscheint. Die Regeln werden aber erstaunlich gut eingehalten. Dies hat verschiedene Gründe: Die Art, wie sie erarbeitet wurden, ihre Tradition, die Gefahr eines <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Tit_for_Tat">Tit-for-Tat</a> und nicht zuletzt auch ein moralischer Druck. Es ist mir bewusst, dass ein so vager Satz nicht reicht, um die skeptischen zu überzeugen (schon zu oft habe ich diese Diskussion geführt), aber die allgemeine Effektivität des humanitären Völkerrecht soll hier nicht das Hauptthema sein.</p>
  448. <p>Um die Einhaltung der Regeln zu garantieren, reicht es natürlich nicht ein internationales Abkommen zu unterschreiben, welches dann irgendwo in Genf hinter einer Glasvitrine verstaubt. Diese Regeln müssen bekannt sein und zwar auf allen Hierarchie-Ebenen. Von der Präsidentin über den General bis zum einfachen Soldaten, von der Rebellenführerin bis zum Scharfschützen einer Widerstandsbewegung braucht es Kenntnisse dieser Regeln. Es reicht auch nicht, wenn diese einfach einmal in der Grundausbildung gehört und dann wieder vergessen werden. Sie sollen eingetrichtert werden. Sie müssten eigentlich so automatisch sein, wie das Nachladen oder der Reflex des Deckungsuchens. Es handelt sich um fundamentale Regeln und man riskiert bei Verletzungen eine Anklage (auf das Befolgen von Befehlen kann man sich nicht berufen).</p>
  449. <p>Das ist ein Grund warum die Vermittlung von den Regeln eine wichtige Aktivität von Organisationen wie dem IKRK ist und warum viele Nichtregierungsorganisationen ebenfalls daran arbeiten. Nur wenn alle Menschen, die in Kampfhandlungen verwickelt sind und/oder Entscheidungen fällen, die Regeln kennen und verinnerlicht haben, können sie auch durchgesetzt werden.</p>
  450. <p>Zu diesem Zweck gibt es nun auch eine App für das Mobiltelefon auf die ich vor kurzem gestossen bin (<a href="https://itunes.apple.com/de/app/fighter-not-killer/id938621470?mt=8">iTunes</a> and <a href="https://play.google.com/store/apps/details?id=com.appino.genevacall">Android</a>). Die App &#8220;<a href="https://us7.campaign-archive1.com/?u=88d093c8f5253c75af7f79c08&amp;id=28dd2a98a5">Fighter not Killer</a>&#8221; wurde von <a href="https://www.genevacall.org/">Geneva Call</a> lanciert, eine dieser Nichtregierungsorganisationen, dies sich für das humanitäre Völkerrecht einsetzt. Die App ist vom Konzept her sehr simpel: Es ist ein Quiz, durch das man sich klicken kann (mit dem Ziel eine höhere Stufe zu erreichen). Es ist auch interessant für Leute, die eine nur grobe Vorstellung haben vom Humanitären Völkerrecht, um spielerisch einige Regeln kennenzulernen. Oder um zu testen wie viele Regeln man wirklich kennt. Man sollte aber nicht mit einer zu moralischen Brille daran gehen. Es geht darum die Regeln aufzuzeigen, so wie sie sind, nicht so wie man sie vielleicht gerne hätte. Das heisst, dass es manchmal ganz legal ist, jemanden zu erschiessen. Darum wird man auch mit einem entsprechenden Disclaimer begrüsst, wenn man das Programm öffnet.</p>
  451. <p>Die Idee für die App scheint mir gut. Noch besser (weil attraktiver) wäre es natürlich, einen Ego-Shooter mit Kriegsthema zu haben und dort das Humanitäre Völkerrecht zu forcieren. Dass jene, die diese Spiele entwickeln vielleicht auch auf die Regeln im Krieg sensibilisiert werden sollten, ist übrigens <a href="https://www.trial-ch.org/games/report.html">durchaus Thema</a>. Auf jeden Fall steht ihnen jetzt auch eine App dafür zur Verfügung.</p>
  452. <p><a href="https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/05/FighterNotKiller.png?ssl=1"><img class="aligncenter size-full wp-image-2137" alt="FighterNotKiller" src="https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/05/FighterNotKiller.png?resize=640%2C960&#038;ssl=1" width="640" height="960" srcset="https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/05/FighterNotKiller.png?w=640&amp;ssl=1 640w, https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/05/FighterNotKiller.png?resize=200%2C300&amp;ssl=1 200w, https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/05/FighterNotKiller.png?resize=60%2C90&amp;ssl=1 60w, https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/05/FighterNotKiller.png?resize=393%2C590&amp;ssl=1 393w, https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/05/FighterNotKiller.png?resize=297%2C446&amp;ssl=1 297w, https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/05/FighterNotKiller.png?resize=466%2C700&amp;ssl=1 466w, https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/05/FighterNotKiller.png?resize=133%2C200&amp;ssl=1 133w, https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/05/FighterNotKiller.png?resize=150%2C225&amp;ssl=1 150w" sizes="(max-width: 640px) 100vw, 640px" data-recalc-dims="1" /></a></p>
  453. <p>&nbsp;</p>
  454. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=2122&amp;md5=c0cf6eb4ce59be740fdf45bb11839be8" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
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  458. <item>
  459. <title>Warum die Mehrheit nicht immer Recht hat</title>
  460. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/05/21/warum-die-mehrheit-nicht-immer-recht-hat/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=warum-die-mehrheit-nicht-immer-recht-hat</link>
  461. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/05/21/warum-die-mehrheit-nicht-immer-recht-hat/#comments</comments>
  462. <pubDate>Thu, 21 May 2015 16:35:07 +0000</pubDate>
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  478. <description><![CDATA[Die Forderung nach Volksbefragungen ist populär. Sie kommt in der Regel immer dann, wenn die Fordernden überzeugt sind, auf der “richtigen” Seite der erwarteten Antwort zu stehen. Gerade populistische Parteien schreiben sie sich gerne in ihre Manifeste. So spricht man dem Volke nach dem Munde. Als marginale Partei riskiert man meist auch nicht, effektiv mit&#8230;]]></description>
  479. <content:encoded><![CDATA[<p>Die Forderung nach Volksbefragungen ist populär. Sie kommt in der Regel immer dann, wenn die Fordernden überzeugt sind, auf der “richtigen” Seite der erwarteten Antwort zu stehen. Gerade populistische Parteien schreiben sie sich gerne in ihre Manifeste. So spricht man dem Volke nach dem Munde. Als marginale Partei riskiert man meist auch nicht, effektiv mit einer Umsetzung der Forderung zu regieren.</p>
  480. <p>In der Schweiz ist es im politischen Diskurs gar zum argumentativen Totschläger mutiert: Die Mehrheit hat immer Recht! Das Volk hat gesprochen und basta! Das Dogma darf nicht angezweifelt werden. Blasphemie wird nicht geduldet.</p>
  481. <p>Regelmässige Leser_innen hier wissen, dass es ein <a href="https://en.wikipedia.org/wiki/Pet_peeve"><em>Pet Peeve</em></a> (gibt es da einen deutschen Ausdruck dafür?) von mir ist: Demokratie ist mehr als 50% plus eine Stimme. Und selbst ein ursprünglich so radikales Projekt wie die Schweizer direkte Demokratie strotzt nur so von offiziellen und inoffiziellen Quoten, Bremsen, Minderheitenschutzklauseln, Ausnahmen usw. Systeme die gar nicht um Volksentscheide herum konstruiert wurden, sind daher noch viel grösseren Risiken ausgesetzt, durch einfache Mehrheiten das Demokratie-Kind mit dem Referendum-Bad auszuschütten. Aktuell kommt mir da das Vereinigte Königreich in den Sinn. Cameron steckt nach den überraschend gewonnen Wahlen nun mit dem von einem britischen Komiker treffend als das &#8220;Nigel Farage Memorial Referendum&#8221; bezeichneten Problem fest.</p>
  482. <p>Um so mehr hat es mich gefreut, dass der Staatsrechtler und langjährige Parlamentarier für meinen Geburtskanton René Rhinow bei der Neuen Zürcher Zeitung <a href="https://www.nzz.ch/meinung/debatte/hat-die-mehrheit-immer-recht-1.18541303">einen Gastkommentar zum Thema verfasst hat</a>, der vieles sagt, das man in der Schweiz sonst öffentlich selten und in der Politik fast gar nie hört. Die Kommentare unter dem Artikel muss man hingegen nicht lesen. Es handelt sich bei den meisten um das Äquivalent von &#8220;ICH HABE TROTZDEM RECHT, ALLES WAS DU SAGST TAUSEND MAL AUF DICH ZURÜCK, NICHTS GEHT MEHR! [Finger in die Ohren] LA-LA-LA-LA&#8221;.</p>
  483. <p>Hier ein paar Zitate von Rhinows Kommentar, aber am besten liest man den ganzen Artikel.</p>
  484. <blockquote><p>Demokratie und Rechtsstaat sind eng miteinander verwoben und bedingen sich gegenseitig. Es geht um die Bindung aller Staatsgewalt an das Recht, die Geltung der Menschenrechte, die Teilung und Kooperation der Gewalten sowie die Unabhängigkeit der Justiz. (…)</p>
  485. <p>Denn es kann und darf nicht davon ausgegangen werden, dass mit einer singulären und punktuellen Verfassungsänderung die Grundwerte unseres Gemeinwesens ausgehebelt worden sind. Diese Problematik ist vor allem bei jüngeren Volksinitiativen relevant geworden.(…)</p>
  486. <p>In der Schweiz gehört auch das Völkerrecht, welches vor allem Vertragsrecht (wie zum Beispiel die EMRK) darstellt, zu unserem Recht, wenn es allgemeingültig oder von der Schweiz nach den festgelegten Regeln unserer Verfassungsordnung übernommen worden ist. Dieses ist somit demokratisch legitimiert, ob nun beim Vertragsschluss eine Referendumsmöglichkeit vorgesehen war oder nicht. Es ist folglich kein fremdes Recht, und die Richter der EMRK sind auch keine fremden Richter.(…)</p>
  487. <p>[E]s gibt mindestens fünf Dimensionen des Volkes: die Bevölkerung (alle sich in der Schweiz aufhaltenden Menschen), das Schweizervolk (alle Menschen mit Schweizer Bürgerrecht), die Stimmberechtigten, die Teilnehmenden an einer Abstimmung sowie schliesslich die obsiegende Mehrheit. (…)</p>
  488. <p>Wer für diese Offenheit der Reversibilität eintritt, respektiert unsere Demokratie. Wer einzelne Entscheide verabsolutiert und sakralisiert, missachtet sie letztlich. Eigentlich ist also die Frage, ob die Mehrheit immer recht hat, falsch gestellt. (…)</p>
  489. <p>Recht zu haben, ist keine staatsrechtliche oder staatspolitische Kategorie.</p></blockquote>
  490. <p>Dem habe ich im Moment nicht viel beizufügen, ausser vielleicht für die mitlesenden aus Deutschland zu betonen, dass Rhinow nicht <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Ren%C3%A9_Rhinow">irgendeine dahergelaufene Linke Socke ist, die sich den Frust von regelmässigen Referenda-Niederlagen vom Herzen schreibt</a>.</p>
  491. <p>&nbsp;</p>
  492. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=2128&amp;md5=4450b2acafe4f7782b37ce2ac2c4495f" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
  493. <wfw:commentRss>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/05/21/warum-die-mehrheit-nicht-immer-recht-hat/feed/</wfw:commentRss>
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  496. <item>
  497. <title>Bin Ladin Tötung: Seymour Hersh, Verschwörungstheoretiker?</title>
  498. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/05/12/bin-ladin-toetung-seymour-hersh-verschwoerungstheoretiker/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=bin-ladin-toetung-seymour-hersh-verschwoerungstheoretiker</link>
  499. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/05/12/bin-ladin-toetung-seymour-hersh-verschwoerungstheoretiker/#comments</comments>
  500. <pubDate>Tue, 12 May 2015 14:49:44 +0000</pubDate>
  501. <dc:creator><![CDATA[ali]]></dc:creator>
  502. <category><![CDATA[Internationale Politik]]></category>
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  512. <category><![CDATA[verschwörungstheorien]]></category>
  513.  
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  515. <description><![CDATA[Gestern erschien in der London Review of Books ein Artikel, in dem behauptet wird, die Tötung Bin Ladins sei in Zusammenarbeit der Geheimdienste der USA und Pakistans inszeniert worden. Der Autor: Kein geringerer als Seymour Hersh. Als ich gestern den Artikel quergelesen hatte, war mir gleich klar, dass das zum Volksfest für Fans von Verschwörungstheorien&#8230;]]></description>
  516. <content:encoded><![CDATA[<p>Gestern erschien in der London Review of Books ein Artikel, in dem behauptet wird, die Tötung Bin Ladins sei in <a href="https://www.lrb.co.uk/v37/n10/seymour-m-hersh/the-killing-of-osama-bin-laden">Zusammenarbeit der Geheimdienste der USA und Pakistans inszeniert worden</a>. Der Autor: Kein geringerer als Seymour Hersh.</p>
  517. <p><span id="more-2112"></span>Als ich gestern den Artikel quergelesen hatte, war <a href="https://twitter.com/zoonpolitikon/status/597756803817037825">mir gleich klar</a>, dass das zum Volksfest für Fans von Verschwörungstheorien werden wird. Leider hat mich eine etwas genauere Lektüre in dieser Befürchtung nur bestätigt. Die Tatsache, dass eine renommierte Publikation wie die LRB einen Artikel mit einem so bekannten Namen wie dem von Hersh veröffentlicht, lässt viele den Aluhut aufsetzen und das Hirn ausschalten. Zu vieles wird bestätigt um es nicht glauben zu wollen: Die USA Regierung lügt. Die Geheimdienste (und allen voran die CIA) führen ausgefeilte Inszenierungen durch um die Öffentlichkeit in die Irre zu führen. Die Amis machen keine Gefangenen und erschiessen ihre alten, schwachen und kranken Feinde im Bett (siehe Focus Schlagzeile unten). Es hat für alle etwas.</p>
  518. <p>&nbsp;</p>
  519. <p><a href="https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/05/FocusBinLaden.png?ssl=1"><img class="aligncenter size-full wp-image-2119" alt="FocusBinLaden" src="https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/05/FocusBinLaden.png?resize=719%2C638&#038;ssl=1" width="719" height="638" srcset="https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/05/FocusBinLaden.png?w=719&amp;ssl=1 719w, https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/05/FocusBinLaden.png?resize=338%2C300&amp;ssl=1 338w, https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/05/FocusBinLaden.png?resize=101%2C90&amp;ssl=1 101w, https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/05/FocusBinLaden.png?resize=590%2C523&amp;ssl=1 590w, https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/05/FocusBinLaden.png?resize=502%2C446&amp;ssl=1 502w, https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/05/FocusBinLaden.png?resize=225%2C200&amp;ssl=1 225w, https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/05/FocusBinLaden.png?resize=150%2C133&amp;ssl=1 150w" sizes="(max-width: 719px) 100vw, 719px" data-recalc-dims="1" /></a></p>
  520. <p>Aber selbst eine oberflächliche Lektüre von Hershs langem Artikel sollte alle verschwörungstheoretischen Warnlampen wild blinken lassen. Ich habe hier auch <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2011/05/06/bin-ladens-dialyse-vom-entstehen-einer-verschworungstheorie/">schon relativ früh darauf hingewiesen</a>, dass diese Theorien unvermeidlich sein werden (und natürlich <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2011/09/04/verschworungstheoretische-unlogik-zu-osama-bin-laden-und-die-twin-tower-anschlage/">tauchen immer wieder welche auf</a>). Anscheinend konnte auch Hersh der Versuchung nicht widerstehen. Er verfällt in seinem Artikel oft in die typischen Erklärungsmuster und logischen Fehlschlüssen solcher Theorien (sein Thesen sind noch <a href="https://www.politico.com/story/2015/05/seymour-hersh-plagiarism-accusation-117827.html">dazu auch nicht neu</a>). Das ist natürlich noch kein Beleg, dass er unrecht hat, sollte aber zur Vorsicht anhalten:</p>
  521. <ul>
  522. <li>Die typische Mischung von grandios geplanter und durchgeführter Inszenierung (eine grosse Zahl an Menschen wären gemäss Hersh involviert gewesen) bei gleichzeitiger völliger Inkompetenz der Geheimdienste und der Regierungen (jeder erzählt eine andere Geschichte, diese muss ständig angepasst werden).</li>
  523. <li>Selektive Beweisführung. Nur passendes wird zitiert, widersprüchliches ignoriert.</li>
  524. <li>Eine kompliziertere Erklärung wird vielen einfacheren vorgezogen (<a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Ockhams_Rasiermesser">Ockhams Rasiermesser</a> wird ignoriert)</li>
  525. <li>Die Anzahl involvierter Personen macht es unwahrscheinlich eine solche Aktion über Jahre geheim zu halten.</li>
  526. <li>Wenn eine Regierung manchmal lügt, belegt das nicht automatisch, dass sie in einem spezifischen Fall auch tut.</li>
  527. <li>Wenn uns viele Informationen fehlen, oder die offizielle Variante Widersprüche enthält, wird dieses Erklärung durch eine andere ersetzt. Diese ist aber aus der Nähe betrachtet noch weniger plausibel.</li>
  528. <li>Dinge die schon bekannt oder zu vermuten waren, werden als Enthüllung präsentiert (zB. dass man sich keine grosse Mühe geben wollte, Bin Ladin lebend zu erwischen; dass es möglich ist, dass es <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2011/05/07/bin-laden-und-der-pakistanische-geheimdienst-eine-seriose-verschworungsthese/">vermutlich im pakistanischen Geheimdienst Mitwissende gab</a>).</li>
  529. <li>Widersprüche werden konstruiert, wo keine sind.</li>
  530. </ul>
  531. <p>Das Grundproblem ist natürlich, dass wir keine gesicherten Informationen haben. Auch von Hersh erhalten wir keine solchen. Ich habe hier schon über verschiedene Geschichten die kursieren geschrieben (<a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2011/08/17/die-ersturmung-von/">einmal</a>, <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2011/11/26/ein-neues-buch-zur-ersturmung/">zweimal</a>). Das heisst, dass er die Lücken beliebig mit eigenen Thesen füllen kann. Um so wichtiger sind in dieser Situation daher die Quellen und Belege. Die sind bei Hersh in diesem Fall leider sehr dünn. Es stützt sich fast alles auf zwei oder drei anonyme Quellen. Seine wichtigste Quelle ist eine Geheimdienstquelle, die seit den frühen 90er nicht mehr im Geheimdienst ist. Die Navy Seals Zitate scheinen mir auch eher dubios.</p>
  532. <p>Die Geschichte, die uns Hersh erzählt, ergibt keinen Sinn. Warum sollen die USA und Pakistan die Erstürmung inszenieren. Es wäre weniger peinlich für die pakistanische Seite, Bin Ladin einfach zu übergeben, tot oder lebendig. Warum sollten die USA und Pakistan einen solchen ausgefeilten Deal machen, implementieren, aber dann die dazugehörigen Abmachungen (Hilfsleistungen etc.) nicht einhalten? Warum soviel Material und Menschen einsetzen, wenn es auch kleiner gehen würde? Warum sollten sie Details erfinden, die sie besser offen lassen würden (zB. Warum den Namen des Schiffes nennen, auf dem die Seebestattung stattgefunden hat, wenn keine solche vorgenommen wurde)? Warum um alles in der Welt soll Saudi Arabien für den Aufenthalt von Bin Ladin bezahlt haben? Wenn die USA wie von Hersh behauptet kein echtes Beweismaterial abgeschleppt haben, warum wurde dies später von der Nummer zwei von Al-Kaida bestätigt? Mussten die USA tatsächlich das Beweismaterial erfinden, um zu belegen, dass Bin Ladin aktiv die Organisation leitete nur um die Erstürmung und Tötung zu legitimieren? Glaubt er tatsächlich, die Tatsache, dass es sich um den deklarierten Staatsfeind Nummer 1 handelte hätte nicht gereicht?<!--nextpage--></p>
  533. <p>Dazu kommen etliche Widersprüche in Hershs Story. Einmal steht zum Beispiel man hätte Bin Ladin als Pfand gegen die Taliban verwendet. Dann steht die USA hätte Druck ausgeübt, den Taliban zu verraten, dass Pakistan Bin Ladin festhält. Oder im Artikel steht, dass Pakistan sozusagen die Tür aufhielt (die Wachen wurden abgezogen etc.), aber gleichzeitig bestätigt er, dass die USA das Haus zum Training der Erstürmung nachgebaut hätten.</p>
  534. <p>Hersh hat wichtige Skandale aufgedeckt. Aber diese Recherchen boten in der Regel mehr als zwei zweifelhafte Quellen. Dinge die nachgeprüft werden konnten, Ansätze bei denen weiter recherchiert werden konnte. Mehr kam dann ans Licht, bessere Belege wurden gefunden. Hier steckt man in einer Sackgasse am Ende des Artikels. Entweder man vertraut Hersh oder nicht. In Anbetracht der schwachen Logik, dem Mangel an Plausibilität und den Widersprüchen, fällt mir dies sehr schwer. Es kann sein, dass das eine oder andere Detail stimmt. Ich habe keine Illusionen betreffend Spin und politischer Manipulation. Das Gros der Geschichte scheint mir aber Aluhutmaterial.</p>
  535. <p>Die interessanteste Frage ist meines Erachtens, wie viel der pakistanische Geheimdienst wusste und wie hoch dies in der Hierarchie ging. Aber darüber wurde <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2011/05/07/bin-laden-und-der-pakistanische-geheimdienst-eine-seriose-verschworungsthese/">hier auch schon spekuliert</a>. Diese Spekulationen sollte aber in einem plausiblen Rahmen bleiben und nicht in wildes Fantasieren ausarten. Leider wird Hershs Artikel wohl noch über viele Jahre als Fliegenklatsche für Verschwörungstheoretikerinnen und -theoretikern dienen, um imaginäre Insekten platt zu machen.</p>
  536. <p>Die beste Kritik des Hersh Artikels bisher habe ich <a href="https://www.vox.com/2015/5/11/8584473/seymour-hersh-osama-bin-laden">übrigens hier</a> gefunden.</p>
  537. <p>&nbsp;</p>
  538. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=2112&amp;md5=01466df0c03c0f86fc03fc977cc3e9dc" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
  539. <wfw:commentRss>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/05/12/bin-ladin-toetung-seymour-hersh-verschwoerungstheoretiker/feed/</wfw:commentRss>
  540. <slash:comments>12</slash:comments>
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  542. <item>
  543. <title>Was ist Faschismus?</title>
  544. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/04/22/was-ist-faschismus/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=was-ist-faschismus</link>
  545. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/04/22/was-ist-faschismus/#comments</comments>
  546. <pubDate>Wed, 22 Apr 2015 14:46:56 +0000</pubDate>
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  554.  
  555. <guid isPermaLink="false">http://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?p=2095</guid>
  556. <description><![CDATA[Etwas worüber ich mich regelmässig ärgere ist, wie der Begriff &#8220;Faschismus&#8221; oft als beliebige Bezeichnung verwendet wird, um Missfallen auszudrücken über etwas, das man politisch als völlig inakzeptabel empfindet. Dies ist einerseits oft verharmlosend was die faschistischen Bewegungen angeht und anderseits oft völlig von Sinn befreit. Der Begriff wird auf eine politische Beleidigung reduziert. Grund&#8230;]]></description>
  557. <content:encoded><![CDATA[<p>Etwas worüber ich mich regelmässig ärgere ist, wie der Begriff &#8220;Faschismus&#8221; oft als beliebige Bezeichnung verwendet wird, um Missfallen auszudrücken über etwas, das man politisch als völlig inakzeptabel empfindet. Dies ist einerseits oft verharmlosend was die faschistischen Bewegungen angeht und anderseits oft völlig von Sinn befreit. Der Begriff wird auf eine politische Beleidigung reduziert. Grund genug hier ein wenig über das Konzept nachzudenken.</p>
  558. <p><span id="more-2095"></span>Der Begriff ist gerade im Internet schnell zur Hand. Zur Rechten spricht man gerne von &#8220;<a href="https://en.wikipedia.org/wiki/Islamofascism">Islamofaschismus</a>&#8221; und zur Linken ist exzessive Polizeigewalt bald ein Zeichen eines &#8220;faschistischen Staates&#8221;. Und wenn man jemandem verbal richtig eines verpassen möchte, ist er oder sie ein &#8220;Nazi&#8221;. Die offenbare Austauschbarkeit zwischen &#8220;Nazi&#8221; und &#8220;Faschist&#8221; im Internet ist übrigens nur ein weiteres Zeichen, wie sehr es sich um einen Schlagstock zum Rechthaben handelt und nicht wie vorgegaukelt die Schlussfolgerung einer echten Analyse wäre (wie auch Lewis Blacks in seiner unvergesslicher Nummer im <del datetime="2015-04-23T08:51:30+00:00">untenstehenden</del> verlinkten Video gut hervorhebt). Um so seltener sind Artikel in denen jemand vorgeworfen wird ein Faschist zu sein und dies auch begründet wird (ich habe gestern <a href="https://www.philipsandifer.com/2015/04/guided-by-beauty-of-their-weapons.html">eine solche lesenswerte Ausnahme gefunden </a>und fühlte mich darum auch zu diesem Eintrag inspiriert. Wer die Kontroverse um den SciFi Preis der Hugos mitverfolgt hat, möchte sich den Artikel vielleicht zu Gemüte führen).</p>
  559. <p>[Video wegen lästigem Autoplay entfernt. Es kann <a href="https://thedailyshow.cc.com/videos/04rkt0/back-in-black---glenn-beck-s-nazi-tourette-s">hier gefunden werden</a>.]</p>
  560. <p>Um es gleich vorwegzunehmen: Eine zufriedenstellende Definition existiert nicht. Ich hatte vor vielen Jahren das Vergnügen beim Faschismusexperten <a href="https://fr.wikipedia.org/wiki/Pierre_Milza">Pierre Milza </a>ein Seminar zu belegen. Wenn ich dort etwas gelernt habe, ist es dies: Die verschiedenen faschistischen Bewegungen in Europa (und dazu gehört der Nationalsozialismus) waren sehr heterogen. Es ist schwer (vielleicht unmöglich), sie auf ein paar wenige gemeinsame Charakteristika zu reduzieren. Ganz sicher kann man Faschismus nicht einfach als Abkürzung für &#8220;böse Menschen&#8221; benutzen. Das passt zwar gut, definiert aber nicht die Bewegung.</p>
  561. <p>Es ist jedoch wichtig über den Begriff nachzudenken auch wenn es keine abschliessende Definition geben wird. So kann der Begriff vielleicht tatsächlich als analytische Kategorie und nicht einfach als beliebige Beschimpfung verwendet werden. Dieser Eintrag ist also auch nur ein Ausgangspunkt für eine Diskussion. Ich biete hier eine Definition und zwei Kriterienlisten als Anfang.</p>
  562. <p>Zuerst eine Definition eines (mir zuvor unbekannten) Matthew Lyons, die ich <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Faschismustheorie#Definitionen_des_Faschismusbegriffs">auf Wikipedia gefunden habe.</a> Ich glaube sie bitte einen guten Start:</p>
  563. <blockquote><p>Faschismus ist eine Form rechtsextremer Ideologie, die die Nation oder Rasse als organische Gemeinschaft, die alle anderen Loyalitäten übersteigt, verherrlicht. Er betont einen Mythos von nationaler oder rassischer Wiedergeburt nach einer Periode des Niedergangs und Zerfalls. Zu diesem Zweck ruft Faschismus nach einer ‚spirituellen Revolution‘ gegen Zeichen des moralischen Niedergangs wie Individualismus und Materialismus und zielt darauf, die organische Gemeinschaft von &#8216;andersartigen&#8217; Kräften und Gruppen, die sie bedrohen, zu reinigen. Faschismus tendiert dazu, Männlichkeit, Jugend, mystische Einheit und die regenerative Kraft von Gewalt zu verherrlichen. Oft – aber nicht immer – unterstützt er Lehren rassischer Überlegenheit, ethnische Verfolgung, imperialistische Ausdehnung und Völkermord. Faschismus kann zeitgleich eine Form von Internationalismus annehmen, die entweder auf rassischer oder ideologischer Solidarität über nationale Grenzen hinweg beruht. Normalerweise verschreibt sich Faschismus offener männlicher Vorherrschaft, obwohl er manchmal auch weibliche Solidarität und neue Möglichkeiten für Frauen einer privilegierten Nation oder Rasse unterstützen kann.</p></blockquote>
  564. <p>Nun ist das immer noch relativ allgemein. Darum hier die zwei versprochenen Listen. Die erste habe ich in einem nützlichen englischen Wikipedia Artikel mit vielen anderen Listen wiedergefunden. <a href="https://en.wikipedia.org/wiki/Definitions_of_fascism#Emilio_Gentile">Die 10 Kriterien von Emilio Gentile </a>(die übrigens auch Milza öfters zitierte und die mir persönlich als eine der besten scheint):</p>
  565. <ol>
  566. <li>
  567. <blockquote><p>a mass movement with multiclass membership in which prevail, among the leaders and the militants, the middle sectors, in large part new to political activity, organized as a party militia, that bases its identity not on social hierarchy or class origin but on a sense of comradeship, believes itself invested with a mission of national regeneration, considers itself in a state of war against political adversaries and aims at conquering a monopoly of political power by using terror, parliamentary politics, and deals with leading groups, to create a new regime that destroys parliamentary democracy;</p></blockquote>
  568. </li>
  569. <li>
  570. <blockquote><p>an &#8216;anti-ideological&#8217; and pragmatic ideology that proclaims itself antimaterialist, anti-individualist, antiliberal, antidemocratic, anti-Marxist, is populist and anticapitalist in tendency, expresses itself aesthetically more than theoretically by means of a new political style and by myths, rites, and symbols as a lay religion designed to acculturate, socialize, and integrate the faith of the masses with the goal of creating a &#8216;new man&#8217;;</p></blockquote>
  571. </li>
  572. <li>
  573. <blockquote><p>a culture founded on mystical thought and the tragic and activist sense of life conceived of as the manifestation of the will to power, on the myth of youth as artificer of history, and on the exaltation of the militarization of politics as the model of life and collective activity;</p></blockquote>
  574. </li>
  575. <li>
  576. <blockquote><p>a totalitarian conception of the primacy of politics, conceived of as an integrating experience to carry out the fusion of the individual and the masses in the organic and mystical unity of the nation as an ethnic and moral community, adopting measures of discrimination and persecution against those considered to be outside this community either as enemies of the regime or members of races considered to be inferior or otherwise dangerous for the integrity of the nation;</p></blockquote>
  577. </li>
  578. <li>
  579. <blockquote><p>a civil ethic founded on total dedication to the national community, on discipline, virility, comradeship, and the warrior spirit;</p></blockquote>
  580. </li>
  581. <li>
  582. <blockquote><p>a single state party that has the task of providing for the armed defense of the regime, selecting its directing cadres, and organizing the masses within the state in a process of permanent mobilization of emotion and faith;</p></blockquote>
  583. </li>
  584. <li>
  585. <blockquote><p>a police apparatus that prevents, controls, and represses dissidence and opposition, even by using organized terror;</p></blockquote>
  586. </li>
  587. <li>
  588. <blockquote><p>a political system organized by hierarchy of functions named from the top and crowned by the figure of the &#8216;leader,&#8217; invested with a sacred charisma, who commands, directs, and coordinates the activities of the party and the regime;</p></blockquote>
  589. </li>
  590. <li>
  591. <blockquote><p>corporative organization of the economy that suppresses trade union liberty, broadens the sphere of state intervention, and seeks to achieve, by principles of technocracy and solidarity, the collaboration of the &#8216;productive sectors&#8217; under control of the regime, to achieve its goals of power, yet preserving private property and class divisions;</p></blockquote>
  592. </li>
  593. <li>
  594. <blockquote><p>a foreign policy inspired by the myth of national power and greatness, with the goal of imperialist expansion.</p></blockquote>
  595. </li>
  596. </ol>
  597. <p>Dann fand ich diese wie ich finde <a href="https://www.britannica.com/EBchecked/topic/202210/fascism/219363/Common-characteristics-of-fascist-movements">gute Liste von Robert Soucy (meine Übersetzung)</a>:</p>
  598. <ol>
  599. <li>
  600. <blockquote><p>Opposition zum Marximus</p></blockquote>
  601. </li>
  602. <li>
  603. <blockquote><p>Opposition zur parlamentarischen Demokratie</p></blockquote>
  604. </li>
  605. <li>
  606. <blockquote><p>Opposition gegen politischen und kulturellen Liberalismus</p></blockquote>
  607. </li>
  608. <li>
  609. <blockquote><p>Totalitäre Ambitionen</p></blockquote>
  610. </li>
  611. <li>
  612. <blockquote><p>Konservatives Wirtschaftsprogramm</p></blockquote>
  613. </li>
  614. <li>
  615. <blockquote><p>Korporatismus</p></blockquote>
  616. </li>
  617. <li>
  618. <blockquote><p>Angebliche Gleichheit in sozialem Status</p></blockquote>
  619. </li>
  620. <li>
  621. <blockquote><p>Imperialismus</p></blockquote>
  622. </li>
  623. <li>
  624. <blockquote><p>Militärische Werte</p></blockquote>
  625. </li>
  626. <li>
  627. <blockquote><p>Volksgemeinschaft</p></blockquote>
  628. </li>
  629. <li>
  630. <blockquote><p>Mobilisierung der Massen</p></blockquote>
  631. </li>
  632. <li>
  633. <blockquote><p>Das Führer-Prinzip</p></blockquote>
  634. </li>
  635. <li>
  636. <blockquote><p>Der &#8220;neue Mensch&#8221;</p></blockquote>
  637. </li>
  638. <li>
  639. <blockquote><p>Glorifizierung der Jugend</p></blockquote>
  640. </li>
  641. <li>
  642. <blockquote><p>Bildung primär zwecks Charakterbildung</p></blockquote>
  643. </li>
  644. <li>
  645. <blockquote><p>Vorgeblicher Kampf gege Dekadenz und für &#8220;Spiritualität&#8221;</p></blockquote>
  646. </li>
  647. <li>
  648. <blockquote><p>Gewaltanwendung gegen Gegner</p></blockquote>
  649. </li>
  650. <li>
  651. <blockquote><p>Extremer Nationalismus</p></blockquote>
  652. </li>
  653. <li>
  654. <blockquote><p>Sündenböcke</p></blockquote>
  655. </li>
  656. <li>
  657. <blockquote><p>Populismus</p></blockquote>
  658. </li>
  659. <li>
  660. <blockquote><p>Revolutionäres Selbstbild</p></blockquote>
  661. </li>
  662. <li>
  663. <blockquote><p>Anti-urbanismus</p></blockquote>
  664. </li>
  665. <li>
  666. <blockquote><p>Sexismus und Misogynie</p></blockquote>
  667. </li>
  668. </ol>
  669. <p>Ich habe mir überlegt ob ich auch noch <a href="https://www.zeit.de/1995/28/Urfaschismus/komplettansicht">Umberto Ecos 14 Kriterien zum &#8220;Urfaschismus&#8221;</a> auflisten sollte. Ich habe aber dann, weil sie mir etwas zu allgemein scheinen und wegen der Länge dieses Posts darauf verzichtet.<!--nextpage--></p>
  670. <p>Nun bin ich gespannt ob es zu diesen Ansätzen Kommentare gibt. Was fehlt? Was ist zuviel? Macht es überhaupt Sinn, den Begriff ausserhalb des historischen Kontexts zu verwenden? Beschreibt der Begriff eine kohärente Ideologie, die man als Kategorie benutzen kann? Ist die Definition im Moment, in dem sie alles einschliesst vielleicht zwangsläufig zu allgemein, um noch nützlich zu sein?</p>
  671. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=2095&amp;md5=8d698427d3778b9d013b0b4b1f8ae1aa" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
  672. <wfw:commentRss>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/04/22/was-ist-faschismus/feed/</wfw:commentRss>
  673. <slash:comments>60</slash:comments>
  674. <post-id xmlns="com-wordpress:feed-additions:1">2095</post-id> </item>
  675. <item>
  676. <title>Running Research &#8211; Denken beim Laufen (Folge 05): Verhandlungen als Langestreckenlauf</title>
  677. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/04/08/running-research-denken-beim-laufen-folge-05-verhandlungen-als-langestreckenlauf/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=running-research-denken-beim-laufen-folge-05-verhandlungen-als-langestreckenlauf</link>
  678. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/04/08/running-research-denken-beim-laufen-folge-05-verhandlungen-als-langestreckenlauf/#comments</comments>
  679. <pubDate>Wed, 08 Apr 2015 12:00:27 +0000</pubDate>
  680. <dc:creator><![CDATA[ali]]></dc:creator>
  681. <category><![CDATA[Running Research]]></category>
  682. <category><![CDATA[Uncategorized]]></category>
  683. <category><![CDATA[diplomatie]]></category>
  684. <category><![CDATA[iran]]></category>
  685. <category><![CDATA[nuklearabkommen]]></category>
  686. <category><![CDATA[nuklearwaffen]]></category>
  687. <category><![CDATA[P5+1]]></category>
  688. <category><![CDATA[running research]]></category>
  689. <category><![CDATA[verhandlungen]]></category>
  690.  
  691. <guid isPermaLink="false">http://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?p=2087</guid>
  692. <description><![CDATA[&#160; Verletzungsbedingt darf ich im Moment leider kaum laufen. Das ist um so schwieriger, weil ich beim Laufen eigentlich keine Schmerzen habe und mich auch sonst kaum eingeschränkt fühle. Da ich mich aber schon für den ersten Lauf der Saison angemeldet hatte, stand ich am 15 März trotzdem an der Startlinie (mit Erlaubnis meines Arztes,&#8230;]]></description>
  693. <content:encoded><![CDATA[<p>&nbsp;</p>
  694. <p>Verletzungsbedingt darf ich im Moment leider kaum laufen. Das ist um so schwieriger, weil ich beim Laufen eigentlich keine Schmerzen habe und mich auch sonst kaum eingeschränkt fühle. Da ich mich aber schon für den ersten Lauf der Saison angemeldet hatte, stand ich am 15 März trotzdem an der Startlinie (mit Erlaubnis meines Arztes, wohlgemerkt).</p>
  695. <p><span id="more-2087"></span>Es stand ein <a href="https://www.tourpresinge.ch/">kleiner 10Km Lauf in einer Gemeinde Namens Presinge</a> am Südufer des Genfersees an. Ich ging letztes Jahr öfters für längere Läufe in diese Region. Es ist ein relativ flaches Hochplateau mit fantastischer Sicht auf die Alpen und den Mont Blanc bei gutem Wetter.</p>
  696. <p>Ich war mir nicht so sicher wie schnell ich das Rennen angehen kann, bin ich doch die vier Wochen davor kaum gelaufen (an ein systematischeres Training war gar nicht zu denken). Wie meistens war ich zu höflich und startete zu weit hinten. Aber man hat sich im überzogenen Tempo der Starthektik zum Glück relativ schnell nach vorne gekämpft. Besonders bei diesem Rennen, dass mit einer Steigung auf den ersten paar hundert Metern beginnt.</p>
  697. <p>Ich war erstaunt wie viele schnelle Läuferinnen und Läufer unterwegs waren. Es ist ein relativ kleines Rennen in einem kleinen Dorf ein gutes Stück ausserhalb von Genf. Darum bin ich davon ausgegangen, dass sich die Anzahl der ganz Schnellen an einer Hand abzählen lassen würde. Wie ich jedoch gleich nach dem Startschuss merkte, war dem nicht so (eine Hand reichte definitiv nicht). Nach den ersten 10 Minuten sah ich den weissen Wagen der die Spitze markierte schon in ziemlicher weiter Ferne. Ich konnte das von mir angeschlagene Tempo trotz Trainingsrückstand dann erstaunlich gut halten. Ich hatte auf den letzten vierhundert Metern sogar noch genug Energie übrig um einen eher überraschten Vordermann noch kurz vor der Ziellinie zu überholen. Das Publikum im Zieleinlauf schien sich über diesen letzten Effort zu freuen (ich hatte den Eindruck dies hatte auch damit zu tun, dass sie im Gegensatz zum verdutzten überholten, sahen was diesem gerade widerfuhr).</p>
  698. <p><iframe src="https://www.strava.com/activities/269329148/embed/412f2020b47a8428a1100be6bd15c0c8f95a046f" height="405" width="590" frameborder="0" scrolling="no"></iframe></p>
  699. <p>Rückblickend fielen mir die Parallelen auf zu was sich vor kurzem am anderen Seeufer des Genfersees abgespielt hat: Das Aushandeln eines Nuklearbakommens mit dem Iran. Mit einer gewissen Faszination habe ich die nahezu Live-Berichterstattung aus Lausanne (und vorher Genf) mitverfolgt. Es ging bei diesem &#8220;Finale&#8221; ja eigentlich nur um eine von den Verhandelnden sich selbst auferlegte Deadline. Es braucht natürlich diese künstliche Spannung um gute News (will heissen Drama) bieten zu können. Es sind die Menschen im Zieleinlauf, die sich auf den Endspurt fokussieren. Aber ein Langstreckenlauf beginnt lange vorher und gerade in der internationalen Diplomatie ist selbst der Zieleinlauf nur ein sehr vorläufiges Ende. Darum ist es gut nochmals zurückzublicken, wie es dazu kam, statt auf die letzten hundert Meter zu starren. Dies hilft besser zu verstehen wie Diplomatie funktioniert.</p>
  700. <p>Die Gespräche begannen offiziell vor einem Jahr. Man kann diese aber nur im Kontext der vorher (gescheiterten) Versuche sehen, die schon 2002 begonnen haben. Die EU versuchte schon seit einer Weile mit dem Iran ein Abkommen auszuhandeln und wurde dafür oft als zahnlos ausgelacht. Die Mullahs würden nur die Peitsche aber nicht das Zuckerbrot verstehen. Der UN Sicherheitsrat hat ebenfalls Sanktionen verhängt. Darum sassen übrigens auch die P5+1 am Tisch und nicht eine &#8220;P6&#8221; (die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates und Deutschland, das &#8220;plus 1&#8221;). Mit der Wahl von Rohani, der selber schon zwischen 2003 und 2005 Chefunterhändler für das Nukleardossier war, erhielten die Verhandlungen eine neue Dynamik. Abkommen in der Diplomatie ähneln viel mehr einem Ausdauerlauf werden aber oft wie ein 200m Lauf rapportiert. Dies weckt falsche Erwartungen.</p>
  701. <p>Vor allem von rechts wird das Abkommen nun oft scharf kritisiert (ja eigentlich jede Verhandlung mit dem Iran wird in diesen Kreisen als eine Form von Appeasement dargestellt). Das Abkommen, das zwar detaillierter ausgefallen ist als erwartet, aber immer noch nicht bis ins kleinste ausgearbeitet ist, hat bestimmt seine Schwächen. Beide Seiten müssen Konzessionen machen. Das liegt in der Natur einer Verhandlungen. Was aber die ach-so-guten Kritisierenden in Deutschland und republikanischen Falken in den USA nicht zu bieten haben, ist eine brauchbare Alternative. Grosse Worte von scharfen Sheriffs, aber keine praktikable Lösungen. Der Iran ist jetzt eingebunden. Die Sanktionen werden gestaffelt aufgehoben. Das heisst ein Prozess von Dialog und Kontrolle kann wohl über Jahre gesichert werden. Es wird bestimmt immer wieder Probleme geben. Aber es existiert ein Rahmen und ein Kanal um diese zu lösen. Das für sich ist eine grosse Errungenschaft.<!--nextpage--></p>
  702. <p>Dass das Gepolter der rechtsaussen Kritikerinnen und Kritiker überhaupt gehört wird, hängt auch damit zusammen, dass die Natur der Ausdauerdisziplin internationale Diplomatie nicht verstanden wird. Man steht im Zieleinlauf eines Marathons und schreit den vorbeilaufenden zu, dass es doch schneller gehen müsse. Das sei schliesslich kein Tempo.</p>
  703. <p><a href="https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/04/TourDePresinge.png?ssl=1"><img class="aligncenter size-full wp-image-2088" alt="TourDePresinge" src="https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/04/TourDePresinge.png?resize=557%2C266&#038;ssl=1" width="557" height="266" srcset="https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/04/TourDePresinge.png?w=557&amp;ssl=1 557w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/04/TourDePresinge.png?resize=500%2C238&amp;ssl=1 500w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/04/TourDePresinge.png?resize=188%2C90&amp;ssl=1 188w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/04/TourDePresinge.png?resize=418%2C200&amp;ssl=1 418w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/04/TourDePresinge.png?resize=150%2C71&amp;ssl=1 150w" sizes="(max-width: 557px) 100vw, 557px" data-recalc-dims="1" /></a></p>
  704. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=2087&amp;md5=3d920a5d07271ab200ebc36fe5d5b529" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
  705. <wfw:commentRss>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/04/08/running-research-denken-beim-laufen-folge-05-verhandlungen-als-langestreckenlauf/feed/</wfw:commentRss>
  706. <slash:comments>3</slash:comments>
  707. <post-id xmlns="com-wordpress:feed-additions:1">2087</post-id> </item>
  708. <item>
  709. <title>Terror in Tunis</title>
  710. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/03/21/terror-in-tunis/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=terror-in-tunis</link>
  711. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/03/21/terror-in-tunis/#comments</comments>
  712. <pubDate>Sat, 21 Mar 2015 11:54:54 +0000</pubDate>
  713. <dc:creator><![CDATA[ali]]></dc:creator>
  714. <category><![CDATA[Internationale Politik]]></category>
  715. <category><![CDATA[Politik]]></category>
  716. <category><![CDATA[anschläge]]></category>
  717. <category><![CDATA[terror]]></category>
  718. <category><![CDATA[terrorismus]]></category>
  719. <category><![CDATA[tunesien]]></category>
  720.  
