Purity Spiral („Reinheitsspirale“)

Wie man sieht habe ich es gerade etwas mit bestimmten Konzepten. Hier also die „Purity Spiral„:

Eine Reinheitsspirale ist eine soziologische Theorie, die die Existenz einer Form des Gruppendenkens behauptet, bei der es vorteilhafter ist, bestimmte Ansichten zu vertreten, als sie nicht zu vertreten, und bei der extremere Ansichten belohnt werden, während das Äußern von Zweifeln, Nuancen oder Mäßigung bestraft wird (ein Prozess, der manchmal als „moralisches Überbieten“ bezeichnet wird).[1] Es wird argumentiert, dass diese Rückkopplungsschleife dazu führt, dass die Mitglieder miteinander konkurrieren, um die Eifrigkeit oder Reinheit ihrer Ansichten zu demonstrieren.[2][3]

Eine Reinheitsspirale tritt dann auf, wenn sich eine Gemeinschaft in erster Linie auf die Durchsetzung eines einzigen Wertes konzentriert, der keine Obergrenze hat, und wenn es für diesen Wert keine einheitliche Auslegung gibt.

Der Begriff Reinheitsspirale wurde in einer der ersten systematischen soziologischen Darstellungen der Opferkultur (Victimhood Culture) geprägt, The Rise of Victimhood Culture: Microaggressions, Safe Spaces, and the New Culture Wars (Mikroaggressionen, sichere Räume und die neuen Kulturkriege), wo sie als eine Form von Machtkämpfen sowohl unter Aktivisten als auch unter Mitgliedern von Opfergruppen beschrieben wird

In einer BBC-Dokumentation aus dem Jahr 2020 über Reinheitsspiralen sagte Gavin Haynes, dass Reinheitsspiralen Menschen für die „kleinsten Übertretungen“ bestrafen, und stellte fest, dass sie es gesellschaftlich inakzeptabel machen, eine Präferenz zu äußern, die der der Gruppe widerspricht. [1][4] Der amerikanische Akademiker Timur Kuran beschrieb dieses Phänomen in seinem 1995 erschienenen Buch Private Truth, Public Lies (Private Wahrheit, öffentliche Lügen) und bezeichnete es als Präferenzfälschung. Er wies außerdem auf das Fehlen von Anreizen und Systemen hin, um Reinheitsspiralen zu durchbrechen, und wies darauf hin, dass schon eine kleine Menge an Opposition oder Zweifel zu einer größeren Welle der Infragestellung innerhalb der Gruppe führen kann. Der Philosoph René Girard beschrieb 1972 in seinem Buch Violence and the Sacred (Gewalt und das Heilige)[1] ebenfalls viele der Prinzipien der Reinheitsspirale, darunter die mimetische Rivalität und den Sündenbockmechanismus.

Das scheint mir sehr gut auf die „woken Theorien“ zuzutreffen. Sie wollen „Gleichberechtigung“ und „Abbau von Privilegien“ betreiben und versteigen sich da immer mehr in einen Wettkampf in dem es darum geht der „wokeste“ zu sein.

Ich hatte hier schon häufiger die Spieltheoretische Figur des „Race to the Bottom“ verwendet, etwa:

Eine „Reinheitsspirale“ betont dagegen, dass man ein bestimmtes Ziel erreichen will und dieses nicht erreichbar ist und man sich daher immer mehr verzettelt und natürlich dann fast zwangsläufig „die Revolution ihre Kinder frisst“. Denn nur anderen auf dem Weg zur vollkommen Reinheit kann man eben bestimmte Sachen vorhalten, die dann nur innerhalb dieses „Kults“ relevant sind.

Interessant ist, dass bereits eine gewisse kleinere Menge an Opposition dies evtl durchbrechen kann. Aber deswegen werden solche Reinheitsspiralen eben auch abgesichert durch Ausschluss für Zweifel, durch äußerste Aggressivität wenn man nicht zustimmt und durch „heiligen Zorn“.

Bisher haben sie damit gerade in den USA die Absicherung der Spirale ganz gut im Griff. Allerdings gibt es eben auch immer mehr direkte Gegenbewegungen, etwa Genderverbote oder die Abschaffung von DEI-Positionen etc.

11 Gedanken zu “Purity Spiral („Reinheitsspirale“)

  1. Der Selbermach Samstag fehlt noch. Deshalb hier: ich habe ein Interview von 2023 mit Esther Vilar gefunden https://open.spotify.com/episode/3Bv2c8AXZSo3hSdRhpdrVd?si=kgnjYBbpRWOkiumiQIOwgA

    Ich fand es spannend und glaube, dass ihre Idee von Geschlechtergerechtigkeit das eigentliche Ziel der Feministen sein sollte. Ohne ihre Idee zu kennen, habe ich mich mit meiner Frau in eine ähnliche Richtung entwickelt. Ich arbeite 32h damit noch Zeit für die Familie bleibt. Unser Wunsch wäre es, dass beide so 30 Stunden arbeiten und wir somit Haushalt und Erwerbsarbeit beide machen können.