  721. <guid isPermaLink="false">http://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?p=2072</guid>
  722. <description><![CDATA[Hier im Blog war es wieder etwas still in letzter Zeit. Der Grund ist, dass ich für diese Woche einen Workshop am Organisieren war. Am Dienstag habe ich mich in ein Flugzeug gesetzt und bin nach Tunis geflogen. Am Mittwoch war ich beim Mittagessen mit meinen Eltern, als ein BBC Breaking News Alert auf meinem&#8230;]]></description>
  723. <content:encoded><![CDATA[<p>Hier im Blog war es wieder etwas still in letzter Zeit. Der Grund ist, dass ich für diese Woche einen Workshop am Organisieren war. Am Dienstag habe ich mich in ein Flugzeug gesetzt und bin nach Tunis geflogen. Am Mittwoch war ich beim Mittagessen mit meinen Eltern, als ein BBC Breaking News Alert auf meinem Telefon auftauchte. Ich wollte das Banner schon weg klicken (es ist ja eh meistens Sport), las aber etwas von einem Anschlag in Tunis.</p>
  724. <p><span id="more-2072"></span>Was folgte hatte etwas surreales. Ich bin ausserhalb des Stadtzentrums. Ich kriege kaum etwas mit von Mahnwachen, von Polizeieinsätzen und anderen Aufregungen. Ich mache hier, obwohl nur ein paar Minuten vom Geschehen entfernt, was ich auch zu Hause in Genf machen würde: Ich mache mich schlau via internationalen Medien, Twitter und was ich sonst so finde im Netz. Insofern kommt mir die Annulierungswelle noch seltsamer vor als bei ähnlichen Ereignissen. Urlaub wird storniert. Konferenzen werden abgesagt, Anlässe verschoben. Obwohl sich hier, dem eigentlichen Hotspot, nichts verändert hat. Interessant ist auch der inhärente Doppelstandard: Nach den Anschlägen in Paris strömten alle in die Stadt um Solidarität zu bekunden. Nach Anschlägen in Tunis ziehen sich alle in ihr Schneckenhaus zurück und Regierungen warnen vor Reisen. Dabei ist das individuelle Risiko vermutlich nicht wirklich anders oder grösser. Paris ist näher als Tunis auch wenn es in Kilometer oft nicht ist.</p>
  725. <p>Wer genau hinter den Anschlägen steht, darüber möchte ich gar nicht spekulieren, da man im Moment wenig gesichertes weiss, ausser dass einer der Attentäter den Behörden bekannt war. Was feststeht ist, dass die Attentäter äusserst effektiv waren. Ich meine das nicht in einem militärisch-taktischen Sinn sondern in einem politischen. Es gibt zwei Schwachpunkte die man mit einem Streich getroffen hat. Ohne positive wirtschaftliche Entwicklung wird die junge Demokratie Mühe haben in der Bevölkerung Akzeptanz zu gewinnen. Unabhängig davon ob gerechtfertigt oder nicht, das System wird für die Ergebnisse verantwortlich gemacht. Tunesien ist vom Tourismus abhängig. Nun werden Reisen annulliert und Buchungen nicht gemacht. Vermutlich auch von Menschen die eigentlich &#8220;total solidarisch&#8221; sind und im Januar Charlie und 2001 New Yorker waren. Solidarität ist schnell deklariert per Tweet. Mit echten Gesten wird. Ein Beispiel was man in der Politikwissenschaften als &#8220;mit den Füssen abstimmen&#8221; bezeichnet. In diesem Falle eine Stimme für die Terroristen.</p>
  726. <p>Die zweite Achillesferse ist eine politische. Tunesien ist nicht nur das Land wo die arabischen Revolten begonnen haben, es ist auch das letzte der betroffenen Ländern wo es noch Hoffnung auf wahre Demokratisierung gibt. Die Anschläge liefern der Regierung nun einen guten Grund zu alten Polizeistaat Methoden zurückzukehren. Ein Reflex, den man auch in Ländern ohne unmittelbarer Vorgeschichte findet (Überwachungsstaat, Grenzkontrollen usw.), aber in einem Land mit noch fragilen politischen Institutionen noch viel verheerender ist. Ob die neue Regierung dieser Versuchung widerstehen kann, wird sich erst in den nächsten Wochen zeigen.</p>
  727. <p>Die Menschen hier in Tunesien stehen im Moment unter Schock. Man hört viel Stimmen die nun den Anfang vom (nicht guten) Ende zu sehen glauben. Dies scheint mir aber mehr emotional als analytisch. Die Demos und die Mahnwachen haben auch gezeigt, dass viele nach wie vor trotzdem nicht defaitistisch sind. Man stellt sich hinter den Demokratisierungsprozess. Ob es die Touristinnen und Touristen diesen Sommer auch tun werden, oder mit ihrer Abwesenheit den Prozess weiter sabotieren steht auf einem anderen Blatt geschrieben.</p>
  728. <p>&nbsp;</p>
  729. <p>&nbsp;</p>
  730. <p>&nbsp;</p>
  731. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=2072&amp;md5=45873dd668755bd6281859da765eec0b" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
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  735. <item>
  736. <title>Running Research – Denken beim Laufen (Folge 02): Institutionen im Gegenwind</title>
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  739. <pubDate>Tue, 17 Feb 2015 08:59:21 +0000</pubDate>
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  759. <description><![CDATA[Im letzten Research Running Eintrag habe ich behauptet es brauche inzwischen eine grössere Überwindung nicht Laufen zu gehen. Nun das war vielleicht ein bisschen gelogen. Es gibt einen kalten, für Genf typischen Wind. Er wird “La Bise” genannt und wirbelt den Genfersee normalerweise heftig auf. Wenn er ganz kräftig bläst, dann bezeichnet man ihn als&#8230;]]></description>
  760. <content:encoded><![CDATA[<p>Im letzten <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/01/04/running-research-denken-beim-laufen-folge-00-zoon-politikon-edition-ein-savoyardischer-angriff-auf-genf-und-nationale-identitaeten/">Research Running Eintrag</a> habe ich behauptet es brauche inzwischen eine grössere Überwindung nicht Laufen zu gehen. Nun das war vielleicht ein bisschen gelogen. Es gibt einen kalten, für Genf typischen Wind. Er wird “<a href="https://fr.wikipedia.org/wiki/Bise_%28vent%29">La Bise</a>” genannt und wirbelt den Genfersee normalerweise heftig auf. Wenn er ganz kräftig bläst, dann bezeichnet man ihn als “Bise Noire”</p>
  761. <p><a href="https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/02/BiseNoire.jpg?ssl=1"><img class="alignleft size-medium wp-image-2048" alt="BiseNoire" src="https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/02/BiseNoire.jpg?resize=338%2C300&#038;ssl=1" width="338" height="300" srcset="https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/02/BiseNoire.jpg?resize=338%2C300&amp;ssl=1 338w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/02/BiseNoire.jpg?resize=101%2C90&amp;ssl=1 101w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/02/BiseNoire.jpg?resize=225%2C200&amp;ssl=1 225w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/02/BiseNoire.jpg?resize=150%2C132&amp;ssl=1 150w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/02/BiseNoire.jpg?w=500&amp;ssl=1 500w" sizes="(max-width: 338px) 100vw, 338px" data-recalc-dims="1" /></a>Es gibt dazu auch <a href="https://brasserie3dames.ch/?portfolio=bieres-courantes">ein Bier</a> und viele sind vermutlich im Internet schon einmal über ein Bild gestolpert von Autos, deren Form man nur noch erahnen kann, die sich aber ganz gut als Eiswürfel in einem Drink machen würden. Wenn die schwarze Bise also den See über die Uferböschung peitscht und die Temperaturen im Unternull-Bereich sind, dann formen sich wunderschöne Eisskulpturen am Ufer. Ästhetisch ist dieses Phänomen <a href="https://www.tdg.ch/geneve/actu-genevoise/2005-violente-bise-noire-couvre-quais-glace/story/26677444#clicked0.021283528441648825">zweifelsohne sehr reizvoll</a>, obwohl man aufpassen muss, wo man sein <a href="https://www.reflexnature.ch/LEMAN_GLACE/LEMAN_GLACE_003.jpg">Auto parkt</a>. Dummerweise führen mehrere meiner regulären Trainingsstrecken am See entlang. Bei einem Windchill der die tiefen Temperaturen gleich nochmals 4 oder mehr Grad runterdrückt, die Aussicht auf einen Eis Hindernislauf und Böen die schon mal bis zu 80 Km/h und mehr haben (die gemessenen Spitzen waren bei 120 Km/h), da überlege auch ich mir zweimal ob ich nun wirklich rausgehen möchte um zu laufen.</p>
  762. <p>Vorletzte Woche war nun eben diese Bise Noire am wüten. Das Problem umgehe ich mit zwei Strategien: Einer guten Wettervorhersage und einer Anpassung der Route. Für ersteres benutze ich <a href="https://www.weatherpro.eu/home.html">WeatherPro</a> auf meinem Telefon (kennt ihr eventuell sogar bessere Alternativen?). Der Wind ist meist nicht den ganzen Tag gleich stark und ich kann also die schlimmsten Böen vermeiden indem ich entsprechend plane. Die zweite Strategie ist eigentlich eine Flucht. Wie man sieht, habe ich mich ins bewaldete Hinterland entlang der Rhone geflüchtet. Dort wütet die Bise beträchtlich weniger. Mit diesen beiden “workarounds” kam ich so doch nicht zu meinem ersten Ruhetag in diesem Jahr.<sup>1</sup></p>
  763. <p><iframe src="https://www.strava.com/activities/251997290/embed/0f1f482852abd9fc6fae4aa7e9d5bac7969e3532" height="405" width="590" frameborder="0" scrolling="no" align="middle"></iframe></p>
  764. <p>Nun war ich am Sonntag trotzdem kurz am See am <a href="https://www.ville-geneve.ch/plan-ville/parcs-jardins-plages-bains-publics/quai-mont-blanc-quai-wilson/">Quai Wilson</a>. Die Genfer Seepromenade hat ihren Namen vom <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Woodrow_Wilson">US Präsidenten Woodrow Wilson</a>. Genf hätte ohne Wilson wohl kaum die Internationale Bedeutung, die es heute besitzt. Wilson hat damals (gegen die öffentliche US Meinung) den Völkerbund vorangetrieben und sich für Genf als dessen Sitz eingesetzt. Das alte Völkerbundsgebäude, der <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Palais_Wilson">Palais Wilson</a>,  ist an eben diesem Quai Wilson gelegen (gleich neben dem Hotel Président Wilson, das hier in <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2008/07/26/ghadhafis-sohn-in-genf-verhaftet-der-vater-racht-sich/">anderem Zusammenhang schon einmal Thema war</a>) und ich laufe regelmässig daran vorbei.</p>
  765. <p>Und als mir der stramme Genfer Nodwind ins Gesicht schlug, dachte ich, dass der Palais Wilson eine schönes Symbol für ein interessantes Phänomen in den internationalen Beziehungen ist: Wie das Gebäude seit bald hundert Jahren der fiesen Bise trotzt, so scheinen viele Institutionen kaum unterzukriegen sein. Schliesslich wurde sogar der Völkerbund, nachdem er sich als Desaster herausstellte, nicht einfach aufgelöst, sondern von einer ähnlichen Institution, den Vereinten Nationen, abgelöst (die UNO und der Völkerbund existierten sogar eine kurze Zeit zusammen).</p>
  766. <p style="text-align: center;"><a href="https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/02/DSC_0082.jpg?ssl=1"><img class=" wp-image-2055 aligncenter" alt="DSC_0082" src="https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/02/DSC_0082.jpg?resize=600%2C465&#038;ssl=1" width="600" height="465" srcset="https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/02/DSC_0082.jpg?zoom=2&amp;resize=600%2C465&amp;ssl=1 1200w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/02/DSC_0082.jpg?zoom=3&amp;resize=600%2C465&amp;ssl=1 1800w" sizes="(max-width: 600px) 100vw, 600px" data-recalc-dims="1" /></a><em>Der Quai Wilson bei Bise und Temperaturen unter dem Gefrierpunkt</em></p>
  767. <p>Nun wenn man “Institutionen” sagt, meint man in der Alltagssprache meist tatsächlich etwas, das durch ein Gebäude repräsentiert ist. In Internationalen Beziehungen wird der Begriff weiter gefasst. Man spricht anstelle von &#8220;Institution&#8221; von Regime und der <em>Regime-Theory</em>. Ein klassische Definition von Regime (oder Institution) gibt uns <a href="https://ir.rochelleterman.com/sites/default/files/krasner%201982.pdf">Stephen Krasner (1982)</a>:</p>
  768. <blockquote><p>sets of implicit or explicit principles, norms, rules, and decision-making procedures around which actors&#8217; expectations converge in a given area of international relations.</p></blockquote>
  769. <p>Man sieht, dass diese Definition ein weites Spektrum abdeckt: Von &#8220;Stein und Mörtel&#8221;-Koloss wie der UN über weniger formelle Gruppierungen, wie <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2010/08/31/gologie/">die diversen G&#8217;s</a> bis zu Institutionen wie das Kriegsrecht oder weniger regelmässiger aber nirgends festgeschriebener Zusammenarbeit zwischen Staaten.</p>
  770. <p>Was mich faszniert ist, wie harntäckig sich solche Institutionen halten. Es gibt unzählige Beispiele dafür: Der Völkerbund der nach seinem Scheitern von den Vereinten Nationen abgelöst wurde (der Palais Wilson beherbergt heute übrigens das <a href="https://www.ohchr.org/EN/Pages/WelcomePage.aspx">Hochkomissariat für Menschenrechte der Vereinten Nationen (UNHCHR)).</a> Der Internationale Währungsfonds, dessen Zielsetzung <a href="https://en.wikipedia.org/wiki/Nixon_Shock">1973 einfach mal in das fast Gegenteil umdefiniert </a>wurde. Der <a href="https://www.upu.int">Weltpostverein</a> (1874), die <a href="https://www.ipu.org">Interparlamentarische Union</a> (1889) oder die Internationale Organisation für Arbeit (1919), die alle drei trotz eines völlig neuen Kontextes immer noch funktionieren.<!--nextpage--></p>
  771. <p>Die Kehrseite der Medaille ist, dass es extrem schwierig ist, solche Praktiken zu ändern. Organisationen können von innen nur langsam und sehr schwer reformiert werden. Eine gutes Beispiel dafür ist die New Yorker Notenbank. Trotz eines klaren und ausführlichen Berichts, der dessen Rolle in der Finanzkrise von 2008 analysiert und akzeptierten Empfehlungen, scheint sich kaum etwas bewegt zu haben, wie eine faszinierende <a href="https://www.thisamericanlife.org/radio-archives/episode/536/the-secret-recordings-of-carmen-segarra">Folge von This American Life</a> auf der Basis von verdeckten Gesprächsaufzeichnungen gut darlegt.</p>
  772. <p>Das ist auch ein problematischer Aspekt von so mancher Bürokratie im Allgemeinen und der UN im Speziellen. Ich hatte vor kurzem in der Diskussion mit einem Freund (und IB Kollegen) krampfhaft nach einem Beispiel gesucht, wo eine solche Organisationskultur erfolgreich geändert wurde. Uns fiel trotz aller Anstrengung kein gutes Beispiel aus den Internationalen Beziehungen ein (vielleicht finden wir in den Kommentaren eines).<sup>2</sup> Dies Trägheit ist eine &#8220;Wahrheit&#8221; die man beim Beobachten des Weltgeschehens leicht vergisst: Die Brüche, Krieg und Krisen machen die Schlagzeilen und hinterlassen den Eindruck einer unregulierten Wildnis. Beständigkeit und Kontinuität sind aber eigentlich viel typischer für die Internationalen Beziehungen, sie machen nur weniger Aufsehen. Nicht zuletzt darum ist Genf immer noch auf der Weltkarte der internationalen Diplomatie.</p>
  773. <p style="font-size: 11px;"><sup>1</sup>Ich weiss, dass die meisten Trainingsprogramme einen Ruhetag pro Woche vorsehen. Ich habe einmal versucht entsprechende wissenschaftliche Literatur zu finden, blieb aber erfolglos. Wenn jemand also brauchbare Studien zu den Vor- und Nachteilen von Ruhetagen, wäre ich sehr interessiert an entsprechenden Links.<br />
  774. <sup>2</sup> Ein Beispiel aus der Privatwirtschaft wäre die Kulturänderung die <a href=" https://www.npr.org/blogs/money/2012/09/07/160748725/episode-400-what-two-pasta-factories-tell-us-about-the-italian-economy">angeblich in dieser Barilla-Fabrik stattgefunden hat und über die der Planet Money Podcast hier berichtet</a>. Die Geschichte ist hörenswert aber es bleibt zuerst einmal eine schöne Geschichte. Ich frage mich was die Lektionen wären und inwiefern diese auf andere Situationen übertragbar sind.</p>
  775. <p>Weitere Einträge aus der Serie:</p>
  776. <p>Folge 0 (Astrodicticum): <a href="https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2014/12/31/running-research-denken-beim-laufen-folge-00-moose-flechten-und-die-grosse-sauerstoffkatastrophe/">Moose, Flechten und die große Sauerstoffkatastrophe</a><br />
  777. Folge 0 (zoon politikon): <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/01/04/running-research-denken-beim-laufen-folge-00-zoon-politikon-edition-ein-savoyardischer-angriff-auf-genf-und-nationale-identitaeten/" rel="bookmark">Ein Savoyardischer Angriff auf Genf und nationale Identitäten</a><br />
  778. Folge 1 (Astrodicticum): <a href="https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2015/01/24/running-research-denken-beim-laufen-folge-01-wintercrosslauf-und-die-vielen-besonderheiten-des-wassers/" rel="bookmark">Der Saaletal Wintercrosslauf und die vielen Besonderheiten des Wassers</a></p>
  779. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=2047&amp;md5=4040f938acb58a439dae17fa1d794958" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
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  783. <item>
  784. <title>Griechenland und der Euro &#8211; Warum Syriza kaum etwas ändern wird</title>
  785. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/01/29/griechenland-und-der-euro-die-neuste-staffel/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=griechenland-und-der-euro-die-neuste-staffel</link>
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  787. <pubDate>Thu, 29 Jan 2015 16:15:18 +0000</pubDate>
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  800.  
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  802. <description><![CDATA[Ich habe eine eigenartige Begeisterung bei vielen festgestellt, als Syriza in Griechenland tatsächlich als Siegerin aus den Wahlen hervorging. Diese war oft von einer guten Portion Schadenfreude getrieben. Schadenfreude darüber, dass die Anti-Sparpolitik Partei gewonnen hat und es nun, so vermute ich, der EU zeigen wird. Die Strasse ist endlich auf die Barrikade gegangen und&#8230;]]></description>
  803. <content:encoded><![CDATA[<p>Ich habe eine eigenartige Begeisterung bei vielen festgestellt, als Syriza in Griechenland tatsächlich als <a href="https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europa/griechische-parlamentswahl-syriza-verfehlt-absolute-mehrheit-13389975.html">Siegerin aus den Wahlen hervorging</a>. Diese war oft von einer guten Portion Schadenfreude getrieben. Schadenfreude darüber, dass die Anti-Sparpolitik Partei gewonnen hat und es nun, so vermute ich, der EU zeigen wird. Die Strasse ist endlich auf die Barrikade gegangen und wird, vermutlich die Marseillaise absingend, Griechenland aus dem Sparsumpf in eine goldene schuldenfreie Zukunft führen.</p>
  804. <p><span id="more-2036"></span><a href="https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2012/07/13954-1_euro_Greece.jpg?ssl=1"><img class="alignleft size-full wp-image-947" alt="1_euro_Greece" src="https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2012/07/13954-1_euro_Greece.jpg?resize=253%2C253&#038;ssl=1" width="253" height="253" srcset="https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2012/07/13954-1_euro_Greece.jpg?w=253&amp;ssl=1 253w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2012/07/13954-1_euro_Greece.jpg?resize=150%2C150&amp;ssl=1 150w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2012/07/13954-1_euro_Greece.jpg?resize=200%2C200&amp;ssl=1 200w" sizes="(max-width: 253px) 100vw, 253px" data-recalc-dims="1" /></a>Ich möchte hier wieder mal meinem Ruf als langweiliger Politik-Buchalter und Enthusiasmusbremse gerecht werden und die Begeisterung etwas dämpfen. Es scheint mir, dass ein kleines Missverständnis vorliegt.</p>
  805. <p>Um dem Argument vorzubeugen, ich hätte ein Problem mit einem demokratischen Entscheid, den es zu akzeptieren gelte: Nein habe ich nicht. Ich halte ihn zwar nicht für sehr weise, aber stelle nicht seine Legitimität in Frage. Man sollte nicht vergessen, dass ein Teil des schlechten Rufes von Politikerinnen und Politikern daher kommt, dass sie während Kampagnen Dinge versprechen, die die Menschen sich wünschen, die aber nicht unbedingt realistisch sind. Gewählt wird, wer erzählt was die Leute hören wollen. Dies überschneidet sich oft nicht mit was machbar oder sinnvoll ist.</p>
  806. <p>Oft wird in der Berichterstattung implizit angedeutet , dass Griechenland sozusagen den Konkurs anmelden könnte (d.h. die Schulden einfach nicht zurückzahlen). Was nicht erwähnt wird ist, dass ein grosser Teil dieser Schulden de facto sowieso abgeschrieben ist. Kaum jemand glaubt an eine volle Auszahlung falls überhaupt zumindest nicht in absehbarer Zeit. Der Kern des Problems ist ein politischer. Das brutale Sparprogramm das Griechenland auferlegt wurde, zielt auf strukturelle Reformen. Diese Reformen sollen eine Sicherheit für eine <em>teilweise</em> Rückzahlung bieten. Sie haben zudem eine Signalwirkung für neue Kreditaufnahmen. Die Frage ist also höchstens noch wie viel der Schulden zurückgezahlt wird und über welchen Zeitraum. Das sind die einzigen Chips, die Griechenland an den Verhandlungstisch mitbringt. Das und die nukleare Option unilateral vorzugehen.</p>
  807. <p>Griechenland sitzt darum inzwischen am kürzeren Hebel. Beim letzten Mal hatte man Angst vor einer Ansteckung von Portugal, Spanien oder vielleicht gar Italien. Italien wäre wohl der Dominostein gewesen, den die EU nicht mehr hätte auffangen können. Dieses Risiko ist inzwischen stark gesunken. Alle diese Länder haben eigene Reformen in Gang gesetzt und die Probleme sind (zumindest so die Wahrnehmung) nun entkoppelt. Es ist also viel schwieriger für Griechenland  glaubwürdig zu drohen alle mit sich in den Abgrund zu reissen. Griechenland selber kann aber immer noch über diese Klippe fallen und ist, um dies zu verhindern nach wie vor auf die Hilfe der EU angewiesen. Die Risiken über die ich schon früher geschrieben habe (<a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2010/02/10/griechenland-der-euro-und-die-eu-hintergrund-und-mogliche-losungen/">2010</a>, <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2011/11/15/euroaustritt-als-ende-der-griechischen-tragodie/">2011</a>, <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2012/05/16/griechenland-ohne-euro/">2012</a> und <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2013/05/05/eurokrise-glucksfall-fur-deutsche-steuerzahlende/">2013</a>) werden nun hauptsächlich von Griechenland getragen.</p>
  808. <p>Daraus folgt, dass ganz egal wie wir als beobachtende die schärfe der Sparmassnahmen einschätzen, ganz egal ob wir denken, dass eine lockerer Ausgabenpolitik eventuell die besserer Lösung für eine schnelle Rückzahlung von Schulden wäre: Die Verhandlungsposition von Griechenland ist schwach. Schon alleine falsche Signale können eine Abwärtsspirale in Gang setzen. Vermutlich nicht zuletzt deswegen hat der neue Ministerpräsident schon an der ersten <a href="https://www.bbc.com/news/business-30980321">Kabinettssitzung klargestellt, dass Griechenland verhandeln und nicht einfach die Schuldzahlungen stoppen</a> wird.</p>
  809. <p>In Anbetracht dieser Ausgangslage halte ich es für wahrscheinlich, dass die neue griechische Regierung nur ein paar kosmetische Konzessionen aushandeln wird. Diese werden kaum substantiell sein. Sie werden ihnen besten Falls erlauben das Gesicht gegenüber ihren Wählerinnen und Wählern zu wahren. Ob das reicht, um wiedergewählt zu werden, ist zweifelhaft. Die Bevölkerung hingegen wird auf absehbare Zeit weiterhin unter prekären wirtschaftlichen Bedingungen weitermachen müssen. Sie werden vermutlich das nächste mal jemand anderes wählen und das Blaue vom Himmel, das ihnen versprochen wurde, wieder nicht erhalten. Grund zur Freude sehe ich zumindest nicht.</p>
  810. <p>&nbsp;</p>
  811. <p>Lesetipps im Netz zum Thema mit ähnlicher Stossrichtung: Crooked Timber <a href="https://crookedtimber.org/2015/01/25/greek-games-and-scenarios/"><em>Greek games and scenarios</em></a> und bei Krugman <a href="https://krugman.blogs.nytimes.com/2015/01/26/greece-think-flows-not-stocks/"><em>Greece: Think Flows, Not Stocks</em></a></p>
  812. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=2036&amp;md5=a1ef285b2dcc84514ae5914e7dc3d5b3" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
  813. <wfw:commentRss>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/01/29/griechenland-und-der-euro-die-neuste-staffel/feed/</wfw:commentRss>
  814. <slash:comments>91</slash:comments>
  815. <post-id xmlns="com-wordpress:feed-additions:1">2036</post-id> </item>
  816. <item>
  817. <title>[Gastbeitrag] All the Pegida people, where do they all come from? All the Pegida people, where do they all belong?</title>
  818. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/01/22/all-the-pegida-people-where-do-they-all-come-from-all-the-pegida-people-where-do-they-all-belong/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=all-the-pegida-people-where-do-they-all-come-from-all-the-pegida-people-where-do-they-all-belong</link>
  819. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/01/22/all-the-pegida-people-where-do-they-all-come-from-all-the-pegida-people-where-do-they-all-belong/#comments</comments>
  820. <pubDate>Thu, 22 Jan 2015 11:09:50 +0000</pubDate>
  821. <dc:creator><![CDATA[ali]]></dc:creator>
  822. <category><![CDATA[Kultur]]></category>
  823. <category><![CDATA[Politik]]></category>
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  828.  
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  830. <description><![CDATA[Einer der regelmässigen Kommentatoren hier im Blog hat den Pegida-Demo Ableger in Braunschweig besucht und berichtet hier in einem Gastposting über persönliche Eindrücke von der Bragida. Demonstrationen sind meist nicht so meine Sache, öffentliche Kundgebungen auch nicht. Verstehen wollte ich aber trotzdem, was die Menschen bewegt, die mit Pegida sympathisieren oder sich mit den Zielen&#8230;]]></description>
  831. <content:encoded><![CDATA[<p><em>Einer der regelmässigen Kommentatoren hier im Blog hat den Pegida-Demo Ableger in Braunschweig besucht und berichtet hier in einem Gastposting über persönliche Eindrücke von der Bragida.<br />
  832. </em></p>
  833. <p><em><span id="more-2027"></span></em>Demonstrationen sind meist nicht so meine Sache, öffentliche Kundgebungen auch nicht. Verstehen wollte ich aber trotzdem, was die Menschen bewegt, die mit Pegida sympathisieren oder sich mit den Zielen zumindest teilweise identifizieren können.</p>
  834. <p>Also machten wir uns auf den Weg, Freund Michael und ich, um die Montagsdemo (19.1) in Braunschweig etwas genauer unter die Lupe zu nehmen, und gegebenenfalls ein paar Fragen an die Teilnehmer zu richten.</p>
  835. <p>Der erste Eindruck: der Platz für die Versammlung hätte  kaum schlechter gewählt werden können. Der Vorplatz der Stadtbücherei wurde abgesperrt, so dass man auf normalem Wege nicht mehr zur Buchausleihe gelangen kann. Die paar Teilnehmer, die sich jetzt, anderthalb Stunden vor Beginn der Kundgebung, in der Mitte eines Gatters um eine kleine Deutschlandfahne sammeln wirken ganz schön verloren und die martialisch wirkenden Polizisten, die sie abschirmen tragen auch nicht gerade zu einer heimeligen Atmosphäre bei.</p>
  836. <p>Dann kommen zwei Kopftuch tragende junge Frauen, die zur Bibliothek wollen. Sie sind irritiert, und wissen nicht, wieso man sie heute daran hindert zum Haupteingang zu gehen. Letztendlich werden sie von der Polizei zum Nebeneingang gelotst.</p>
  837. <p>Inzwischen haben sich ein paar Dutzend Neugierige, zu denen auch wir gehören, aufgestellt, und jeder, der jetzt zum kleinen Grüppchen in der Mitte will, muss durch die ganzen Leute hindurch. Es ist ein Spießrutenlauf, ganz ohne Frage, denn die Blicke der Beobachtenden sind teilweise nicht sehr freundlich. Gerade als wir beschlossen haben, die Pegida-Leute zu besuchen kommen die ersten Gruppen, die ihre rechtsradikale Gesinnung nicht nur nicht verbergen, sondern sehr offensiv zur Schau tragen, und wir verschieben unsere Fragestunde. Es kommen nämlich immer mehr von der Sorte, und wir haben Gelegenheit unsere Kenntnisse, wie die rechte Szene heutzutage auftritt, aufzufrischen. Jetzt verlassen ein paar Leute den Pegidapulk, denen das auch nicht ganz geheuer zu sein scheint, und wir beschließen zu versuchen mit diesen ins Gespräch zu kommen, und mit denen, die unschlüssig in der Gegend rumstehen, weil sie offensichtlich unter diesen Umständen nicht mehr in diesen Käfig hineinwollen. Die Rechten übernehmen jetzt das Kommando in der Mitte, linke Gruppierungen sammeln sich vor dem Gatter und erste Parolen fliegen.</p>
  838. <p>Der richtige Zeitpunkt für uns, um mit den verunsicherten Pegida-Sympathisanten ins Gespräch zu kommen, und sie wollen auch gerne reden, und sich erklären, denn mit dem Haufen da drin möchten sie wirklich nicht verwechselt werden. Glück für uns.</p>
  839. <p>Es sind dennoch nur wenige, aber sie haben, wie sich dann herausstellt, erstaunlich viele Gemeinsamkeiten: alle kommen aus dem Umland (Helmstedt, Rötgesbüttel, Brome…), niemand wohnt in einer echten Stadt(Sorry an die Helmstedter), alle haben Sarrazin gelesen, und alle haben sie Angst vor Parallelgesellschaften. Alle reden vom christlichen Abendland, aber keiner bezeichnet sich als wirklich religiös, und keiner von den ganzen Befragten hat wirklich engen Kontakt zu Ausländern, geschweige denn zu Muslimen. Die meisten sind zwischen vierzig und fünfzig, haben Familie, und sind, der Kleidung und der Sprache nach zu urteilen, überdurchschnittlich (aus)gebildet und werden überdurchschnittlich entlohnt.</p>
  840. <p>Wir hören zu, versuchen zu verstehen, was ihre Sorgen sind, arbeiten den Pegida-Punktekatalog ab, fragen oft nach, und nachdem der Erste empört „Conchita Wurst!“ in die Runde wirft, und fragt wie er dergleichen denn bitteschön seinen Kindern erklären solle, bringen wir bei anderen, später Interviewten das Thema Wurst mehr oder weniger gezielt zur Sprache und ernten jeweils ähnliche Tiraden. DAS störte diese Mitbürger wirklich, dass sowas salonfähig gemacht werden soll, und wahrscheinlich auch noch in der Schule gelehrt, irgendwie.</p>
  841. <p>Gezielte Nachfragen zu Ausländern und Parallelgesellschaften ergaben auch immer dasselbe Bild: Sie kennen Städte kaum, fühlen sich in diesen eh nicht besonders wohl, vermuten aber in fast allen Städten muslimische Ausländerghettos mit Sondergesetzgebung(Sarrazin scheint wirklich eine Menge Brunnen vergiftet zu haben, denn den nennen sie alle als Quelle), und die Ausländer, die sie flüchtig kennen, werden als  nett und freundlich wahrgenommen, besonders die muslimischen.<!--nextpage--></p>
  842. <p>Wenn ich dann noch erwähne, dass Deutschland die Zeche für Europa zahlt und die Politik ja sowieso nichts macht, haben wir fast alle Bedenken aufgelistet. Das Wort Lügenpresse fiel nie, aber vielleicht dachten sie auch, wir gehören dazu.</p>
  843. <p>Wir haben aber natürlich keine repräsentative Umfrage gemacht, sondern sind einfach ins Gespräch eingestiegen, und haben kräftig und freundlich mit Fakten und Argumenten gegengehalten, also so ziemlich das Gegenteil von dem, was bei Jauch gegenüber der Pegida-Sprecherin gemacht wurde. Und siehe da, fast alle gaben nach einiger Zeit unumwunden zu, dass sie es so genau ja gar nicht wüssten, und dass sie sich einfach Sorgen machten, „wie das alles so läuft“.</p>
  844. <p>Gut, diese Menschen waren aus mehreren Gründen( große Gegendemo, rechte Szene…) verunsichert, und vielleicht deswegen bereit viel Wasser in ihren Wein zu schütten(in Leipzig sieht das sicher dann schon ganz anders aus), aber nach diesem Abend, nach diesen Gesprächen und nach dem, was ich sonst wahrnehme, halte zumindest ich es für gänzlich unangebracht die Bewegung zu hofieren. Wir sollten die Leute schon ernst nehmen, ihre Argumente aber nicht, denn es waren auch hier wieder kaum welche vorhanden.</p>
  845. <p>Was bleibt? Sie mögen Conchita Wurst nicht, und da war auch argumentativ nicht viel zu machen. Ob man wegen dieser Abneigung aber eine Partei gründen muss wage ich zu bezweifeln.</p>
  846. <p><em>Text von: Alisier</em></p>
  847. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=2027&amp;md5=92b5dd88889f9c5c3052ec16e3711454" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
  848. <wfw:commentRss>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/01/22/all-the-pegida-people-where-do-they-all-come-from-all-the-pegida-people-where-do-they-all-belong/feed/</wfw:commentRss>
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  851. <item>
  852. <title>Die ehemalige Eurountergrenze des Schweizer Frankens</title>
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  855. <pubDate>Mon, 19 Jan 2015 16:13:18 +0000</pubDate>
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  870. <description><![CDATA[Zentralbanker pflegen die Langeweile. Unaufgeregtheit ist Pflichtprogramm. Nur keine schnelle Bewegungen. Die Finanzmärkte könnten etwas falsch verstehen und zurückschiessen. Nun kommt die vielleicht langweiligste Notenbank der Welt (ok, nicht ganz) und stellt alles auf den Kopf. Am 15. Januar 2015 wurde eine Medienmitteilung der Schweizer Nationalbank lapidar mit &#8220;Die Schweizerische Nationalbank hebt den Mindestkurs von&#8230;]]></description>
  871. <content:encoded><![CDATA[<p>Zentralbanker pflegen die Langeweile. Unaufgeregtheit ist Pflichtprogramm. Nur keine schnelle Bewegungen. Die Finanzmärkte könnten etwas falsch verstehen und zurückschiessen. Nun kommt die vielleicht langweiligste Notenbank der Welt (ok, <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2012/01/10/die-wahrung-der-notenbanker/">nicht ganz</a>) und stellt alles auf den Kopf.</p>
  872. <p><span id="more-2020"></span>Am 15. Januar 2015 wurde <a href="https://www.snb.ch/de/mmr/reference/pre_20150115/source/pre_20150115.de.pdf">eine Medienmitteilung der Schweizer Nationalbank</a> lapidar mit &#8220;Die Schweizerische Nationalbank hebt den Mindestkurs von 1.20 Franken pro Euro auf&#8221; eingeleitet. Der Euro/Franken Kurs fiel daraufhin in den Keller und die Schweizer Börse ging ebenfalls auf Sinkflug. Gewerkschaften, Industrie und Politik rieben sich verblüfft die Augen und versuchten zu verstehen, was gerade passiert ist. Nun hat sich der Pulverdampf etwas gelichtet und wir hatten etwas Zeit zum Nachdenken.</p>
  873. <p>Es ist nicht das erste Mal, dass ich über ein Aufheben einer Schweizerfranken-Euro-Untergrenze blogge. <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2010/05/07/ein-borsentag-schweizer-franken-der-euro-und-die-unmogliche-dreifaltigkeit/">Damals ging es noch um die 1.43 Grenze</a>. So sah das aus</p>
  874. <p><a href="https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2012/07/16216-IntradayCHFEUR.gif?ssl=1"><img class="aligncenter size-full wp-image-971" alt="IntradayCHFEUR" src="https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2012/07/16216-IntradayCHFEUR.gif?resize=620%2C440&#038;ssl=1" width="620" height="440" srcset="https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2012/07/16216-IntradayCHFEUR.gif?w=620&amp;ssl=1 620w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2012/07/16216-IntradayCHFEUR.gif?resize=300%2C212&amp;ssl=1 300w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2012/07/16216-IntradayCHFEUR.gif?resize=590%2C418&amp;ssl=1 590w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2012/07/16216-IntradayCHFEUR.gif?resize=596%2C422&amp;ssl=1 596w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2012/07/16216-IntradayCHFEUR.gif?resize=281%2C200&amp;ssl=1 281w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2012/07/16216-IntradayCHFEUR.gif?resize=150%2C106&amp;ssl=1 150w" sizes="(max-width: 620px) 100vw, 620px" data-recalc-dims="1" /></a>Nun war die Untergrenze auf 1.20 angelegt. Und das hier passierte:</p>
  875. <p style="text-align: center;"><a href="https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/CHFEUR_Jan15.png?ssl=1"><img class="aligncenter size-medium wp-image-2022" alt="CHFEUR_Jan15" src="https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/CHFEUR_Jan15.png?resize=500%2C244&#038;ssl=1" width="500" height="244" srcset="https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/CHFEUR_Jan15.png?resize=500%2C244&amp;ssl=1 500w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/CHFEUR_Jan15.png?resize=183%2C90&amp;ssl=1 183w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/CHFEUR_Jan15.png?resize=590%2C288&amp;ssl=1 590w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/CHFEUR_Jan15.png?resize=596%2C291&amp;ssl=1 596w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/CHFEUR_Jan15.png?resize=408%2C200&amp;ssl=1 408w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/CHFEUR_Jan15.png?resize=150%2C73&amp;ssl=1 150w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/CHFEUR_Jan15.png?w=699&amp;ssl=1 699w" sizes="(max-width: 500px) 100vw, 500px" data-recalc-dims="1" /></a></p>
  876. <p style="text-align: left;">Zumindest theoretisch kann eine solche Untergrenze durch eine Nationalbank problemlos gehalten werden kann. Dies leuchtet intuitiv ein stellt man sich die andere Währung einfach als ein normales Gut vor: Eier statt Euro, Dörrbohnen statt Dollar. Der Preis wird durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Die Notenbank hat jedoch den Vorteil, dass sie im Gegensatz zu uns, Geld drucken kann.<sup>1</sup> Das heisst, sie kann sozusagen eine beliebige Nachfrage für Euros schaffen. Gibt es zu viele Eier und deren Preis sinkt deswegen, kann die Notenbank Eier kaufen bis diese Nachfrage den Preis wieder auf das gewünschte Niveau gehievt hat. Geld ist nicht das Problem. In die andere Richtung ist natürlich schwieriger, weil man dort nicht unlimitierte Ressourcen zur Verfügung hat. Das wäre eine Obergrenze die mit Devisen gedeckt werden muss. Doch &#8220;unlimitiert&#8221; ist vor allem ein theoretisches Konzept. Es gibt durchaus Probleme die damit einhergehen, zum Beispiel kann es zu Finanzblasenbildung führen.</p>
  877. <p style="text-align: left;">Notenbanken machen keine radikalen Schritte.  Wenn ein Zinsschritt um 0.25% Punkte tiefer oder höher ausfällt als erwartet, ist das in der Regel schon &#8220;eine grosse Überraschung&#8221;. Wo Glaubwürdigkeit und Vorhersagbarkeit sozusagen Währung ist, dort ist eine Politik der kleinen Schritte Gold wert. Sind also den Schweizer Bankern die Sicherungen durchgebrannt?</p>
  878. <p style="text-align: left;">Ich glaube nicht. Hier eine kleine Spekulation: Ich vermute sie gehen schlicht davon aus, dass sich die Lage und der Druck auf den Schweizer Franken potentiell weiter verschärft hätte. Vor den Wahlen am 25 Januar in Griechenland wird ein <a href="https://www.economist.com/news/finance-and-economics/21639591-why-leaving-euro-would-still-be-bad-both-greece-and-currency">&#8220;Grexit&#8221; wieder diskutiert</a> (d.h. eine Aufgabe des Euros durch Griechenland). Am Donnerstag steht eine wichtige <a href="https://www.marketwatch.com/story/draghi-co-face-historic-qe-decision-at-thursdays-ecb-meeting-2014-12-03">Sitzung der Europäischen Zentralbank an</a>. Es wird vermutet, dass die EZB anfangen wird, Staatsanleihen zu kaufen (oft als <em>Quantitative Easing</em> bezeichnet). Es besteht sicher ein Wille die Wirtschaft des Euroraumes durch eine expansivere Geldpolitik anzuschubsen. Je nach Marktreaktionen hätte all dies den Druck auf den Schweizerfranken massiv erhöhen können. Und da hatte die Schweizer Nationalbank vielleicht ein grösseres Problem gekriegt.</p>
  879. <p style="text-align: left;">Wenn man sich auf eine festen Kurs verpflichtet ist die grosse Frage, was die Exit-Strategie ist. Wenn Glaubwürdigkeit die Währung Nummer eins ist, kann man nicht heute Grenzen festlegen und sie morgen wieder fallen lassen. Eine Untergrenze ist natürlich immer glaubwürdiger als eine Obergrenze. Es ist gut möglich, dass in naher Zukunft die Märkte darauf spekuliert hätten, dass die SNB nicht mehr so fest an die Untergrenze glaubt. Hätte die Schweizer Nationalbank gar angedeutet, dass sie den Franken wieder in die Freiheit entlassen könnte, hätte es wohl sowieso kein Halten mehr gegeben.</p>
  880. <p style="text-align: left;">Wenn ich heute 100 Euro in der Hand halte und ich davon ausgehe, dass ich für dieselben Euros Morgen viel weniger Schweizer Franken kriege, dann gehe ich heute zur Wechselstube. Genau das machen auch die Finanzmärkte. Hält die SNB diesem Ansturm an, kann ich bei bedarf ja wieder zurück wechseln. Falls nicht, stehe ich im Gegensatz zu jenen, die es nicht gemacht haben, gut da. Ich kann also nur gewinnen und kaum etwas verlieren. Darum wäre schon alleine eine Andeutung durch die SNB, ein Signal zum Angriff gewesen. Hätte die Schweizer Nationalbank danach den Kurs aufgeben müssen, hätte es so ausgesehen, als ob sie von den Finanzmärkte dazu gezwungen wurde. Jetzt war es sie, die die Märkte bewegte und nicht umgekehrt. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil, wenn man auf Reputation bauen möchte.</p>
  881. <p style="text-align: left;">Dazu kommt, dass sich die SNB so neue Flexibilität geschaffen hat um auf kommende Stürme zu reagieren (siehe auch mein Eintrag zur u<em>nmöglichen Dreifaltigkeit</em> in der Gelpolitik). So gesehen, hat die SNB vielleicht keinen eleganten aber den Umständen entsprechend gar nicht so schlechten Ausgang gefunden. Zumindest ist er höchstwahrscheinlich besser als die Alternativen (zB. langsamer Ausstieg; Änderung der Politik nach Angriff durch die Devisenmärkte). Natürlich kann man das nicht öfters wiederholen, auch das würde die Glaubwürdigkeit untergraben.</p>
  882. <p style="font-size: 11px;"><sup>1</sup> Man möge mich mit &#8220;Geld drucken&#8221; nicht all zu wörtlich nehmen. Vom Prinzip her stimmt es.</p>
  883. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=2020&amp;md5=bc7afa237efb7d8c6b5395562bd13307" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
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  888. <title>Die Sorgen der Bevölkerung ernst nehmen</title>
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  891. <pubDate>Mon, 12 Jan 2015 12:31:12 +0000</pubDate>
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  906. <description><![CDATA[Die Sorgen der Bevölkerung müssen ernst genommen werden. Kaum eine Politikerin oder ein Politiker will dem widersprechen. Schliesslich stehen die ernst genommen Sorgen der Bevölkerung zwischen ihnen und der Arbeitslosigkeit. Es ist auch ein beliebter Zusatz um Positionen zu vertreten, bei denen es einem vielleicht doch nicht ganz geheuer ist, sich voll dahinter zu stellen.&#8230;]]></description>
  907. <content:encoded><![CDATA[<p>Die Sorgen der Bevölkerung müssen ernst genommen werden. Kaum eine Politikerin oder ein Politiker will dem widersprechen. Schliesslich stehen die ernst genommen Sorgen der Bevölkerung zwischen ihnen und der Arbeitslosigkeit. Es ist auch ein beliebter Zusatz um Positionen zu vertreten, bei denen es einem vielleicht doch nicht ganz geheuer ist, sich voll dahinter zu stellen. Ganz paternalistisch versteckt man sich dann hinter dem titelgebenden Satz. Ich teile zwar die Meinung dieser Leute nicht, aber man sollte ihre Sorgen ernst nehmen.</p>
  908. <p>Hier eine Erklärung, warum man die Sorgen der Bevölkerung manchmal nicht ernst nehmen sollte.</p>
  909. <p><span id="more-2001"></span></p>
  910. <p>Zuerst ein kleiner Vorbehalt. Der Satz kann natürlich auf zwei verschiedene Arten verstanden werden. Wenn es beispielsweise möglich ist, so viele Leute hinter einem Pegida Banner zu mobilisieren und für Anliegen zu marschieren, die sonst von extremen Parteien gefordert werden, gibt es auch in meinen Augen gute Gründe, die Bewegung ernst zu nehmen. Jedoch aus der Anerkennung, dass da ein Unbehagen besteht folgt nicht, dass dieses Unbehagen auch <em>gerechtfertigt</em> ist. Dies Annahme steht hinter der zweiten möglichen Bedeutung des Satzes (und wohl jene, wie er meist verwendet wird). Wenn dieses Verständnis darauf hinausläuft, auf Forderungen einzugehen, dann ist die Konsequenz meist das, was man in der ersten Interpretation verhindern möchte: Dass extreme Positionen im politischen System durchgesetzt werden.<sup>1</sup></p>
  911. <p>Ich gehe für diesen Eintrag von der zweiten Interpreation aus (d.h. der Inhalt soll ernst genommen werden). Ich möchte in diesem Eintrag darlegen, warum das problematisch sein kann. Was ist nämlich, wenn die geformte Meinung dieses schwammigen Kollektivs (&#8220;<em>die</em> Sorgen <em>der</em> Menschen&#8221;) auf falschen Annahmen beruht? Wenn so politische Massnahmen ergriffen werden, dann sind diese im harmlosesten Fall ineffektiv und eine Resourcenverschwendung. Im schlimmsten Fall wird die Demokratie untergraben und/oder unbeteiligten Leid zugefügt.</p>
  912. <p>Das Phänomen ist in der Politikwissenschaften bekannt. Zum Beispiel zeigen die meisten Umfragen, dass ein grosser Teil der Menschen in den OECD Staaten, den Prozentsatz des Staatshaushaltes der für Entwicklungshilfe ausgeben wird, massiv überschätzt. Fallenden Kriminalitätsraten stehen im Widerspruch zu einem steigenden Unsicherheitsgefühl. Häufig steht der Fremdenfeindlichkeit in einem umgekehrten Verhältnis zur effektiven Grösse der ausländischen Wohnbevölkerung.</p>
  913. <p>Ein sehr gutes Beispiel für eine solche Lücke zwischen Fakten und Wahrnehmung ist mir nun in einem <a href="https://www.whiteoliphaunt.com/duckofminerva/2015/01/common-xenophobic-dynamic-overestimating-the-other.html">Blogpost bei Duck of Minerva</a> begegnet. Die Angst vor der &#8220;Islamisierung Europas&#8221; ist nämlich ein ausgezeichnetes aktuelles Beispiel für eine Meinung auf der Basis von inkorrekten Annahmen. Zuerst eine Infografik aus dem Economist:</p>
  914. <p><a href="https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/MuslimTide.png?ssl=1"><img class="aligncenter size-large wp-image-2014" alt="MuslimTide" src="https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/MuslimTide.png?resize=556%2C1024&#038;ssl=1" width="556" height="1024" srcset="https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/MuslimTide.png?resize=556%2C1024&amp;ssl=1 556w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/MuslimTide.png?resize=163%2C300&amp;ssl=1 163w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/MuslimTide.png?resize=320%2C590&amp;ssl=1 320w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/MuslimTide.png?resize=242%2C446&amp;ssl=1 242w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/MuslimTide.png?resize=380%2C700&amp;ssl=1 380w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/MuslimTide.png?resize=108%2C200&amp;ssl=1 108w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/MuslimTide.png?resize=150%2C275&amp;ssl=1 150w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/MuslimTide.png?zoom=2&amp;resize=556%2C1024&amp;ssl=1 1112w" sizes="(max-width: 556px) 100vw, 556px" data-recalc-dims="1" /></a>Quelle: <a href="www.economist.com/blogs/graphicdetail/2015/01/daily-chart-2">The Economist, Daily Chart</a></p>
  915. <p>Wie man sieht, wird der Anteil der muslimischen Bevölkerung konsequent überschätzt. Es ist wohl plausibel anzunehmen, dass auch somit ein allfälliges Bedrohungspotential, wenn man an ein solches glaubt, überschätzt wird. Wenn man hingegen die Frage des Terrorismus auf dem europäischen Kontinent anschaut (oben rechts), sieht man ebenfalls, dass der religiöse Terrorismus, eigentlich das kleinere Problem ist, will man aus den sowieso tiefen Zahlen unbedingt eine Bedrohung herauslesen).</p>
  916. <p>Saideman hatte Zahlen aus einer Vorlesung von ihm ausgegraben, die zeigen, dass dies ein allgemeines Phänomen ist (leider konnte er die Quelle dafür nicht mehr finden). Die Tabelle zeigt, wie die verschiedenen Gruppen in den USA jeweils die Grösse der anderen einschätzt.<sup>2</sup> Wie man sieht, werden Minderheiten systematisch <em>über</em>schätzt und die Mehrheit wird systematisch <em>unter</em>schätzt. Dies hat wohl mit der Wahrnehmung des &#8220;andern&#8221; und  des &#8220;fremden&#8221; zu tun. Die Angst, der Schritt zur Xenophobie ist da nicht mehr weit. Vielleicht ist diese Fehleinschätzung sogar schon eine Konsequenz davon. Dies ist auf jeden Fall eine gefährliche politische Nährlösung.</p>
  917. <p style="text-align: left;"><a href="https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/perceptions-of-race.jpg?ssl=1"><img class="aligncenter  wp-image-2015" alt="perceptions of race" src="https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/perceptions-of-race.jpg?resize=614%2C419&#038;ssl=1" width="614" height="419" srcset="https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/perceptions-of-race.jpg?resize=1024%2C698&amp;ssl=1 1024w, https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/perceptions-of-race.jpg?resize=439%2C300&amp;ssl=1 439w, https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/perceptions-of-race.jpg?resize=131%2C90&amp;ssl=1 131w, https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/perceptions-of-race.jpg?resize=590%2C402&amp;ssl=1 590w, https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/perceptions-of-race.jpg?resize=596%2C406&amp;ssl=1 596w, https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/perceptions-of-race.jpg?resize=950%2C647&amp;ssl=1 950w, https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/perceptions-of-race.jpg?resize=293%2C200&amp;ssl=1 293w, https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/perceptions-of-race.jpg?resize=150%2C102&amp;ssl=1 150w, https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/perceptions-of-race.jpg?w=1600&amp;ssl=1 1600w" sizes="(max-width: 614px) 100vw, 614px" data-recalc-dims="1" /></a>Quelle: <a href="https://www.whiteoliphaunt.com/duckofminerva/2015/01/common-xenophobic-dynamic-overestimating-the-other.html">Steve Saideman auf Duck of Minverva</a></p>
  918. <p style="text-align: left;">Wenn wir also aufgefordert werden, die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen, dann muss man nachfragen, inwiefern diese Sorgen eine Basis in der Realität haben (auch dafür braucht es übrigens die Sozialwissenschaften). Masse ist nicht gleich Rechthaben und darum ist nicht jeder Mehrheitsentscheid auch per Definition gut. Die Fähigkeit solche &#8220;schlechten&#8221; Mehrheitsentscheide zu verhindern, zeichnen eine funktionierende Demokratie aus. Die von populistischer Seite oft geforderte direkte Demokratie, meint in daher eine <em>radikale</em> Variante davon, die wohl besser als Mehrheitsdiktatur bezeichnet werden sollte. Diese mag man spätestens dann nicht mehr, wenn man selber Opfer eines Willkürentscheides wird.</p>
  919. <p style="font-size: 11px;"> <sup>1</sup>Wenn die Empathiefähigkeit beim Pegida-Beispiel streikt, kann man sich auch vorstellen, man hätte Ende 60er den Springer-Verlag verstaatlicht. Gleiche Logik, andere Seite.<br />
  920. <sup>2</sup>Die Zahlen stammen aus den 80ern. Ich nehme an, dass besonders in Bezug auf die asiatische Minderheiten und wohl auch die Hispanics sich die Wahrnehmung inzwischen verschoben hat. Die effektiven Zahlen sowieso.</p>
  921. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=2001&amp;md5=966c6209ee47472cabbc557790014b39" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
  922. <wfw:commentRss>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/01/12/die-sorgen-der-bevoelkerung-ernst-nehmen/feed/</wfw:commentRss>
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  925. <item>
  926. <title>Charlie Hebdo und die Unsichtbaren</title>
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  929. <pubDate>Fri, 09 Jan 2015 16:07:39 +0000</pubDate>
  930. <dc:creator><![CDATA[ali]]></dc:creator>
  931. <category><![CDATA[Geistes- & Sozialwissenschaften]]></category>
  932. <category><![CDATA[Kommentar]]></category>
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  948. <description><![CDATA[Der Anschlag in Paris gegen das Satiremagazin Charlie Hebdo, bei dem 12 Menschen kaltblütig ermordet wurden, besetzt nun seit bald zwei Tagen die Nachrichtenkanäle. Kurz nachdem die ersten Live-Ticker eingerichtet waren, waren auch schon überall Kommentare zu lesen. Nicht dass man schon irgendwas wirklich gewusst hätte. Dass hält natürlich im Internet niemand davon ab, schon&#8230;]]></description>
  949. <content:encoded><![CDATA[<p>Der Anschlag in Paris gegen das Satiremagazin Charlie Hebdo, bei dem 12 Menschen kaltblütig ermordet wurden, besetzt nun seit bald zwei Tagen die Nachrichtenkanäle. Kurz nachdem die ersten Live-Ticker eingerichtet waren, waren auch schon überall Kommentare zu lesen. Nicht dass man schon irgendwas wirklich gewusst hätte. Dass hält natürlich im Internet niemand davon ab, schon eine Meinung zu haben. Die Presse- und Meinungsfreiheit wurde als eines der höchsten Güter in unseren Demokratien deklariert. Man zeigte Betroffenheit und nutzte diese auch gleich, um die eigenen politischen Ansichten damit einzuhämmern: Das Problem mit dem Islam in Europa. Die ökonomische und soziale Vernachlässigung einer ganzen Generation Jugendlicher in Frankreich. Es braucht mehr Überwachung. Es braucht weniger Überwachung.</p>
  950. <p><span id="more-1985"></span></p>
  951. <p><a href="https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/CHebdo.jpg?ssl=1"><img class="aligncenter size-full wp-image-2004" alt="CHebdo" src="https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/CHebdo.jpg?resize=340%2C429&#038;ssl=1" width="340" height="429" srcset="https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/CHebdo.jpg?w=340&amp;ssl=1 340w, https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/CHebdo.jpg?resize=237%2C300&amp;ssl=1 237w, https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/CHebdo.jpg?resize=71%2C90&amp;ssl=1 71w, https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/CHebdo.jpg?resize=158%2C200&amp;ssl=1 158w, https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/CHebdo.jpg?resize=150%2C189&amp;ssl=1 150w" sizes="(max-width: 340px) 100vw, 340px" data-recalc-dims="1" /></a>Ich selber zögerte bis jetzt zu kommentieren. Alles wurde vermutlich schon gesagt. Auch sehr viel weises und vieles wohl besser. Aber ich habe in den letzten 48 Stunden so viel Heuchelei, Krokodilstränen und hanebüchene Argumente gelesen, dass ich mir diesen Kommentar hier trotzdem von der Seele schreiben muss.</p>
  952. <p>Gebetsmühlenhaft wurde betont. wie wichtig Meinungs- und Pressefreiheit in einer offenen Gesellschaft sind. Wer hier regelmässig liest weiss, dass dies auch mein Standpunkt ist. Ich finde es darf kein &#8216;Aber&#8217; folgen. In diesem Fall ist es einfach sich auf die richtige Seite zu stellen. Selbst jene, die den Stil von Charlie Hebdo kritisieren, haben den Anschlag fast einhellig verurteilt. Jene, die aber nun die Meinungsfreiheit auf ihren selbstgebastelten Demokratie-Altar stellen, müssen sich das nächste mal das &#8216;Aber&#8217; ebenfalls verkneifen, wenn es um Meinungen geht, mit denen sie Probleme haben. Holocaustleugnerinnen, islamistische Prediger und Neonazis müssen sich ebenso wie Satirezeitschriften auf dieses &#8220;höchste demokratische Gut&#8221; berufen können. Man kann nicht die Meinungsfreiheit sakralisieren, weil es gerade passt und in der nächsten Kolumne dann ein Burkaverbot verlangen, vorschreiben wollen wie Menschen zu Leben haben (Stichwort &#8220;Integration&#8221;) und Minarette verbieten. Persönliche Ansichten sind nicht der Massstab um Meinungsfreiheit zu limitieren, egal ob es sich um die Meinung religiöser Fanatiker oder Mitglieder der Schweizerischen Volkspartei handelt.<sup>1</sup></p>
  953. <p>Wir sollten jetzt eigentlich gar nicht über Meinungs- und Pressefreiheit diskutieren. Das ist nämlich genau den Diskurs, den uns die Fanatiker aufzwingen wollen. Sie steht nicht zur Debatte hier und sollte es auch in anderen Fällen nicht.</p>
  954. <p>Wie egal vielen in ihrem Bestätigungsrausch die Fakten waren, wurde ziemlich schnell offensichtlich: Bei der Achse des Guten wurden die viel gerühmten &#8220;abendländischen Werte&#8221; hochgehalten, indem man hysterisch schrie &#8220;Der Krieg hat längst begonnen&#8221; und einen anderen Post gar mit &#8220;Europa im Krieg&#8221; betitelte. Pegida Fans waren plötzlich für die Lügenpressefreiheit (aber Russland ist und bleibt natürlich einfach unverstanden). Und immer wieder wurde gefragt: Warum distanzieren sich die Musliminnen und Muslime nicht? Es brauche eine Aufstand, sie müssen das Problem in den eigenen Reihen anpacken. Ich sah jedoch viele Verurteilungen und Statements (ohne sie suchen zu müssen): <a href="https://www.tunisia-live.net/2015/01/07/tunisia-condemns-charlie-hebdo-attack/">Staaten</a>, <a href="https://www.bbc.com/news/world-30724226">Zeitungen</a>, <a href="https://www.uoif-online.com/communiques/attentat-contre-charlie-hebdo-appel-cohesion-nationale-contre-barbarie/">muslimische Verbände</a>, die <a href="https://news.yahoo.com/arab-league-top-muslim-body-condemn-paris-attack-150207581.html">Arabische Liga</a>, <a href="https://twitter.com/iyad_elbaghdadi/status/552806610490646528">Gläubige</a>, ja sogar <a href="https://bigstory.ap.org/article/dc2d5f2be90840999a72a696b02f9b86/hezbollah-chief-extremists-harm-islam-more-cartoons">Hassan Nasrallah</a>. Aber bevor nicht alle Musliminnen und Muslime, gläubig oder nicht, Broder eine Postkarte mit einer persönlichen Entschuldigung geschrieben haben, wird es wohl nie reichen. Selbst dann wäre die Entschuldigung sicherlich nicht &#8220;genug gefühlt&#8221; und der Diskurs auf arabisch natürlich ein doppelter. In der Zwischenzeit warte ich darauf, dass man sich bei AchGut für die Anschläge auf Moscheen und Asylbewerberheime respektive antisemitische Äusserungen von Pegida-Anhängerinnen und Anhängern entschuldigt. Und am besten auch noch gleich für Fred Phelps, Breivik und den Papst. Man muss sich da doch distanzieren. Es braucht einen Aufstand!</p>
  955. <p>Das Ausmass der internationalen Solidaritätsbekundungen war beeindruckend. Diese kristallisierte sich vor allem um den Satz &#8220;Je suis Charlie&#8221;/&#8221;I am Charlie&#8221;. Ich glaube gerne, dass dieser Satz fast immer wirklich von Herzen kam. Aber ich hatte auch immer ein gewisses Unbehagen dabei. Ich musste an Ralph Ellison&#8217;s <em>Invisible Man</em> (<em>Der Unsichtbare Mann</em>) denken. Die Hauptfigur, ein Afro-Amerikaner beschreibt, wie er wegen seiner Hautfarbe sozusagen gesellschaftlich unsichtbar ist:</p>
  956. <blockquote><p>I am invisible, understand, simply because people refuse to see me. Like the bodiless heads you see sometimes in circus sideshows, it is as though I have been surrounded by mirrors of hard, distorting glass. When they approach me they see only my surroundings, themselves or figments of their imagination, indeed, everything and anything except me.</p></blockquote>
  957. <p><em></em> Am 6. und 7. Januar 2015 wurden im nigerianischen Dorf Baga <a href="https://www.reuters.com/article/2015/01/09/us-nigeria-violence-idUSKBN0KH1VV20150109">dutzende von Menschen von der islamistischen Boko Haram ermordet</a>. Es gab kein Hashtag #WeAreBaga. Keine Live-Ticker und Regierungsdeklarationen. Der selbsternannte libysche Ableger von ISIS hat gestern vermutlich <a href="https://www.france24.com/en/20150108-libya-branch-claims-execution-two-tunisian-journalists/">zwei tunesische Journalisten, die zuvor entführt wurden, getötet</a>. Es gab keine Massenbekenntnisse zur Pressefreiheit deswegen. Am Tag vor den Anschlägen in Paris wurden <a href="https://www.euronews.com/2015/01/07/car-bomb-in-yemen-kills-at-least-30-outside-sanaa-military-college/">mindestens 30 Menschen in Yemen von einer Autobombe (vermutliche Urheberin: Al-Kaida) getötet</a>. Es handelte sich vor allem um Studierende und Rekruten für den Polizeidienst. Es wurde kaum darüber berichtet.<!--nextpage--></p>
  958. <p><em>People refuse to see me.</em></p>
  959. <p>Und das sind die Ereignisse, die wegen den islamistischen Urhebern und sogar höheren Todeszahlen, die gleiche Wut generieren sollten. Sie alle scheinen nahezu unsichtbar zu sein. Das Muster ist schwer zu übersehen. In den USA wurde kaum über einen <a href="https://www.latimes.com/nation/nationnow/la-na-nn-explosion-rocks-naacp-building-in-colorado-20150106-story.html">Bombenanschlag gegen die <em>National Association for the Advancement of Colored People</em> berichtet</a>, weil man zu sehr mit dem Analysieren des islamistischen Terrors in Paris beschäftigt war. Ausserhalb von Frankreich findet man kaum mehr als Randnotizen zu den Moscheen, die im Anschluss an das Massaker in Paris <a href="https://www.20minutes.fr/societe/1512575-20150108-plusieurs-attaques-contre-musulmans-depuis-mercredi-soir">attackiert wurden</a>. Terrorismus ist was die <em>anderen</em> gegen <em>uns</em> richten. Alles andere verdient keine spezielle Aufmerksamkeit.</p>
  960. <p>Damit ich richtig verstanden werde: Der Horror der Anschläge in Nigeria oder Yemen mindern nicht im geringsten die Brutalität jener von Paris. Die weltweite Solidarität war wunderbar. Es geht ganz sicher nicht darum Tote aufzurechnen. Es ist jedoch wichtig zu erkennen, wie hier eine Gruppe definieren kann, was von Bedeutung ist, warum es so ist und was nicht wichtig ist. Besonders problematisch: Diese Definition fällt zu Ungunsten jener aus, die diese Macht nicht haben. Deswegen wird nur diskutiert inwiefern die Mörder von Paris nun als Produkt des Islams zu verstehen sind oder nicht und ob sie diesen repräsentieren. Man könnte stattdessen die selbe Diskussion problemlos über den ermordeten Polizisten Ahmed Merabet führen, der sich ebenso als Muslim bezeichnete. Aber er ist auch einer der Unsichtbaren. Klar wurde über ihn berichtet und nicht selten erwähnt, oft als eine Art ironische Fussnote, dass auch er ein Muslim ist.<sup>2</sup> Es liegt aber offensichtlich nicht an ihm zu bestimmen, wie wir ihn sehen, wo sein Platz in der ganzen Geschichte ist. Das dürfen selbstverständlich nur die Broders und Fleischhauers dieser Welt.</p>
  961. <p><em>When they approach me they see only my surroundings, themselves or figments of their imagination, indeed, everything and anything except me.</em></p>
  962. <p style="font-size: 11px;"> <sup>1</sup> Ein Aufruf zu Gewalt ist für mich wo Grenze zur juristisch akzeptablen freien Meinungsäusserung überschritten ist und wo sie eingeschränkt werden darf. Und noch etwas: Nicht alles das gesagt werden darf, soll auch gesagt werden. Ich persönlich fand Charlie Hebdo oft witzig in ihrer Respektlosigkeit (wie meine Tweets bezeugen: <a href="https://twitter.com/zoonpolitikon/status/131312825514733569">Einmal</a>, <a href="https://twitter.com/zoonpolitikon/status/134209852573614080">zweimal</a>, <a href="https://twitter.com/zoonpolitikon/status/248370553075937280">dreimal</a>), hingegen die <a href="https://en.wikipedia.org/wiki/Jyllands-Posten_Muhammad_cartoons_controversy">Jylland Posten Karikaturen</a> fand ich geistlos und nur provokoativ um der Provokationswillen. So wie ich das sagen darf, hatten beide Publikationen jedoch ein Recht, sie zu veröffentlichen. Es gibt keine Pflicht auf guten Geschmack.<br />
  963. <sup>2</sup> Eigentlich will ich diese Diskussion nicht führen, aber da es vermutlich sowieso gesagt werden muss, soll es hier klar als Präventivmassnahme gegen Strohmänner festgehalten werden: Ich behaupte nicht, dass die beiden mutmasslichen Mörder, &#8220;nicht der Islam&#8221; sind. Sie repräsentieren ihn <em>auch</em>. So wie die <a href="https://www.theguardian.com/world/2014/mar/10/central-african-republic-christian-militias-revenge">Anti-Balaka Miliz</a> <em>auch</em> das Christentum repräsentiert. So wie die <a href="https://www.reuters.com/article/2014/09/29/us-sri-lanka-buddhism-myanmar-idUSKCN0HO0GD20140929">gewaltätigen Mönche in Myanmar</a> auch den Buddhismus repräsentieren. Religionen sind primär eine Reihe von Praktiken. Jeder Text, jedes Dogma kann zur Rationalisierung von gutem wie auch schrecklichem benutzt werden. Der Islam ist da nicht anders. Aber diese Diskussion wird in diesem Thread nicht geführt.</p>
  964. <p><em>Edit: </em><em>AP Meldung zur Hassan Nassrallah Distanzierung hinzugefügt. Sie passte einfach zu gut. </em></p>
  965. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=1985&amp;md5=545a4a292f8ee3de8f2bb42453d48cae" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
  966. <wfw:commentRss>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/01/09/charlie-hebdo-und-die-unsichtbaren/feed/</wfw:commentRss>
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  969. <item>
  970. <title>Running Research – Denken beim Laufen (Folge 00 &#8211; Zoon Politikon Edition): Ein Savoyardischer Angriff auf Genf und nationale Identitäten</title>
  971. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/01/04/running-research-denken-beim-laufen-folge-00-zoon-politikon-edition-ein-savoyardischer-angriff-auf-genf-und-nationale-identitaeten/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=running-research-denken-beim-laufen-folge-00-zoon-politikon-edition-ein-savoyardischer-angriff-auf-genf-und-nationale-identitaeten</link>
  972. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/01/04/running-research-denken-beim-laufen-folge-00-zoon-politikon-edition-ein-savoyardischer-angriff-auf-genf-und-nationale-identitaeten/#comments</comments>
  973. <pubDate>Sun, 04 Jan 2015 08:30:12 +0000</pubDate>
  974. <dc:creator><![CDATA[ali]]></dc:creator>
  975. <category><![CDATA[Geschichte]]></category>
  976. <category><![CDATA[Hausnotizen]]></category>
  977. <category><![CDATA[Running Research]]></category>
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  981. <category><![CDATA[identiät]]></category>
  982. <category><![CDATA[running research]]></category>
  983. <category><![CDATA[schweiz]]></category>
  984.  
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  986. <description><![CDATA[Der Florian hat mich ja schon als Mitläufer geoutet. Da bleibt mir nichts anderes übrig, als die Schuhe zu schnüren (doppelt am besten) und ebenfalls meine eigene Ausgabe der Null-Folge zu Running Research &#8211; Denken beim Laufen hier einzustellen.1 Bevor es aber richtig losgeht, möchte ich wie Florian kurz darlegen, wie ich zum Laufen kam.&#8230;]]></description>
  987. <content:encoded><![CDATA[<p>Der Florian hat mich ja schon <a href="https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2014/12/31/running-research-denken-beim-laufen-folge-00-moose-flechten-und-die-grosse-sauerstoffkatastrophe/">als Mitläufer geoutet</a>. Da bleibt mir nichts anderes übrig, als die Schuhe zu schnüren (doppelt am besten) und ebenfalls meine eigene Ausgabe der Null-Folge zu <em>Running Research &#8211; Denken beim Laufen </em>hier einzustellen.<sup>1</sup></p>
  988. <p><span id="more-1982"></span></p>
  989. <p>Bevor es aber richtig losgeht, möchte ich wie Florian kurz darlegen, wie ich zum Laufen kam.</p>
  990. <p>Bis Ende 2013 war noch alles harmlos. Ich bin während ein paar Jahren phasenweise ein bis drei Mal die Woche rennen gegangen. Manchmal ging ich Wochen oder Monate gar nicht. Einmal war ich wegen eines <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/L%C3%A4uferknie">Ilio-tibialen Bandsyndroms</a> (kurz ITBS oder auch bekannt als Läuferknie) ungefähr neun Monate ausser Gefecht gesetzt. Laufen war für mich immer primär eine einfache Art sich etwas Bewegung zu verschaffen. Nichts das ich um der Sache selbst willen speziell gemocht oder genossen hätte. Nach der ITBS Episode kam ich auch zum Schluss, dass ich es nicht übertreiben sollte mit Distanz und Frequenz und dass ich deswegen wohl nie auf einen Marathon trainieren kann (sollte ich denn so etwas überhaupt je machen wollen). Dies war ein Irrtum wie ich im letzten Jahr herausgefunden habe.</p>
  991. <p>Im Dezember 2013 habe ich mich für den grossen Genfer Volkslauf angemeldet, die sogenannte <a href="https://live.escalade.ch/">Course d&#8217;Escalade</a> (mehr zum Lauf und dessen Namen folgt weiter unten). Dies war auch der Motivator um mit grösserer Regelmässigkeit aufs Pflaster zu gehen. Aus &#8220;regelmässig&#8221; wurde im letzten Monate vor dem Lauf &#8220;täglich.&#8221; Die Länge der Strecke durch die Genfer Altstadt ist harmlos (etwas über 7km), das Rauf und Runter hingegen hat es in sich, da man nie wirklich einen Rhythmus findet, in den man sich &#8220;reinhängen&#8221; kann. Nach dem Lauf hatte ich ein <em>Runner&#8217;s High</em>, das man so wohl nur an einem Rennen kriegen kann. Zu meiner Überraschung habe ich zudem festgestellt, dass ich zeitlich weiter Vorne mithalten konnte als ich es je für realistisch gehalten hätte (sorgte ich mich doch ursprünglich, ob ich die Strecke überhaupt schaffe, wenn ich zu schnell losrenne).</p>
  992. <p>So habe ich mich mit dem Käfer angesteckt. Ich bin 2014 12 Rennen gelaufen, darunter auch einen Triathlon (es stellte sich heraus, dass Laufen eher meine Stärke ist als Schwimmen, von den Transitionsphasen ganz zu schweigen) und einen Marathon (3:02:48,5). Gesamthaft bin ich 2014 3&#8217;700km gerannt und es geht mir mit der Rennerei wie Florian: Nicht rennen zu gehen ist inzwischen schwieriger als sich dazu zu überwinden bei 3 Grad, Wind und Regen auf den Weg zu machen.</p>
  993. <p>Am 6. Dezember habe ich den Jahreskreis also geschlossen und erneut an der Course d&#8217;Escalade teilgenommen und war trotz verlängerter Strecke etwas schneller (hier die <a href="https://www.strava.com/activities/226760716">Details bei Strava</a>). Die Konkurrenz war jedoch für meine Verhältnisse brutal. Der Sieger lief die Strecke in 20:51,3, über sieben Minuten schneller als ich (das ist in Anbetracht der kurzen Strecke verdammt viel).</p>
  994. <p><a href="https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/Escalade.png?ssl=1"><img class="aligncenter" alt="Escalade" src="https://i2.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2015/01/Escalade.png?resize=500%2C221&#038;ssl=1" width="500" height="221" data-recalc-dims="1" /></a></p>
  995. <p>Der Escalade-Lauf ist eine Nebenveranstaltung zu den Genfer Escalade-Feierlichkeiten, die eine Woche später stattfinden. Diese sollen hier kurz das Thema sein, denn ich denke sie verraten einiges über den Charakter des Schweizerischen Bundesstaates und Identitäten in der Schweiz, beides Themen die hier immer wieder auf die eine oder andere Art auftauchen.</p>
  996. <p>Die Escalade (wörtlich &#8220;Erkletterung&#8221;/&#8221;Besteigung&#8221;) erinnert an den <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Escalade_de_Gen%C3%A8ve">Versuch des Duc Charles-Emmanuel I im Jahre 1602</a> Genf endlich unter seine Kontrolle zu bringen.<sup>2</sup> Eine französische Besetzung war für die Stadt Genf immer ein <em>worst case</em> Szenario. Am Ende landete Genf auch nicht unbedingt aus Überzeugung im Schweizerischen Bundesstaat, sondern weil die Alternative wohl Frankreich gewesen wäre. Die Escalade ist eine Art Nationalfeiertag für die Genferinnen und Genfer. Es gibt ein Lied (<a href="https://fr.wikipedia.org/wiki/C%C3%A9_qu%27%C3%A8_lain%C3%B4">Cé qu&#8217;è lainô</a>) in heute schwer verständlichem alten Französisch, das die Geschichte der Ereignisse erzählt. Es ist die offizielle Hymne des Kantons Genf. Der &#8220;Republik und Kantons Genf&#8221; um genau zu sein. Nationalfeiertag? Hymne? Republik? Wer denkt, das klingt doch alles nach dem klassischen emotionalen Nationalstaaten Federschmuck aus dem 19. Jahrhunderts, liegt durchaus richtig.<!--nextpage--></p>
  997. <p>Dies zeigt etwas wichtiges, das oft ignoriert wird: Identität, selbst wenn man sie in eine grobschlächtigen Kategorie wie &#8220;Nation&#8221; zwingen möchte, ist immer mehrschichtig. Ist die Genferin im Ausland, beschreibt sie sich vermutlich zuerst als Schweizerin. In der Schweiz ist sie jedoch ebenso oder oft sogar zuerst Genferin. Beide Identitäten existieren problemlos nebeneinander. Sowie der <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Schweizerpsalm">Schweizer Psalm</a> <em>parallel</em> zu <a href="https://fr.wikipedia.org/wiki/C%C3%A9_qu%27%C3%A8_lain%C3%B4">Cé qu&#8217;è lainô</a> existieren kann. So wie man am Wochenende um den 12. Dezember den Genfer &#8220;Nationalfeiertag&#8221; zelebrieren kann <em>und</em> am <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Bundesfeiertag">1. August</a> auch für die Schweiz Feuerwerk steigen lassen darf. Genf kann die alte Republik <em>und</em> ein Schweizer Kanton gleichzeitig sein. Diese problemlose Vielschichtigkeit ist was die meisten am Konzept Integration nicht verstehen. Sie glauben ganz fest an eine Exklusivität, an ein Entweder-Oder, das nur in ihren Köpfen existiert. Es ist eine Form des selben <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Essentialismus">essentialistischen Denkens</a>, das leider viel zu oft mit angeblich gesundem Menschenverstand verwechselt wird.</p>
  998. <p>Solche multiple Identitäten decken noch viele andere Bereiche ab. Das Beispiel der dezentralen Schweiz ist insofern illustrativ, weil es sogar auf verschiedenen Ebenen mit jeweils der gleichen romantischen Nationalstaatensymbolik spielt. Der grösste Teil meiner Steuern geht nicht an den Zentralstaat, sondern an meinen Wohnkanton. Die Kantonshymne meines Geburtskantons kann ich immer noch vollständig auswendig, die Schweizer Nationalhymne konnte ich nie über die erste Strophe hinaus. Obwohl ich seit vielen (vielen) Jahren in Genf lebe, kann man an meinem Alemannischen immer noch leicht feststellen (vorausgesetzt man kennt sich aus), in welchem Teil meines Herkunftskantons ich aufgewachsen bin (auf vielleicht 20 Kilometer genau).</p>
  999. <p>Dies erklärt in meinen Augen ein wichtiges Stück Schweiz: Ich habe mir teilweise die lokale Identität meines Herkunftsortes erhalten obwohl ich fast ebenso lange im französischsprachigen Raum in Genf lebe. Dies hält mich nicht davon ab, einmal im Jahr die Zurückschlagung der Savoyarden vor über 400 Jahren aus der Stadt Genf mitzufeiern (mit der allgemein für solche Polit-Mythologie nötigen ironischen Distanz natürlich). Dies hält mich natürlich auch nicht davon ab am Escalade Lauf teilzunehmen.</p>
  1000. <p>Ein Lauf übrigens, der 412 Jahre nach dem gescheiterten Versuch des Duc von Savoyen Genf einzunehmen, zu 18% von Läuferinnen und Läufern aus Frankreich bestritten wurde.</p>
  1001. <p style="font-size: 11px;"><sup>1</sup>Keine Sorge liebe Zahlen-Nerds, die Nummerierung wird ab nun fortlaufend sein.<br />
  1002. <sup>2</sup>Wer des Französischen mächtig ist, wird wesentlich detaillierte Informationen <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Escalade_de_Gen%C3%A8ve">im Wikipedia Eintrag auf Französisch</a> dazu finden.</p>
  1003. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=1982&amp;md5=1f9cd6c5c9551b1489a9f32b4003d291" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
  1004. <wfw:commentRss>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2015/01/04/running-research-denken-beim-laufen-folge-00-zoon-politikon-edition-ein-savoyardischer-angriff-auf-genf-und-nationale-identitaeten/feed/</wfw:commentRss>
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  1007. <item>
  1008. <title>Spielzeug-Apartheid und ideologische Verblendung</title>
  1009. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/12/23/spielzeug-apartheid-und-ideologische-verblendung/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=spielzeug-apartheid-und-ideologische-verblendung</link>
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  1011. <pubDate>Tue, 23 Dec 2014 15:16:33 +0000</pubDate>
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  1030. <description><![CDATA[Rosa für Mädchen und Blau für die Jungs. Einen Staubsauger für die Marie und einen Baukran für den Frank. Prinzesschentapete fürs Mädchenzimmer , Ninja Turtles Poster für das Zimmer des Bruders. Das hat natürlich alles nichts mit Marketing zu tun, sondern ist die Konsequenz von ein paar hunderttausend Jahren Evolution. Wir wissen das so genau,&#8230;]]></description>
  1031. <content:encoded><![CDATA[<p>Rosa für Mädchen und Blau für die Jungs. Einen Staubsauger für die Marie und einen Baukran für den Frank. Prinzesschentapete fürs Mädchenzimmer , Ninja Turtles Poster für das Zimmer des Bruders. Das hat natürlich alles nichts mit Marketing zu tun, sondern ist die Konsequenz von ein paar hunderttausend Jahren Evolution. Wir wissen das so genau, weil Wissenschaft!</p>
  1032. <p><span id="more-1974"></span>Das klingt absurd, scheint aber der feste Glauben eines nicht kleinen Segmentes der Bevölkerung zu sein. Dieser Eindruck hatte ich wieder einmal, als ich gestern <a href="https://www.nzz.ch/wissenschaft/bildung/der-ideologische-kampf-ums-spielzeug-1.18449167">diesen Artikel bei der Neuen Zürcher Zeitung las</a>. Damit wir gleich in Stimmung kommen ist er mit &#8220;Ideologie, Biologie und Spielzeug &#8211; Autos für Buben – Puppen für Mädchen&#8221; überschrieben. Die Kernthese ist dann auch wenig überraschend: Eine angeblich jahrzehntealte &#8220;Fehde zwischen der Gender-Forschung und den Biologen und Psychologen.&#8221;</p>
  1033. <p>Wenn Gender Forschung pauschal als &#8220;ideologisch&#8221; abgetan wird und man eine Linie zwischen Gender-Studies und sozusagen &#8220;richtiger&#8221; Wissenschaft suggeriert, kommt bei mir der Verdacht auf, dass entweder nicht richtig recherchiert wurde oder man mit einem riesigen Rucksack voll vorgefasster Meinung sich an das Thema gemacht hat. Aber was solls, dem Kommentariat gefällt es: Da wird Achiles [sic!] als Zeuge herbei gezerrt, es wird gefordert, man solle &#8220;die Kinder in Ruhe lassen und woanders experimentieren&#8221; weil der Unterschied sei halt &#8220;natürlich&#8221; oder man analysiert, dass die &#8220;sogenannten &#8216;Gender-Forscherinnen'&#8221; es auf die &#8220;Zerschlagung der westlichen Gesellschaft und Familie&#8221; abgesehen hätte (leider glänzt die einzige Gegenstimme auch nicht gerade mit einer sehr differenzierten Argumentation).</p>
  1034. <p>Ist diese geballte Ladung völlig ideologiefreier Wissenschaft vielleicht nur die Reaktion auf einen provokativen Artikel? Leider nicht. Der NZZ Artikel offeriert keinen sehr kritischen Umgang mit den verwendeten Quellen. Da wird die Anekdote von den Lego-Wissenschaftlerinnen erzählt (Lego hat diese nicht wie im Artikel behauptet &#8220;ins Sortiment aufgenommen&#8221; sondern es handelt sich um eine <a href="https://shop.lego.com/en-US/Research-Institute-21110">Limitierte Ausgabe</a>) und ein &#8220;geschlechtsneutraler Spielzeugkatalog&#8221; wird erwähnt. Eine <a href="https://www.nfp60.ch/D/projekte/bildung_karriere/gender_kinderkrippen/Seiten/default.aspx">Studie im Rahmen eines Schweizer Nationalfonds Projektes wird erwähnt</a>, die aber primär zum Aufbauen eines Strohmanns am Ende des Artikels dient (niemand behauptet, dass wegen einer Barbie ein Mädchen nicht Mathe studiert). Die Ausgangsfrage ist so naiv wie die Antwort die darauf gegeben wird: &#8220;Dies kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Buben und Mädchen je andere Spielzeuge bevorzugen. Doch weshalb eigentlich?&#8221; Die Antwort gemäss dem Artikel läge im Streit zwischen Sozialisation (Gender Studies) oder Biologie (alle anderen vermutlich). Diese Diskussion in dieser Form scheint mir ziemlich 1970 was die Wissenschaft anbelangt (und der verortete Graben ist so mehr oder weniger frei erfunden):</p>
  1035. <ul>
  1036. <li>Der biologische Unterschied <a href="https://www.nature.com/nature/journal/v442/n7099/full/442133a.html">existiert aber er ist nach heutigem Wissensstand sehr klein</a>. Ganz sicher kann man daraus keine so plumpen &#8220;natürlichen&#8221; Präferenzen für Spielzeug ableiten.</li>
  1037. <li>Gleiches gilt für die Farbpräferenzen. Die Geschlechterzuteilung <a href="https://www.smithsonianmag.com/arts-culture/when-did-girls-start-wearing-pink-1370097/?no-ist">tauchte erst nach dem ersten Weltkrieg </a>auf und Kinder haben keine &#8220;natürliche&#8221; Farbpräferenzen zwischen rosa und blau.</li>
  1038. <li>Das Gendern von Spielzeug ist ein <a href="https://www.nytimes.com/2012/12/23/opinion/sunday/gender-based-toy-marketing-returns.html">relativ neues Phänomen,</a> das nicht von der &#8220;Biologie&#8221; getrieben wird.</li>
  1039. <li>Über die im Artikel erwähnte Affenstudien (oder zumindest jene die ich vermute um die es geht) habe ich schon gebloggt. Sie sind <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2012/04/03/jungs-mogen-autos-madchen-puppen-nicht-ganz-zwei-affenstudien/">schwach konzipiert und lassen ganz bestimmt keine so weitreichenden Schlussfolgerungen </a>zu.</li>
  1040. <li>Ich kenne die referenzierten Hormonstudien nicht. Die einzige die sich explizit auf Spielzeug bezieht, die ich bei einer kurzen Recherche gefunden habe, ist <a href="https://link.springer.com/article/10.1007%2Fs10508-006-9038-2">diese hier</a>. Neben anderen methodischen Fragezeichen dich ich anbringen möchte, stach dieses hier doch hervor (meine Hervorhebung):  &#8220;Participants were 35 men and 29 women <strong>between the age of 18 and 22 years</strong> enrolled in an introductory psychology course at Texas A&amp;M University.&#8221;&lt;sup&gt;1&lt;/sup&gt;</li>
  1041. <li>Selbst Studien wie die Affenstudie oder die Hormonstudie, zeigen nur relative kleine Unterschiede. Diese würden also selbst wenn man sie unkritisch betrachtet, im besten Fall gegendertes Spielzeug als Nieschenprodukt rechtfertigen. Das wird von jenen die sich auf diese Studien berufen gefliessentlich übersehen.</li>
  1042. <li>Dazu kommt: Die Variation innerhalb eines Geschlechts und wie diese mit jener des anderen überlappt, wird kaum angesprochen. Die offensichtlich bedrängten Fans der Spielzeugtrennkost tun so, also ob wir es mit zwei Glockenkurven zu tun hätten, die sich kaum überschneiden. Dies wird <a href="https://www.quora.com/What-are-Overlapping-Bell-Curves-and-how-do-they-affect-Quora-questions-and-answers">hier schön als &#8220;riding the tail of the bell curve&#8221;</a> bezeichnet (besonders gut zu verdeutlichen mit einem <a href="https://qph.is.quoracdn.net/main-qimg-a77fe8cbd69a8f018b475290cb397118?convert_to_webp=true">unbestrittenen &#8220;Durchschnitts-Unterschied&#8221; zwischen den Geschlechtern</a>).</li>
  1043. <li>Es stellt sich auch die Frage nach der <a href="https://freethoughtblogs.com/pharyngula/2012/11/23/it-must-be-lets-all-beat-up-evo-psych-day/">evolutionären Plausibilität und Erklärung</a> hinter den postulierten Unterschieden (wir sprechen ja nicht über zwei Arten, sondern zwei Geschlechter innerhalb einer Art). Da gibt es eine Menge <a href="https://en.wikipedia.org/wiki/Just-so_story">just-so-stories,</a> die anscheinend der Intuition der meisten NZZ Kommentarschreiberlingen genügt, aber nicht mit Wissenschaft verwechselt werden sollten.</li>
  1044. </ul>
  1045. <p>Es geht hier vorerst mal nur um Spielzeug. Die Debatte soll nicht um vermeintliche Geschlechterdifferenzen allgemein gehen in diesem Thread (dieses Fass wird sicher ein anderes mal wieder aufgemacht). Der NZZ Artikel war schwach recherchiert und wenig differenziert. Ich kenne die interviewten Expertinnen und Experten nicht und weiss nicht, was sie der Journalistin gesagt haben. Ich kann nicht sagen ob das gezeichnete Bild entstand, weil sie die erhaltenen Informationen einfach gemäss den eigenen Vorurteilen filterte oder ob sie einfach autoritätsgläubig gesagtes übernommen hat. Wie auch immer, absichtlich oder nicht, der Artikel scheint in eine Kerbe zu schlagen, die einen gewissen Typ Mensch in seinen Vorurteilen zu bestätigen scheint. Was mich besonders ärgert ist, dass man eine wissenschaftliche Untermauerung vorgaukelt, die so nicht existiert. So den Gender Studies einen Ideologie getriebene Vorgehensweise zu unterstellen und gleichzeitig die Evidenz dermassen zu misrepräsentieren ist schon fast unverschämt.&lt;sup&gt;2&lt;/sup&gt; Der Beitrag reflektiert zwar nicht den Stand der Forschung, dafür lebt die Mär der &#8220;ideologischen Gender Studies&#8221; (ein Vorwurf der auch schon allgemein gegen die Sozialwissenschaften erhoben wurde) noch länger weiter.<!--nextpage--></p>
  1046. <p>&nbsp;</p>
  1047. <p><em>Nachtrag: Ich habe unter dem besagten Artikel kommentiert. Mein Kommentar wurde nicht freigeschaltet (auch nach zweitem Versuch ohne Links und einer Mail an die Moderation). Ich gehe immer noch davon aus, dass es ein technisches Problem war (ich hoffe es). Schliesslich versucht ich höflich zu formulieren. Aber ich finde nach wie vor es könnte ein paar mehr in der Wissenschaft verankerte Kommentare gebrauchen. Wenn ihr also Lust habt&#8230;</em></p>
  1048. <p>&nbsp;</p>
  1049. <p style="font-size: 11px;"><sup>1</sup>Sollte jemand eine Referenz zu etwas besserem haben, würde ich mich über einen Link in den Kommentaren freuen. Dann können wir die Studie diskutieren.</p>