    • „glaube, dass ihre Idee von Geschlechtergerechtigkeit das eigentliche Ziel der Feministen sein sollte“

      Das habe ich auch mal geglaubt. Bis ich realisierte, dass die meisten der sogenannten Feministen nur Revolutionäre sind, die nur alle aufmischen wollen, mit ihrer Männerhass-Philosophie. Und daher hassen sie diejenigen aufgrundtief, die die wirklichen Feministen sind, wie Vilar oder Badinter zB.

    • Ein großes Lebenswerk hat diese Frau geschaffen. Aber jetzt ist sie sicherlich auch etwas müde.

      Denn wenn die Dressur des heranwachsenden Mannes nicht mehr unter der Allmacht der Mutter erfolgt, heißt das noch lange nicht, dass er nicht matriarchal erzogen wird. Werden die Kinder durch (meinetwegen auch reduzierte) Erwerbstätigkeit beider Eltern verstärkt in Fremdbetreuung und -erziehung gesteckt, erleben wir dort ebenso fast ausschließlich Frauen, welche die Jungs gleichermaßen nach matriarchalen Standards erziehen und prägen. Der Unterschied ist lediglich, dass dort ein kollektivistisch-staatlicher Einfluss noch stärker wirkt als in der Familie.

      Die ganze Verlogenheit der weiblichen Emanzipation und dem angeblichen Streben nach Gleichstellung wird an der Stelle deutlich, an dem der Nachwuchs geprägt wird. Denn genau dort müsste man auf Parität und angemessenen männlichen Einfluss achten. Aber das fordern weder Männer noch Frauen.

      Männer werden weiter zu Blödheit und Folgsamkeit dressiert. Bloß sie dienen jetzt stärker dem feministischen Kollektiv anstatt der Mutter und der Frau innerhalb der Familie.

      Die darin steckende Dramatik übersieht Villar. Aber sie wird ja auch schon bald 90.

      • Das ist im Übrigen auch der Grund für das Streben nach Unfreiheit, das alle am Ende des Podcasts verwundert konstatieren.

        Wenn wir nicht freiheitlich geprägt werden, sondern Freiheit als etwas Verängstigendes beigebracht bekommen, werden wir das auch nicht anstreben, sondern uns immer jemanden suchen, ob Frau oder Staat, dem wir uns unterwerfen können. Da fühlen wir uns so sicher wie einst an Muttis Brust. Also wollen wir auch einen Nanny-Staat.

  2. Das Problem bei Werten in Abgrenzung zu Interessen liegt darin, dass sie kaum Verhandlungsmasse bieten. Ein Wert ist gesetzt, und man kann ihm zwar eskalativ immer stärker huldigen, man kann aber im Rahmen von Werten keinen Interessenausgleich erzielen.

    Das ist auch das Grundproblem wertegeleiteter feministischer Politik und warum sie in zerstörerische Exzesse mündet. Über Werte kann man nicht ergebnisoffen verhandeln.

    Leider versteht das zum Beispiel die Außenministerin nicht – oder es hat ihr noch keiner erklärt.

      • Auch die eignen sich nicht, um damit einen Interessenausgleich zu schaffen im Rahmen von Politik. Freiheit und Selbstbestimmung sind doch ebenfalls eskalativ. Die finale Selbstbestimmung heißt, dass man sich an keine gesellschaftlichen Regeln hält. Ähnlich ist es mit der Freiheit. Die totale Freiheit erreicht man doch erst, wenn man nackig aufhört zu atmen oder zu essen.

        In meiner Welt sind Freiheit und Selbstbestimmung Werte, die das Individuum als Abwehr kollektiver Gelüste anstrebt, um sich eben nicht jeder Willkür beliebig zu unterwerfen. Um selbst soziale Aushandlungen zu treffen.

        Komischerweise gibt es einige, die eine Forderung nach Freiheit und Selbstbestimmung immer wieder so framen, als würden damit Asozialität und Egoismus angestrebt. Dabei geht es doch heutzutage vor allem darum, das eigene Dasein und Leben mitbestimmen zu dürfen.

        Schau, hier ist es heute 21 Grad warm. Ab 18 Grad gilt Lauterbachs Hitzeschutzplan. Ich will mich aber den Maßnahmen nicht unterwerfen, sondern selbst bestimmen, was ich bei 21 Grad mache und was nicht. Damit strebe ich nach Freiheit und Selbstbestimmung.

  3. Pingback: Tabuisierung des Wettbewerbs unter Frauen und Plus Size Models und Transsexuelle als mögliches Mittel dazu | Alles Evolution

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