  1050. <p style="font-size: 11px;"><sup>2</sup>Gibt es schlechte Forschung im Bereich Gender-Studies? Ganz sicher. Ist solche manchmal Ideologie-getrieben? Garantiert. Gleiches gilt aber auch für meine Disziplin und ziemlich sicher alle anderen, inklusive den Naturwissenschaften (Beispiele gibt es genug). Gender Studies dafür zu verdammen und andere Wissenschaften zu überhöhen ohne etwas mehr als Anekdoten anzubieten riecht tatsächlich nach einer politischen Agenda.</p>
  1051. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=1974&amp;md5=e36e405fa84e3e0d5f43367130297af1" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
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  1056. <title>Lügenpresse</title>
  1057. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/12/19/luegenpresse/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=luegenpresse</link>
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  1059. <pubDate>Fri, 19 Dec 2014 15:48:01 +0000</pubDate>
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  1075. <description><![CDATA[&#8220;Lügenpresse! Lügenpresse!&#8221; schreit der Chor im Hintergrund immer wieder. Manche der interviewten geben auf im Lärm gehört zu werden. Ein ARD Beitrag liess Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Pegida Demo frei von der Leber weg erzählen, was sie denken, warum sie auf der Strasse sind und wo ihre Sorgen liegen. Das ganze stellten sie ungeschnitten ins&#8230;]]></description>
  1076. <content:encoded><![CDATA[<p>&#8220;Lügenpresse! Lügenpresse!&#8221; schreit der Chor im Hintergrund immer wieder. Manche der interviewten geben auf im Lärm gehört zu werden. Ein ARD Beitrag liess Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Pegida Demo frei von der Leber weg erzählen, was sie denken, warum sie auf der Strasse sind und wo ihre Sorgen liegen. Das ganze stellten sie ungeschnitten ins Netz. Das Resultat ist nicht hübsch.</p>
  1077. <p><span id="more-1961"></span>Hier kann man sich die <a href="https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/panorama/videosextern/kontaktversuch-luegenpresse-trifft-pegida-100.html">geschnittenen Auszüge </a>anschauen, hier den Rest wenn man möchte (<a href="https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/panorama/videosextern/pegida-die-interviews-in-voller-laenge-teil-i-100.html">Teil 1</a>; <a href="https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/panorama/videosextern/pegida-die-interviews-in-voller-laenge-teil-ii-100.html">Teil 2</a>). Unmöglich zu sagen, ob die Leute, die bereit waren ihre Einsichten zum Besten zu geben, repräsentativ für Pegida sind. Es entsteht auf jeden Fall der Eindruck, dass sich da sehr viel Frustration und Wut entlädt. <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Patriotische_Europ%C3%A4er_gegen_die_Islamisierung_des_Abendlandes">Pegida</a> dient ihnen als Projektionsfläche um diese Frust durch simple Präsenz Ausdruck zu verleihen (aber offensichtlich nicht, diesen verbal kohärent zu artikulieren). Öfters wurden Dinge ins Mikrofon gesagt, die klangen wie &#8220;Das spreche ich nicht aus, weil ich bin ja kein Nazi&#8221; oder &#8220;Darf man das überhaupt sagen? Ich bin ja nicht rechts.&#8221; Es scheint als ob man in Sachen Selbsterkenntnis auf halben Weg stecken geblieben ist: Irgendwie weiss man, es ist eigentlich nicht richtig. Aber man ist halt trotzdem dagegen.</p>
  1078. <p>Wie auch immer, dominant waren die wiederkehrenden Rufe und Vorwürfe an die Medien. Das Misstrauen ist enorm. Mich erinnert das an die einschlägige Verschwörungstheorien-Szene. Wenn man davon ausgeht, dass der grösste Teil der Informationen in traditionellen Kanälen (im weitesten Sinn) per Definition wertlos ist, hat man gleich viel mehr Spielraum zu selektieren was als &#8220;Fakt&#8221; zu gelten hat. Plötzlich sind dann <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2013/03/23/ausserirdischer-formwandler-im-dienst-von-prasident-obama/">Ausseriridsche Formwandler die den US Präsidenten bewachen </a>plausibel.</p>
  1079. <p>Dies ist natürlich auch eine gute Taktik, wenn man politisch mobilisieren will und seine Schäfchen auf die eigene Weltsicht einschwören möchte. Diese pauschale Verurteilung der &#8220;Presse&#8221; erinnert mich unter anderem an die Propaganda autoritärer Bewegungen und natürlich auch der Nationalsozialisten (Nein, kein <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Godwin%E2%80%99s_law">Godwin</a>. Bitte durchatmen und zu Ende lesen). Es ist auch ein ideales &#8220;Argument&#8221; um in einem Krieg alles vom Tisch zu wischen, was die Gegenseite sagt oder sagen könnte und so die Information zu kontrollieren. Diesen Zusammenhang suggeriert auch die unten stehende Grafik. Es zeigt die <a href="https://books.google.com/ngrams/graph?content=L%C3%BCgenpresse&amp;year_start=1900&amp;year_end=2008&amp;corpus=20&amp;smoothing=3&amp;share=&amp;direct_url=t1%3B%2CL%C3%BCgenpresse%3B%2Cc0">Verwendung des Begriffs &#8220;Lügenpresse&#8221; in den von google erfassten deutschsprachigen Büchern zwischen 1900 und 2008</a>.</p>
  1080. <p><iframe name="ngram_chart" src="https://books.google.com/ngrams/interactive_chart?content=L%C3%BCgenpresse&amp;year_start=1900&amp;year_end=2008&amp;corpus=20&amp;smoothing=3&amp;share=&amp;direct_url=t1%3B%2CL%C3%BCgenpresse%3B%2Cc0" height="356" width="640" frameborder="0" marginwidth="0" marginheight="0" scrolling="no"></iframe><br />
  1081. Meine Absicht hier ist keineswegs damit zu sagen, wer den Begriff verwendet sei deswegen ein Nazi. Die selbe Taktik findet sich auch bei linken Bewegungen. Dort ist die Presse dann zum Beispiele direkt oder indirekt dem herrschenden Kapital hörig oder von Finanz und Industrie gekauft. Oder man findet es in den USA mit dem so beliebten und auch bei uns angekommene &#8220;Mainstream Media&#8221; Totschläger. Es geht mir viel mehr darum aufzuzeigen, wie gefährlich eine solche pauschale Verurteilung ist. Die Grafik illustriert gut wie (oder vielleicht besser: wann) so ein Begriff instrumentalisiert werden kann.</p>
  1082. <p>Ich bin dafür jede Berichterstattung mit einer grossen Portion Skepsis zu konsumieren. Viele meiner Blogeinträge sind genau das: Eine Kritik an gedankenlos in den Medien wiedergekäutem. Die meisten von uns haben schnellen Zugang zu einer grossen Vielfalt an Quellen und echte Lügen sind relativ einfach zu erkennen und zu widerlegen.<sup>1</sup> Genau das soll getan werden. Stadtessen einfach &#8220;Lügenpresse&#8221; zu brüllen ist hingegen reine politische Agitation. Es ist kein Argument, sondern eine einfache Lösung um seine eigenen lieben Theorien nicht hinterfragen zu müssen und sich die passenden &#8220;Fakten&#8221;einfach zusammen zu suchen. Wenn genug glauben, dass alles Lüge ist, dann kann mit dem Ruf &#8220;Wir sind das Volk&#8221; die Jagd auf beliebige Opfer eröffnet und auch begründet werden.</p>
  1083. <p style="font-size: 11px;"><sup>1</sup>Es gelten vielleicht unterschiedliche Massstäbe in einem autoritären Staat, wo die Medien tatsächlich unter (quasi) staatlicher Kontrolle stehen und der Informationsfluss stark gefiltert ist.</p>
  1084. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=1961&amp;md5=c4c9e1a9d374b7fde8d76dd71f39b70a" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
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  1088. <item>
  1089. <title>Broders Plädoyer für EU Beamtenwillkür</title>
  1090. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/12/18/broders-plaedoyer-fuer-eu-beamtenwillkuer/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=broders-plaedoyer-fuer-eu-beamtenwillkuer</link>
  1091. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/12/18/broders-plaedoyer-fuer-eu-beamtenwillkuer/#comments</comments>
  1092. <pubDate>Thu, 18 Dec 2014 10:22:30 +0000</pubDate>
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  1109. <description><![CDATA[Das unheimliche an vielen Verteidigern des Abendlandes ist, dass sie Demokratie und Rechtstaat, die sie zu verteidigen vorgeben, nicht wirklich verinnerlicht haben. In ihrer Selbstgerechtigkeit findet kritisches Hinterfragen keinen Platz. Damit verraten sie wie wenig sie von den aufklärerischen Werten, auf die sie sich immer wieder berufen, wirklich halten. Broder1 gestern zum Urteil des EuGH&#8230;]]></description>
  1110. <content:encoded><![CDATA[<p>Das unheimliche an vielen Verteidigern des Abendlandes ist, dass sie Demokratie und Rechtstaat, die sie zu verteidigen vorgeben, nicht wirklich verinnerlicht haben. In ihrer Selbstgerechtigkeit findet kritisches Hinterfragen keinen Platz. Damit verraten sie wie wenig sie von den aufklärerischen Werten, auf die sie sich immer wieder berufen, wirklich halten.</p>
  1111. <p>Broder<sup>1</sup> gestern zum <a href="https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2014-12/cp140178de.pdf">Urteil des EuGH zu Hamas</a> (Urteil im Volltext auf Französisch <a href="https://curia.europa.eu/juris/documents.jsf?num=T-400/10">hier</a>):</p>
  1112. <blockquote><p><strong>Was denn, was denn? Das soll eine Terrororganisation sein?</strong></p>
  1113. <p>Aber nicht doch. Schauen Sie <a href="https://www.jpost.com/Arab-Israeli-Conflict/Hamas-affiliated-social-media-abuzz-with-cartoons-glorifying-Jerusalem-terror-attack-382152">hier</a>.</p>
  1114. <p>Auch der Europäische Gerichtshof möchte die <a href="https://www.20min.ch/ausland/news/story/EU-Gerichtshof-nimmt-Hamas-von-der-Terrorliste-29374543">Hamas</a> rehabilitiert wissen. So wie man nicht einfach sagen kann, jemand sei ein Antisemit, so sollte man auch nicht behaupten, die Hamas sei eine Terrororganisation, ohne handfeste Beweise vorlegen zu können: Flugtickets, schriftliche Befehle, Fingerabdrücke.</p>
  1115. <p>Nun gibt es nur noch eine Frage, die vom Europäischen Gerichtshof entschieden werden muss. <a href="https://www.titanic-magazin.de/postkarten/karte/schrecklicher-verdacht-war-hitler-antisemit-0702-2116/">Titanic</a> hat sie schon vor sieben Jahren sehr präzise formuliert.</p></blockquote>
  1116. <p>Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Der EuGH hat nicht entschieden, dass die Hamas keine Terrororganisation sei (dies steht so sogar explizit im Urteil unter Paragraph 142). Er hat auch nicht gesagt, dass Beweise wie in einem Kriminalverfahren vorgelegt werden müssen. Der Gerichtshof hat entschieden, dass sich der Europäische Rat nicht an seine eigenen, speziell für solche Sanktionen aufgestellten Regeln gehalten hat. Der EuGH lässt den Rat die Sanktionen sogar trotz des Verfahrensfehlers aufrechterhalten, um die &#8220;Wirksamkeit künftiger Massnahmen&#8221; nicht zu unterlaufen (also neue Sanktionen, die dieses Mal in einem korrekten Verfahren verhängt wurden).</p>
  1117. <p>Das Gericht hält fest, dass der Rat über einen grossen Spielraum verfügt, über solche Sanktionen zu entscheiden. Diese Machtkonzentration soll zumindest durch faire Verfahren und Rekursmöglichkeiten abgesichert sein. Wie problematisch es ist, wenn dies nicht der Fall ist, sieht man mit dem <a href="https://www.swissinfo.ch/eng/swiss-want-sanctions-squared-with-human-rights-/30191552">UN Sanktionsregime</a> oder den <a href="https://www.bbc.com/news/world-us-canada-28009888">US Flugverbots-Listen</a>. Die Ironie, dass ausgerechnet Broder sich plötzlich so vehement für das Recht auf EU Beamtenwillkür einsetzt, ist schwer zu ignorieren.</p>
  1118. <p>Es entlarvt aber auch sein trauriges Verständnis von Rechtsstaat, wenn er den Anspruch auf ein faires Verfahren einfach über Bord wirft, so bald es um eine Gruppierung geht, die er nicht mag. In letzterem Punkt bin ich sogar einer Meinung mit ihm. Doch spielt es keine Rolle ob wir die Hamas mögen oder nicht. Er hält jedoch seine Meinung offensichtlich für wichtiger als objektive Verfahrensregeln (und anscheinend auch die Fakten rund ums Urteil). Es muss immer wieder gesagt werden: Der Rechtsstaat zeigt seine Stärke vor allem dann, wenn er auch den unpopulärsten die gleichen Rechte zukommen lässt.</p>
  1119. <p>Ich mache mir übrigens keine Sorgen, dass die Sanktionen gegen die Hamas aufgehoben werden. Es dürfte kein Problem für die EU sein, die verlangten Quellen zu finden (das heisst &#8220;Entscheide nationaler Behörden&#8221; und nicht das Internet oder die Presse) und ich habe auch keine Zweifel, dass die Hamas die notwendigen Kriterien erfüllt. Dazu kommt, dass es auch politisch weder vorstellbar noch klug wäre, die Sanktionen gegen Hamas fallen zu lassen. Das nächste Treffen mit dem US Secretary of State wäre wohl eine eher unbehagliche Angelegenheit.</p>
  1120. <p style="font-size: 11px;"><sup>1</sup>Ich verhelfe AchGut ungern zu mehr Klicks aber im Rahmen korrekter Referenzierung: <a href="https://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/was_denn_was_denn_das_soll_eine_terrororganisation_sein" rel="nofollow">Hier</a></p>
  1121. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=1926&amp;md5=5d24fb041209cda17a0ec57865c5d2cc" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
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  1125. <item>
  1126. <title>Folter in den USA: Unheimliche Einigkeit.</title>
  1127. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/12/17/folter-in-den-usa-unheimliche-einigkeit/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=folter-in-den-usa-unheimliche-einigkeit</link>
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  1129. <pubDate>Wed, 17 Dec 2014 15:02:45 +0000</pubDate>
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  1146. <description><![CDATA[Worin sind sich Frauen, Männer, Mitglieder der katholischen Kirche, Junge, Alte, Midwesterners, Schwarze, Weisse, Protestantinnen und Protestanten in den USA einig? Eine Mehrheit in diesen Gruppe findet gemäss einer repräsentativen Umfrage der Washington Post, Folter sei &#8220;manchmal oder oft gerechtfertigt.&#8221; Wie immer muss man dieses Resultat wohl vorsichtig interpretieren. Die Frage folgte sechs Fragen zur&#8230;]]></description>
  1147. <content:encoded><![CDATA[<p>Worin sind sich Frauen, Männer, Mitglieder der katholischen Kirche, Junge, Alte, Midwesterners, Schwarze, Weisse, Protestantinnen und Protestanten in den USA einig?</p>
  1148. <p><span id="more-1940"></span></p>
  1149. <p>Eine Mehrheit in diesen Gruppe findet gemäss <a href="https://www.washingtonpost.com/blogs/wonkblog/wp/2014/12/16/from-moderate-democrats-to-white-evangelicals-nearly-every-demographic-group-believes-torture-can-be-justified/?tid=sm_fb">einer repräsentativen Umfrage der Washington Post,</a> Folter sei &#8220;manchmal oder oft gerechtfertigt.&#8221;</p>
  1150. <p style="text-align: center;"><a href="https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/12/WPTorture.jpg?ssl=1"><img class="aligncenter  wp-image-1941" alt="WPTorture" src="https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/12/WPTorture.jpg?w=500&#038;ssl=1" srcset="https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/12/WPTorture.jpg?w=1484&amp;ssl=1 1484w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/12/WPTorture.jpg?resize=176%2C300&amp;ssl=1 176w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/12/WPTorture.jpg?resize=600%2C1024&amp;ssl=1 600w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/12/WPTorture.jpg?resize=52%2C90&amp;ssl=1 52w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/12/WPTorture.jpg?resize=346%2C590&amp;ssl=1 346w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/12/WPTorture.jpg?resize=261%2C446&amp;ssl=1 261w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/12/WPTorture.jpg?resize=410%2C700&amp;ssl=1 410w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/12/WPTorture.jpg?resize=117%2C200&amp;ssl=1 117w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/12/WPTorture.jpg?resize=150%2C255&amp;ssl=1 150w" sizes="(max-width: 1000px) 100vw, 1000px" data-recalc-dims="1" /></a></p>
  1151. <p style="text-align: left;">Wie immer muss man dieses Resultat wohl vorsichtig interpretieren. Die Frage <a href="https://www.washingtonpost.com/politics/polling/washington-postabc-news-poll-december-1114/2014/12/17/b6f831be-8518-11e4-abcf-5a3d7b3b20b8_page.html">folgte sechs Fragen zur CIA und dem Folterbericht</a>. Zuerst wurde danach gefragt, ob die CIA Methoden als &#8220;Folter&#8221; einzustufen waren (Mehrheit: Ja) und ob sie wichtige Informationen lieferten, die man nicht anders hätte bekommen können (Mehrheit: Ja). Die unmittelbare Frage vor der allgemeinen Folter-Frage war dann:</p>
  1152. <blockquote>
  1153. <p style="text-align: left;">All in all, do you think the CIA treatment of suspected terrorists was justified or unjustified?</p>
  1154. <p style="text-align: left;"><em>Denken Sie, dass wie die CIA mit mutmasslichen Terroristen umging gerechtfertigt oder nicht gerechtfertigt war?</em></p>
  1155. </blockquote>
  1156. <p style="text-align: left;">Die oben diskutierte Frage wurde eingeleitet mit &#8220;Nach vorne blickend, denken Sie&#8230;&#8221;. Dies ist problematisch. Die meisten werden wohl die Frage im Kontext der CIA Folter Affäre beantwortet haben. Noch heikler finde ich das explizite erwähnen des Begriffs &#8220;Terroristen&#8221; in der Frage. <a href="https://www.people-press.org/2013/07/26/government-surveillance-a-question-wording-experiment/">Es hat sich gezeigt</a>, dass zB die Verhältnisse bei Fragen zu Überwachung sich drastisch ändern, je nach dem wie die Frage gestellt wird. Sagt man beispielsweise &#8220;zum Schutz vor Terroristen&#8221; finden sich leicht Mehrheiten, ist die Frage allgemein formuliert, ist das Publikum viel skeptischer. Wenn man die Einstellung ohne spezifischen Kontext erfragen wollte (oder zumindest weniger Kontext), hätte man wohl anders formulieren und die Frage anders platzieren müssen.</p>
  1157. <p style="text-align: left;">Trotzdem ist die Einigkeit und die Zustimmung erschreckend. Vor alle wenn man diese Einstellung dann mit der Konstruktion eines fremden, andern kombiniert. Auch die Irrelevanz der Fakten bezüglich erhaltener Informationen und Effektivität der Methoden sind besorgniserregend. Ich nehme an, die meisten Unterstützerinnen und Unterstützer von Folter gehen davon aus, dass es sie nie treffen könnte. Dies obwohl unschuldige Opfer der CIA Folterungen wurden. Ich vermute die fehlende Identifikation ist unter anderem der Tatsache geschuldet, dass diese Ausländer waren, von weit weg eben. Nur wenn Folter einmal akzeptiert ist, gibt es keine Garantie, dass diese nicht auch intern angewendet werden. Basierend auf Erfahrungen mit dem US Justizsystem wären Schwarze und ärmere Bevölkerungsschichten wohl diejenigen, die am ehesten Opfer würden.</p>
  1158. <p style="text-align: left;">Die einzigen zwei Gruppen, die nicht in einer Mehrheit Folter gutheissen, waren Menschen, die sich selber irgendwie als &#8220;Links&#8221; auf dem politischen Spektrum definierten und jene, die angaben, keine Religion zu haben. (die beiden Gruppen haben vermutlich auch grosse Überlappungen). Jene die immer wieder die &#8220;jüdische-christliche Wertegemeinschaft&#8221; auf dem das Abendland angeblich aufbaue, beschwören, zitieren gerne Statistiken, die die grosse Begeisterung in der muslimischen Welt für brutale Körperstrafen zeigen sollen. Ich gehe davon aus, dass diese Leute von nun an das Christentum mit auf die Liste &#8220;barbarischer Religionen&#8221; nehmen.<sup>1</sup> Nicht mal ein um ein vielfaches höheres Bruttosozialprodukt und Bildungsniveau scheint die Folterlust zu dämpfen.</p>
  1159. <p style="font-size: 11px;"><sup>1</sup>Diesen Rückschluss lassen diese Zahlen natürlich <em>nicht</em> zu. Aber das ist der Punkt.</p>
  1160. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=1940&amp;md5=252704871024b96da5c60fa7c4078b37" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
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  1164. <item>
  1165. <title>&#8220;Man darf alles sagen. Das ist Freiheit.&#8221;</title>
  1166. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/12/16/man-darf-alles-sagen-das-ist-freiheit/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=man-darf-alles-sagen-das-ist-freiheit</link>
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  1168. <pubDate>Tue, 16 Dec 2014 15:47:43 +0000</pubDate>
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  1182.  
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  1184. <description><![CDATA[Mitblogger Marcus Anhäuser hat mich auf Twitter auf eine wunderbare Rede von Michel Friedman hingewiesen. Obwohl von letztem Jahr, passt es gerade ausserordentlich gut zu vielen Diskussionen, die dank Pegida gerade wieder aufflammen. Hintergrund ist ein &#8220;Theatergericht&#8221; bei dem die schweizerische Weltwoche auf der Anklagebank sass. Die Weltwoche hat sich von einem Blatt mit Linksdrall&#8230;]]></description>
  1185. <content:encoded><![CDATA[<p>Mitblogger <a href="https://scienceblogs.de/plazeboalarm/">Marcus Anhäuser</a> hat mich <a href="https://twitter.com/Anhaeuser/status/544389548193480704">auf Twitter</a> auf eine wunderbare Rede von Michel Friedman hingewiesen. Obwohl von letztem Jahr, passt es gerade ausserordentlich gut zu vielen Diskussionen, die dank <a href="https://www.nzz.ch/international/veraengstigte-und-unverstandene-mitlaeufer-1.18445463">Pegida</a> gerade wieder aufflammen.</p>
  1186. <p><span id="more-1924"></span>Hintergrund ist ein &#8220;<a href="https://www.srf.ch/kultur/im-fokus/die-zuercher-prozesse">Theatergericht&#8221; bei dem die schweizerische Weltwoche auf der Anklagebank sass</a>. Die Weltwoche hat sich von einem Blatt mit Linksdrall zu einem Megaphon der rechts-konservativen Bewegung in der Schweiz gewandelt. Wir verdanken ihr Titelseiten, die man kaum anders als hetzerisch bezeichnen kann. Hier eines der schlimmeren Beispiele:</p>
  1187. <p><a href="https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/12/Roma.jpg?ssl=1"><img class="aligncenter  wp-image-1936" alt="Roma" src="https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/12/Roma.jpg?resize=449%2C472&#038;ssl=1" width="449" height="472" srcset="https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/12/Roma.jpg?w=571&amp;ssl=1 571w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/12/Roma.jpg?resize=285%2C300&amp;ssl=1 285w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/12/Roma.jpg?resize=85%2C90&amp;ssl=1 85w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/12/Roma.jpg?resize=561%2C590&amp;ssl=1 561w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/12/Roma.jpg?resize=424%2C446&amp;ssl=1 424w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/12/Roma.jpg?resize=190%2C200&amp;ssl=1 190w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/12/Roma.jpg?resize=150%2C157&amp;ssl=1 150w" sizes="(max-width: 449px) 100vw, 449px" data-recalc-dims="1" /></a></p>
  1188. <p>Ansonsten wird auch gerne die Angst vor einer Islamisierung geschürt und natürlich sonst allem Fremden. Regelmässige Leserinnen und Leser beim Achsenbruch des Guten (wo man im Moment erstaunlich viel Verteidigungen von Pediga lesen kann) können sich problemlos ein Bild von Ton und Stil machen. Wohl auch nicht zuletzt weil dort auch immer wieder Artikel aus der Weltwoche verlinkt werden.</p>
  1189. <p>Wer sich die ganze Rede nicht anhören mag, hier einige Zitate:</p>
  1190. <blockquote><p>Es geht doch nicht um die Frage ob man nicht alles sagen darf. Ja alles soll gesagt werden, auch von Journalisten der Weltwoche, aber wer etwas sagt muss sich in einer freien Gesellschaft verantworten für das was er gesagt hat oder geschrieben hat. (&#8230;)</p>
  1191. <p>„Die“ ist immer Aufhetzung, wenn es heissen würde „die Schweizer,“ bin ich Schweizer, wenn es heissen würde „die Muslime,“ dann werde ich Muslim, wenn es heissen würde „die Glatzköpfe mit Brille,“ werde ich Glatzkopf mit Brille. Sie meinen und ich meine vielleicht es betrifft uns gerade nicht, es sind gerade die Muslime, die Roma und Sinti, aber wenn das möglich und alltäglich wird, können wir einfach ein paar Jahrzehnte zurückblicken dann sind es wieder die Juden. (&#8230;)</p>
  1192. <p>Es geht auch nicht wie hier versucht wird zu diskutieren um Links oder Rechts. Es geht um Menschen. Es geht darum wie wir über Menschen reden. Und es geht darüber wie man aus einem Einzelfall eine Generalität von Fällen entstehen lässt und eine Gruppe zum Sündenbock werden lässt. (&#8230;)</p>
  1193. <p>Man darf alles sagen. Das ist Freiheit. Und die Weltwoche soll weiter schreiben was sie will. Aber sie muss sich verantworten. Wenn sie Grenzen überschreitet, die mit Humanismus nichts mehr zu tun hat [sic]. (&#8230;)</p>
  1194. <p>An diesem Punkt kann ich nur noch einmal warnen und appellieren. Alles was uns hier erzählt wird. Es geht darum die Meinungsfreiheit in der Schweiz einzuschränken. Nein. Es geht darum den Kompass wieder zu regulieren, wo Rassismus Rassismus ist. Volksverhetzung Volksverhetzung ist. Aufwiegelung von der Bevölkerung, Aufwiegelung der Bevölkerung ist. Und ob das stattfindet in einem Pseudobuchdeckel als sogenannte „Literatur“ oder als pseudojournalistisches Pamphlet, darf uns da nicht täuschen und das ist nicht der Vordergrund unserer Entscheidung, sondern ob die Texte, die Art wie argumentiert wird, ein Verstoss gegen die Verantwortung gegenüber Menschen ist, wie wir es verstehen. (&#8230;)</p>
  1195. <p>Aber es geht hier nicht um Meinung. Es geht hier auch nicht um Streitkultur. Wenn die Streitkultur in der Schweiz sich etablieren sollte à la Weltwoche, das heisst, dass man Gruppen gegeneinander aufhetzen kann, Vorurteile noch mehr verstärkt, dann ist das nicht Streitkultur, sondern das ist tiefste primitivste Demagogie. Ja, sehr vorsichtig und sehr zurückhaltend bin ich hier, aber Rassismus muss man Rassismus benennen können. Ob von der Weltwoche oder von wem auch immer, in einem freien Land das der Menschlichkeit verantwortet ist.</p></blockquote>
  1196. <p><iframe name="Michel Friedman, Experte der Anklage zu Multikulturalismus und rassistischer Rhetorik" src="https://www.srf.ch/player/tv/kultur-vom-03-05-2013/videoembed/michel-friedman-experte-der-anklage-zu-multikulturalismus-und-rassistischer-rhetorik?id=be221e82-ebb7-4e51-80a1-01b90c2853ca&amp;mode=embed" height="351" width="624" frameborder="0"></iframe></p>
  1197. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=1924&amp;md5=2ef31dc0cc7d162271e5c4935b6963de" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
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  1201. <item>
  1202. <title>Verschärfte Vernehmung: Wenn die USA wie Nazis foltern.</title>
  1203. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/12/15/verschaerfte-vernehmung-wenn-die-usa-wie-nazis-foltern/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=verschaerfte-vernehmung-wenn-die-usa-wie-nazis-foltern</link>
  1204. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/12/15/verschaerfte-vernehmung-wenn-die-usa-wie-nazis-foltern/#comments</comments>
  1205. <pubDate>Mon, 15 Dec 2014 10:16:36 +0000</pubDate>
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  1221. <category><![CDATA[war on terror]]></category>
  1222.  
  1223. <guid isPermaLink="false">http://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?p=1921</guid>
  1224. <description><![CDATA[Die Berichterstattung zur Untersuchung  durch den US Senat der von der CIA ausgeübten Folter hat einen interessanten Blogpost von 2007 (The Atlantic) wieder hochgespült. Dieser ist eine ältere Kritik an den vom US Geheimdienst euphemistisch als &#8220;Enhanced Interrogation Techniques&#8221; (in etwa &#8220;verbesserte Verhörmethoden&#8221;) bezeichneten Folterpraktiken. Der Post zeigt eine Gestapo Anweisung die Rahmenbedingungen für sehr&#8230;]]></description>
  1225. <content:encoded><![CDATA[<p>Die Berichterstattung zur <a href="https://www.zeit.de/politik/ausland/2014-12/usa-cia-folterbericht">Untersuchung  durch den US Senat der von der CIA ausgeübten Folter</a> hat einen <a href="https://www.theatlantic.com/daily-dish/archive/2007/05/-versch-auml-rfte-vernehmung/228158/">interessanten Blogpost von 2007</a> (The Atlantic) wieder hochgespült. Dieser ist eine ältere Kritik an den vom US Geheimdienst euphemistisch als &#8220;Enhanced Interrogation Techniques&#8221; (in etwa &#8220;verbesserte Verhörmethoden&#8221;) bezeichneten Folterpraktiken. Der Post zeigt eine Gestapo Anweisung die Rahmenbedingungen für sehr ähnliche Methoden vorgibt. Der von der Gestapo bevorzugte Euphemismus : <em>Verschärfte Vernehmung</em>.</p>
  1226. <p><span id="more-1921"></span></p>
  1227. <p>Bevor ich aber zur Sache komme, möchte ich als kleine Erinnerungshilfe nochmals festhalten, wie Folter definiert ist. Es scheint im Moment eine erschreckende Bereitschaft zu geben diese Definiton bis zur Unkenntlichkeit zu verzerren. Das <a href="https://www.auswaertiges-amt.de/cae/servlet/contentblob/360814/publicationFile/3621/%C3%9CbereinkommenGegenFolter.pdf">Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984 </a>definiert den Begriff so:</p>
  1228. <blockquote><p>jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen oder um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen, oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden.</p></blockquote>
  1229. <p>Ich hoffe damit steht fest, dass die Verhörmethoden der CIA Folter zumindest im Sinne der Anti-Folterkonvention waren (die Konvention wurde damals übrigens von Ronald Reagan unterzeichnet).</p>
  1230. <p>Nun aber zur <em><a href="https://www.db-thueringen.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-22183/lzt_band1_polizei.pdf">Verschärften Vernehmung</a></em> der Gestapo (auf Seite 183 des verlinkten pdfs zu finden). Die Parallelen sind auch jenseits des beschönigenden Begriffs, der eine Übersetzung von &#8220;enhanced interrogation&#8221; sein  könnte, auffällig.  Da geht es zuerst einmal um Staatsräson (&#8220;Zur Herbeiführung von Geständnissen über eigene Straftaten darf die verschärfte Vernehmung nicht angewendet werden.&#8221;). Dann wären da die Methoden, inklusive dem Versuch diesen einen klinischen, fast schon humanitären Anstrich zu geben:</p>
  1231. <blockquote><p>4) Die verschärfte Vernehmung kann je nach Sachlage bestehen in:</p>
  1232. <p style="padding-left: 30px;">Einfachste Verpflegung (Wasser und Brot),<br />
  1233. hartes Lager,<br />
  1234. Dunkelzelle<br />
  1235. Schlafentzug,<br />
  1236. Ermüdungsübungen,</p>
  1237. <p>aber auch in der Verabreichung von Stockhieben (bei mehr als 20 Stockhieben muss ein Arzt beigezogen werden).</p></blockquote>
  1238. <p>Die Methoden werden als <em>ultima ratio</em> und als Ausnahme dargestellt (&#8220;Es ist selbstverständlich, dass das Mittel verschärfter Vernehmung nur in wirklich notwendigen und wichtigen Fällen angewendet wird.&#8221;). Es ist alles rein Zweckorientiert. Dieser heiligt die Mittel. (&#8220;Art und Umfang der verschäften Vernehmung darf nicht überschritten werden; sie darf auch nur insoweit zur Anwendung gelangen, als es der Zweck erforderlich macht.&#8221;). Man etabliert eine klar hierarchisierte Genehmigungsstruktur, die den &#8220;ausserordentlichen&#8221; Charakter der Massnahmen unterstreicht und gleichzeitig die Ausführenden implizit von der Verantwortung entbindet:</p>
  1239. <blockquote><p>Soweit ich mir die Genehmigung nicht selbst vorbehalten habe, genehmigt Art und Umfang der verschärften Vernehmung der Dienststellenleiter persönlich, bei dessen Abwesenheit der Vertreter.<br />
  1240. Die Genehmigung hat schriftlich zu erfolgen. Die Genehmigungsbescheide werden von der Dienststelle zentral gesammelt und auf die Dauer von drei Jahren aufbewahrt.</p></blockquote>
  1241. <p>Man braucht kein verschwörungstheoretisch verdrahtetes Hirn zu haben, um sich die Frage zu stellen, ob sich da vielleicht gar wer bei der CIA von der Gestapo direkt hat inspirieren lassen. Das halte ich für unwahrscheinlich.</p>
  1242. <p>Es ist schlicht ein wiederkehrendes Muster. &#8220;Foltern&#8221; ist böse und daher nur etwas was andere tun (Diktaturen, Nazis, die USA&#8230;). Es beginnt mit der Sprache und der Definition. Es braucht also zuerst einmal eine andere Bezeichnung. Eine Bezeichnung, die signalisiert, dass man sich immer noch an die Regeln hält. Ich bin überzeugt, die meisten Menschen in unserer Gesellschaft haben nicht eine &#8220;natürliche&#8221; Freude am Menschen Quälen. Damit sie es doch tun, muss man sie also von der Verantwortung entbinden, in dem der Entscheid weiter oben gefällt wird und als einziges effektives Mittel dargestellt wird (<a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2012/02/08/milgrams-missverstandenes-experiment/">wir erinnern uns an das wahre Milgram Experiment</a>).<!--nextpage--></p>
  1243. <p>Genau da ist die eigentliche Lektion. Es geht eben nicht darum &#8220;Nazi&#8221; zu schreien und damit die Diskussion zu beenden. Im Gegenteil, dies muss der Anfang der Diskussion sein: Wenn der Nationalsozialismus einfach das absolute Böse gewesen wäre, wäre es viel einfacher. Grausamkeiten und Greultaten wären dann etwas, das nur diese anderen, bösen Menschen tun. Wir hingegen sind Mitglieder westlicher zivilisierter Demokratien, wo so etwas selbstverständlich nicht passieren kann. Das Problem ist jedoch, dass man so schneller dort ankommt, als man glaubt. Genau dies haben die USA nun vorgeführt (und es ist beileibe <a href="https://en.wikipedia.org/wiki/Torture_in_the_United_States">nicht das erste mal in ihrer Geschichte</a>). Es sind objektive, rationale administrative Prozesse, vermeintlich ehrenhafte Ziele und der feste Glauben an die eigene moralische Überlegenheit, die dahin führen. Wer nun meint, mit dem Finger in Richtung US zeigen zu können und Entwicklungen bei uns als was &#8220;ganz anderes&#8221; zu definieren, hat die Lektion ganz klar nicht verstanden. Um es mit Aldous Huxley zu sagen (in seiner Variation auf eine andere politische Weisheit): <em><span style="font-size: small;">Eternal vigilance is not only the price of liberty; eternal vigilance is the price of human decency.</span></em></p>
  1244. <p>&nbsp;</p>
  1245. <p>&nbsp;</p>
  1246. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=1921&amp;md5=18ef4ffd6d005744bcb8e3a9d8cf0973" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
  1247. <wfw:commentRss>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/12/15/verschaerfte-vernehmung-wenn-die-usa-wie-nazis-foltern/feed/</wfw:commentRss>
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  1250. <item>
  1251. <title>Ebola? Da war doch was.</title>
  1252. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/12/08/ebola-da-war-doch-was/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=ebola-da-war-doch-was</link>
  1253. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/12/08/ebola-da-war-doch-was/#comments</comments>
  1254. <pubDate>Mon, 08 Dec 2014 09:34:25 +0000</pubDate>
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  1274. <description><![CDATA[Mich fasziniert immer wieder die Kurzlebigkeit kollektiver Paniken. Man könnte meinen, wer ein paar davon gesehen hat, sollte erneute mediale Schreie von &#8220;Hilfe, wir werden alle sterben&#8221; etwas gelassener nehmen können. Die Wiederholung von Schlagzeilen scheint uns (als Kollektiv zumindest) nicht wirklich weiser zu machen. Ich erinnere mich, dass man während der BSE Krise den&#8230;]]></description>
  1275. <content:encoded><![CDATA[<p>Mich fasziniert immer wieder die Kurzlebigkeit kollektiver Paniken. Man könnte meinen, wer ein paar davon gesehen hat, sollte erneute mediale Schreie von &#8220;Hilfe, wir werden alle sterben&#8221; etwas gelassener nehmen können. Die Wiederholung von Schlagzeilen scheint uns (als Kollektiv zumindest) nicht wirklich weiser zu machen.</p>
  1276. <p><span id="more-1886"></span>Ich erinnere mich, dass man während der BSE Krise den Leuten sagen musste, dass sie <a href="https://www.berliner-kurier.de/archiv/bse-angst--kann-leder-uns-menschen-krank-machen-,8259702,8025656.html">von ihrem Ledersofa nicht Creutzfeldt-Jakob aufschnappen werden</a>. Ich wette die Essen nun alle seit Jahren wieder genussvoll ihre Burger. Ich habe nicht vergessen als die Schweiz wegen der Vogelgrippe Massnahmen ergriffen hat, die nach eigenem Eingeständnis nicht unbedingt rational waren aber &#8220;den Ängsten in der Bevölkerung <a href="https://www.nzz.ch/aktuell/startseite/newzzEF2CF8G8-12-1.178417">Rechnung tragen&#8221;</a>. Vogelgrippe? Es sind wohl keine Menschen mehr betroffen (Antwort: <a href="https://www.who.int/influenza/human_animal_interface/EN_GIP_20141002CumulativeNumberH5N1cases.pdf">Doch</a>). Wesentlich gefährlicher schien damals der Ausbruch des Schweren Akuten Atemwegssyndroms (SARS). Haben wir das eigentlich je unter Kontrolle gebracht (Antwort: <a href="https://www.who.int/csr/sars/country/en/">Sieht so aus</a>). Und dann war die Zeit, als wir alle wegen der <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2009/04/27/schweinegrippe-die-medien-und-die-politik/">Schweinegrippe dem Untergang geweiht waren</a>. Und warum gibt es eigentlich bisher kaum Panik wegen dem <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/MERS-CoV"><em>Middle East Respiratory Syndrome</em></a> (MERS)?</p>
  1277. <p>Nun kann man es niemandem verübeln, wenn sie oder er ein <em>Déjà-Vu</em> hatte, als nun plötzlich alle davon ausgingen, dass Ebola Europa entvölkern wird, wie die Pest im Mittelalter. Da musst man schon mal <a href="https://www.morgenpost.de/berlin/article131369882/Ebola-Verdachtsfall-in-Berliner-Arbeitsamt.html">grossräumig ein Arbeitsamt absperren</a>, weil Übelkeit und Fieber in Kombination mit einem Westafrikaaufenthalt reichen doch schon um eine Polizeieskorte ins Spital zu rechtfertigen. Nigeria liegt tatsächlich in Westafrika. Nigeria hatte <a href="https://www.who.int/mediacentre/news/statements/2014/nigeria-ends-ebola/en/">bisher 19 Fälle</a> auf  170 Millionen Einwohner (damals waren es noch weniger Fälle). Man muss nicht gut sein im Wahrscheinlichkeiten ausrechnen um zu sehen wo das Problem liegt. In den USA hat man die wunderschöne Formulierung gefunden &#8220;<a href="https://www.nola.com/health/index.ssf/2014/10/abundance_of_caution_in_las_eb.html">In an abundance of caution</a>&#8221; (&#8220;aus übermässiger Vorsicht&#8221;) was in diesem Fall ein Code ist für &#8220;völlig irrationale und nutzlose Schutzmassnahme&#8221;. Damit kann man dann auch mal eine Schülerin aus &#8220;übermässiger Vorsicht&#8221; <a href="https://www.nj.com/burlington/index.ssf/2014/10/amid_ebola_fears_students_from_africa_kept_home_in_south_jersey.html">nicht zurück in die Schule lassen</a> weil sie in <em>Ost</em>afrika war (ist schliesslich immer noch <em>Afrika</em>).</p>
  1278. <p>Ich habe den ersten Entwurf dieses Posts anfangs Oktober geschrieben. Ich wollte diskutieren wie diese Panik wie so viele anderen vor ihr, bald wieder verschwinden wird, die Krankheit jedoch nicht. Ich wollte darüber spekulieren, wie die kollektive Hysterie endgültig die Schweiz erreichen wird, wenn der erste Ebola Fall hier in Genf ankommt, was am Sitz der Weltgesundheitsorganisation und der Médcins sans frontières nur eine Frage der Zeit war. Nun wurde der erste solche Fall am Samstag hier <a href="https://www.welt.de/gesundheit/article135096856/Grippemittel-rettet-kubanischen-Ebola-Patienten.html">schon wieder entlassen</a>. Die Aufmerksamkeit ist schon stark abgeflaut. Wir haben Peak-Ebola erreicht. Ich nehme an wir können Hysterie nur über einen begrenzten Zeitraum aufrechterhalten.<br />
  1279. <script type="text/javascript" src="//www.google.com/trends/embed.js?hl=en-US&amp;tz&amp;q=MERS,+Ebola,+Vogelgrippe,+Schweinegrippe&amp;geo=CH&amp;cmpt=q&amp;content=1&amp;cid=TIMESERIES_GRAPH_0&amp;export=5&amp;w=500&amp;h=330"></script><script type="text/javascript" src="//www.google.com/trends/embed.js?hl=en-US&amp;tz&amp;q=MERS,+Ebola,+Vogelgrippe,+Schweinegrippe&amp;geo=DE&amp;cmpt=q&amp;content=1&amp;cid=TIMESERIES_GRAPH_0&amp;export=5&amp;w=500&amp;h=330"></script></p>
  1280. <p>Die beiden Grafiken von Google Trends für die Schweiz und Deutschland sind ziemlich eindeutig. Sie zeigen wie oft die entsprechenden Begriffe in den entsprechenden Ländern über die Zeit gesucht wurden. Das Interesse an Epidemien hält nicht lange an und scheint mehr mit der medialen Aufarbeitung zu korrelieren als mit der effektiven Gefahr. Wenn man sich schon graue Haare wegen Epidemien wachsen lassen will, dann waren wohl SARS (fehlt in der Grafik) und nun MERS wesentlich bessere Kandidaten.</p>
  1281. <p>Überträgt man diese Feststellungen auf die Politik, kann es einem Sorgen machen. Fakten scheinen nicht mit dem Ausmass der Panik zu korrelieren. Viel wichtiger ist was wann und wie journalistisch aufgearbeitet wird. Die eigentliche &#8220;Bedrohung&#8221; ist zweitrangig. Versucht man dies gar auf andere nicht-gesundheitspolitischen Debatten zu übertragen, sieht man den Sinn eines institutionellen Designs, das Politikerinnen und Politiker nicht bei der kleinsten Verschiebung des Volksempfinden aufspringen und Massnahmen ergreifen lässt. Es kann sein, dass das Problem weniger dramatisch ist bei Themen, die weniger wissenschaftliches Verständnis voraussetzen. Es zeigt aber sicher, dass wenn die Politik &#8220;Ängste in der Bevölkerung ernst nimmt&#8221; heissen sollte, dass man diese Ängste zu zerstreuen versuchen sollte, statt so zu tun, als ob sie begründet sein. Auch ist es ein gutes Argument den Bürgerinnen und Bürgen so viel Wissenschaftsbildung wie möglich mitzugeben. Dann klappt es auch mit der Demokratie besser.</p>
  1282. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=1886&amp;md5=cf0dc0360675119d66dfdfaf7041db6f" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
  1283. <wfw:commentRss>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/12/08/ebola-da-war-doch-was/feed/</wfw:commentRss>
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  1286. <item>
  1287. <title>Autofahren für ISIS</title>
  1288. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/11/28/autofahren-fuer-isis/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=autofahren-fuer-isis</link>
  1289. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/11/28/autofahren-fuer-isis/#comments</comments>
  1290. <pubDate>Fri, 28 Nov 2014 14:33:25 +0000</pubDate>
  1291. <dc:creator><![CDATA[ali]]></dc:creator>
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  1300. <category><![CDATA[ISIS]]></category>
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  1303.  
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  1305. <description><![CDATA[Vor einer Weile hatte ich eine Frage in meiner Mailbox zur Organisation, die sich als Islamischer Staat im Irak und der Levante (ISIS) bezeichnet. Diese finanziert sich bekanntlich unter anderem auch durch Erdölverkäufe von Ölfeldern, die sie unter ihre Kontrolle gebracht haben. Haben wir alle ISIS in den Tank? Hier die (leicht redigierte) Frage einer&#8230;]]></description>
  1306. <content:encoded><![CDATA[<p>Vor einer Weile hatte ich eine Frage in meiner Mailbox zur Organisation, die sich als <i>Islamischer Staat im Irak und der Levante</i> (ISIS) bezeichnet. Diese finanziert sich bekanntlich unter anderem auch durch Erdölverkäufe von Ölfeldern, die sie unter ihre Kontrolle gebracht haben. Haben wir alle ISIS in den Tank?</p>
  1307. <p><span id="more-1901"></span>Hier die (leicht redigierte) Frage einer Leserin:</p>
  1308. <blockquote><p>Soweit ich die Situation über die IS Terrorvereinigung mitverfolgen kann, hat die IS unter anderem Ölfelder unter ihrer Kontrolle. Um Geld einzutreiben, bringen sie das Öl zu Schleuderpreisen auf den Weltmarkt. Gleichzeitig sinkt der Ölpreis seit ca. 4-5 Monaten kontinuierlich. Ist vielleicht der Konkurrenzdruck größer geworden für andere Anbieter und es herrscht mehr Wettbewerb?</p>
  1309. <p>Ich &#8220;freue&#8221; mich natürlich über niedrige Spritkosten. Aber finanziere ich <i>indirekt </i>die IS und deren abscheuliche Taten, Morde, Entführungen, Enthauptungen mit, weil ich weniger für Sprit zahle und dann vielleicht den einen oder anderen Ausflug mit meinem Auto mehr unternehme? Ich kann für weniger Geld mehr Kilometer fahren &#8230; Kann, darf ich das so überhaupt betrachten?</p></blockquote>
  1310. <p>Die Grundaussage ist richtig: Die ISIS hat sich Ölfelder angeeignet und verkauft auf dem Schwarzmarkt Öl. Es liegt in der Natur der Sache, dass man nicht genau weiss wieviel das ist. Die Schätzungen reichen von <a href="https://www.politico.com/magazine/story/2014/09/to-defeat-isil-follow-the-money-110825.html#.VFzosvTF9bs">1 Million Dollar zu 3 Millionen Dollar pro Tag</a>. Das ist für eine nicht-staatliche Gruppe natürlich viel Geld und damit lässt sich schon ein Krieg führen und ein rudimentäres Staatswesen aufbauen.</p>
  1311. <p>Diese Schätzungen sind jedoch stark umstritten. Der BND meint beispielsweise, dass diese Zahlen viel zu hoch sind weil ISIS inzwischen einen grossen Teil des Öls selber benutzt, nicht über das (oft ausländische) Know-how verfügt um optimal zu fördern und auch viele Anlagen inzwischen durch Luftangriffe zerstört wurden. Solche Schätzungen sind natürlich auch immer politisch nicht unverdächtig, dies gilt für die US Schätzungen ebenso, wie die Vorbehalte des BNDs.</p>
  1312. <p>Da ISIS das Öl nicht auf dem normalen Markt einfach verhökern kann, heisst das, dass viele andere mitverdienen wollen. Mittelleute, Fälscher von Zertifikaten oder Korrupte Beamte müssen für ihr Risiko und ihre Dienste entschädigt werden. Darum verkauft die ISIS das Fass zu einem wesentlich weniger als der aktuelle Marktpreise. Dieser steht im Moment bei etwa 70 USD pro Fass. ISIS verlangt <a href="https://www.businessinsider.com/r-islamic-state-keeps-up-syrian-oil-flow-despite-us-led-strikes-2014-10">angeblich 20 USD</a>.</p>
  1313. <p>Wer sich nun fragt, wie ein Schwarzmarkt funktioniert, wo ganze Tankerladungen Petroleum verhökert werden, dem sei <a href="https://www.npr.org/blogs/money/2014/10/29/359624435/episode-578-how-to-steal-a-million-barrels-of-oil">diese Podcast Folge von Planet Money </a>empfohlen (Englisch). Darin wird ausgehend von einer Anzeige für 1 Million Fässer Erdöl [sic!] in der nigerianischen Version von <em>Craig&#8217;s List </em>unterhaltsa<em>m </em>erklärt, wie in Nigeria geklautes Öl am Ende in unseren Fahrzeugen landet. Bei ISIS wird das ähnlich funktionieren.</p>
  1314. <p>Ist nun dieses ISIS Öl der Grund für den tiefen Ölpreis im Moment? Kaum. Vereinfacht kann man sagen der Ölpreis wird von Angebot und Nachfrage bestimmt. Wieder gemäss BND ist die maximale Fördermenge der Anlagen, die unter ISIS Kontrolle sind, 172 000 Fässer pro Tag. Gemäss <a href="https://www.sueddeutsche.de/politik/islamischer-staat-is-terrormiliz-geht-das-oel-aus-1.2208122">der gleichen Quelle</a> ist die Produktion heute auf etwa 28 000 Fässern gesunken wovon 10 000 in den Export gelangen.</p>
  1315. <p>Der jährliche weltweite Rohölkonsum wird auf <a href="https://www.iea.org/aboutus/faqs/oil/">32 Milliarden Fass pro Jahr geschätzt</a>. 10 000 Fass pro Tag entsprechen also 0.01%. Wenn wir den ISIS Export grosszügig veranschlagen, zum Beispiel bei 50 000 Fass pro Tag währen das immer noch nicht ganz 0.06%. Dies ist alles unter der Annahme, das ISIS über ein ganzes Jahr jeden Tag diese Menge Öl fördert (also bisher gar nicht der Fall sein kann). ISIS beeinflusst das Angebot daher kaum. Im ökonomischen Jargon sind sie Preisnehmer.</p>
  1316. <p>Die OPEC existiert genau zum gegenteiligen Zweck: Sie ist ein Kartell mit dem Ziel den Ölpreis zu beeinflussen. Aber selbst das ist nicht immer einfach (siehe dazu den aktuellen <a href="https://scienceblogs.de/weitergen/2014/11/die-opec-hat-den-laengeren-atem-warum-der-niedrige-oelpreis-den-saudis-zuletzt-schadet/">Eintrag bei Weitergen</a> oder diesen Artikel im <a href="https://www.economist.com/news/business-and-finance/21635079-oh-vienna">Economist </a>zum selben Thema). Dazu kommt, dass weil ISIS das Öl auf dem Schwarzmarkt verkaufen muss und wohl auch vermehrt versucht wird, dies zu verhindern, kann die Organisation nicht einfach nach belieben den Hahn aufdrehen. Der momentane tiefe Ölpreis hat also mit grosser Sicherheit nichts mit ISIS Discountpreisen zu tun.<!--nextpage--></p>
  1317. <p>Dies bringt mich zum dritten Teil der Frage: Finanzieren wir mit unserem Benzinverbrauch ISIS mit? Zuerst gilt es festzuhalten, dass die ISIS auch andere Einnahmequellen hat: Schutzgelderpressung, Lösegeldforderungen, Schmuggel und was man sonst noch von organisierter Kriminalität erwarten würde (auch Drogenhandel würde mich nicht erstaunen). Welcher Teil ihres Einkommens aus solchen Aktivitäten stammt, ist noch schwerer einzuschätzen.</p>
  1318. <p>Aber konzentrieren wir uns auf das Benzin um das sich die Frage dreht. An der Tankstelle ist es nicht mehr nachvollziehbar wo der ursprüngliche Rohstoff herkam. Aber wenn wir annehmen, dass überall ISIS Öl drin steckt, handelt es sich um eine sehr bescheidene &#8220;Spende&#8221;. Mit dem gleichen Tank finanziert man unter anderem ebenfalls die Herrschaft der Sauds, die Besetzung der Krim, nigerianische Öldiebe und die US Aussenpolitik. Auch beschränkt es sich nicht nur auf das eigene Auto. In fast jedem Produkt, das wir konsumieren steckt Erdöl. Die ganze Wirtschaft basiert auf fossiler Energie. Und vom Klimawandel wollen wir hier gar nicht erst anfangen. Wenn man also ethische Bedenken haben möchte, ist ISIS im Tank wohl eines der kleineren Probleme.</p>
  1319. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=1901&amp;md5=f1b94ba12a63bc6aee768384e1d58b47" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
  1320. <wfw:commentRss>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/11/28/autofahren-fuer-isis/feed/</wfw:commentRss>
  1321. <slash:comments>7</slash:comments>
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  1323. <item>
  1324. <title>Die Rückkehr des Bloggers</title>
  1325. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/11/27/die-rueckkehr-des-bloggers/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=die-rueckkehr-des-bloggers</link>
  1326. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/11/27/die-rueckkehr-des-bloggers/#comments</comments>
  1327. <pubDate>Thu, 27 Nov 2014 12:23:09 +0000</pubDate>
  1328. <dc:creator><![CDATA[ali]]></dc:creator>
  1329. <category><![CDATA[Hausnotizen]]></category>
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  1335. <description><![CDATA[Hier war es eine ganze Weile ruhig. Der letzte Eintrag stammt vom 22. August. Keine Sorge (oder vielleicht: freut euch nicht zu früh!), ich habe das Blog nicht vergessen. Ich habe gute Vorsätze. Es gab viel worüber ich hätte schreiben können in den letzten Wochen. Unruhen in Ferguson, Ebola, Nukleargespräche mit Iran, Wahlen in den&#8230;]]></description>
  1336. <content:encoded><![CDATA[<p>Hier war es eine ganze Weile ruhig. Der letzte Eintrag stammt vom 22. August. Keine Sorge (oder vielleicht: freut euch nicht zu früh!), ich habe das Blog nicht vergessen. Ich habe gute Vorsätze.</p>
  1337. <p><span id="more-1892"></span>Es gab viel worüber ich hätte schreiben können in den letzten Wochen. Unruhen in Ferguson, Ebola, Nukleargespräche mit Iran, Wahlen in den USA, Libyens Fast-Bürgerkrieg, ISIS, die USA im Irak und in Afghanistan, Schweizer Abstimmungskampf, die neue EU Kommission, das TTIP, der Kompromiss mit Indien in den WTO Verhandlungen&#8230; Ich könnte wohl mit der Liste problemlos den Text zu Billy Joel&#8217;s &#8220;We didn&#8217;t start the fire&#8221; neu schreiben.</p>
  1338. <p><iframe src="//www.youtube.com/embed/eFTLKWw542g" height="315" width="420" allowfullscreen="" frameborder="0"></iframe></p>
  1339. <p>Gründe für die Blogpause gab es einige. Plötzlich Vollzeit zu arbeiten half nicht. Dann habe ich dieses Jahr den den &#8220;Lauf-Käfer&#8221; endgültig eingefangen und einen Marathon für Ende Oktober vorbereitet (und bis dann an einigen kürzeren Rennen teilgenommen). Das nahm ziemlich viel Zeit in Anspruch. Dann verbringe ich irgendwie viel mehr meiner Online-Zeit auf Twitter als früher. All dies hat meinen Blogging-Rhythmus gebrochen. Und wenn man mal nicht mehr schreibt, ist es schwerer damit wieder anzufangen. Dazu kam, dass die Themen, die mir dann vielleicht doch einmal auf den Nägeln brannten, eher politische Kommentare waren als politikwissenschaftliche Einsichten. Meist fehlte mir da die Lust auf die Auseinandersetzung in den Kommentaren.</p>
  1340. <p>Nun habe ich mir aber vorgenommen wieder öfters hier zu schreiben und zu kommentieren. Ich muss jedoch eine Strategie finden, die mir erlaubt regelmässiger zu posten und trotzdem den geänderten Umständen Rechnung trägt ich arbeite weiterhin 100% und ich werde weiterhin laufen gehen. Das nächste Rennen steht schon an). Eine Konsequenz ist, dass ich versuchen werde mehr kürzere Einträge zu schreiben, obwohl es mir schwer fällt, mich kurz zu fassen (irgendwie haben auch &#8220;kurze&#8221; Blogposts eine Tendenz bei mir auszufern). Vielleicht nur mit ein zwei Gedanken um eine Diskussion zu lancieren oder vielleicht auch nur um auf Dinge hinzuweisen. Ich habe gemerkt, dass nicht wenige der Blogs, die ich regelmässig lese, sich nur ab und zu in philosophische Tiefen begehen oder den Erklärbären abgeben. Das heisst aber auch, dass viele Gedanken weniger geformt sein werden und so manche Diskussion vielleicht mehr einen experimentellen Charakter haben wird (von der Orthographie sprechen wir gar nicht erst). Soviel zum meinen Vorsätzen. Wir werden sehen, ob sich etwas ändert.</p>
  1341. <p>Andere Vorschläge und Ideen, wie man mehr Bloggen könnte, sind natürlich willkommen. Es interessiert mich, was ihr hier gerne lesen würdet. Vielleicht doch lieber nur sporadische dafür längere Artikel? Mehr oder weniger Diskussion? Mehr leichtere Kost, mehr akademisches zu Internationalen Beziehungen oder mehr Kommentare? Weniger von all dem?</p>
  1342. <p>Aber nun muss ich aufhören. Ich habe schon wieder über 400 Wörter geschrieben. Sonst wird das nichts mit den guten Vorsätzen.</p>
  1343. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=1892&amp;md5=0e766a9f484d5d1d1f52e8560e4b83a0" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
  1344. <wfw:commentRss>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/11/27/die-rueckkehr-des-bloggers/feed/</wfw:commentRss>
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  1347. <item>
  1348. <title>Die Republik der Gelehrten 2.0: Bloggen zu Internationale Beziehungen</title>
  1349. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/08/22/die-republik-der-gelehrten-2-0-bloggen-zu-internationale-beziehungen/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=die-republik-der-gelehrten-2-0-bloggen-zu-internationale-beziehungen</link>
  1350. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/08/22/die-republik-der-gelehrten-2-0-bloggen-zu-internationale-beziehungen/#comments</comments>
  1351. <pubDate>Fri, 22 Aug 2014 07:56:31 +0000</pubDate>
  1352. <dc:creator><![CDATA[ali]]></dc:creator>
  1353. <category><![CDATA[Geistes- & Sozialwissenschaften]]></category>
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  1366.  
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  1368. <description><![CDATA[&#8220;Bloggen ist eine Zeitverschwendung und schadet der Karriere.&#8221; So zumindest wird in Wissenschaftsblogs oft die Haltung der akademischen Welt gegenüber neuer Medien karikiert. Leider ist diese negative Haltung gegenüber dem Bloggen tatsächlich oft anzutreffen. Um so mehr hat es mich sehr gefreut, dass die Zeitschrift für Internationale Beziehungen (ZIB) ein Forum zur Disziplin und dem&#8230;]]></description>
  1369. <content:encoded><![CDATA[<p>&#8220;Bloggen ist eine Zeitverschwendung und schadet der Karriere.&#8221; So zumindest wird in Wissenschaftsblogs oft die Haltung der akademischen Welt gegenüber neuer Medien karikiert. Leider ist diese negative Haltung gegenüber dem Bloggen tatsächlich oft anzutreffen. Um so mehr hat es mich sehr gefreut, dass die <a href="https://www.zib.nomos.de/">Zeitschrift für Internationale Beziehungen</a> (ZIB) ein Forum zur Disziplin und dem Web 2.0 veröffentlichen wollte.</p>
  1370. <p><span id="more-1863"></span><a href="https://www.zib.nomos.de/__archiv/2014/heft-1/">Dieses ist nun erschienen</a>. In Anbetracht des Themas, hat der Verlag hat sich bereit erklärt, alle Forumsbeiträge online zu stellen um so eine breitere Diskussion im Netz zu ermöglichen. Darum habe wir (das <a href="https://bretterblog.wordpress.com/">Bretterblog, </a>das <a href="https://irblog.eu/">IR Blog</a> und meine Wenigkeit) beschlossen <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/08/11/lektionen-aus-dem-17-jahrhundert-fuer-die-internationalen-beziehungen/">einen Blogkarneval dazu zu organisieren</a>. Hier werde ich kurz meinen <a href="https://www.zib.nomos.de/fileadmin/zib/doc/Aufsatz_ZIB_14_01_Arbia.pdf">eigenen Beitrag</a> (pdf) zum ZIB Forum zusammenfassen versuchen, um euch die 15 Seite Lektüre zu ersparen, solltet ihr auf das Füllmaterial verzichten wollen. In einem separaten Eintrag hier bei zoon politikon werde ich dann die verschiedenen Beiträge zum Karneval in den nächsten Tagen bei erscheinen sammeln.</p>
  1371. <p>Nun also zum eigentlichen Text. Um es gleich vorwegzunehmen: Es geht mir nicht darum in technophiler Naivität, Bloggen als die einzige Wahrheit zu präsentieren. Ich möchte aber der Tendenz entgegentreten, das Medium pauschal als uninteressant oder nutzlos abzutun. Das allfällige Potential wird so mit Sicherheit nicht genutzt.</p>
  1372. <p style="text-align: center;"><a href="https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2012/07/21197-voltaire.png?ssl=1"><img class="aligncenter size-full wp-image-1000" alt="voltaire" src="https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2012/07/21197-voltaire.png?resize=658%2C592&#038;ssl=1" width="658" height="592" srcset="https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2012/07/21197-voltaire.png?w=658&amp;ssl=1 658w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2012/07/21197-voltaire.png?resize=300%2C269&amp;ssl=1 300w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2012/07/21197-voltaire.png?resize=590%2C530&amp;ssl=1 590w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2012/07/21197-voltaire.png?resize=495%2C446&amp;ssl=1 495w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2012/07/21197-voltaire.png?resize=222%2C200&amp;ssl=1 222w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2012/07/21197-voltaire.png?resize=150%2C134&amp;ssl=1 150w" sizes="(max-width: 658px) 100vw, 658px" data-recalc-dims="1" /></a></p>
  1373. <p>Blogs können drei Funktionen wahrnehmen, die zuerst einmal nicht spezifische für die Internationalen Beziehungen oder Poltikwissenschaften sind. Blogs können als Instrument in der Lehre eingesetzt werden, sie können zum Austausch zwischen Forscherinnen und Forschern genutzt werden und sie können zur Kommunikation nach Aussen mit einem interessierten Publikum dienen. In dieser Zusammenfassung werde ich diese drei Funktionen mit Blick auf die Disziplin diskutieren (wer mehr Details möchte oder Hintergrund braucht, muss sich dann wohl doch durch die oben verlinkten 15 Seiten ackern).</p>
  1374. <p>Wenn man sich in der IB-Blogosphäre umschaut fällt vor allem etwas auf: Es gibt kaum akademische Blogs zum Thema auf deutsch. Die Naturwissenschaften haben inzwischen doch eine gewisse Blogpräsenz im Netz (auch auf Deutsch, nicht zuletzt dank <a href="https://www.scilogs.de/">scilogs.de</a> und <a href="https://scienceblogs.de/">scienceblogs.de</a>). Sozial- und Geisteswissenschaftliche Blogs sind schon sehr viel seltener (erwähnen müsste man in diesem Zusammenhang sicher <a href="https://hypotheses.org/">hypotheses.org</a>). Blogs zu Internationalen Beziehungen gibt es im Deutschsprachigen Raum nur sehr wenige (was bestimmt auch mit fehlender Tradition des Fachs hier zu tun hat). Viele davon werden teilweise oder vollständig auf Englisch verfasst. Die meisten findet man in der Blogroll dieses Blogs. Ein Blick auf besagte Blogroll zeigt aber auch, dass auf der anderen Seite des Atlantiks die Präsenz der Disziplin in der Blogwelt viel stärker ist. Da findet man Universitätsblogs, bloggende Professorinnen und Professoren, Gemeinschaftsprojekte und populäre Zeitschriften, die sich ein Aussenpolitik-Blog leisten.</p>
  1375. <p>Dieser kulturelle Graben ist ein grosses Problem für die  Disziplin, wenn wir über die zwei ersten Funktionen sprechen. Beginnen wir mit dem fehlenden Einsatz in der Lehre: Ganz egal was man vom Web 2.0 hält, es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Form von Vernetzung uns zumindest für eine Weile begleiten wird. Wenn diese Instrumente im Unterricht nicht genutzt werden, signalisiert man jedoch einer ganzen Generation, dass diese für die akademische Arbeit irrelevant sind . Einige Studierende werden den (fachlichen) Umgang damit gar nie lernen. Eine auch kritische Integration in die Forschung wird somit schwer bis unmöglich. Auf einem internationalen akademischen Arbeitsmarkt kann dies später zu einem bedeutenden Nachteil werden. Besonders wenn man bedenkt, wie dominant die USA, wo man weniger Berührungsängste damit zu haben scheint, in unserer Disziplin sind.</p>
  1376. <p>Aber auch für den Austausch innerhalb der Disziplin, die zweite von mir erwähnte Funktion, ist die Blogaversion problematisch. Während man auf Englisch Thesen im Netz diskutiert, neue Trends entstehen und Ideen in die Welt entlässt, existiert daneben ein paralleles System offline. Dieses ist langsamer und stark eingeschränkt in seiner Reichweite. Von der verpassten Chance zum Austausch und Diffusion über die Sprachgrenze hinaus gar nicht erst zu reden. Ich habe diesen internen Austausch in meinem <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/08/11/lektionen-aus-dem-17-jahrhundert-fuer-die-internationalen-beziehungen/">letzten Blogpost und dem ZIB Artikel</a> mit einer Neuauflage der Republik der Gelehrten verglichen. Das Fach der Internationalen Beziehungen im deutschsprachigen Raum riskiert im Moment, von dieser <em>Res Publica Literaria</em> ausgeschlossen zu bleiben. Die Folgen könnten desaströs sein.<!--nextpage--></p>
  1377. <p>Aber auch im Zusammenhang mit der dritten Funktion, der Kommunikation nach Aussen, riskiert das Fach der Internationalen Beziehungen eine Chance zu verpassen. Eigentlich hat die Disziplin nahezu ideale Voraussetzungen um mit Blogs ein bedeutendes Publikum zu erreichen. Es besteht ein grosses Interesse: Aussenpolitische Themen sind in der Regel sehr populär (man denke zB. an Schweizer Volksabstimmungen, Diskussionspalten und Leserbriefe in Zeitungen, etc). Man kann davon ausgehen, dass es hier auch entsprechend Platz für akademische Stimmen gibt. Dieser Platz wird im Moment leider all zu oft durch (oft selbsternannte) ad hoc Expertinnen und Experten eingenommen.  Im Fach tobt auch immer wieder mal die Diskussion wie relevant die Forschung für die eigentliche Aussenpolitik überhaupt ist (auch das war <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2009/04/18/internationale-beziehungen-wo-sind-all-die-berater-hin/">schon Thema hier im Blog</a>). Es gibt historische Beispiele wo publizierte Texte ganz direkt die Aussenpolitik beeinflusst haben (lange vor der Existenz von Blogs). Da <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/X-Artikel">wäre beispielsweise der Artikel von George Kennan</a> der nach erscheinen die <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Containment-Politik"><em>Containment</em> Politik</a> gegeüber der Sowjetunion prägte (hier ist der <a href="https://www.foreignaffairs.com/articles/23331/x/the-sources-of-soviet-conduct">Artikel in voller Länge</a>). Dank Blogs ist eine solche Publikation viel einfacher, unmittelbarer und eine grosse Leserschaft kann problemlos erreicht werden. So hat <a href="https://www.juancole.com/">Juan Cole von Informed Comment</a>, ein Professor der den Eindruck hatte, in den traditionellen Medien kein Gehör zu finden, via Blog ein riesiges Publikum gefunden. Dank seines Blogs wurde er dann auch schon zu einer Anhörung im Senat als Experte eingeladen, weil er eines der ersten Suchresultate bei Google war. Renommierte Zeitungen wie die Washington Post oder die New York Times haben Blogger in ihrem online Auftritt integriert (zB. <a href="https://www.washingtonpost.com/blogs/monkey-cage/">The Monkey Cage Blog</a> für die Washington Post oder der Nobelpreisträger <a href="https://krugman.blogs.nytimes.com/">Paul Krugman bei der New York Times</a>). Blogs werden gelesen, auch von Entscheidungsträgern.</p>
  1378. <p>Ich werde hier nun mit den drei (etwas zugespitzten) Thesen schliessen, mit denen ich den Artikel bei der ZIB beginne, in der Hoffnung die Diskussion hier weiterführen zu können.</p>
  1379. <ol>
  1380. <li><em></em>Blogs werden in der Zukunft einen wichtigen Platz im wissenschaftlichen Diskurs haben. Darauf muss sich unsere und andere Disziplinen einstellen.</li>
  1381. <li>Die Internationalen Beziehungen eigenen sich gut wenn nicht sogar besser als viele andere sozialwissenschaftliche Fächer um vom Potential von Blogs zu profitieren, insebesondere wenn es um die Kommunikation nach Aussen geht.</li>
  1382. <li>Die Deutschsprachige IB-Welt ist dabei diese wichtige Entwicklung zu verschlafen. Dies könnte desaströse Folgen für die Zukunft des Fachs im deutschsprachigen Raum haben.</li>
  1383. </ol>
  1384. <p>Oder um es in den <a href="https://www.nature.com/nature/journal/v457/n7233/full/4571058a.html">Worten eines Nature Editorials zu sagen</a>: <em>It is good to Blog.</em></p>
  1385. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=1863&amp;md5=67f76bd5e428e7956209808a9974c132" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
  1386. <wfw:commentRss>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/08/22/die-republik-der-gelehrten-2-0-bloggen-zu-internationale-beziehungen/feed/</wfw:commentRss>
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  1389. <item>
  1390. <title>Blogkarneval: Politikwissenschaften, Internationale Beziehungen und das Bloggen</title>
  1391. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/08/22/blogkarneval-politikwissenschaften-internationale-beziehungen-und-das-bloggen/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=blogkarneval-politikwissenschaften-internationale-beziehungen-und-das-bloggen</link>
  1392. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/08/22/blogkarneval-politikwissenschaften-internationale-beziehungen-und-das-bloggen/#comments</comments>
  1393. <pubDate>Fri, 22 Aug 2014 07:56:09 +0000</pubDate>
  1394. <dc:creator><![CDATA[ali]]></dc:creator>
  1395. <category><![CDATA[Geistes- & Sozialwissenschaften]]></category>
  1396. <category><![CDATA[Medien]]></category>
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  1408. <description><![CDATA[Letzte Woche haben das IR Blog, das Bretterblog und ich hier einen Blogkarneval angeregt. Die Idee ist online eine im Forum der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift für Internationale Beziehungen (ZIB) angerissenen Diskussion weiterzuführen. Eine reine offline Diskussion über das Bloggen wäre schliesslich unvollständig. Ich werde in diesem Post laufend die Beiträge dazu sammeln. Es sind&#8230;]]></description>
  1409. <content:encoded><![CDATA[<p>Letzte Woche haben das <a href="https://irblog.eu/">IR Blog</a>, das <a href="https://bretterblog.wordpress.com/">Bretterblog </a>und ich <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/08/11/lektionen-aus-dem-17-jahrhundert-fuer-die-internationalen-beziehungen/">hier einen Blogkarneval angeregt</a>. Die Idee ist online eine im Forum der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift für Internationale Beziehungen (ZIB) angerissenen Diskussion weiterzuführen. Eine reine offline Diskussion über das Bloggen wäre schliesslich unvollständig.</p>
  1410. <p><span id="more-1870"></span></p>
  1411. <p>Ich werde in diesem Post laufend die Beiträge dazu sammeln. Es sind weitere zugesagt worden. Wer automatisch über neue Diskussionsbeiträge informiert werden möchte, kann einfach ein Kommentarabo machen. Ich werden in es jedes mal vermerken, wenn ich diesem Post etwas neues hinzufüge. Wer bei sich im Blog etwas zum Thema geschrieben hat, einfach in den Kommentaren die url posten oder mir eine Mail schreiben.</p>
  1412. <p>Die Beiträge in der ZIB wurden vom Verlag <a href="https://www.zib.nomos.de/__archiv/2014/heft-1/">hier online gestellt</a>. Zwei davon beschäftigen sich direkt mit der Disziplin und der Nutzung von neuen Medien. Einer der sich mit neuen Medien nicht nur als Studienobjekt sondern auch als Forschungswerkzeug interessiert ist dort Kimo Quaintance zum Thema <a href="https://www.zib.nomos.de/fileadmin/zib/doc/Aufsatz_ZIB_14_01_Quaintance.pdf" target="_blank">Teaching IR with New Media</a>. Der Artikel diskutiert die zunehmenden Bedeutung neuer Medien speziell auch in den IB. Der andere Beitrag ist mein eigener (ich habe ihn auch schon verlinkt). Keine Sorge, ihr müsst ihn immer noch nicht lesen,  ich habe <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/08/22/die-republik-der-gelehrten-2-0-bloggen-zu-internationale-beziehungen/" target="_blank">soeben darüber gebloggt</a>.</p>
  1413. <p>Einen ersten Kommentar und Diskussionsbeitrag findet ihr <a href="https://irblog.eu/new-media-international-relations/">im IR Blog</a> (geschrieben von Mathis Lohaus). Dort werden beide Artikel kurz angesprochen und kommentiert. Ein wohl guter Einstieg in die Diskussion.</p>
  1414. <p>Bisher haben mich drei Blogs auf ältere Beiträge hingewiesen, weil sie gerade keine Zeit für einen eigenen Beitrag hatten, die aber gut zum Thema passen:</p>
  1415. <p>Das Theorieblog war verantwortlich für ein Artikel <a href="https://www.theorieblog.de/index.php/2012/11/theorie-in-blogsatz-ein-streifzug-durch-die-weblogs-unserer-disziplin/">in der Zeitschrift für politische Theorie: </a><em><a href="https://www.theorieblog.de/index.php/2012/11/theorie-in-blogsatz-ein-streifzug-durch-die-weblogs-unserer-disziplin/">Theorie in Blogsatz. Ein Streifzug durch die Weblogs unserer Disziplin</a></em> (hier als <a href="https://www.theorieblog.de/wp-content/plugins/download-monitor/download.php?id=12">Download verfügbar</a>). Auch gab es ein <a href="https://www.theorieblog.de/index.php/2011/04/blogs-in-den-sozialwissenschaften/">Theorieblog-Seminar zu Bloggen in den Sozialwissenschaften</a>, dass sich mit solchen Fragen beschäftigte. Dort wird dieser Karenval <a href="https://www.theorieblog.de/index.php/2014/08/viva-blogonia/">nun auch mit eigenem Kommentar beworben</a>.</p>
  1416. <p>Es gab auch schon mal eine Blogparade zum Thema: <a href="https://agora-wissen.blogspot.de/2013/05/blogparade-hilfe-mein-prof-blogt.html"><em>Hilfe mein Prof blogt</em></a> (Agora Wissen). Der Fokus des verlinkten Eintrages liegt auf den Stärken für den Einsatz von Blogs in der Lehre.</p>
  1417. <p>Inhaltlich spezifischer auf die Internationalen Beziehungen bezogen gab es im April ein Ausgabe des <a href="https://wwc.hypotheses.org/113">WeberWorldCafé zum Thema &#8220;Bürger, Blogger, Botschafter: Diplomatie im 21. Jahrhundert</a>.&#8221; Auf dem <a href="https://wwc.hypotheses.org/">Blog</a> finden sich dann auch Interviews zur Rolle der neuen Medien für die Diplomatie. Das nächste WeberWorldCafé findet im September zum Thema 1. Weltkrieg statt.</p>
  1418. <p>Weitere Verlinkungen werden folgen.</p>
  1419. <p>Falls jemand Lust hat etwas beizutragen oder einen Post verlinkt sehen möchten, bitte nur zu! Den Aufruf zur Parade findet man übrigens <a href="https://redaktionsblog.hypotheses.org/2485">auch hier bei hypotheses.org</a>.</p>
  1420. <p><em>Upadate 1</em>: Das Bretterblog ist nun auch mit einem Beitrag online. <a href="https://bretterblog.wordpress.com/2014/08/22/blogs-and-beyond-die-wissenschaft-im-web-2-0-jenseits-von-blogs/">Felix Haass nimmt den Diskussionsfaden auf </a>und diskutiert spezifische Nutzen des Web 2.0 für den Austausch unter Forscherinnen und Forschern. Er bringt auch ein paar neuere Daten zur Social Media Nutzung in der Wissenschaft ein.</p>
  1421. <p><em>Update 2</em>: Ein Beitrag von Junge UN Forschung: <a href="https://jungeunforschung.wordpress.com/2014/08/22/unblogged-wissenschaftliches-bloggen-uber-die-vereinten-nationen/"><em>UNblogged: Wissenschaftliches Bloggen über die Vereinten Nationen</em></a><em> </em>zum Thema, der unter anderem auch der Frage nachgeht ob der Aufwand fürs Bloggen gerade für junge Forscherinnen und Forscher vertretbar ist.</p>
  1422. <p><em>Update 3</em>: Das Sicherheitspolitik-Blog fragt <a href="https://www.sicherheitspolitik-blog.de/2014/08/26/wo-bleibt-die-aussenwirkung-die-diskussion-um-blogs-in-der-deutschen-ib-ist-zu-wissenschaftsfokussiert/"><em>Wo bleibt die Außenwirkung? Die Diskussion um Blogs in der deutschen IB ist zu wissenschaftsfokussiert</em></a>. Im Eintrag findet man unter anderem den interessanten Vergleich mit <em>Policy Papieren</em>. Als Bonus gibt es dazu illustrierend GIFs.</p>
  1423. <p><em>Update 4</em>: Bei der AG Politische Theorie der DNGPS gibt es nun bedenkswertes zu lesen im Eintrag <a href="https://www.agpolitischetheorie.de/wordpress/?p=839"><em>Das Blog als Kommuikationsapparat</em></a>. Die Themen Agenda-Setting und Blogs als Ort der Deliberation werden kritisch ausgeleuchtet und erklärt warum Blogs noch keine bessere Wissenschaft machen.</p>
  1424. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=1870&amp;md5=831f325dbbc66ae75e91de07db99de75" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
  1425. <wfw:commentRss>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/08/22/blogkarneval-politikwissenschaften-internationale-beziehungen-und-das-bloggen/feed/</wfw:commentRss>
  1426. <slash:comments>5</slash:comments>
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  1428. <item>
  1429. <title>Lektionen aus dem 17. Jahrhundert für die Internationalen Beziehungen</title>
  1430. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/08/11/lektionen-aus-dem-17-jahrhundert-fuer-die-internationalen-beziehungen/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=lektionen-aus-dem-17-jahrhundert-fuer-die-internationalen-beziehungen</link>
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  1432. <pubDate>Mon, 11 Aug 2014 09:28:54 +0000</pubDate>
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  1457. <description><![CDATA[Im 17. Jahrhundert gab es eine Art Internet. Es funktionierte ohne Mikrochips, Glasfaserkabel und Computer. Es war entsprechend langsam aber trotzdem sehr effektiv. Man kennt dieses Netz heute als die Republik der Gelehrten. Zeit für einen Vergleich. Die Res Publica Literaria, wie die Republik der Gelehrten ursprünglich in Latein bezeichnet wurde, war ein Netzwerk. Es&#8230;]]></description>
  1458. <content:encoded><![CDATA[<p>Im 17. Jahrhundert gab es eine Art Internet. Es funktionierte ohne Mikrochips, Glasfaserkabel und Computer. Es war entsprechend langsam aber trotzdem sehr effektiv. Man kennt dieses Netz heute als die <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Res_publica_literaria"><em>Republik der Gelehrten</em></a>. Zeit für einen Vergleich.</p>
  1459. <p><span id="more-1849"></span>Die <em>Res Publica Literaria</em>, wie die Republik der Gelehrten ursprünglich in Latein bezeichnet wurde, war ein Netzwerk. Es beschreibt einen extensiven Briefaustausch zwischen Gelehrten. Es gibt eine schöne digitale Visualisierung dieser Korrespondenz. <a href="https://scienceblogs.de/geograffitico/2010/11/18/hightech-fur-die-kulturgeschichte/">Jürgen</a> und <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2010/11/18/die-republik-der-gelehrten-eine-visualisierung-des-briefverkehrs-zu-zeiten-der-aufklarung/">etwas später meine Wenigkeit</a> haben darüber gebloggt. Ergänzt wurde das Gelehrten Netzwerk durch Salons in denen diskutiert, präsentiert, argumentiert, getratscht und Kontakt geknüpft wurden. Befand sich einer dieser Intellektuellen auf Reisen, machte er (und in selteneren Fällen sie) in den wichtigsten Salons und Kaffeehäusern unterwegs Halt. Nicht selten wurden diese Salons übrigens von Frauen betrieben, da dies für sie der gesellschaftlich einfachste oder gar einzige Weg war, an diesem Austausch teilzunehmen.</p>
  1460. <p>Dieses Netzwerk erinnert an was wir heute auf Englisch oft als <em>Scientific Community</em> bezeichnen. Sie funktioniert oft nach ähnlichen Prinzipien. Der grosse Unterschied ist natürlich technologischer Natur. Wir haben das Internet, E-Mail, Telefon, bezahlbare Flugverbindungen, Züge, etc. die die Kommunikation in einem für das 17. Jahrhundert kaum vorstellbarem Mass beschleunigt haben.</p>
  1461. <p>Die nur langsame Akzeptanz von Änderungen hat wohl ihren Anteil daran, dass sich einige dieser Traditionen wie zum Beispiel der Vortrag oder die Gastvorlesung auf der Durchreise hartnäckig halten. Die gleiche Trägheit können aber auch die Übernahme neuer Methoden verlangsamen oder gar verhindern. Nicht wenige Disziplinen nutzen viele Möglichkeiten der jüngsten technologischen Errungenschaften kaum oder gar nicht. Blogs und Twitter finden vielerorts kaum Beachtung, weder zur Wissenschaftskommunikation, noch zum Austausch unter Spezialistinnen und Spezialisten, noch in der Lehre.</p>
  1462. <p>Auch in meinem Fach, den Internationalen Beziehungen, scheint es Widerstand zu geben. Besonders interessant finde ich, wie sich ein Unterschied zwischen der Deutschsprachigen und der Englischsprachigen Welt herausbildet (ein Blick auf meine Blogroll illustriert diese Diskrepanz). Ich wurde vor einer Weile von der <a href="https://www.zib.nomos.de/">Zeitschrift für Internationale Beziehungen</a> (ZIB) um einen Forumsbeitrag zum Thema &#8220;Blogs und Internationale Beziehungen&#8221; angefragt. Dieser ist nun mit anderen Beiträgen zum Thema in der jüngsten Ausgabe der ZIB erschienen.</p>
  1463. <p>Um nicht nur offline über &#8220;online&#8221; zu diskutieren, hat sich der Verlag bereit erklärt, die verschiedenen Forumsbeiträge der ZIB ins Netz zu stellen. Ich bin dabei mit befreundeten IB Blogs im deutschsprachigen Raum einen Blogkarneval dazu zu organisieren. Dieser ist auf spätestens nächste Woche geplant (IB oder nicht, wer mitmachen will, ist herzlich willkommen, bitte einfach kurze Mail an mich).</p>
  1464. <p>Wer meinen Beitrag schon mal lesen möchte, diesen findet man hier:</p>
  1465. <p><strong><a href="https://www.zib.nomos.de/fileadmin/zib/doc/Aufsatz_ZIB_14_01_Arbia.pdf"><em>Die Republik der Gelehrten 2.0</em></a></strong> (ZIB 2014/1).</p>
  1466. <p>Die anderen Beiträge kann man <a href="https://www.zib.nomos.de/__archiv/2014/heft-1/">hier herunterladen</a>. Mehr folgt.</p>
  1467. <p>&nbsp;</p>
  1468. <p>&nbsp;</p>
  1469. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=1849&amp;md5=c722fa4405665aadaeedbc5e7c80415d" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
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  1473. <item>
  1474. <title>Fussballversteher beim Schweizer Fernsehen</title>
  1475. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/07/04/fussballversteher-beim-schweizer-fernsehen/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=fussballversteher-beim-schweizer-fernsehen</link>
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  1477. <pubDate>Fri, 04 Jul 2014 13:23:15 +0000</pubDate>
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  1495. <description><![CDATA[Heute Abend geht es weiter mit der WM. Obwohl ich ein selbstdeklarierter Passivsportmuffel bin werde ich mir natürlich die Spiele auch ansehen.  Ich muss ich hier aber zuerst einen Kommentar zu etwas loswerden, dass mir beim Schauen einiger der bisherigen Spiele im Deutschschweizer Fernsehen aufgefallen ist und mich geärgert hat. Wo bleiben die Fussballexpertinnen? Das&#8230;]]></description>
  1496. <content:encoded><![CDATA[<p>Heute Abend geht es weiter mit der WM. Obwohl ich ein selbstdeklarierter Passivsportmuffel bin werde ich mir natürlich die Spiele auch ansehen.  Ich muss ich hier aber zuerst einen Kommentar zu etwas loswerden, dass mir beim Schauen einiger der bisherigen Spiele im Deutschschweizer Fernsehen aufgefallen ist und mich geärgert hat. Wo bleiben die Fussballexpertinnen?</p>
  1497. <p><span id="more-1836"></span>Das Schweizer Fernsehen scheint keine einzige Frau zu finden (oder habe ich sie vielleicht verpasst?), die im Fussballstudio zum Plattitüden-Reigen beitragen kann und uns die Fussballwelt mit den offensichtlich sehr beliebten pseudostatistischen Analysen erklären kann. Dabei hängt die Messlatte nicht sonderlich hoch. Ja man wäre direkt froh, wenn sie überhaupt mal jemand vom Boden aufheben würde.</p>
  1498. <p>Liebes SRF, das kann doch nicht so schwer sein! Der zaghafte Versuch eine <a href="https://www.srf.ch/sendungen/fifa-wm-viva-brasil/viva-brasil-vom-29-juni">Schiedsrichterin zumindest für die Pausenunterhaltung einzuladen</a> war durchaus lobenswert. Ich bin mir jedoch nicht ganz sicher, wie ich es zu interpretieren habe, dass sie mit einem Komiker vorgeführt wurde. Eine <a href="https://www.google.ch/search?q=aur%C3%A9lie+bollier&amp;ie=utf-8&amp;oe=utf-8&amp;aq=t&amp;rls=org.mozilla:en-US:official&amp;client=firefox-a&amp;gfe_rd=cr&amp;ei=u5a2U8_xCOzI8gfX7ICQCw#q=aur%C3%A9lie+bollier&amp;rls=org.mozilla:en-US:official&amp;tbm=nws">schnelle Google-Suche </a>nach Medienberichte über besagte Aurélie Bollier zeigt auch, welche Qualitäten man als unparteiische haben muss, um von den Medien wahrgenommen zu werden (&#8220;die schönste Schiedsrichterin der Schweiz &#8211; Auf dem Feld wird ihr regelmässig nachgepfiffen&#8221;, &#8220;unsere Schiri-Lady (&#8230;) so sexy wie nie&#8221;). Und bei SRF sieht man das anscheinend genau so. Vermutlich kann sie sich glücklich schätzen dieses mal <a href="https://www.srf.ch/unterhaltung/people/schweiz/aurelie-bollier-die-schoenste-schiedsrichterin-der-schweiz">nicht in der Kategorie People/Unterhaltung gelandet zu sein</a>. Ich muss die ganzen Fotos von <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Urs_Meier">Urs Meier</a> wie er sich leicht bekleidet vor einem Sofa räkelt und die Nacktfotos von <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Massimo_Busacca">Massimo Busacca</a> am Torpfosten wohl verpasst haben. Das ist verständlich, denn ich lese <a href="https://www.20min.ch/">20 Minuten</a> auch fast nie und schaue normalerweise keine Sportsendungen.</p>
  1499. <p>Nun habe ich so eine Befürchtung was in den Kommentarspalten folgen wird. Ein passiv-agressives indigniertes &#8220;<em>so what</em>?&#8221; wird wohl noch zum harmloseren gehören. Man(n) wird mir vorrechnen, dass es halt kaum Frauen gibt die auf diesem Niveau im Fussball involviert sind (Krokodilstränen sind hier optional), dass es sich nun mal um ein Männerturnier handle und dass der Auftritt mit Rocchi im Schweizer Fernsehen ja gut war und mir einfach der Humor fehle.<sup>1</sup> Er fehlt mir schliesslich auch schon damals um den ZDF Waschmaschienenen Trailer für die Frauen Fussball EM  richtig zu interpretieren.</p>
  1500. <p style="text-align: center;"><iframe src="//www.youtube.com/embed/rx4jAEyVJHE" height="315" width="560" allowfullscreen="" frameborder="0"></iframe></p>
  1501. <p>Reine Männerrunden im Schweizer Fernsehen reflektieren vielleicht die realen Zahlen im Sport. Dies ist aber keine Rechtfertigung, sondern das Problem. Damit sich diese einmal ändert braucht es eben Fussballfrauen als Vorbilder, Expertinnen die zeigen, dass sie mindestens genau so gut das Sportstudio mit CO<sub>2</sub> anreichern können, wie das von den vielen geleadenen Fussballversteher (wie auch im Titel natürlich <em>kein</em> generisches Maskulinum!) die ganze Zeit getan wird.</p>
  1502. <p>Feste Rollenbilder in den Köpfen werden nämlich nicht durch abwarten geändert, sondern durch aktives entgegenhalten. Es sind diese kleinen Dinge, die etwas in Bewegung setzen.</p>
  1503. <p>Die beiden nachfolgenden Werbeclips, die viele von euch vermutlich inzwischen schon gesehen haben, bringen das Problem gut auf den Punkt. Dass inzwischen mit solchen feministischen Positionen Werbung gemacht wird, lässt hoffen. Tritt doch gerade die Werbebranche in der Regel eher durch das zementieren von Rollenbildern hervor. Wenn es sich sogar dort rumgesprochen hat, sollte man doch von einem öffentlich rechtlichen Sender auch etwas mehr Anstrengungen fordern können: <a href="https://www.srf.ch/kontakt">Also liebes SRF: Wo bleiben die Expertinnen in eurem WM Studio?</a></p>
  1504. <p style="text-align: center;"><iframe src="//www.youtube.com/embed/XjJQBjWYDTs" height="315" width="560" allowfullscreen="" frameborder="0"></iframe></p>
  1505. <p style="text-align: center;"><iframe src="//www.youtube.com/embed/XP3cyRRAfX0" height="315" width="560" allowfullscreen="" frameborder="0"></iframe></p>
  1506. <p style="font-size: 11px;"><sup>1</sup> Man muss <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Rainer_Maria_Salzgeber">Rainer Maria Salzgeber</a> fairerweise zu gute halten, dass er ihr tatsächlich einige nur die Schiedsrichterei betreffende Fragen stellte und so die schlimmsten Peinlichkeiten einigermassen umschiffte. Aber das kann kaum reichen um einen öffentlichen Auftrag wahrzunehmen.</p>
  1507. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=1836&amp;md5=656ad03ef37c60483bbc24732b6e2ad4" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
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  1511. <item>
  1512. <title>Randnotiz zu Verschwörungstheorien: Staatliche Allmacht und Realität</title>
  1513. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/06/05/randnotiz-zu-verschwoerungstheorien-staatliche-allmacht-und-realitaet/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=randnotiz-zu-verschwoerungstheorien-staatliche-allmacht-und-realitaet</link>
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  1515. <pubDate>Thu, 05 Jun 2014 11:37:38 +0000</pubDate>
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  1527. <description><![CDATA[Bei der Lektüre eines New York Times Artikels, den ich mir vor einer Weile auf die Leseliste gesetzt habe, erinnerte mich, an einen Blogeintrag, den ich vor ein paar Tagen schreiben wollte. Viele politische Verschwörungstheorien basieren auf der Annahme, dass eine schon fast allmächtige Regierung (mit Vorliebe jene der USA) einen Stein ins Rollen bringt,&#8230;]]></description>
  1528. <content:encoded><![CDATA[<p>Bei der Lektüre <a href="https://www.nytimes.com/2014/05/27/world/africa/us-trains-african-commandos-to-fight-terrorism.html?emc=edit_th_20140527&amp;nl=todaysheadlines&amp;nlid=57905641&amp;_r=1">eines New York Times Artikels, den ich mir vor einer Weile auf die Leseliste gesetzt habe</a>, erinnerte mich, an einen Blogeintrag, den ich vor ein paar Tagen schreiben wollte. Viele politische Verschwörungstheorien basieren auf der Annahme, dass eine schon fast allmächtige Regierung (mit Vorliebe jene der USA) einen Stein ins Rollen bringt, der dann durch diverse Reaktionen eine Situation schafft, die den Strippenziehenden für ihr Vorhaben entgegenkommt. Gleichzeitig gibt es da immer einen Fehler im grossen Plan, den jemand mit einem Internetanschluss problemlos entdecken kann und damit die ganze Verschwörung hochgehen lassen kann. Ich bin in den letzten Wochen über zwei Beispiele gestolpert, die gut illustrieren, dass wohl nur der zweite Teil, die fehlende Kompetenz, wirklich eine plausible Annahme ist. <span id="more-1827"></span></p>
  1529. <p>Da war zuerst die Geschichte vom CIA Stationschef in Afghanistan. Als US Präsident Obama vor zwei Wochen eine Stippvisite in Afghanistan machte, wurde der <a href="https://www.theguardian.com/world/2014/may/26/identification-cia-station-chief-afghanistan-reporter">Name des CIA Chefs in Afghanistan auf einer Liste genannt und an 6&#8217;000 Journalistinnen und Journalisten gesandt</a>. Der Name war einer von 15 Teilnehmenden eines Besuches auf einer Militärbasis. Er wurde von einer Stelle des US Militärs aufgelistet und die Medienstelle des Weissen Hauses hat diese Liste unverändert an die Medien weitergeleitet. Gemerkt hat man den Fehler dort erst, nachdem ein Journalist der Washington Post darauf hingewiesen hat. Man hat die Medien dann gebeten, den Namen bitte nicht öffentlich zu machen. Fairerweise muss man sagen, dass so ein Stationschef auch einigen Afghanischen Regierungsstellen bekannt ist und darum vielleicht sogar weiterarbeiten kann. Es geht mir hier eher um die bürokratischen Prozeduren, die einen solchen &#8220;Unfall&#8221; überhaupt möglich gemacht haben.</p>
  1530. <p>Das zweite Beispiel zeigt, dass man zwar versucht sich die Umwelt zu schaffen, die man gerne hätte, dass es sich aber um sehr komplexe Systeme handelt und es schnell auch das Gegenteil bewirken kann. Man mag Politik wie ein Schachspiel betreiben, aber diese wird nie auch nur annähernd so berechenbar sein.</p>
  1531. <p>Ein paar Kilometer ausserhalb der Libyschen Hauptstadt gibt es eine Basis, die unter dem Namen <em>Base 27</em> (oder <em>Camp Younis</em>) bekannt ist. <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/United_States_Army_Special_Forces_Command_%28Airborne%29">Green Berets </a>haben diese Militärbasis benutzt um 2012 eine libysche Anti-Terroreinheit auszubilden. Sie überliessen dort den Libyern auch Waffen, Nachtsichtgeräte und anderes Material in Gewahrsam für entsprechende Einsätze. Die Ausbildung wurde nach den Angriffen auf die US Botschaft in Benghazi suspendiert. Base 27 wurde später aber von Milizionären eingenommen und das Material konfisziert. <a href="https://www.thedailybeast.com/articles/2014/04/23/jihadists-now-control-secretive-u-s-base-in-libya.html">Es wird behauptet, dass diese Miliz aus Salafisten bestand und Verbindungen mit Al-Kaida hätte</a>. Der Artikel ist etwas reisserisch aber die meisten Fakten sind wohl korrekt. Was die ideologische Ausrichtung der Miliz und ihre Vernetzung betrifft ist wohl gewisse Vorsicht geboten, da dies im libyschen Kontext alles andere als einfach ist und solche Etiketts nicht immer viel bedeuten müssen.</p>
  1532. <p>Die beiden Beispiel zeigen gut die politische Realität auf: Regierungen operieren mit sehr beschränktem Wissen, sie sind mit einer grossen Zahl von Faktoren konfrontiert, die sie nicht kontrollieren können und grosse Administrationen begehen regelmässig Fehler auch wenn es um Geheimhaltung geht. Darum kann man davon ausgehen, dass komplexe Verschwörungen nur in Dan Brown Romanen funktionieren. Je mehr Leute involviert sind, je grandioser der Plan und je länger die Kette zwischen Aktion und der vermeintlich gewünschten Reaktion ist, desto unplausibler ist das Szenario.</p>
  1533. <p>&nbsp;</p>
  1534. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=1827&amp;md5=2c98a0d4594ccfcb7436afd175d64f82" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
  1535. <wfw:commentRss>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/06/05/randnotiz-zu-verschwoerungstheorien-staatliche-allmacht-und-realitaet/feed/</wfw:commentRss>
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  1538. <item>
  1539. <title>Der Rassismus der Stickstoffdioxid Moleküle</title>
  1540. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/05/30/der-rassismus-der-stickstoffdioxid-molekuele/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=der-rassismus-der-stickstoffdioxid-molekuele</link>
  1541. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/05/30/der-rassismus-der-stickstoffdioxid-molekuele/#comments</comments>
  1542. <pubDate>Fri, 30 May 2014 11:13:47 +0000</pubDate>
  1543. <dc:creator><![CDATA[ali]]></dc:creator>
  1544. <category><![CDATA[Geistes- & Sozialwissenschaften]]></category>
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  1546. <category><![CDATA[Politik]]></category>
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  1548. <category><![CDATA[epa]]></category>
  1549. <category><![CDATA[rassismus]]></category>
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  1556.  
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  1558. <description><![CDATA[Ein Dauerbrenner in der Drehtür typischer Internetdiskussionen ist die offensichtliche Schwierigkeit vieler Menschen zu verstehen, dass Rassismus1 nicht unbedingt von einer Einzelperson ausgehen muss. Vor kurzem stiess ich auf ein gutes Beispiel für strukturelle Diskriminierung: Rassistisches Stickstoffdioxid in den USA. Auch in diesem Blog drehte sich schon so manche Diskussion am Ende oft um die&#8230;]]></description>
  1559. <content:encoded><![CDATA[<p>Ein Dauerbrenner in der Drehtür typischer Internetdiskussionen ist die offensichtliche Schwierigkeit vieler Menschen zu verstehen, dass Rassismus<sup>1</sup> nicht unbedingt von einer Einzelperson ausgehen muss. Vor kurzem stiess ich auf ein gutes Beispiel für strukturelle Diskriminierung: Rassistisches Stickstoffdioxid in den USA.<span id="more-1813"></span></p>
  1560. <p>Auch in diesem Blog drehte sich schon so manche Diskussion am Ende oft um die Frage der Absicht: Es gäbe ja gar keine direkte Diskriminierung, dies oder das sei gar nicht rassistisch gemeint gewesen oder Person X oder Y hätte sich nie rassistisch geäussert (man denke beispielsweise an den wütenden weissen alten Mann, Pat Condell). Die Unmöglichkeit, die eigentliche Intention zu kennen wird dann zum Totschläger. Es wird nach Belegen gerufen, die in Kombination mit einem geforderten naiven Literalismus einen Standard für die Beweislast schaffen, der nicht erreicht werden kann. Fast jede Form von Rassismus (ausser in seiner krudesten Ausprägung) verschwindet so aus unserer Gesellschaft. Aber lassen wir für einen Moment diesen definitorischen Trick gelten. Ein Problem bleibt weiterhin bestehen ganz unabhängig von den guten oder bösen Absichten einer Einzelperson: Rassismus kann strukturell sein.<sup>2</sup> Manchmal diskriminiert das System.</p>
  1561. <p>Dieses Prinzip scheint für einige schwer zu akzeptieren sein. Vielleicht ist es zu abstrakt, vielleicht ist es ein zutiefst menschliche Reaktion, dass Diskriminierung eine Akteurin oder einen Akteur benötigt. Jemand mit freiem Willen und einem klar zu erkennenden Entscheidungspunkt, an dem dann ein moralische Urteil festgemacht werden kann. Nun bin ich bei der Lektüre eines Artikels im britischen The Economist auf ein schönes Beispiel gestossen um die Problematik von strukturellem Rassismus zu verdeutlichen: Die US Umweltbehörde EPA (<em>Environmental Protection Agency</em>)  hat nämlich <a href="https://www.economist.com/news/united-states/21602735-air-getting-cleaner-less-so-non-whites-colour-pollution">herausgefunden, dass Stickstoffdioxid rassistisch ist</a>.</p>
  1562. <p style="font-size: 11px;"><a href="https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/05/NO2.png?ssl=1"><img class="aligncenter size-full wp-image-1819" alt="NO2" src="https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/05/NO2.png?resize=437%2C600&#038;ssl=1" width="437" height="600" srcset="https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/05/NO2.png?w=437&amp;ssl=1 437w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/05/NO2.png?resize=218%2C300&amp;ssl=1 218w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/05/NO2.png?resize=65%2C90&amp;ssl=1 65w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/05/NO2.png?resize=429%2C590&amp;ssl=1 429w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/05/NO2.png?resize=324%2C446&amp;ssl=1 324w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/05/NO2.png?resize=145%2C200&amp;ssl=1 145w, https://i0.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/05/NO2.png?resize=150%2C205&amp;ssl=1 150w" sizes="(max-width: 437px) 100vw, 437px" data-recalc-dims="1" /></a>Quelle:  <em><a href="https://www.plosone.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pone.0094431">National Patterns in Environmental Injustice and Inequality: Outdoor NO2 Air Pollution in the United States</a>, </em>Lara P. Clark, Dylan B. Millet, and Julian D. Marshall</p>
  1563. <p>Lara Clark, Dylan Millet und Julian Marshall von der University of Minnesota <a href="https://personal.ce.umn.edu/~marshall/NO2_white_nonwhite.php">haben die Daten der letzten Volkszählung mit Karten zu Stickstoffdioxid Belastung verglichen </a>und eine Korrelation gefunden: Die Hautfarbe (oder vielleicht besser: Die in der Volkszählung angekreuzte Kategorie unter &#8220;Race&#8221;) hat einen Zusammenhang mit der Luftbelastung (vollständige Studie <a href="https://www.plosone.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pone.0094431">findet man hier</a>). Nun ist es nicht weiter erstaunlich, dass in ärmeren Gebieten die Verschmutzung höher ist. Das ist ein bekanntes Phänomen. Billigere Mieten, sonstige Bevölkerungsgeografie und vielleicht auch mangelnder politischer Einfluss tragen wohl ihren Teil dazu bei. Interessant ist hingegen, dass selbst nachdem auf Einkommen kontrolliert wurde, der Zusammenhang bestehen blieb: Nicht-Weisse werden in den USA mehr mit Stickstoffdioxid belastet als Weisse.</p>
  1564. <p>Natürlich sind es nicht die Stickstoffdioxid Moleküle die diskriminieren. Es versprüht auch nirgendwo ein Apartheitsfan Stickstoffdioxid in vornehmlich von nicht-weissen bewohnten Stadtvierteln. Es ist ein anderer Mechanismus am Werk. Diesen kennt man nicht wirklich. Eine im Artikel erwähnte Theorie ist, dass viele eher in Viertel ziehen, das schon von der eigenen demografischen Gruppe bewohnt wird. Aber egal was der Grund ist, so funktioniert struktureller Rassismus. Ganz ohne glatzköpfigen Bösewicht mit Swastika-Tätowierung, ganze ohne Schreibtischtäter, ganz ohne diskriminierendes Gesetz ist man je nach Hautfarbe mehr oder weniger einem Schadstoff ausgesetzt. Diese Diskriminierung ist noch dazu tödlich. Die Autorinnen und Autoren schätzen, dass eine Angleichung der Belastung jährlich 7&#8217;000 Menschenleben retten würde. Es gibt ihn also doch, den Rassismus und er tötet.</p>
  1565. <p style="font-size: 11px;"><sup>1</sup> Eine Fussnote für jene, die nur eine absolut wörtliche Auslegung von Begriffen akzeptieren: Wenn ihr unter dem Eindruck steht, dass Rassismus nur auf dem Gedankengebäude der Rassenlehre längst vergangener Zeiten basieren kann und jedes Vorurteil, das sich nicht explizit gegen eine so definierte &#8220;Rasse&#8221; richtet <em>per se </em> <em>nicht</em> Rassismus <em>sein kann</em>, dann spart euch die Energie deswegen zu kommentieren. Denkt euch &#8220;Xenophobie&#8221; oder &#8220;Diskriminierung auf der Basis von Phänotyp&#8221; oder so etwas ähnliches. Diesen Strohmann werden wir ein anderes mal verbrennen müssen.</p>
  1566. <p style="font-size: 11px;"><sup>2</sup> Das gleiche gilt auch für andere Formen der Diskriminierung zum Beispiel bei Sexismus (ein gutes Beispiel wäre wohl die Lohnungleichheit). Ich beschränke mich hier aber wegen des folgenden Beispiels auf die Rassismus frage.</p>
  1567. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=1813&amp;md5=0de8af7d63550e4ff094a18e1d79646f" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
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  1571. <item>
  1572. <title>Libyen: Das Auseinanderfallen eines Staates</title>
  1573. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/05/28/libyen-das-auseinanderfallen-eines-staates/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=libyen-das-auseinanderfallen-eines-staates</link>
  1574. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/05/28/libyen-das-auseinanderfallen-eines-staates/#comments</comments>
  1575. <pubDate>Wed, 28 May 2014 14:31:11 +0000</pubDate>
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  1577. <category><![CDATA[Internationale Politik]]></category>
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  1590. <description><![CDATA[Gestern hat Washington den US-Bürgerinnen und Bürger in Libyen nahegelegt, das Land &#8220;unverzüglich zu verlassen.&#8221; Die Sicherheitssituation sei &#8220;unvorhersehbar und instabil.&#8221; Gleichzeitig wurde die USS Bataan mit 1&#8217;000 Marines Besatzung zum Bereitschaftsdienst in die Region gesandt, sollte eine Evakuierung nötig werden. Dies ist nur ein neuer Kulminationspunkt einer Krise, die seit Monaten schwelt. Da ich&#8230;]]></description>
  1591. <content:encoded><![CDATA[<p>Gestern hat Washington den US-Bürgerinnen und Bürger in Libyen <a href="https://www.reuters.com/article/2014/05/28/us-libya-violence-usa-idUSKBN0E72TP20140528">nahegelegt, das Land &#8220;unverzüglich zu verlassen</a>.&#8221; Die Sicherheitssituation sei &#8220;unvorhersehbar und instabil.&#8221; Gleichzeitig wurde die <a href="https://rt.com/news/161832-marines-warship-libya-coast/">USS Bataan mit 1&#8217;000 Marines Besatzung zum Bereitschaftsdienst in die Region gesandt</a>, sollte eine Evakuierung nötig werden. Dies ist nur ein neuer Kulminationspunkt einer Krise, die seit Monaten schwelt. Da ich den Eindruck habe, dass nicht sehr prominent (falls überhaupt) über Libyen berichtet wird, hier eine kurze (und zwangsläufig oberflächliche) Anatomie eines auseinanderfallenden Staates.<span id="more-1800"></span></p>
  1592. <p>Tripoli ist vielen Hauptstädten Westeuropas ähnlich nah (oder vielleicht besser: weit weg) wie Kiev. Trotzdem scheinen sich die geopolitischen Sorgenfalten vor allem beim Blick in den Osten zu bilden und viel weniger wenn man in den Süden blickt. Dies soll kein &#8220;warum berichten die Medien nicht mehr über&#8230;&#8221; Eintrag werden. Ich will nur kurz den Schweinwerfer etwas verschieben, weil nach den Ereignissen der letzten Tage (jene, die auch zur Evakuationsaufforderung durch die US Regierung geführt haben) Libyen vermutlich an einem Wendepunkt steht. Ob sich die Dinge zum Guten wenden werden ist im Moment noch ungewiss, die Situation wird als <a href="https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/comments/2014C25_lac.pdf">nicht sehr rosig eingeschätzt</a> (pdf, Englisch, Wolfram Lacher für die Stiftung Wissenschaft und Politik).</p>
  1593. <p><a href="https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/05/FCO_306_-_Libya_Travel_Advice_Ed2__WEB_.jpg?ssl=1"><img class="aligncenter  wp-image-1801" alt="FCO 312 - Nigeria Travel Advice Ed2 [WEB]" src="https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/05/FCO_306_-_Libya_Travel_Advice_Ed2__WEB_.jpg?resize=430%2C364&#038;ssl=1" width="430" height="364" srcset="https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/05/FCO_306_-_Libya_Travel_Advice_Ed2__WEB_.jpg?w=430&amp;ssl=1 430w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/05/FCO_306_-_Libya_Travel_Advice_Ed2__WEB_.jpg?resize=354%2C300&amp;ssl=1 354w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/05/FCO_306_-_Libya_Travel_Advice_Ed2__WEB_.jpg?resize=106%2C90&amp;ssl=1 106w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/05/FCO_306_-_Libya_Travel_Advice_Ed2__WEB_.jpg?resize=236%2C200&amp;ssl=1 236w, https://i1.wp.com/scienceblogs.de/zoonpolitikon/files/2014/05/FCO_306_-_Libya_Travel_Advice_Ed2__WEB_.jpg?resize=150%2C126&amp;ssl=1 150w" sizes="(max-width: 430px) 100vw, 430px" data-recalc-dims="1" /></a></p>
  1594. <p style="text-align: center;"><em>Karte mit den Reisewarnungen für Libyen der Britischen Regierung</em></p>
  1595. <p>&nbsp;</p>
  1596. <p>In den letzten Wochen drohte die <a href="https://www.reuters.com/article/2014/03/08/us-libya-oil-idUSBREA2709K20140308">Regierung mit dem Bombardement </a>eines unter Nordkoreanischer Flagge fahrenden Öltankers in einem Libyschen Hafen, weil dieser ohne ihre Erlaubnis Öl für lokale Machthaber verkaufen sollte. Der Öltanker wurde am Ende von <a href="https://www.reuters.com/article/2014/03/22/us-libya-oil-fighting-idUSBREA2L06020140322">US Marines gekapert und zurückgebracht</a>. Ein Premierminister wurde von einer Gruppe, die eigentlich für die Sicherheit in der Hauptstadt angeheuert wurden, <a href="https://www.theguardian.com/world/2013/oct/10/libyan-prime-minister-kidnapped">entführt</a>. Der nächste Premier war nur <em>ad interim</em> eingesetzt, trat dann aber zurück, <a href="https://edition.cnn.com/2014/04/13/world/africa/libya-prime-minister-attack/">nachdem seine Familie attackiert und beschossen wurde</a>. Er versprach weiter zu machen bis ein Ersatz gefunden wurde. Dieser Ersatz wurde gewählt (mit Verzögerung, da das unbeliebte Übergangsparlament, an dessen Legitimität es auch Zweifel gibt, nach dem ersten Wahlgang von bewaffneten gestürmt wurde). Es ist aber <a href="https://www.economist.com/blogs/pomegranate/2014/05/libya">nach wie vor umstritten</a>, ob er das nötige Quorum tatsächlich erreicht hatte. Dies sind nur ein paar der klarsten Symptome des vorherrschenden Chaos, Symptome die es normalerweise in unsere Nachrichten geschafft haben. Vielleicht nicht prominent, aber es wurde darüber berichtet.</p>
  1597. <p>Das grosse Problem ist, dass die Zentralregierung kaum noch Kontrolle ausübt. Ein schwach gehaltener Staat konnte das Gewaltmonopol nach dem Abgang von Gaddafi nicht sichern . Darum bezahlte man Milizen um die Sicherheit zu gewährleisten. Diese Milizen haben sehr unterschiedliche Loyalitäten, verfolgen eigene politische Ziele und sind die einzigen Kräfte mit echter Durchsetzungsfähigkeit. Einen guten Überblick findet man <a href="https://www.bbc.com/news/world-middle-east-19744533">hier</a> (BBC) und <a href="https://www.aljazeera.com/news/middleeast/2014/05/libya-armed-groups-explained-201452293619773132.html">hier </a>(Al Jazeera).</p>
  1598. <p>Nun hat sich in diesem Chaos die Lage noch zusätzlich zugespitzt. Ein abtrüniger General (Khalifa Haftar)<sup>1</sup> hat beschlossen in Benghazi eine Bombenkampagne gegen, gemäss eigenen Angaben, islamistische Milizen zu starten. Dies hat die Luftwaffe dazu gebracht, eine Flugverbotzone gegen sich selber über der Stadt auszurufen. Innerhalb von zwei Tagen gab es Kämpfe in Tripoli. Anhänger des General stürmten dabei das Parlament. Ein bisschen später flauten diese Kämpfe zwar wieder ab, doch brodelt der Vulkan weiter und die Gewalt kann jederzeit erneut ausbrechen. Inzwischen haben sich diverse Minister, Milizen oder eine <a href="https://www.aljazeera.com/news/africa/2014/05/libya-special-forces-join-renegade-general-201452055015140299.html">militärische Spezialeinheiten </a>auf die Seite des Generals Haftar gestellt. Gleichzeitig hat das Übergangsparlament, trotz Gewaltandrohung getagt und dem neuen Premier und sein Kabinett das Vertrauen ausgesprochen (<a href="https://www.theguardian.com/world/2014/may/25/libya-maiteeq-prime-minister-congress-parliament-confidence">Guardian </a>und <a href="https://www.aljazeera.com/news/middleeast/2014/05/libyan-prime-minister-wins-confidence-vote-2014525144613242860.html">Al Jazeera</a>). Für Ende Juni sind Neuwahlen des Übergangsparlamentes angesagt.</p>
  1599. <p>Die komplexen und fluiden Fronten scheinen sich mehr und mehr entlang dem Graben der Anti-Islamisten (der General Haftar und seine Anhänger) einerseits, und den Islamisten eher wohlwollend gesinnten Milizen und Gruppen (unter anderem das Parlament, der neue Premier oder <a href="https://english.alarabiya.net/en/News/middle-east/2014/05/21/Libya-rebels-slam-rogue-General-Haftar-as-loser-.html">eine schlagkräftige unter dem Namen <em>Libyan Revolutionary Operation Room</em> bekannte Miliz</a>) anderseits zu formieren. Dies ist aber im besten Fall eine Orientierungshilfe. Eine Analyse die die Situation auf Pro-Islamisten gegen Anti-Islamisten verkürzt ist zu simplistisch und wird dem hochkomplizierten Gewirr von Allianzen und Loyalitäten in Libyen nicht gerecht.<!--nextpage--></p>
  1600. <p>Nun was tun die westlichen Staaten, war doch die NATO nicht ganz unbeteiligt bei der Entstehung dieser Situation (<a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Internationaler_Milit%C3%A4reinsatz_in_Libyen_2011">wir erinnern uns</a>)? Nicht viel. Es ist auch nicht klar wie viel sie tun könnten. Im Moment klammert man sich an die Hoffnung einen Dialog zwischen den verschiedenen Kräften herbeizuführen. Die Erfolgsaussichten sind im Moment nicht sehr gut (zum Beispiel im Eingangs verlinkten Papier der SWP wird argumentiert, dass ein solcher Dialog von den Libyern selbst kommen müsste). Die Alternative ist wohl, dass sich die militärisch Stärkeren durchsetzen werden. Es bleibt zu hoffen, dass nicht in einem innerlibyschen Kräftemessen herausgefunden werden muss, wer der Stärkere ist. Die Frage könnte sich in den nächsten Tagen beantworten.</p>
  1601. <p style="font-size: 11px;"><sup>1</sup> Dieser General ist eigentlich ein eigener Eintrag wert: In Gaddafis Auftrag kämpfte er in Tschad, wurde von Gaddafi verstossen, wendete sich gegen diesen, organisierte einen bewaffneten Widerstand aus Tschad und lebte dann über 10 Jahre in den USA. Eine ausgezeichnete Nährlösung für Verschwörungstheorien und darum nicht gerade legitimitätsfördernd.</p>
  1602. <p>Nachtrag: Für jene, die auf Twitter sind und die Ereigniss in Libyen genauer mitverfolgen möchten, <a href="https://twitter.com/zoonpolitikon/lists/libya">habe ich eine Liste (auf Englisch) erstellt</a>. Darauf befinden sich auch mehrere fleissig tweetende Korrespondentinnen und Korrespondenten von grösseren Zeitungen. Für mich ist das im Moment eine der besten Informationsquellen zu Libyen.</p>
  1603. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=1800&amp;md5=e31198d28832c5f600f4b41e9347168a" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
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  1607. <item>
  1608. <title>Christianismus und Folter</title>
  1609. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/04/29/christianismus-und-folter/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=christianismus-und-folter</link>
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  1611. <pubDate>Tue, 29 Apr 2014 14:07:18 +0000</pubDate>
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  1613. <category><![CDATA[Kommentar]]></category>
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  1629. <description><![CDATA[Inzwischen ist es eigentlich schon fast ein Gebot: Du sollst der Sarah Palin keine Plattform bieten! Jedes mal finde ich aber wieder einen guten Grund warum ich es doch tue. Insofern funktioniert das Konzept Palin leider halt zu gut. Heute dient sie zu einer Illustration eines Argumentes, dass hier immer wieder in Diskussionen zum Islamismus&#8230;]]></description>
  1630. <content:encoded><![CDATA[<p>Inzwischen ist es eigentlich schon fast ein Gebot: Du sollst der Sarah Palin keine Plattform bieten! Jedes mal finde ich aber wieder einen guten Grund warum ich es doch tue. Insofern funktioniert das Konzept Palin leider halt zu gut. Heute dient sie zu einer Illustration eines Argumentes, dass hier immer wieder in Diskussionen zum Islamismus aufgetaucht ist.</p>
  1631. <p><span id="more-1790"></span>Der wandelnde Talking-Points-Zufallsgenerator aus Alaska hat wieder zugeschlagen. Es geht um einen Satz, der ihr in eine Rede geschrieben wurde und der uns allen die Haare zu Berge stehen lassen sollte. Nachdem sie etwas von &#8220;die Furcht Gottes in die Herzen der Feinde Amerikas&#8221; zu bringen faselte (weil die verweichlichte Linke &#8220;den Jihadis&#8221; kein Haar krümmen will natürlich), erklärte sie, aus welchem harten US-Amerikanischen Holz sie geschnitzt ist:</p>
  1632. <blockquote><p>Well, if I were in charge …. They would know that waterboarding is how we baptize terrorists.</p>
  1633. <p>Also, wenn ich das Sagen hätte &#8230; dann wüssten sie, dass Waterboarding ist, wie wir Terroristen taufen.</p></blockquote>
  1634. <p>Hier im Sarah &#8220;Terminator&#8221; Palin im O-Ton:<br />
  1635. <iframe src="//www.youtube.com/embed/A7vdAlzh-jo" height="315" width="560" allowfullscreen="" frameborder="0"></iframe></p>
  1636. <p>Alles was es dazu zu sagen gibt, hat Andrew Sullivan <a href="https://dish.andrewsullivan.com/2014/04/28/the-pernicious-poison-of-palin-ctd/">in diesem Eintrag hier eigentlich schon gesagt</a>. Ich lege allen ans Herz, diesen zu lesen. Ich beschränke mich darauf, seine zentralen Argumente hier noch auf Deutsch wiederzugeben und vielleicht mit dem einen oder anderen Zusatzkommentar zu versehen.</p>
  1637. <p>Palins Aussage ist zuerst einmal ein Beleg, warum das Folterverbot nicht aufgeweicht werden darf. Im Zusammenhang mit Terrorismus wird Folter immer wieder mit dem hypothetischen &#8220;tickenden Zeitbomben&#8221; Szenario als notwendige Option gerechtfertigt. Sollte es ein solches tatsächlich geben und wäre die Methode wirklich effektiv (zwei so grosse Fragezeichen, dass man hier eventuell schon abbrechen könnte), dann bleibt das Problem des <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Dammbruchargument">Dammbruchs</a>: Wenn dem Staat Methoden zur Verfügung stehen, dann werden sie nicht selten auch genutzt und ihr Anwendungsbereich ausgeweitet. Das Dammbruchargument ist manchmal ein Fehlschluss, doch gibt es auch Bereiche, wo man auf gute Präzedenzfälle zurückgreifen kann.</p>
  1638. <p>Nun hat Sarah Palin niemanden gefoltert. Sie wird es vermutlich auch nie tun. Ich weiss nicht einmal, ob sie es tun würde, wenn sie tatsächlich etwas zu sagen hätte. Das ist aber egal. Was hier zählt ist, dass sie überhaupt so argumentieren kann, ohne von der Menge ausgbuht und zum Teufel gejagt zu werden. Kaum ein Diktator, kaum ein General oder Polizeikomandant der nicht abstreiten würde, dass in den eigenen Gefängnissen und Polizeiwachen gefoltert wird. Die Norm wird zwar missachtet, aber diskursiv zumindest durch das Abstreiten der Tatsache bestätigt. Dies scheint nun nicht mehr notwendig. Es ist OK zu foltern, solange es nur die Bösen trifft. Dies ist eine extrem gefährliche Aufweichung des Folterverbots.</p>
  1639. <p>Das zweite schockierende Element ist, wir Palin nicht nur unbedarft mehr Folter fordert, sondern dies religiös einbettet. Die anderen, die Jihadis, müssen die Furcht Gottes lernen und zwar die Furcht vor Palins Gott. Sie stellt den US Staat auch gleich als Instrument zur Verfügung um dies zu tun (dessen starke Verfassung verhindert zum Glück nach wie vor eine zu starke religiöse Vereinnahmung). Dass sie dafür das Bild der Taufe verwendet, passt theologisch perfekt: Man suche sich eine beliebige Interpretation der Bedeutung der Taufe aus und versuche in diesem Kontext dabei Palin keinen heiligen Krieg zu unterstellen. Von der Wiedergeburt, über einen Aufnahmeritus oder die Bekehrung zum Christentum, keine dieser Symboliken ist in diesem Zusammenhang unschuldig. Diese Verwendung ist auch, was dem gläubigen Katholiken Sullivan besonders sauer aufstösst. Sie setzt in seiner Interpretation damit Folter einem Sakrament, einem unauslöschbaren Mal Gottes gleich!</p>
  1640. <p>Wie oft wurde hier in den Kommentarspalten darauf hingewiesen, dass der Islam als Religion gefährlicher sei als das Christentum, weil ersterer Gewalt predige, dass Christentum hingegen Nächstenliebe. Mein Standpunkt war immer, dass alle Text-Religionen sich ihre Schriften gemäss dem eigenen Weltbild zurechtinterpretieren und dass man alles mit diesen Texten rechtfertigen kann, wenn man nur will. Ich und andere Kommentatorinnen und Kommentatoren haben immer wieder betont, dass das Problem in der Natur von <em>offenbarten Wahrheiten</em> liegt und nicht bei einer spezifischen Religion. Hier haben wir nun eine zeitgenössische Vertreterin der Religion der Nächstenliebe aus einer &#8220;aufgeklärten&#8221; Industrienation, die sich Applaus für den Vorschlag erhält, im Namen des Christentums zu foltern. Sullivan bezeichnet unter anderem deswegen diese Leute konsequent als &#8220;Christianisten&#8221; in Analogie zu den &#8220;Islamisten&#8221;. Ich glaube ich werde dies hier in Einträgen mit Kommentarnatur von nun an für das politische Christentum auch so handhaben.<!--nextpage--></p>
  1641. <p>&nbsp;</p>
  1642. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=1790&amp;md5=82718224254c45426687de13935df52d" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
  1643. <wfw:commentRss>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/04/29/christianismus-und-folter/feed/</wfw:commentRss>
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  1647. <title>Masseneinwanderungsinitiative: (K)ein informiertes &#8220;Ja&#8221;?</title>
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  1650. <pubDate>Mon, 14 Apr 2014 14:10:19 +0000</pubDate>
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  1667. <description><![CDATA[Ich komme etwas spät zu dieser Party. Die Nachwahlbefragung zur von der Schweizer Stimmbevölkerung angenommenen Masseneinwanderungsinitiative wurde schon vor ein paar Tagen veröffentlicht. Ich bin erst jetzt darauf gestossen,1 da ich in der betreffenden Woche sozusagen (mehr oder weniger freiwillig) incommunicado war. Wir erinnern uns: Schweizerinnen und Schweizer haben knapp beschlossen, dass der freien Personenverkehr&#8230;]]></description>
  1668. <content:encoded><![CDATA[<p>Ich komme etwas spät zu dieser Party. Die Nachwahlbefragung zur von der Schweizer Stimmbevölkerung angenommenen Masseneinwanderungsinitiative wurde schon <a href="https://www.nzz.ch/aktuell/schweiz/europapolitische-risiken-in-kauf-genommen-1.18276614">vor ein paar Tagen veröffentlicht</a>. Ich bin erst jetzt darauf gestossen,<sup>1</sup> da ich in der betreffenden Woche sozusagen (mehr oder weniger freiwillig) <em>incommunicado</em> war.</p>
  1669. <p><span id="more-1769"></span>Wir erinnern uns: Schweizerinnen und Schweizer haben knapp beschlossen, dass der freien Personenverkehr mit der EU nicht begeistert und man darum gerne diesen spezifischen Aspekt aus einem ganzen Paket von Verträgen mit der Europäischen Union herausstreichen muss. Über eine mögliche Umsetzung <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/02/19/umsetzung-der-masseneinwanderungsinitiative-als-tragik-der-allmende/">habe ich schon gebloggt</a>. Am Abstimmungstag selber musste aber wie immer bei  Volksentscheiden über die Motivationen spekuliert werden, weil entsprechende Daten zu diesem Zeitpunkt noch nicht verfügbar sind.</p>
  1670. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/02/09/abstimmung-schweiz-weniger-direkte-demokratie-wagen/">Nach der Abstimmung sah ich zwei mögliche Erklärungen</a>: Die Ja-Stimmenden waren naiv genug (zumindest so würde ich das bewerten), dass sie dem Versprechen glauben schenkten, dass die EU der Schweiz nach der Unterzeichnung eines Vertrages das Rosinenpcken in eben diesem Vertrag erlauben wird. Oder sie waren tatsächlich gut informiert und waren bereit, die ganzen Vorzüge der bilateralen Verträge aufzugeben, um weniger Einwanderung in die Schweiz aus EU Ländern ertragen zu müssen. Zweites hielt ich für weniger wahrscheinlich und das legte ich in der Diskussion auch dar. Ich habe in den Kommentaren und diversen Diskussionen wiederholt geschrieben, dass wir um mehr zu wissen, die Nachwahlbefragung abwarten müssen. Diese ist nun inzwischen erschienen.</p>
  1671. <p>Das Herunterbrechen der Resultate brachte wenige Überraschungen: Die Hauptmotivation des &#8220;Ja&#8221; Lagers schien ein nicht-spezifisches Unbehagen mit Einwanderung gewesen zu sein.<sup>2</sup> Weniger Bildung machte eine &#8220;Ja&#8221; Stimme wahrscheinlicher ebenso wenn die Stimmbürgerinnen und -bürger auf dem Land und nicht in der Stadt leben. Letzteres deckt sich auch mit der Feststellung, dass vor allem Gebiete mit tiefem Einwanderungsanteil am meisten Probleme mit Einwanderung zu haben scheinen.</p>
  1672. <p>Wie schätzten die Befürworterinnen und Befürworter aber die Konsequenzen ein? Die deutschsprachige <a href="https://www.gfsbern.ch/portals/0/vox-analysen/2014-02-09_VoxD.pdf">Zusammenfassung der Analyse stellt folgendes fest (Zitiert von Seite v)</a>:</p>
  1673. <blockquote><p>Die Befürworter streiten insbesondere die möglichen Folgen der Initiative für die Europapolitik ab. Einerseits leugnen sie nicht nur die These, wonach die Annahme der Initiative zu einer Kündigung der bilateralen Verträge führe, sondern sie bestreiten auch ganz generell, dass die Zustimmung zur Initiative die Schweiz isoliere. Daher könnte man den Schluss ziehen, ein Teil der Befürworter sei sich der Folgen der Initiative für die schweizerische Europapolitik nicht bewusst gewesen.</p></blockquote>
  1674. <p>Dies würde meinen Eindruck bestätigen. Der zitierte Abschnitt wird jedoch von einer Einschränkung gefolgt, die auf den ersten Blick tatsächlich auf einen Widerspruch hinweist:</p>
  1675. <blockquote><p>Diese Interpretation wird jedoch von den Antworten auf das Argument widerlegt, man müsse das Risiko einer Kündigung der bilateralen Verträge mit der EU eingehen, wenn dies der Preis für die Kontrolle der Zuwanderung sei. Dazu ist die Meinung der Ja-Stimmenden eindeutig: sie sind grossmehrheitlich der Ansicht, man müsse dieses Risiko eingehen, ungeachtet der tatsächlichen Auswirkungen der Initiative auf die Bilateralen.</p></blockquote>
  1676. <p>Ich sehe jedoch in dieser Aussage nicht zwangsläufig einen Widerspruch. Ich werte dies eher als einen Hinweis darauf, dass dieses Risiko eben als gering eingestuft wird. Die effektiven Kosten zum Zeitpunkt der Stimmabgabe sind als weniger hoch anzusehen, wenn das Eintretensrisiko als klein eingeschätzt wird.<sup>3</sup> Natürlich spielt bei dieser Interpretation die Fragestellung eine wichtige Rolle. Aus der Zusammenfassung schliesse ich jedoch, dass nach den überzeugendsten Argumenten gefragt wurde und eine der Vorgaben war: &#8220;Wenn die Kontrolle der Zuwanderung zu einer Kündigung der bilateralen Verträge mit der EU führt, müssen wir dieses Risiko eingehen.&#8221; Das &#8220;wenn&#8221; wäre in dem Fall zentral.</p>
  1677. <p>Somit finde ich die im Bericht benutzte Wendung &#8220;ungeachtet der tatsächlichen Auswirkungen&#8221; irreführend, denn diesen Schluss lässt die Formulierung nicht zu. Dass das Risiko als klein eingeschätzt wurde, ist auch konsistent mit der Aussage in der Zusammenfassung der Analyse, dass &#8220;eine klare Mehrheit der Ja-Stimmenden&#8221; dem Argument <em>Die Zuwanderung national kontrollieren zu wollen ist gegen das Abkommen zur Personenfreizügigkeit und wird zu einer Kündigung der Bilateralen Verträge mit der EU führen</em> widersprochen hätte.<!--nextpage--></p>
  1678. <p>Ich habe also mit meiner Intuition gleich nach der Abstimmung, dass die meisten Befürworterinnen und Befürworter davon ausgegangen sind, man können Dinge, die einem nicht in den Kram passen, ungestraft aus den Verträgen raus streichen, wohl nicht so weit daneben gelegen. Nun kann ich natürlich nach wie vor mit der Einschätzung falsch liegen, dass die EU das nicht dulden wird. Zumindest kann ich mich aber in dieser Frage ein bisschen auf partielles Fachwissen berufen. Und da sehe ich nach wie vor Schwarz.</p>
  1679. <p style="font-size: 11px;"><sup>1</sup> Falls es jemanden interessiert: Es ging um die wesentlich nerdigere aber ebenso interessante Frage, wie repräsentativ die Stichprobe der vox Analyse ist. Da diese die effektiv Stimmenden überrepräsentiert (wer nicht zur Urne geht, beantwortet auch weniger gerne politische Umfragen), wird die Beteiligung entsprechend gewichtet. Für die Altersgruppe der unter 30-Jährigen ergibt dies eine sehr tiefe Stimmbeteiligung, die sich nicht mit den Zahlen deckt, die wir aus den wenigen Gebieten haben, die eine entsprechende Aufschlüsselung vornehmen. Diese sind aber eher städtisch und darum ebenfalls nicht repräsentativ. Die <a href="https://www.nzz.ch/aktuell/schweiz/stimmfaule-junge-wissenschaft-widerlegt-zahlen-der-vox-analyse-1.18283206">NZZ am Sonntag hat über die Kritik berichtet</a> und eine <a href="https://gfsbern.ch/Blog/tabid/93/entryid/929/Stellungnahme-von-gfs-bern-zur-Stimmbeteiligung-der-Jungen-in-der-VOX-Analyse.aspx">Stellungnahme vom gfs Forschungsinstitut</a> gibt es auch dazu.</p>
  1680. <p style="font-size: 11px;"><sup>2</sup> Mit &#8220;nicht-spezifisch&#8221; meine ich, dass es vermutlich keine rational einfach nachvollziehbares Argument war (z.B. &#8220;die Einwanderung von Ärzten und Ärztinnen aus der EU lässt unsere Gesundheitskosten steigen&#8221;) sondern mehr ein Grundgefühl (&#8220;genug ist genug&#8221;), das wohl die meisten kaum quantifizieren könnten und ziemlich sicher nicht in Korrelation mit effektiver Betroffenheit besteht. Dies ist jedoch teilweise spekulativ und die Antwort könnte auch Fragen bedingt so ausgefallen sein (mir liegt die Originalstudie nicht vor).</p>
  1681. <p style="font-size: 11px;"><sup>3</sup> In der Regel ist der Mensch sehr schlecht im Umgang mit Risiko. Weder dessen korrekten Einschätzung noch ein rationaler Umgang auf der Basis der Einschätzungen gehören zu unseren Stärken. Aber ich ignoriere dies in diesem Zusammenhang mal, da es das Argument des rationalen und informierten Stimmenden (und nicht zuletzt darum geht es hier auch) nur noch mehr demontiert.</p>
  1682. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=1769&amp;md5=9c29300cefb4b6a4e040878a1e52fc34" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
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  1687. <title>Geopolitik auf der Krim: Monopoly oder Schach?</title>
  1688. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/03/21/geopolitik-auf-der-krim-monopoly-oder-schach/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=geopolitik-auf-der-krim-monopoly-oder-schach</link>
  1689. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/03/21/geopolitik-auf-der-krim-monopoly-oder-schach/#comments</comments>
  1690. <pubDate>Fri, 21 Mar 2014 09:52:37 +0000</pubDate>
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  1708. <description><![CDATA[Man könnte meinen, beim Economist liest man dieses Blog und meine Tweets. Passend zum letzten Eintrag  findet man einen Post bei Democracy in America, der schön an den Ideen dort anknüpft.Nach meinem letzten Eintrag Kriegsspiele wurde in der Diskussion auf Twitter folgende Frage gestellt: @zoonpolitikon Which board game would you use to analyze Russia/Ukraine? — fabian&#8230;]]></description>
  1709. <content:encoded><![CDATA[<p>Man könnte meinen, beim <em>Economist</em> liest man dieses Blog und meine Tweets. Passend zum <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/03/17/kriegsspiele/">letzten Eintrag  </a>findet man einen Post bei <em>Democracy in America</em>, der schön an den Ideen dort anknüpft.<span id="more-1760"></span>Nach meinem letzten Eintrag <em><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/03/17/kriegsspiele/">Kriegsspiele</a> </em>wurde in der Diskussion auf Twitter folgende Frage gestellt:</p>
  1710. <blockquote class="twitter-tweet" lang="en" data-conversation="none"><p><a href="https://twitter.com/zoonpolitikon">@zoonpolitikon</a> Which board game would you use to analyze Russia/Ukraine?</p>
  1711. <p>— fabian fellmann (@fabian_fellmann) <a href="https://twitter.com/fabian_fellmann/statuses/445575373502562304">March 17, 2014</a></p></blockquote>
  1712. <p><script charset="utf-8" type="text/javascript" src="//platform.twitter.com/widgets.js" async="">// <![CDATA[
  1713. Nun
  1714. // ]]&gt;</script><br />
  1715. Heute findet sich nun per Zufall auf einem Blog des <a href="https://www.economist.com/blogs/democracyinamerica/2014/03/game-theory-ukraine"><em>Economists</em> ein Artikel</a>, der diese Frage mit &#8220;Schach oder Monopoly&#8221; zu beantworten versucht. Diesen Ball nehme ich gerne auf und liefere meine eigene Antwort. Dazu möchte ich zuerst etwas ausholen.</p>
  1716. <p>Der Auslöser für die Spekulationen für <em>Democracy in America</em> war <a href="https://www.nytimes.com/2014/03/16/business/crimea-through-a-game-theory-lens.html">ein Artikel in der New York Times </a>in dem der Wirtschaftsprofessor Tyler Cowen der George Mason Universtität darüber sinniert, was uns Spieltheorie über den Konflikt um die Krim verrät. Er zählt vier spieltheoretische Aspekte auf:</p>
  1717. <ul>
  1718. <li>Nukleare Abschreckung</li>
  1719. <li><a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Tipping-Point">Tipping Points</a></li>
  1720. <li>Marktbedingte Abschreckung</li>
  1721. <li>Glaubwürdigkeit und Konsequenzen</li>
  1722. </ul>
  1723. <p>Wenn Interesse besteht, können wir diese Punkte separat diskutieren. Hier soll es zuerst darum gehen, was der Economist daraus macht. Die Bloggerin/der Blogger ergänzt nämlich die Diskussion unter anderem mit der Argumentation, dass das gespielte Spiel nicht symmetrisch sei. Das heisst, die Präferenzen und Prioritäten von Russland und jene der NATO Staaten respektive der Ukraine nicht einfach &#8220;gespiegelt&#8221; seien. Um dies mit &#8220;echten&#8221; Spielen zu verdeutlichen, fragt der Blogpost, welchem Spiel diese Situation zuzuordnen ist. Es handle sich um ein Spiel wo eine Seite Monopoly und die andere Schach spielen würde. Dieser Vergleich ist meines Erachtens etwas verwirrend. Ich würde die Situation eher mit einem Schachspiel vergleichen, bei dem eine Seite versucht als Ziel den König Matt zu setzen und die andere die Dame. Dies ist für die Spieltheorie an und für sich kein grosses Problem. Auch ein Schachspiel kann so gespielt werden.</p>
  1724. <p>Eine wichtige Frage für die Dynamik eines solchen Alternativ-Schaches ist, ob die Spielenden sich der unterschiedlichen Zielsetzung der anderen Farbe bewusst sind. Wie im Artikel richtig bemerkt, ist Schach vom Konzept her simpel: Wenn eine Seite gewinnt, verliert die andere (ein <em>Nullsummensipiel</em> also). In unserem Alternativschach können wir uns jedoch Situationen vorstellen, wo beide Seiten ihr Ziel erreichen, d.h. wo mit dem letzten Zug der König einer Farbe und die Dame der anderen simultan ins Matt gesetzt werden. Ein Gleichgewicht wäre erreicht, wo beide Parteien ihr Ziel erreicht haben und das Spiel als gewonnen betrachten.</p>
  1725. <p>Im verlinkten Blogpost wird wie erwähnt der Vergleich gezogen, dass eine Seite Monopoly spielt (ich vermute vor allem in Hinblick auf was ich als &#8220;marktbedingte Abschreckung&#8221; übersetzte) und die andere Seite (d.h. Putin) Schach. Die Metapher ist ansprechend, verteilt sie doch schön die Rollen: Russland zieht mit Kriegstrommeln vom Mars ein, während Europa und für einmal auch die USA konfliktscheu von der Venus herkommen. Doch befürchte ich in einem spieltheoretischen Kontext macht dies im Gegensatz zu unserem Alternativschach wenig Sinn. In diesem Bild spielen die beiden Seiten nämlich nicht nur mit unterschiedlichen Zielen, sondern auch mit unterschiedlichen Regeln. Wenn sich beide dessen nicht bewusst sind, ist eine strategische Interaktion unmöglich oder zumindest sinnlos. Sind sich aber beide Seiten dessen bewusst, werden sie versuchen, jeweils auch das Spiel des anderen zu Spielen um die eigenen Ziele zu erreichen. Die Spielregeln wären also konsolidiert. Dies scheint mir aber nicht die im Artikel vorgebrachte These zu sein. Falls doch ist es schwierig, sich ein solches Spiel überhaupt sinnvoll vorzustellen und die Metapher fällt wohl in sich zusammen.</p>
  1726. <p>Welches existierende Spiel spielen beschreibt also die Situation besser? Ich würde den Vergleich <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Go_%28Spiel%29">mit Go machen</a>: Das Ziel im Go ist es möglichst grossen Territorialgewinn zu machen. Im politischen Zusammenhang fasse ich &#8220;Territorium&#8221; teilweise breiter als nur im engen Sinne von &#8220;Boden&#8221; (z.B. strategische Vorteile, wirtschaftlicher Gewinn, etc.). Go erscheint mir aus mehreren Gründen als eine bessere Metapher für das gespielte Spiel.<!--nextpage--></p>
  1727. <p>Go ist statischer als Schach. Steine werden auf das Brett gelegt und dann nicht mehr bewegt (ausser wenn sie geschlagen werden). Gesichertes Territorium kann im Spiel nicht mehr wechseln. Die Rivalität findet dort statt wo weiss auf Schwarz trifft. Territorien an den Rändern sind einfacher zu sichern als zentralere auf dem Brett. Man kann sich Territorium besetzen, man spielt aber auch oft zuerst nur auf Einfluss. Man steckt sozusagen ein Gebiet ab und versucht Schritt für Schritt und durch langsame Annäherung dort so Fuss zu fassen, dass die andere Farbe nicht mehr oder nur mit Mühe dort Gebiete sichern kann. Man muss entscheiden welche Gebiete man der anderen Seite überlässt und wo sich aufreibende Kämpfe lohnen. Man kann so mit einer Leben-und-Leben-Lassen-Einstellung spielen, aber auch aggressiv vorgehen. Dies kann gar auf unterschiedlichen Schauplätzen simultan geschehen. Man kann lokale Remis-Situationen dadurch zu lösen versuchen, dass man andernorts die gegnerische Seite unter Zugzwang setzt (eine direkte Zugwiederholung ist nicht erlaubt). Auch interessant ist, dass mit Handicap gespielt werden kann. Im vorliegenden Fall würde die Ukraine wohl mit einem ziemlich grossen solchen ins Spiel starten.</p>
  1728. <p>Go beschreibt darum in meinen Augen die Situation viel besser als &#8220;Monopoly gegen Schach&#8221;.  Dies war auch meine spontane Antwort auf die im eingangs erwähnten Tweet gestellte Frage. Vielleicht haben Leserinnen und Leser andere und bessere Vorschläge?</p>
  1729. <p><em>P.S.: Ich bin ein miserabler Go Spieler und entschuldige mich daher schon präventiv für allfällige Fehlrepräsentationen oder Verzerrungen die ich hier diesem wunderbaren Spiel angetan habe.</em></p>
  1730. <p>&nbsp;</p>
  1731. <p>&nbsp;</p>
  1732. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=1760&amp;md5=90d2169af6537cc3270090221130315f" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
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  1737. <title>Kriegsspiele</title>
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  1740. <pubDate>Mon, 17 Mar 2014 13:51:38 +0000</pubDate>
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  1758. <description><![CDATA[Seit dem Film WarGames wissen wir, dass zwischen uns und dem dritten Weltkrieg nur ein paar Partien Tic Tac Toe stehen. Ich stelle nun fest, dass dies vielleicht näher bei der Wahrheit liegt, als dass man auf den ersten Blick meinen könnte. Es ist kein Geheimnis, dass ich mit Enthusiasmus Brettspiele spiele (gerade dieses Wochenende&#8230;]]></description>
  1759. <content:encoded><![CDATA[<p>Seit dem <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/WarGames_%E2%80%93_Kriegsspiele">Film WarGames </a>wissen wir, dass zwischen uns und dem dritten Weltkrieg nur ein paar Partien <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Tic_Tac_Toe">Tic Tac Toe</a> stehen. Ich stelle nun fest, dass dies vielleicht näher bei der Wahrheit liegt, als dass man auf den ersten Blick meinen könnte.</p>
  1760. <p>Es ist kein Geheimnis, dass ich mit Enthusiasmus Brettspiele spiele (gerade dieses Wochenende habe ich die <a href="https://legenden-von-andor.de/"><em>Legenden von Andor</em></a> getestet). Die Begeisterung ist zumindest auch teilweise eine fachliche und ich habe genau dazu auch schon zu <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2011/03/07/politikwissenschaft-und-brettspiele/">Politikwissenschaft und Brettspielen einmal einen Beitrag geschrieben</a>. Ich finde es interessant, wie Brettspiel mit ihren klaren Regeln und im Vergleich zur Realität auf eine gewisse Übersichtlichkeit reduzierte Komplexität, uns besser als manche ausgefeilte Simulation etwas über Taktik und strategische Interaktion lehren. In der neusten Ausgabe des <em>Economist</em> bin ich auf einen Artikel gestossen, der mir diese These bestätigt.</p>
  1761. <p>Anscheinend <a href="https://www.economist.com/news/united-states/21599016-understand-war-american-officials-are-playing-board-games-war-games">hat das Pentagon seit einer Weile das Organisieren von Brettspielabenden </a>zur langen Liste seiner Aktivitäten hinzugefügt. Um strategisches Denken zu schärfen und realistische Simulationen und Planspiele durch zu gehen lässt das US Militär seine Kader Brettspiele spielen. Es handelt sich dabei ganz und gar nicht ausschliesslich um geheim entwickelte Simulationsspiele, die für Normalsterbliche verboten sind. Solche gibt es zwar auch, aber manche können von jederfrau und -man käuflich erworben werden (zum Beispiel dieser US Verlag <a href="https://www.clashofarms.com/"><em>Clash of Arms</em></a> scheint alles für den Militär-Spiel Geek bereitzuhalten, von den militärischen <a href="https://www.clashofarms.com/kingdavid.html">Kampagnen des König Davids </a>bis zu <a href="https://www.clashofarms.com/family-games.html">Schweinen im Weltall und Gnom Stammeskriegen</a>).</p>
  1762. <p>Ich habe mir online eines der erwähnten Spiele etwas näher angeschaut und Besprechungen gelesen (hier wäre <a href="https://www.foreignpolicy.com/articles/2011/11/08/the_persian_incursion">eine vom Foreign Policy Magazine</a>): Das Spiel mit dem Titel <a href="https://www.clashofarms.com/Persian%20Incursion.html"><em>Persian Incursion</em> </a>ist eine Simulation eines zeitgenössischen Konfliktes zwischen Israel und Iran. Mein Eindruck ist, dass es mit extrem detaillierten (aber deshalb wohl auch sehr realistischen) Daten zu Waffen, Schlagkraft und Zielen aufwartet. Die Anleitung mit entsprechenden Tabellen ist gemäss <a href="https://boardgamegeek.com/boardgame/76481/persian-incursion">BoardGameGeek über 100 Seiten lang</a>. Es scheint sich jedoch mehr an spielende Militärstrategiefans zu richten, als Spielerinnen und Spieler die sich am Rande auch für das Thema interessieren. Zumindest wirkt es, als ob der Spielmechanismus (was mir in der Regel wichtiger ist) erst an zweiter Stelle nach Detailtreue kommt. Ich wäre durchaus interessiert einmal vier Stunden zu investieren um die Erfahrung gemacht zu haben, ich glaube aber nicht, dass es ein Dauerbrenner in meinem Spieleschrank werden würde.</p>
  1763. <p>Es würde mich interessieren, ob Leserinnen oder Leser vielleicht schon <em>Persian Incursion</em> respektive ein anderes Spiel von <em>Clash of Arms</em> gespielt haben und was die Eindrücke waren? Oder kenne jemand gar ähnliche Spiele, die man als politische Simulation spielen könnte (wenn möglich etwas, das weniger als die 4+ Stunden von <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Diplomacy"><em>Diplomacy</em> </a>abverlangt)? Politische Entscheidungskomplexität sollte auf jeden Fall so auch realistisch nachzuahmen sein.</p>
  1764. <p>Eventuell könnte man ein solches Spiel zum Beispiel zur Ausbildung von Handelsdiplomatinnen und -diplomaten entwerfen. Ich stehe auf jeden Fall als <em>Consultant </em>und Testspieler zur Verfügung falls das jemand in Angriff nimmt.</p>
  1765. <p><em>Update I: Da sich eine erste Diskussion zum Thema auf Twitter entsponnen hat und diese einige Spieletipps beinhaltet, soll hier dieser Diskussionsstrang nachgeliefert werden.</em></p>
  1766. <p><center><a class="twitter-timeline" href="https://twitter.com/zoonpolitikon/timelines/445577782983024640" data-dnt="true" data-widget-id="445578775573454848">Kriegsspiele</a><br />
  1767. <script type="text/javascript">// <![CDATA[
  1768. !function(d,s,id){var js,fjs=d.getElementsByTagName(s)[0],p=/^http:/.test(d.location)?'http':'https';if(!d.getElementById(id)){js=d.createElement(s);js.id=id;js.src=p+"://platform.twitter.com/widgets.js";fjs.parentNode.insertBefore(js,fjs);}}(document,"script","twitter-wjs");
  1769. // ]]&gt;</script></center>&nbsp;</p>
  1770. <p><em>Update II: Ebenfalls via Twitter <a href="https://www.washingtonpost.com/lifestyle/magazine/in-the-world-of-role-playing-war-games-volko-ruhnke-has-become-a-hero/2014/01/10/a56ac8d6-48be-11e3-bf0c-cebf37c6f484_story.html">kam dieser Link zu einem Artikel in der Washington Post</a> rein. Auch sehr interessant (vielen Dank an <a href="https://twitter.com/theIRblog">@theIRBlog</a>)</em></p>
  1771. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=1751&amp;md5=740b05baf1f76576181aeb39d1f51ccc" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
  1772. <wfw:commentRss>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/03/17/kriegsspiele/feed/</wfw:commentRss>
  1773. <slash:comments>10</slash:comments>
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  1775. <item>
  1776. <title>10 Regeln um Verschwörungstheorien zu bremsen &#8211; Fallbeispiel Ukraine</title>
  1777. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/03/11/10-regeln-um-verschwoerungstheorien-zu-bremsen-fallbeispiel-ukraine/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=10-regeln-um-verschwoerungstheorien-zu-bremsen-fallbeispiel-ukraine</link>
  1778. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/03/11/10-regeln-um-verschwoerungstheorien-zu-bremsen-fallbeispiel-ukraine/#comments</comments>
  1779. <pubDate>Tue, 11 Mar 2014 13:26:28 +0000</pubDate>
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  1781. <category><![CDATA[Geistes- & Sozialwissenschaften]]></category>
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  1793. <description><![CDATA[Vor ein paar Tagen wurde eine Meldung verbreitet, wonach ein Mitschnitt eines Telefonates zwischen der Vertreterin der EU für Aussen- und Sicherheitspolitik Catherine Ashton und dem estnischen Aussenminister Urmas Paet ins Netz gestellt wurde. Dessen Inhalt wurde in weniger seriösen Schlagzeilen mit &#8220;Ukraine: Scharfschützen von Maidan Führern angeheuert&#8221; wiedergegeben. Oder wie in der FAZ sicherheitshalber&#8230;]]></description>
  1794. <content:encoded><![CDATA[<p>Vor ein paar Tagen wurde eine Meldung verbreitet, wonach ein Mitschnitt eines Telefonates zwischen der Vertreterin der EU für Aussen- und Sicherheitspolitik Catherine Ashton und dem estnischen Aussenminister Urmas Paet <a href="https://youtu.be/ZEgJ0oo3OA8">ins Netz gestellt wurde</a>. Dessen Inhalt wurde in <a href="https://www.schweizmagazin.ch/nachrichten/ausland/18487-Ukraine-Scharfschtzen-von-Maidan-Fhrern-angeheuert.html">weniger seriösen Schlagzeilen</a> mit &#8220;Ukraine: Scharfschützen von Maidan Führern angeheuert&#8221; wiedergegeben. Oder wie in der FAZ sicherheitshalber mit einer <a href="https://www.faz.net/aktuell/politik/ashton-telefonat-abgehoert-wer-waren-die-scharfschuetzen-auf-dem-majdan-12833560.html">unschuldigen Frage zusammengefasst</a> (&#8220;Wer waren die Scharfschützen auf dem Majdan?&#8221;). Der Mitschnitt mag Fragen aufwerfen. Diese sind aber längst nicht so radikal wie man aufgrund des Brummens im Netz meinen könnte. Darum hier 10 spontane Regeln, wie man so eine Meldung analysieren kann, wenn man ihr zum ersten Mal begegnet und bevor man auf den &#8220;Absenden&#8221;-Button klickt.</p>
  1795. <p><strong>1. Der Inhalt</strong></p>
  1796. <p>Man sollte nicht einfach das hören, was angekündigt wurde. Welche Aussage wird genau gemacht. Im Ashton-Paet Telefonat ist das der Bezug auf die Einschätzungen einer Ärztin Namens Olga Bogomolez, die vor Ort war und die Aussenminister Paet nach seinen Angaben gebrieft hat. In der Übersetzung der FAZ wird sie indirekt von Paet so zitiert: &#8220;Ihr zufolge deuten alle <em>Indizien</em> darauf hin, dass Menschen auf <em>beiden rivalisierenden Seiten</em> von ein und demselben Scharfschützen erschossen wurden&#8221; (meine Betonungen).</p>
  1797. <p><strong>2. Die Agenda</strong></p>
  1798. <p>Politikerinnen und Politiker haben meist eine Agenda. Das ist auch in Ordnung. Um Politik zu betreiben sind sie schliesslich auch da. Ihr erstes Ziel ist aber daher oft nicht ein möglichst neutrales Abwägen von Informationen, sondern dass Sammeln passender Argumente, die sie ihrem Ziel näher bringen. Ob dies hier der Fall ist, kann ich nicht sagen. Weder kenne ich Paet, noch seine Prioritäten. Aber seine Position macht ihn nicht automatisch glaubwürdig. Auch zu Olga Bogomolez kann ich nichts sagen. Genau darum muss man vorsichtig sein.</p>
  1799. <p><strong>3. Die Expertise</strong></p>
  1800. <p>Die Person, die als Autorität bemüht wird, hat nicht immer die Expertise, die ihr implizit zugeordnet wird. Paet kann leichtgläubig sein, auch wenn er Spitzenpolitiker ist. Auch handelt es sich hier klar nicht um privilegierte Geheimdienstinformationen. Die Ärztin ist keine Expertin für Ballistik. Sie hat vermutlich kaum Zeugenaussagen systematisch zusammengetragen. Sie zieht ihre Schlussfolgerungen von der Stichprobe, die ihr in der Ausübung ihrer Arbeit unter die Augen kam (vermutlich eine Arbeit die unter grossem Stress und Druck gemacht wurde). Das erinnert mich ein wenig an den Appell an Autorität bei UFO Fans: &#8220;Die Pilotin sagte kein von Menschen gemachtes Objekt verhält sich so&#8221;.</p>
  1801. <p><strong>4. Die Echtheit</strong></p>
  1802. <p>Man muss sich immer fragen, ob der vorgelegte Beleg auch einen plausiblen Anspruch auf Echtheit hat. Dabei gilt es aber natürlich auch zu vermeiden, alles sofort als Fälschung abzutun. Ohne offensichtliche Anhaltspunkte lohnt es sich oft diesbezüglich agnostisch zu bleiben. Die typische Verschwörungstheorie steht normalerweise am Anfang und die Echtheit eines Beleges wird darüber definiert, ob er jene bestätigt oder nicht. Im vorliegenden Fall war es am Anfang schwer zu beurteilen. Dann tauchten von russischen Nachrichtenagenturen verbreitete Meldungen auf, Paet hätte das Telefonat bestätigt. Die Quellen waren zwar dann noch Grund genug skeptisch zu bleiben, aber man konnte vermuten, dass ein so einfach zu widerlegende Behauptung im besten Fall bei den betreffenden Agenturen wohl eher als Fehler raus gegangen wäre und nicht in bewusster Täuschungsabsicht. Inzwischen ist die <a href="https://www.vm.ee/?q=en/node/19353">Bestätigung sowieso offiziell</a>.</p>
  1803. <p><strong>5. Die Absicht</strong></p>
  1804. <p>Der Zeitpunkt wo eine solche Meldung auftaucht ist oft nicht zufällig. Das war sie im vorliegenden Fall auch nicht. Gerade Verschwörungstheoretikerinnen und -theoretiker geben ansonsten vor, stark sensibilisiert für diese Problematik zu sein. Es gilt dabei aber zwei Fallen zu vermeiden: Einerseits, nur weil eine Seite vermutlich etwas verbreiten möchte, sagt dies noch nichts zwangsläufiges über dessen Wahrheitsgehalt aus (in beide Richtungen!). Man kann es deswegen nicht einfach von der Hand weisen, aber man muss bei der Einordnung eben vorsichtig sein. Anderseits reicht es nicht zu durchschauen, wer die mutmassliche Quelle eines solchen Lecks ist, wenn man gleichzeitig genau das tut, was sie erwartet. Im Fall dieses Telefonats ging es vermutlich um eine Ablenkung oder gar Legitimierung der Besetzung der Krim. Verbreite ich die Meldung sofort unkritisch weiter, mache ich mich zum Teil dieses Plans, ganz egal wie ich mich persönlich positioniere und oft auch unabhängig davon ob die Meldung stimmt oder nicht.<!--nextpage--></p>
  1805. <p><strong>6. Die Plausibilität</strong></p>
  1806. <p>Dies ist häufig ein zentraler Schwachpunkt von Verschwörungstheorien. Ich habe das hier in diesem Blog auch immer wieder gesagt: Diskussionen über den Schmelzpunkt von Eisen, mögliche Formate von präsidialen Geburtsurkunden oder die zelluläre Zusammensetzung von Lebensformen aus Paralleldimensionen sind überflüssig, wenn die eigentliche Grundannahme nicht plausibel ist. Im diskutierten Fall ist sie zwar nicht so abstrus wie bei vielen anderen Theorien, die grössere Verschwörungen postulieren, trotzdem muss man ein paar grosse Fragezeichen setzen: Wenn die Opposition die Scharfschützen positioniert hätte, konnte sie den Ablauf der Dinge wirklich so gut voraussagen? Falls ja, warum hat sie dann den russischen Einmarsch auf der Krim nicht ebenso vorausgesehen? Eine unglaubwürdige Mischung zwischen Allmacht und Inkompetenz sind typische Zutaten von Verschwörungstheorien. Wären alternative Szenarien nicht genau so denkbar gewesen? Im Rückspiegel sieht alles oft so aus, wie es eine Einbahnstrasse wäre (auch als <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Teleologie">Teleologie </a>bekannt).</p>
  1807. <p><strong>7. Die voreiligen Schlüsse</strong></p>
  1808. <p>Es geht um eine ganz allgemeine Warnung vor Schnellschüssen. Manchmal lohnt es sich einfach ein wenig zu warten, bis sich der News-Nebel etwas gelichtet hat. Dinge werden bestätigt (wie beispielsweise die Echtheit des Gesprächs durch Paet), Nachforschungen unternommen oder weiter Fakten kommen ans Tageslicht. Dann kann man, bevor die Meldung im Sumpf einschlägiger Foren als Bestätigungs-&#8220;Fakt&#8221; verschwindet, sie noch kurz richtig einordnen.</p>
  1809. <p><strong>8. Die Konsequenzen</strong></p>
  1810. <p>Eine gute Frage, die man sich stellen kann ist auch immer, wenn das nun alles stimmt, was bedeutet das genau für die Einordnung von Ereignissen. Selbst wenn Obama nicht auf Hawaii geboren worden wäre, ändert sich etwas, ausser aus einer legalistischen Perspektive? Wenn Bin Ladens Tod nur vorgetäuscht war, leben wir deshalb politisch in einer anderen Welt? Im Fall der Ukraine ändert sich nichts an der Besetzung der Krim. Es legitimiert Putins Handlungen kaum zusätzlich. Genau so wie die Opposition nun plötzlich &#8220;böse&#8221; ist und vorher &#8220;gut&#8221; war. Die Opposition war ein bunt gemischter Haufen, die wohl auch politisch auf einem breiten Spektrum positioniert ist.</p>
  1811. <p><strong>9. Die Quelle</strong></p>
  1812. <p>Normalerweise lohnt es sich nachzufragen, wo man so etwas liest. Nicht dass man Medien, die höhere redaktionelle Stnadards haben, blind vertrauen soll. Es ist aber wirklich so, dass bei der New York Times, der Neuen Zürcher Zeitung oder der Frankfurter Allgemeinen vermutlich die Messlatte etwas höher liegt, Fakten zu überprüfen, als irgendwelche obskuren Quellen, die durch Lautstärke Klicks generieren. Kennt man die Quelle nicht, ist Vorsicht geboten. Kennt man die Quelle, ist manchmal sogar noch mehr Vorsicht angebracht. Dies illustrieren auch die beiden Beispiele für Schlagzeilen, die ich Eingangs gegeben habe.</p>
  1813. <p><strong>10. Die innere Logik</strong></p>
  1814. <p>Durch die Verzettelung in Details oder die Fokussierung auf die vermeintlichen Konsequenzen, verliert man schnell aus den Augen, dass die Theorie auf Sand gebaut ist. Nicht selten gibt es alternative Erklärungen und die Fakten sprechen alles andere als eine klare Sprache. Wenn die Beobachtungen korrekt sind, wenn sie genau so Paet vermittelt wurden wie er sie darstellt, wenn er und Bogomolez keine spezielle Agenda damit verfolgen, wenn sie alles ohne selektive Wahrnehmung mit in die Gleichung genommen haben, wenn Bogomolez einen repräsentativen Einblick erhalten hat, wenn, wenn, wenn, &#8230;  dann kann man immer noch schauen, wie überzeugend die Schlussfolgerungen sind (und es stehen da viele &#8220;wenns&#8221; dazwischen). Dass es Opfer auf &#8220;beiden Seiten&#8221; gab, die mit der gleichen Munition getötet wurden, lässt noch keinen Schluss darüber zu, wer dafür verantwortlich ist. Eine Verbindung zur Opposition ist auf Grund der Aussagen im Gespräch nicht möglich (ausser Paets Affirmation reicht einem). Wurden vielleicht die falschen getroffen (und welche waren die)? Woher wissen wir, dass die Schüsse in Frage überhaupt koordiniert waren (ich meine die auf jene Opfer, die Bogomolez gesehen hat)? Was ist zum Typ der Munition überhaupt bekannt?</p>
  1815. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=1728&amp;md5=8bb7a0181cc4fbce127fc86cfa2f3879" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
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  1819. <item>
  1820. <title>Sagte Sarah Palin die russische Invasion der Ukraine voraus?</title>
  1821. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/03/05/sagte-sarah-palin-die-russische-invasion-der-ukraine-voraus/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=sagte-sarah-palin-die-russische-invasion-der-ukraine-voraus</link>
  1822. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/03/05/sagte-sarah-palin-die-russische-invasion-der-ukraine-voraus/#comments</comments>
  1823. <pubDate>Wed, 05 Mar 2014 12:18:51 +0000</pubDate>
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  1825. <category><![CDATA[Internationale Politik]]></category>
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  1827. <category><![CDATA[Medien]]></category>
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  1829. <category><![CDATA[Uncategorized]]></category>
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  1836.  
  1837. <guid isPermaLink="false">http://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?p=1721</guid>
  1838. <description><![CDATA[&#8220;Betteridges Gesetz&#8221; besagt, dass jede Schlagzeile, die mit einem Fragezeichen endet, mit dem Wort &#8220;Nein&#8221; beantwortet werden kann. Dieser Blogeintrag ist keine Ausnahme. Trotzdem kam mir genau diese Frage mehrmals auf Twitter unter die Nase. Zeit für ein paar klärende Worte. Eigentlich bin ich der Meinung, dass man dieser Politclownfrau keine Plattform mehr geben sollte.&#8230;]]></description>
  1839. <content:encoded><![CDATA[<p>&#8220;<a href="https://en.wikipedia.org/wiki/Betteridge%27s_law_of_headlines">Betteridges Gesetz</a>&#8221; besagt, dass jede Schlagzeile, die mit einem Fragezeichen endet, mit dem Wort &#8220;Nein&#8221; beantwortet werden kann. Dieser Blogeintrag ist keine Ausnahme. Trotzdem kam mir genau diese Frage mehrmals auf Twitter unter die Nase. Zeit für ein paar klärende Worte.</p>
  1840. <p><span id="more-1721"></span> Eigentlich bin ich der Meinung, dass man dieser Politclownfrau keine Plattform mehr geben sollte. Die republikanische Eintagsfliege hat uns mit ihrer Ahnungslosigkeit amüsiert und hat eigentlich jetzt keine zusätzliche Aufmerksamkeit mehr verdient. Aber da sie es ausnahmsweise geschafft hat, Menschen, die sonst eigentlich zur denkenden Kategorie gehören, zu Respektbekundungen zu bewegen, muss ich doch kurz darauf eingehen. Auf einer deutschsprachigen Blogplatform ist der relevante Schaden am öffentlichen politischen Diskurs in den USA sowieso gering.</p>
  1841. <p>Obwohl ein gutes Gedächtnis in der Regel nicht zu Palins Stärken gehört und sie bisher aussenpolitisch nur durch ihr Unwissen aufgefallen ist, hat sich Sarah Palin es sich nehmen lassen, auf Facebook uns <a href="https://www.facebook.com/sarahpalin/posts/10201573917093799">alle daran zu erinnern</a>, dass sie in einer Wahlkampfrede 2008 vor einem russischen Einmarsch in die Ukraine gewarnt hat. In diesem Eintrag schrieb sie über sich selber:</p>
  1842. <blockquote><p>Here’s what this “stupid” “insipid woman” predicted back in 2008: &#8220;After the Russian Army invaded the nation of Georgia, Senator Obama&#8217;s reaction was one of indecision and moral equivalence, the kind of response that would only encourage Russia&#8217;s Putin to invade Ukraine next.&#8221;</p>
  1843. <p>Hier ist was die &#8220;dumme&#8221; &#8220;geistlose Frau&#8221; im Jahre 2008 vorausgesagt hat: &#8220;Nachdem die russische Armee das Land Georgien eingenommen hat, war die Reaktion von Senator Obama unentschieden und moralischer Äquivalenz, eine Antwort welche Russlands Putin nur dazu ermuntern wird, die Ukraine als nächstes anzugreifen.&#8221;</p></blockquote>
  1844. <p>Wo soll ich da bloss beginnen?</p>
  1845. <p>Zuerst einmal fand ja nicht eine &#8220;Invasion der Ukraine&#8221; statt (wie auf Englisch zumindest suggeriert). Sondern &#8220;nur&#8221; eine der Krim. Eine Halbinsel mit schon existierender grosser russischer Militärpräsenz, ist strategisch ein ganz anderes Ziel und ist wohl auch taktisch eine andere Geschichte um sie militärisch zu halten. Genau da findet sich eine erste Trennlinie zwischen &#8220;plausibel&#8221; und &#8220;unwahrscheinlich&#8221;</p>
  1846. <p>Dann ist die vorgeschlagene Kausalität nicht wirklich was eingetroffen ist. In Georgien stiegen die Spannungen permanent an (vermutlich gezielt). Südossetien und Abchasien waren de facto schon vorher nicht mehr unter der Kontrolle der Zentralregierung und Russland hat die seperatistischen Bewegungen und seinen Einfluss in den beiden Provinzen schon immer als Chip auf dem politischen Pokertisch verwendet. Der Auslöser in der Ukraine waren hingegen die Instabilität und der plötzliche Regierungswechsel. Die &#8220;Voraussage&#8221; könnte also bezüglich des Auslösers sogar als falsch betrachtet werden. Ausser natürlich sie ist ganz allgemein gemeint. Wenn aber Russland wirklich Georgien brauchte um zu wissen, dass es so etwas tun kann und dann 6 Jahre brauchte, dann ist die Aussage einfach beliebig.</p>
  1847. <p>Genau so war sie wohl auch gemeint. Dass wer immer gerade für die Demokratische Partei im Rennen ist, schwächlich reagiert, nicht entschieden genug ist und die Schlagkraft der USA unglaubwürdig erscheinen lässt ist klassisches Repertoire aus jedem Wahlkampf der Grand Old Party. Einen solchen Standardvorwurf jetzt als aussenpolitische Voraussage für ein spezifisches Ereignis sechs Jahre später zu verkaufen, ist doch etwas frech.</p>
  1848. <p>Dazu kommt, dass Palin ziemlich sicher die Rede nicht geschrieben hat. Wenn wir uns an den Wahlkampf damals erinnern und das Desaster, das die &#8220;Ich-kann-Russland-von-meinem-Haus-aus-sehen&#8221;-Palin darstellte , kann man wohl fast mit Sicherheit sagen, dass ihre aussenpolitischen Beiträge und Analysen in der Kampagne vom Wahlkampfteam auf Null zurückgefahren wurden. In Anbetracht ihrer sonstigen Kenntnisse hat sie vermutlich bis vor ein paar Tagen nicht (mehr) gewusst, dass es ein Land namens Ukraine gibt, geschweige denn wo es liegt.</p>
  1849. <p>Das ganze erinnert mich stark an die bei Scharlatanen so beliebte Technik des &#8220;<a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Cold_Reading">Cold Reading</a>&#8220;. Man bleibt vage, lässt eine Schrotladung ab und dann stürzt man sich auf den Treffer. Den Rest besorgen dann unsere kognitiven Unzulänglichkeiten. So gesehen passt das alles sehr gut zu Palin.<!--nextpage--></p>
  1850. <p>Was mich aber besonders stört ist, dass sie keine Alternative anzubieten hat. Es ist einfach zu sagen, dass man Entschlossenheit zeigen und Stärke projizieren müsse, wenn man Aussenpolitik via Facebook Updates betreibt. Die meisten Gedankenspiele wie eine Resolute Antwort aussehen könnte, sind nämlich alles andere als eine gute Idee. Über das &#8220;wie&#8221; lässt uns das aussenpolitische Ausnahmetalent Sarah Palin natürlich wohlweislich im Dunkeln.</p>
  1851. <p>&nbsp;</p>
  1852. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=1721&amp;md5=e059704ffe1014da792ec1ef28cc4238" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
  1853. <wfw:commentRss>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/03/05/sagte-sarah-palin-die-russische-invasion-der-ukraine-voraus/feed/</wfw:commentRss>
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  1856. <item>
  1857. <title>Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative als &#8220;Tragik der Allmende&#8221;</title>
  1858. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/02/19/umsetzung-der-masseneinwanderungsinitiative-als-tragik-der-allmende/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=umsetzung-der-masseneinwanderungsinitiative-als-tragik-der-allmende</link>
  1859. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/02/19/umsetzung-der-masseneinwanderungsinitiative-als-tragik-der-allmende/#comments</comments>
  1860. <pubDate>Wed, 19 Feb 2014 16:03:00 +0000</pubDate>
  1861. <dc:creator><![CDATA[ali]]></dc:creator>
  1862. <category><![CDATA[Europäische Union]]></category>
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  1876.  
  1877. <guid isPermaLink="false">http://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?p=1714</guid>
  1878. <description><![CDATA[Nach der Schweizer Abstimmung von vor zwei Wochen, ist der erste Schreck (respektive für manche freudige Überraschung) nun langsam verflogen. Der Bundesrat (die Exekutive in der Schweiz) will sich bis Ende Jahr mit einem Vorschlag zur Umsetzung Zeit lassen. Die EU will verhandlungstaktisch verständlicherweise gar nichts unternehmen, bis ein solcher auf dem Tisch liegt. Die&#8230;]]></description>
  1879. <content:encoded><![CDATA[<p>Nach der Schweizer <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/02/09/abstimmung-schweiz-weniger-direkte-demokratie-wagen/">Abstimmung von vor zwei Wochen</a>, ist der erste Schreck (respektive für manche freudige Überraschung) nun langsam verflogen. Der Bundesrat (die Exekutive in der Schweiz) will sich bis Ende Jahr mit einem Vorschlag zur Umsetzung Zeit lassen. Die EU will verhandlungstaktisch verständlicherweise gar nichts unternehmen, bis ein solcher auf dem Tisch liegt. Die akademische Welt hat schon die ersten Schockwellen abkriegt, da die EU <a href="https://www.nzz.ch/aktuell/newsticker/eu-setzt-verhandlungen-mit-schweiz-aus-1.18245058"><em>Horizon 2020</em> und <em>Erasmus Plus</em> auf Eis gelegt hat</a>. Laufende Verhandlungen zu einem Energieabkommen wurden <a href="https://www.nzz.ch/aktuell/schweiz/noch-ein-nadelstich-1.18241042">ebenfalls sisitiert</a>. Die grosse Frage ist: Wie wird die Initiative umgesetzt?</p>
  1880. <p><span id="more-1714"></span>Da der freie Personenverkehr ein Abkommen unter mehreren ist, die alle mit einander verknüpft sind, wird eine Neuverhandlung unausweichlich sein, das sollte hoffentlich auch den naivsten unter den Befürworterinnen und Befürworter klar sein. Für eine solche Neuverhandlung müsste man aber zuerst wissen, was man eigentlich will. Die Schweizerische Volkspartei wird natürlich sicherstellen, dass das Bekämpfen der Umsetzung der Initiative ihr möglichst lange politische Dividenden bringen wird. Es wird nie genug Kontingentierung sein. Es wird immer der &#8220;Volkswillen missachtet&#8221; werden. Die hauchdünne Mehrheit wird wohl in der kollektiven Erinnerung implizit zum überwältigenden Mehr. Darum hier der Hinweis auf einen sehr interessanten Vorschlag, wie man die Initiative umsetzen könnte und der SVP geben, was sie auch sonst immer verlangt.</p>
  1881. <p>Die Schweizerische Volkspartei ist nämlich auch eine starke Befürworterin von Föderalismus und <a href="https://www.svp.ch/g3.cms/s_page/83060/s_name/editosmobile/news_newsContractor_display_type/detail/news_id/3446/news_newsContractor_year/2013">gegen linke Zentralisierungstendenzen</a>. So hat sie sich zum Beispiel mit genau diesem Argument in einigen Kantonen erfolgreich gegen die Harmonisierung (das klingt ja schon wie &#8220;Gleichschaltung&#8221;!) <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/HarmoS-Konkordat">der obligatorischen Schule gewehrt</a>. Ein anderes föderalistisches Steckenpferd ist der Steuerwettbewerb unter den Kantonen. Sie schreckt in diesem Kampf auch nicht davor zurück <a href="https://www.svp.ch/g3.cms/s_page/83050/s_name/communiquesmobile/news_newsContractor_display_type/detail/news_id/406/news_newsContractor_year/2007?CFID=30931059&amp;CFTOKEN=4c14bb7a011e1a83-4AA8D3D5-5056-B000-0D3E88BEBB2915A4">dem Bundesgericht &#8220;einen Schlag gegen die Demokratie&#8221; vorzuwerfen</a>, wenn es sich nur erlaubt, einen mässigen Eingriff vorzunehmen. Auch dort kann der Markt natürlich richten, woran zentrale Planung scheitert.</p>
  1882. <p>Nun habe ich auf dem forausblog.ch gestern <a href="https://www.forausblog.ch/et-maintenant-uberlassen-wir-die-kontingentierung-den-kantonen/#.UwSr6l5siqo">einen Artikel gefunden, der einen Vorschlag macht, den die SVP unmöglich ablehnen kann.</a> Ein Vorschlag, der ihr Kontingente, mehr Föderalismus und mehr Wettbewerb bringt. Die Idee ist einfach: Die von der Masseneinwanderungsinitiative geforderte Kontingentierung soll den Kantonen überlassen werden. Dies macht ökonomisch Sinn, da die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Kantone sehr unterschiedlich sind. Es ist politisch sinnvoll, bedenkt man wie gross die regionalen Gräben waren, die im Abstimmungskampf zu Tage getreten sind. Auch sind die Kantone sicher viel näher am &#8220;Volkswillen&#8221; dran, als das &#8220;ferne&#8221; Bern. Eine Distanz auf die die SVP doch auch immer gerne hinweist. Genf und Basel könnten dann so viele EU Arbeitskräfte holen, wie sie wollen. Das Tessin kann sich abschotten, bis der Gotthard ganz mit Stacheldraht umwickelt ist. Der Bund (so nennen wir den Zentralstaat bei uns) müsste gewisse Leitplanken setzen um Dinge wie Familiennachzug und das Asylwesen sicher zu stellen. Für Ausländerinnen und Ausländer würde dies zwar die Personenfreizügigkeit innerhalb der Schweiz nicht gewährleisten, aber wer sowieso Kontingente fordert, ist kaum um deren Bewegungsfreiheit besorgt.</p>
  1883. <p>Ich habe den Verdacht, dass ein solcher Vorschlag von der SVP bitter bekämpft werden würde. Akzeptieren wird doch kurz deren Prämisse, dass wir in der Schweiz ein Platzproblem haben. Dieses Szenario erinnert dann doch stark an die <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2008/07/05/spieltheorie/"><em>Tragik der Allmende</em> (oder wie hier schon beschrieben: Das Schlumpfproblem)</a>. Das kollektive Gut (die Allmende oder wenn man darauf besteht, die Schlümpfe) wird aus rein individuellem Vorteilsdenken übernutzt. Dies impliziert aber auch einen individuellen Vorteil aus der Nutzung (etwas was die SVP natürlich abstreitet, denn die Fremden schaden uns in ihrer Sicht). Stimmt hingegen die Sache mit dem Platzproblem nicht oder ist der freie Personenverkehr doch nicht so schädlich, dann sollte eine kantonale Regelung ganz im Sinne der SVP sein. Oder hört Föderalismus dort auf, wo <a href="https://www.srf.ch/news/schweiz/die-westschweiz-schaeumt-nach-blochers-urteil">heimatmüde Westschweizer</a> selber entscheiden können?<!--nextpage--></p>
  1884. <p>Dieses Experiment würde ich gerne sehen. Ich vermute, es würde praktisch den <em>Status Quo</em> wiederherstellen. Kantone mit geringer Einwanderung (eher die Ja-Kantone) würden ganz &#8220;strenge&#8221; Kontingente haben, die anderen so liberale, dass sie nicht wirkliche Beschränkungen auferlegen würden. Eher zweigeteilte Kantone würden sich wohl mittelfristig ökonomisch zur Einsicht gelangen und einen neuen Pragmatismus entdecken. Eine Marktlösung eigentlich ganz im Sinne der SVP. Wie man mit den bilateralen Verträgen nach dem EWR-Nein die Illusion eines Alleinganges geschaffen hat, würde man so die Fiktion von Einwanderungs-Kontingenten aufrechterhalten. Heidiland wäre gerettet.</p>
  1885. <p>Ob die EU bei diesem Freilicht-Experiment mitmachen würde, steht natürlich auf einem anderen Blatt.</p>
  1886. <p>&nbsp;</p>
  1887. <p>&nbsp;</p>
  1888. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=1714&amp;md5=456147a065e361f1c76879ccc28f8c09" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
  1889. <wfw:commentRss>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/02/19/umsetzung-der-masseneinwanderungsinitiative-als-tragik-der-allmende/feed/</wfw:commentRss>
  1890. <slash:comments>13</slash:comments>
  1891. <post-id xmlns="com-wordpress:feed-additions:1">1714</post-id> </item>
  1892. <item>
  1893. <title>Abstimmung Schweiz: Weniger direkte Demokratie wagen</title>
  1894. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/02/09/abstimmung-schweiz-weniger-direkte-demokratie-wagen/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=abstimmung-schweiz-weniger-direkte-demokratie-wagen</link>
  1895. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/02/09/abstimmung-schweiz-weniger-direkte-demokratie-wagen/#comments</comments>
  1896. <pubDate>Sun, 09 Feb 2014 18:16:16 +0000</pubDate>
  1897. <dc:creator><![CDATA[ali]]></dc:creator>
  1898. <category><![CDATA[Internationale Politik]]></category>
  1899. <category><![CDATA[Kommentar]]></category>
  1900. <category><![CDATA[Politik]]></category>
  1901. <category><![CDATA[#Abst14]]></category>
  1902. <category><![CDATA[#MEI]]></category>
  1903. <category><![CDATA[Abstimmung]]></category>
  1904. <category><![CDATA[bilaterale abkommen]]></category>
  1905. <category><![CDATA[direkte demokratie]]></category>
  1906. <category><![CDATA[eu]]></category>
  1907. <category><![CDATA[europäische union]]></category>
  1908. <category><![CDATA[kommentar]]></category>
  1909. <category><![CDATA[masseneinwanderungs initiative]]></category>
  1910. <category><![CDATA[schweiz]]></category>
  1911. <category><![CDATA[svp]]></category>
  1912.  
  1913. <guid isPermaLink="false">http://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?p=1706</guid>
  1914. <description><![CDATA[Automatische Anerkennung von Schweizer Diplomen in der EU. Anerkennung schweizerischer Produktekennezeichnungen beim Export in die EU. Der Zugang von Schweizer Firmen zu öffentliche Ausschreibungen in der EU. Abbau von Kontigenten und Zöllen für Schweizer Käse. Abschaffung von tierärztlichen Kontrollen beim Grenzübertritt. Die gleichwertige Beteiligung von Schweizer Forschungsinstitutionen an EU Forschungsprojekten. Diskriminierungsverbot beim Zugang von Schweizer&#8230;]]></description>
  1915. <content:encoded><![CDATA[<ul>
  1916. <li>Automatische Anerkennung von Schweizer Diplomen in der EU.</li>
  1917. <li>Anerkennung schweizerischer Produktekennezeichnungen beim Export in die EU.</li>
  1918. <li>Der Zugang von Schweizer Firmen zu öffentliche Ausschreibungen in der EU.</li>
  1919. <li>Abbau von Kontigenten und Zöllen für Schweizer Käse.</li>
  1920. <li>Abschaffung von tierärztlichen Kontrollen beim Grenzübertritt.</li>
  1921. <li>Die gleichwertige Beteiligung von Schweizer Forschungsinstitutionen an EU Forschungsprojekten.</li>
  1922. <li>Diskriminierungsverbot beim Zugang von Schweizer Airlines im europäischen Luftraum.</li>
  1923. <li>Anerkennung des Zieles den Transit-Schwerverkehr auf die Schiene zu verlagern</li>
  1924. <li>Abschaffung der systematischen Personenkontrollen beim Grenzübertritt</li>
  1925. <li>Zusammenarbeit bei der Verteilung von Asylsuchenden und Teilnahme an Gesamteuropäischer Datenbank.</li>
  1926. <li>Teilnahme für Schweizer Filmschaffende an EU Fördermassnahmen.</li>
  1927. <li>Zusammenarbeit im Umweltbereich mit der Europäischen Umweltagentur die die EU bei der Umweltgesetzgebung berät.</li>
  1928. <li>Standardisierung von statistischen Erhebungen und Zusammenarbeit mit europäischen Statistikbehörden.</li>
  1929. <li>Kooperation bei der Betrugsbekämpfung.</li>
  1930. <li>Teilnahme an europäischen Bildungs- und Jugendprogrammen.</li>
  1931. <li>Kooperation mit Europol zur Verbrechensbekämpfung.</li>
  1932. </ul>
  1933. <p>Was haben diese Dinge (und es gäbe noch unzählige mehr davon) miteinander gemeinsam? Es sind Beispiele von Privilegien, die die Schweiz dank der bilateralen Abkommen mit der EU erhalten hat. Dinge, auf die eine Mehrheit der stimmenden Schweizer Bevölkerung anscheinend bereit ist zu verzichten, weil sie das Gefühl haben, dass es <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2011/04/18/migrationspolitik-von-der-enge-in-den-kopfen/">in der S-Bahn enger geworden ist</a>. So zumindest muss man wohl <a href="https://www.nzz.ch/aktuell/schweiz/svp-initiative-im-aargau-auf-ja-kurs-1.18239183">das Resultat der heutigen Abstimmung interpretieren</a>. Ausser natürlich man ist tatsächlich davon überzeugt, dass man uns weiterhin die Rosinen aus dem EU Kuchen picken lässt. Der freie Personenverkehr war schliesslich eines jener Dossiers, in dem die EU am meisten Entgegenkommen zeigte.</p>
  1934. <p>So können viele Jahre hartnäckiger diplomatischer Arbeit nach einem Wochenende mit einer Zufallsmehrheit plötzlich in der Luft hängen. Die Schweiz sollte vielleicht einmal weniger direkte Demokratie wagen.</p>
  1935. <p>Mehr Analyse und Gedanken werden wohl in den nächsten Wochen folgen, wenn die Wunden geleckt sind und die Selbstgerechten sich mit den Realitäten der Konsequenzen ihrer Politik konfrontiert sehen.</p>
  1936. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=1706&amp;md5=d56017182302a55055c150b536d1b170" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
  1937. <wfw:commentRss>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/02/09/abstimmung-schweiz-weniger-direkte-demokratie-wagen/feed/</wfw:commentRss>
  1938. <slash:comments>91</slash:comments>
  1939. <post-id xmlns="com-wordpress:feed-additions:1">1706</post-id> </item>
  1940. <item>
  1941. <title>Umfrage bestätigt: Die Hälfte aller Briten kennt die Geschichte Noahs nicht</title>
  1942. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/02/07/umfrage-bestaetigt-die-haelfte-aller-briten-kennt-die-geschichte-noahs-nicht/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=umfrage-bestaetigt-die-haelfte-aller-briten-kennt-die-geschichte-noahs-nicht</link>
  1943. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/02/07/umfrage-bestaetigt-die-haelfte-aller-briten-kennt-die-geschichte-noahs-nicht/#comments</comments>
  1944. <pubDate>Fri, 07 Feb 2014 11:57:20 +0000</pubDate>
  1945. <dc:creator><![CDATA[ali]]></dc:creator>
  1946. <category><![CDATA[Geistes- & Sozialwissenschaften]]></category>
  1947. <category><![CDATA[Kultur]]></category>
  1948. <category><![CDATA[Religion]]></category>
  1949. <category><![CDATA[bbc]]></category>
  1950. <category><![CDATA[bibel]]></category>
  1951. <category><![CDATA[dawkins]]></category>
  1952. <category><![CDATA[medien]]></category>
  1953. <category><![CDATA[medienkompetenz]]></category>
  1954. <category><![CDATA[methode]]></category>
  1955. <category><![CDATA[repräsentativität]]></category>
  1956. <category><![CDATA[skeptizismus]]></category>
  1957. <category><![CDATA[umfrage]]></category>
  1958.  
  1959. <guid isPermaLink="false">http://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?p=1698</guid>
  1960. <description><![CDATA[Erwachsene finden zwar die Bibel böte eine wichtige Grundlage für die Moral, kennen aber kaum deren Inhalt. Viele könnten die Geschichte aus Filmen wie Harry Potter nicht von Geschichten aus der Bibel unterscheiden. Verlockende Schlagzeilen, die heute der World Service der BBC so oder ähnlich verbreitet wurden. Atheistinnen und Atheisten haben diesen Ball gerne aufgenommen&#8230;]]></description>
  1961. <content:encoded><![CDATA[<p>Erwachsene finden zwar die Bibel böte eine wichtige Grundlage für die Moral, kennen aber kaum deren Inhalt. Viele könnten die Geschichte aus Filmen wie Harry Potter nicht von Geschichten aus der Bibel unterscheiden. Verlockende Schlagzeilen, die heute der World Service der BBC <a href="https://www.bbc.co.uk/news/uk-26078614">so oder ähnlich</a> verbreitet wurden. Atheistinnen und Atheisten haben diesen Ball gerne aufgenommen und <a href="https://twitter.com/RichardDawkins/status/431718609229201408">verbreiteten die Nachricht in den sozialen Netzwerken</a>. Interessant wie schnell manche ihre Skepsis ablegen, sobald es um eine Aussage geht, die dem eigenen Weltbild entgegenkommt.</p>
  1962. <p><span id="more-1698"></span>Man tut gut daran Berichte über Umfrageresultate mit gesunden Zweifeln zu begegnen: Ein guter Anfang ist die Frage wer sie in Auftrag gegeben hat und von wem sie durchgeführt wurde. Die Antwort darauf gibt oft Hinweise, auf eine allfällige Agenda die dahinter steht und ob die Resultate vielleicht in eine bestimmte Richtung gedrückt werden. Besteht diesbezüglich ein Verdacht, dann kann man eine Schicht tiefer graben. Findet man die eigentliche Umfrage, lohnt es sich in den Anhang zu schauen um die Methode genauer zu studieren (fehlt ein solcher, dann kann man das ganze gleich unter irrelevant ablegen). Die zwei einfachsten Fragen anschliessend für eine Analyse aus dem Ohrensessel sind jene nach der Repräsentativität und nach der Fragestellung. Letzteres genügt im vorliegenden Fall schon um festzustellen, dass bei der hier zitierte Umfrage grosse Zweifel über deren Wert angebracht sind. Eine weitere Frage die man sich stellen kann, ist natürlich jene nach selektiver Berichterstattung, diese kann aber auch bei seriösen Umfragen ein Problem sein, weil jemand Rosinen pickt oder sich schlicht für die reisserische Ausschlachtung entscheidet. In diesem Fall liegt das Problem aber bei der Umfrage selber.</p>
  1963. <p>Das Umfragerbenis passt der Auftrageberin verdächtig gut ins Konzept. Es handelt sich um die <a href="https://www.biblesociety.org.uk/"><em>Bible Society</em></a> deren Ziel es ist, eine möglichst weite Verbreitung und Kenntnis der Bibel zu fördern. Entsprechende Werbe-Zitate der Organisation findet man dann auch in der BBC Berichterstattung wieder (z.B. &#8220;The Bible enriches life, and every child should have the opportunity to experience it.&#8221;). Die Informationen zur Methode im <a href="https://www.biblesociety.org.uk/uploads/content/projects/Bible-Society-Report_030214_final_.pdf">auf Hochglanz getrimmten Bericht</a> sind sehr dünn und kaum einzuschätzen. Gehen wir also davon aus, dass es an der Repräsentativität nichts zu meckern gibt. Immerhin werden uns die gestellten Fragen als <em>Editor&#8217;s Notes</em> präsentiert. Schaut man sich diese an, versteht man auch warum 46% (was natürlich zu &#8220;rund die Hälfte&#8221; wird)  aller Erwachsenen Noah nicht in der Bibel verortete aber Dan Browns <em>Da Vinci Code</em> hingegen schon. Hier ist wie die beiden Geschichten von ihrem Kontext befreit wurden (die genaue Fragestellung kennen wir nicht, wir wissen nur, dass die Erwachsenen befragt wurden ob es sich um Bibelgeschichten handeln würde):</p>
  1964. <blockquote><p>In a world threatened by environmental disaster, one family embarks on a radical plan to survive and start a new life.</p>
  1965. <p><em>In einer Welt die von einer grossen Umweltkatastrophe bedroht wird, macht sich eine Familie an die Umsetzung eines radikalen Plans zum Überleben und um ein neues Leben zu beginnen.</em></p>
  1966. <p>An unexplained death triggers a quest to uncover the truth about Jesus’ family</p>
  1967. <p><em>Ein unerklärter Tod löst ein Suche zur Aufdeckung der Wahrheit über Jesus Familie aus.</em></p></blockquote>
  1968. <p>Klingt beides nach Hollywood Trailern in meinen Ohren. Die Erwähnung des Namens &#8220;Jesus&#8221; ist natürlich ein sanfter Schubs in die richtige Richtung, bedenkt man dass <a href="https://www.people-press.org/2013/07/26/government-surveillance-a-question-wording-experiment/">schon subtilere Änderungen von Fragen</a> Resultate beträchtlich beeinflussen können. Es erstaunt nicht, dass ein grosser Prozentsatz der Erwachsenen so selbst bei sehr bekannten Geschichten an der Zuordnung scheitern.</p>
  1969. <p>Nun glaube ich tatsächlich, dass es stimmt, das viele die sich auf die Bibel berufen, diese oft nicht sehr gut kennen oder sich nur sehr selektive erinnern wollen (wie dies auch bei Buch- und Text Fundamentalismen anderer Couleur der Fall ist). Nun sollte man aber nicht, nur weil es die eigenen (Vor-)Urteile bestätigt, darum unbesehen Werbeaktionen der <em>Bible Society</em> unterstützen. Skepsis darf nicht bei den eigenen Überzeugungen aufhören. Im Gegenteil.</p>
  1970. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=1698&amp;md5=8c6f86df044756242673bdf1001c0ce9" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
  1971. <wfw:commentRss>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/02/07/umfrage-bestaetigt-die-haelfte-aller-briten-kennt-die-geschichte-noahs-nicht/feed/</wfw:commentRss>
  1972. <slash:comments>28</slash:comments>
  1973. <post-id xmlns="com-wordpress:feed-additions:1">1698</post-id> </item>
  1974. <item>
  1975. <title>Afrika ist ein grosses Land Teil 2: Die Distanz zwischen Downton Abbey und Afrika</title>
  1976. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/01/28/afrika-ist-ein-grosses-land-teil-2-die-distanz-zwischen-downton-abbey-und-afrika/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=afrika-ist-ein-grosses-land-teil-2-die-distanz-zwischen-downton-abbey-und-afrika</link>
  1977. <comments>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/01/28/afrika-ist-ein-grosses-land-teil-2-die-distanz-zwischen-downton-abbey-und-afrika/#comments</comments>
  1978. <pubDate>Tue, 28 Jan 2014 13:48:43 +0000</pubDate>
  1979. <dc:creator><![CDATA[ali]]></dc:creator>
  1980. <category><![CDATA[Internationale Politik]]></category>
  1981. <category><![CDATA[Kultur]]></category>
  1982. <category><![CDATA[Medien]]></category>
  1983. <category><![CDATA[Politik]]></category>
  1984. <category><![CDATA[Afrika]]></category>
  1985. <category><![CDATA[downton abbey]]></category>
  1986. <category><![CDATA[elizabeth mcgovern]]></category>
  1987. <category><![CDATA[entwicklungshilfe]]></category>
  1988. <category><![CDATA[humanitäre hilfe]]></category>
  1989. <category><![CDATA[klischees]]></category>
  1990. <category><![CDATA[world vision]]></category>
  1991.  
  1992. <guid isPermaLink="false">http://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?p=1688</guid>
  1993. <description><![CDATA[Mein Eintrag Afrika ist ein grosses Land von letztem September hat ein erstaunlich langes Leben. Der vorläufig letzte Kommentar wurde dort gestern hinterlassen. Trotzdem wollte niemand die TV Referenz zu West Wing kommentieren. Darum hier eine Fallstudie zum dort beschriebenen Problem. Dieses mal aber mit Downton Abbey Bezug. Keine Sorge, es wird nicht um die&#8230;]]></description>
  1994. <content:encoded><![CDATA[<p>Mein Eintrag <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2013/09/28/afrika-ist-ein-grosses-land/"><em>Afrika ist ein grosses Land</em></a> von letztem September hat ein erstaunlich langes Leben. Der vorläufig letzte Kommentar wurde dort gestern hinterlassen. Trotzdem wollte niemand die TV Referenz zu <em>West Wing</em> kommentieren. Darum hier eine Fallstudie zum dort beschriebenen Problem. Dieses mal aber mit <em>Downton Abbey</em> Bezug.</p>
  1995. <p><span id="more-1688"></span>Keine Sorge, es wird nicht um die Serie gehen. Das wäre auch nicht sehr weise von mir, habe ich doch selbst (noch) keine Folge gesehen. Ich wäre ebenso ein Opfer von allfälligen Spoilern, wie alle anderen diesbezüglich noch unbefleckten. Downton Abbey ist auch nur der Köder hier. Vielmehr geht es um <a href="https://www.imdb.com/name/nm0001527/">Elizabeth McGovern</a> (eine gewisse Lady Cora in der Serie) und um die Risiken und Nebenwirkungen von Stars als Entwicklungshelferinnen &#8211; und helfer.</p>
  1996. <p>Der Artikel aus dem Telegraph um den es hier geht, ist schon über einen Monat alt. Ich wurde aber erst vor kurzem darauf aufmerksam gemacht. Er erzählt wie sich <a href="https://www.telegraph.co.uk/culture/tvandradio/downton-abbey/10526655/Downton-Abbey-Elizabeth-McGoverns-African-adventure.html">McGovern auf die gesponserte Reise macht,</a> um mit ihrem Ruhm Kinder in Sierra Leone zu retten. Nun muss ich ehrlich sagen, auch nach wiederholtem Lesen ist mir nicht klar, ob der Verfasser (<a href="https://www.telegraph.co.uk/journalists/jake-wallis-simons/">Jake Wallis Simons</a>) hier eine furchtbar naive und wohl zumindest in gewissen Belangen etwas einfach gestrickte Schauspielerin vorführt, oder ob er selbst auch nicht merkt, wie viele Klischees er in seinem eher bizarren Stück Journalismus wie an einer Perlenkette aufreiht. Ich tendiere nach kurzer Recherche und aufgrund gewisser Passagen leider zu letzterem, habe aber nach wie vor Zweifel (die vielleicht meiner eigenen Naivität geschuldet sind). Vielleicht habt ihr etwas erhellendes zu dieser Frage in den Kommentaren beizutragen.</p>
  1997. <p>Was ist nun so schlimm? McGovern meint es ja gut. <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/World_Vision_International"><em>World Vision</em></a>, das Hilfswerk um das es geht, wohl auch.<sup>1</sup> Stars eigenen sich natürlich um die Hilfskassen klingeln zu lassen. Das mag man gut finden oder nicht, will man Geld für die eigenen Anliegen sammeln können, müssen halt oft Kompromisse eingegangen werden. Dafür ein bekanntes Gesicht einzuspannen scheint einer der weniger schmerzhaften zu sein (Beleg: Einige werden nur bis hierher gelesen haben, weil <em>Downton Abbey</em> im Titel stand). Diese Story zeigt aber , wie dieses Gesicht plötzlich zu einer Grimasse verziehen kann. Sie steht dann plötzlich für kolonial anmutender Hilfe von Oben herab. Nicht nur kommt die dafür eingespannte Schauspielerin schlecht weg, sondern ebenso das Hilfswerk (und wie ich vermute in diesem Fall auch der Journalist). Darauf gibt primär zwei Reaktionen: Jene die merken wie falsch das ist, ziehen sich auf eine zynische Position zurück (ich halte hier schon einmal meine Hand hoch). Jene, die nichts merken wollen, sehen eben ihr Klischee, das sie für Afrika halten, auf der ganzen Linie bestätigt.</p>
  1998. <p>Hier ein paar Highlights aus dem Artikel:</p>
  1999. <p>Obwohl es darum gehen sollte Aufmerksamkeit auf humanitäre Hilfe zu lenken, muss man sich zuerst durch rund ein Dutzend Abschnitte des üblichen Sternchenkrams und TV-Besprechungsgeplappper kämpfen. Man philosophiert über Woody Allen und Sex mit Brad Pitt. &#8220;Afrika&#8221; kann hier bestenfalls auf einen Preis für die beste Nebenrolle hoffen.</p>
  2000. <p>McGovern meint, sie sei in Darfur als die Maschine in Dakar zwischenlandet. Die Anstandsdame die World Vision McGovern zur Seite gestellt hat, scheint nicht sehr effektiv zu sein. Weder in ihren Briefings von ihrem Schützling, noch im Sicherstellen, dass die richtige Botschaft raus geht. Am schlimmsten ist aber der Verdacht, dass es gar niemandem wirklich auffällt. Dakar oder Sudan, wo liegt da der Unterschied. Afrika ist Afrika.</p>
  2001. <p>Der Autor bekennt meines Erachtens Farbe wenn er behauptet, dass <em>World Vision</em> das &#8220;grösste Hilfswerk ist, von dem ihr noch nie gehört habt&#8221; (<em>World Vision is the biggest charity you’ve never heard of</em>). Entweder hält er mich als Leser für uninformiert oder aber er reflektiert seine eigene Ahnungslosigkeit nach Aussen. Vielleicht sollte man dann nicht über humanitäre Hilfe schreiben, wenn man mehr über Brad Pitt und Woody Allen weiss.<sup>2</sup><!--nextpage--></p>
  2002. <p>McGovern gibt freimütig zu, nichts von der christlichen Ausrichtung ihres Auftraggebers gewusst zu haben. Wer weiss, vielleicht googeln Stars nicht. Aber sie befand dann, dass &#8220;unterm Strich&#8221; World Vision &#8220;viel Gutes, für viele Menschen&#8221; tun würde. Unter anderem zum Beispiel ein Album und eine Tour ihrer Band mit 28&#8217;000 GBP zu unterstützen (hier hat man wieder das Gefühl, der Autor will McGovern einfach auflaufen lassen).</p>
  2003. <p>Aber dann wird es richtig erheiternd. Hier ein bisschen O-Ton von McGovern, wie sie im Artikel zitiert wird. Zuerst zum Thema Ernährung:</p>
  2004. <blockquote><p>&#8220;<em>Their food must be so healthy. You don’t see all those crap chains and stuff. But I guess that will change as the country gets more modern. It’s like a holiday. I feel a bit guilty.</em>&#8221;</p>
  2005. <p>&#8220;Ihre Nahrung muss so gesund sein. Man sieht nicht alle diese miesen Ketten und so ein Zeugs. Aber ich vermute das wird sich ändern, wenn das Land sich moderniert. Es ist ein bisschen wie Urlaub für mich. I fühle mich etwas schuldig&#8221;</p></blockquote>
  2006. <p>Dann Einsichten zum Kopulationsverhalten in anderen Kulturen:</p>
  2007. <blockquote><p>&#8220;I get the impression that in Africa people have sex far more freely than we do back home.&#8221;</p>
  2008. <p>&#8220;Ich habe den Eindruck, dass in Afrika die Menschen viel freier Sex haben als wir bei uns.&#8221;</p></blockquote>
  2009. <p>Weisheiten, die verblassen und ein Schmunzeln das vergeht bei der erschreckend simplistischen Kritik von Frauendiskriminierung (inklusive weiblicher Genitalverstümmelung):</p>
  2010. <blockquote><p>&#8220;You see certain cultures where there’s just endemic cruelty to women. I wonder if World Vision would take on the problem of women wearing the burka? And that clitoris thing is awful.&#8221;</p>
  2011. <p>&#8220;Sehen Sie, in gewissen Kulturen sind Grausamkeiten gegen Frauen endemisch. Ich frage mich ob World Vision bereit wäre, das Problem von Frauen die Burka tragen afuzugreifen? Und diese Klitoris Sache ist schrecklich.&#8221;</p></blockquote>
  2012. <p>Aber keine Sorge. McGovern ist nicht nur mit ihrer Analyse und sonst mit leeren Händen nach Sierra Leone gereist. Sie bringt ihrem World Vision Patenkind auch etwas mit: Ein Springseil, Seifenblasen und einen Gummiball. Sie kriegt dafür Kokosnüsse und zwei lebende Hühner. Alles in allem ein gutes Geschäft für McGovern, würde ich sagen.</p>
  2013. <p>Leider gibt es dann noch einen tragischen Zwischenfall während des Besuches. McGoverns iPhone fällt in die Toilette. Zum Glück hat sie inzwischen vergessen, dass sie in einem der ärmsten Länder der Welt ist, und bittet um Reis um das Telefon darin einzulegen. Reis wird als Nahrungsmittel völlig überschätzt vor allem in armen Ländern. Wer isst schon Reis. Das Zeugs ist eh viel zu trocken. Der Rettungsversuch ist natürlich erfolglos. Also musste der Rest der Reise ohne Twitter-Updates von statten gehen. Aber was nimmt man nicht alles auf sich, für eine gute Tat.</p>
  2014. <p>Es geht hier keinesfalls darum, mit dem Finger auf eine Schauspielerin zu zeigen, die sich offensichtlich für etwas hat einspannen lassen, das jenseits ihres Verständnishorizonts lag. Als &#8220;Botschafterin&#8221; hat sie sich zwar einen gewissen Hohn durchaus verdient. Noch mehr zeigt aber diese Geschichte, wie Afrika immer wieder auf dem Hintergrund allgemeiner Ignoranz als Klischee konstruiert wird. Wie humanitäre Organisationen einen beträchtlichen Teil dazu beitragen, weil man mit einem Downton Abbey Star halt mehr Geld rein kriegt als mit guter und effektiver humanitärer Arbeit. Es zeigt auch wie die Medien dabei Komplizen sind. Denn egal ob der Journalist wusste was er tut oder nicht, die Kommentare lassen vermuten, dass es den wenigsten aufgefallen ist, wie haarsträubend die Story ist. Das freundlichste Urteil ist, dass er sein Publikum schlecht kennt und an diesem vorbeischreibt. Nichts, dass man sich in den Lebenslauf schreiben möchte.</p>
  2015. <p>&nbsp;<br />
  2016. <sup>1</sup> <em>World Vision</em> definiert sich klar als <em>christliches</em> Hilfswerk. Soweit ich weiss agieren die verschiedenen nationalen Ableger seit längerem autonom. Ich möchte darum meinerseits, das Fass von Problemen gar nicht erst aufmachen, die mit der religiösen Ausrichtung des Hilfswerks einhergehen. World Vision steht immer wieder in der Kritik unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe zu missionieren. Ich persönliche halte es auch für sehr problematisch bei der betreffenden Organisation, bin aber zu wenig mit der globalen Struktur vertraut, um hier dazu eine wirklich fundierte Diskussion führen zu können.<br />
  2017. <sup>2</sup> Ein Grund warum ich nie über Brad Pitt und Woody Allen schreibe.</p>
  2018. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=1688&amp;md5=eebda275d950e250950881c4a83b0cf4" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
  2019. <wfw:commentRss>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/01/28/afrika-ist-ein-grosses-land-teil-2-die-distanz-zwischen-downton-abbey-und-afrika/feed/</wfw:commentRss>
  2020. <slash:comments>7</slash:comments>
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  2022. <item>
  2023. <title>Geneva II</title>
  2024. <link>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/01/27/geneva-ii/?utm_source=rss&#038;utm_medium=rss&#038;utm_campaign=geneva-ii</link>
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  2026. <pubDate>Mon, 27 Jan 2014 11:42:41 +0000</pubDate>
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  2028. <category><![CDATA[Europäische Union]]></category>
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  2045. <description><![CDATA[In Genf wird gerade verhandelt. Man ist auf der Suche nach einem Weg das andauernde Massaker in Syrien zu beenden. Oder man gibt zumindest vor sich an einer solchen zu beteiligen. Die Medienaufmerksamkeit ist so gross. Die Chancen auf Erfolg klein.Langjährige Leserinnen und Leser dieses Blogs wissen, dass ich fast immer den Standpunkt vertrete, dass&#8230;]]></description>
  2046. <content:encoded><![CDATA[<p>In Genf wird gerade verhandelt. Man ist auf der Suche nach einem Weg das andauernde Massaker in Syrien zu beenden. Oder man gibt zumindest vor sich an einer solchen zu beteiligen. Die Medienaufmerksamkeit ist so gross. Die Chancen auf Erfolg klein.<span id="more-1684"></span>Langjährige Leserinnen und Leser dieses Blogs wissen, dass ich fast immer den Standpunkt vertrete, dass ein diplomatischer Dialog besser ist als Schweigen. Das trifft auch in diesem Fall zu. Der Unterschied so befürchte ich, ist jedoch in diesem Fall sehr klein. Darum hier ein paar Gedanken zum Gesprächs-Theater um Syrien für welche Genf gerade als Bühne dient.</p>
  2047. <p>Die Gespräche, normalerweise als <em>Geneva II</em> bezeichnet,<sup>1</sup> weil es sich um die zweite Runde handelt, haben am anderen Ende des Genfersees in Montreux begonnen (da in der Stadt wegen einer Uhrenmesse alles belegt war) und sind inzwischen tatsächlich in der Stadt. Die erste Runde der Gespräche fand im Sommer 2012 statt (ja, so lange dauert die Tragödie in Syrien schon an).<sup>2</sup> Das Resultat der ersten Genfer Gespräche war das <a href="https://www.unog.ch/80256EDD006B9C2E/%28httpNewsByYear_en%29/18F70DBC923963B1C1257A2D0060696B?OpenDocument"><em>Genfer Kommuniqué</em></a>. Diese Abschlusserklärung ist nicht nur wichtig um die jetzigen Gespräche einschätzen zu können, sondern erklären auch das diplomatische Scharmützel und die Blossstellung von UN Generalsekretär Ban Ki-Moon rund um die Ein- und Wiederausladung von Iran zu den Gesprächen.</p>
  2048. <p>Eine Kernforderung des Dokuments, dessen Akzeptanz als Vorbedingung für die Gespräche von <em>Geneva II</em> galt, ist jene nach einer Übergangsregierung in Syrien. Die USA insistierten bisher immer, dass dies als Vorbedingung für eine Teilnahme zu gelten hat. Iran stellte sich bisher immer auf den Standpunkt, dass es keine Vorbedingungen für seine Teilnahme geben dürfe. Es scheint nun so, dass man im Vorfeld aus Teheran Signale erhielt, dass man das Genfer Kommuniqué akzeptieren würde, unter der Bedingung, dass dies nicht öffentlich gesagt wird.<sup>3</sup> Inzwischen wurde klar, dass es <a href="https://www.nytimes.com/2014/01/22/world/middleeast/for-un-chief-a-dance-of-diplomacy-is-halted-by-a-misstep.html">irgendwo einen Kommunikationszusammenbruch</a> in der theoretisch mit den USA orchestrierten Einladung Irans gegeben haben muss. Zumindest scheint es als ob Irans Rückzieher für Ban Ki-Moon überraschend kam. Das Fehlen von Iran an den Gesprächen ist jedoch ein grosses, wenn nicht gar zentrales Problem. Der Iran spielt eine zentrale Rolle unter den externen Akteuren und hat vermutlich mehr Einfluss auf Assad als Russland.</p>
  2049. <p>Aber auch sonst gibt es kaum Grund zur Hoffnung. Wenn es ein Erfolg ist, dass die Parteien, sich am dritten Tag im selben Raum treffen (aber nur via Mediator kommunizieren), weiss man, das <em>schleppend</em> nicht einmal ansatzweise beschreibt, wie man sich den Fortschritt vorstellen muss. Dazu kommt, dass es kaum einen gemeinsamen Nenner gibt, der als Verhandlungsbasis dienen kann. Während die Opposition nur über eine Zukunft ohne Assad zu sprechen bereit ist, steht auf der anderen Seite die Regierung Syriens, für die ein Rücktritt Assads ausser Frage steht. Rückenwind erhält sie dadurch, dass sie inzwischen militärisch eher die Oberhand hat. Während sie einerseits Waffen aus Russland erhält, will der Westen keine an die inzwischen sich teilweise gegenseitig bekämpfende Opposition liefern, aus Angst, dass diese in die Hände von Islamistengruppe geraten (eine Angst die nicht unbegründet ist, sieht man was für Gruppen in Syrien mitmischen). Trotz erheblichen Drucks westlicher Staaten auf diverse Gruppen teilzunehmen, bleibt die Opposition zerstritten und nur <a href="https://en.wikipedia.org/wiki/Geneva_II_Middle_East_peace_conference#Syrian_participation">partiell vertreten</a>. Die Regierung Syriens kann natürlich unter diesen Umständen sich kooperationsbereit zeigen, die Bühne nutzen und gleichzeitig dafür sorgen, dass die Verhandlungen so langsam wie möglich vorwärts gehen. Dass man sich mit grosser Mühe auf eine <a href="https://www.bbc.co.uk/news/world-middle-east-25908347">minimale humanitäre Geste einigen konnte</a>, deren Implementierung noch in den Sternen steht, ist ein sicheres Anzeichen wie wenig sich die Parteien anzubieten haben.</p>
  2050. <p>Assad spielt also weiterhin gekonnt die verschiedenen Akteure die grössten Kritiker müssen inzwischen akzeptieren, dass Assad ein Teil einer Lösung sein muss. Dies ist in Anbetracht der Greultaten die von beiden Seiten begangen werden und den sich <a href="https://www.bbc.co.uk/news/world-middle-east-25821315">verdichtenden Hinweise auf Kriegsverbrechen</a><sup>4</sup> nicht für alle einfach zu schlucken. Hier liegt das Dilemma für den Westen. Man will nicht mit Assad. Man will aber auch nicht mit vielen der Rebellengruppen. Egal wer gewinnt (falls es so etwas wie &#8220;gewinnen&#8221; in diesem Kontext überhaupt noch geben kann), es sind vermutlich die falschen.<!--nextpage--></p>
  2051. <p>Das Verhalten vieler reicher Industriestaaten kippt aber in pure Heuchelei, wenn man sich den Bereich anschaut, in dem sie tatsächlich was tun könnten: Zur Zeit sind laut dem UN Hochkommissariat für Flüchtlinge rund <a href="https://data.unhcr.org/syrianrefugees/regional.php">2.5 Millionen auf der Flucht</a>. Rund 800&#8217;000 davon sind in Flüchtlingscamps im Libanon (ein Land mit einer Bevölkerung von nicht einmal 4.5 Millionen). Etwa 550&#8217;000 sind in Jordanien, etwas mehr als 500&#8217;000 in der Türkei (<a href="https://en.wikipedia.org/wiki/Refugees_of_the_Syrian_Civil_War">Quelle Wikipedia</a>). Die Europäische Union hat versprochen etwas mehr als 12&#8217;000 aufzunehmen. Der grösste Anteil davon in Deutschland, mit einem Versprechen zur Aufnahme von 10&#8217;000 (Quelle: <a href="https://www.amnesty.org/en/library/asset/ACT34/001/2013/en/8a376b76-d031-48a6-9588-ed9aee651d52/act340012013en.pdf">Amnesty International, siehe Appendix 2, Seite 13</a>). Wer sich dieses Missverhältnis visualisiert sehen möchte, <a href="https://greenmediabox.eu/syrianrefugees/">möge auf diesen Link hier klicken</a>.<sup>5</sup> Inzwischen Sorgen wir uns in der Schweiz über unsere <a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2011/04/18/migrationspolitik-von-der-enge-in-den-kopfen/">Sitzplätze im Nahverkehr </a>und Stimmen deswegen wieder einmal <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Eidgen%C3%B6ssische_Volksinitiative_%C2%ABGegen_Masseneinwanderung%C2%BB">über vermeintliche</a> <em>Massen</em>einwanderung ab.</p>
  2052. <p>&nbsp;</p>
  2053. <p>&nbsp;</p>
  2054. <p><sup>1</sup> Ich weiss nicht, wie sie in den deutschsprachigen Medien bezeichnet werden. Ich habe <em>Genf 2</em> gefunden, aber meistens eine Referenz zu &#8220;Syriengespräche in Genf&#8221;.<br />
  2055. <sup>2</sup> An den Gesprächen nahmen Vertreterinnen und Vertreter der ständigen Sicherheitsratsmitglieder teil (ohne Frankreich) und der UN Sondergesandte Kofi Anan.<br />
  2056. <sup>3</sup> Solche Geheime Abkommen sind in der Diplomatie nichts ungewöhnliches. Man sollte darin nicht nur den Aspekt des Verschwörerischen sehen (etwas woran sich viele stören), sondern auch, dass es ein Kompromiss sein kann, wo eine neue Dynamik in Gang gesetzt werden kann, ohne Gesichtsverlust für die beteiligten Parteien.<br />
  2057. <sup>4</sup> Die Photos scheinen authentisch zu sein und es bestehen kaum Zweifel an der Brutalität mit der Assad auch gegen die Zivilbevölkerung vorgeht. Das Erscheinungsdatum kurz vor dem Gesprächsbeginn ist aber ziemlich sicher auch kein Zufall.<br />
  2058. <sup>5</sup> Die Diskrepanz zwischen den über 12&#8217;000 Aufnahmen und der tieferen Zahl in der Visualisierung ist vermutlich darauf zurück zu führen, dass es sich um effektiv Aufgenommene handelt. Am Missverhältnis ändert dies kaum etwas.</p>
  2059. <p><a href="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/?flattrss_redirect&amp;id=1684&amp;md5=448ae9a04d2cc34f93aa8d359ad51d6b" title="Flattr" target="_blank"><img src="https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/wp-content/plugins/flattr/img/flattr-badge-large.png" alt="flattr this!"/></a></p>]]></content:encoded>
  2060. <wfw:commentRss>https://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2014/01/27/geneva-ii/feed/</wfw:commentRss>
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