Donnerstag, 25. April 2024

Um nochmal bei den Negativserien nachzuharken

 Also als kurze Erinnerung: Am Samstag hab ich hier ausgeführt, wie viele Bundesligisten gerade bei höchstens einem Sieg in den letzten 5 Spielen sind. Wie viele Mannschaften die Rückrunde ziemlich verkacken.

Dann habe ich die These aufgestellt, dass das auch daran liegt, dass viele Mannschaften die Saison schon abgehakt hatten. Sie gingen davon aus, dass sie nicht in den Abstiegskampf rutschen werden, aber nach oben geht auch nichts mehr... also rutschen die doch in den Abstiegskampf.

Und dann habe ich kurz ausgeführt, dass das ja immer wieder passiert. Das zum Beispiel Werder Bremen zum dritten Mal innerhalb weniger Jahre eine grausame Rückrunde angeboten wird.

Dabei fiel mir dann ein Gedanke auf: Es gibt eine einzige Mannschaft, der das nie passiert. Oder zumindest so gut wie nie. Die eigentlich auch immer frühzeitig ihr eigentliches Saisonziel "Nichts mit dem Abstiegskampf zu tun haben" frühzeitig erfüllen. Die dann aber trotzdem...

Also 2023 beenden sie die Saison mit 4 Siegen und 2 Unentschieden aus den letzten 10 Spielen.
2022 sind es ebenfalls 4 Siege, aber nur ein Unentschieden.
2021 sind es "nur" 3 Siege und 2 Unentschieden.
2020 sind es wieder 4 Siege und 3 Unentschieden...
Man erkennt da ein gewisses Muster.
2019 war der eine "schwächere Endspurt", in dem man "nur" 2 Siege und 3 Unentschieden holte.
Diese Mannschaft beendete die Saison immer zwischen Platz 5 und 13. Platz 13 war offensichtlich die Saison, in der man den Endspurt "verkackt" hat.

Die Rede ist offensichtlich vom SC Freiburg unter Christian Streich. Wer hätte es gedacht: Natürlich liefert der beste aktive Trainer diese konstante Bilanz hin. Aber es ist schon bemerkenswert, dass die Freiburger nicht nur immer wieder gut in die Saison starten, sondern hinten raus nie wirklich die Spannung verlieren. Dass die, auch wenn es nur noch um Platz 8 geht, trotzdem nicht den Betrieb einstellen. 

Das liegt auch ganz offensichtlich daran, dass Streich seine Spieler über die Saison hinweg weiterentwickelt. In der aktuellen Saison ist es Merlin Röhl, der über das Jahr hinweg vor unseren Augen zum Stammspieler reifte. Und Noah Atubolu wird mit immer souveräner. Und man könnte da jedes Jahr durchgehen. Man muss ja nur die Abgänge wie Kevin Schade,  Mark Flekken, Luca Waldschmidt und Nico Schlotterbeck durchgehen. Oder an Vinzenco Grifo denken, der bisher nur unter Christian Streich und in dessen System ein guter Bundesligaspieler war... und entsprechend schnell zum SC zurückkehrte.

Es ist auch einfach ein echt unfairer Wettbewerbsvorteil, dass der SC Freiburg jahrelang auf diesen überragenden Trainer bauen durfte. Denn normalerweise, wie man ja ganz praktisch in Mainz sehen konnte, gehen diese Trainer dann doch zeitnah nach Dortmund. In Freiburg konnte man sich 15 Jahre lang darauf verlassen, dass die Mannschaft übers Jahr hinweg einfach besser wird. Und dass man nicht noch spontan in den Abstiegskampf rutscht, weil man die Saison zu früh abschließt.

Über Christian Streich gibt es endlos viele Lobeshymnen, aber den "Seine Mannschaften brechen nebenbei nie ein" Aspekt wurde dabei nie angesprochen.

Und nebenbei bekommen andere Trainer da viel zu oft einen "Freifahrtschein". Also nehmen wir mal unser Lieblingsbeispiel: Werder Bremen. Die verlieben sich ja immer wieder nach einem guten halben Jahr in ihren Trainer, weil sie krampfhaft auf der Suche nach Stabilität und den nächsten Thomas Schaaf sind. Deswegen durfte Florian Kohfeld im Amt bleiben, als er die Mannschaft souverän in die Relegation geführt hat. Letzte Saison musste sich Ole Werner keine kritischen Fragen gefallen lassen, als er die Saison mit einem Sieg aus 11 Spielen "ausklingen" ließ. Als Aufsteiger kann das ja mal passieren. Jetzt ist Werder schon wieder bei nur einem Sieg aus 9 Spielen. Aber solange sie nicht direkt in den Abstiegskampf rutschen, wird sich Werner keine Gedanken um seinen Job machen müssen.

Obwohl er jetzt in der 2. Saison infolge nachweist, dass er eine Mannschaft während der Saison nicht wirklich besser macht. Denn wenn ihm das gelingen würde, kämen ja solche Serien nicht zustande. Dabei wäre es gerade für eine Mannschaft wie Werder Bremen essenziell, einen Trainer zu finden, der genau das kann. Denn man gehört ja zu diesen designierten "Grauen Mäusen", die nicht auf dem Transfermarkt fett einkaufen können, sondern müssen zwangsweise auf die Entwicklung in ihrem eigenen Kader setzen. Sowohl um garantiert eine sorgenfreie Saison zu spielen (und eventuell mal nach oben zu schielen), als auch um das nötige Kleingeld auf dem Transfermarkt zu generieren.

Trotzdem wird Werder die Stabilität mehr schätzen, als die Chance auf eine Weiterentwicklung. Sie werden so lange mit Platz 13 zufrieden sein, bis sie irgendwann reagieren müssen, weil doch der Abstieg droht.

Und versteht mich nicht falsch: Ich fordere jetzt keine Entlassung von Werner. Aber man sollte sich nach der Saison damit auseinandersetzen. Die letzten beiden Saisons analysieren, die Gemeinsamkeiten in der schwachen Rückrunde erkennen und dann darüber nachdenken, ob man sich dann neu orientiert. Oder ob man Werner noch eine Saison gibt, in dem er diese offensichtlichen Probleme löst.

Aber nach der Saison die Trainer auszutauschen, wird ja kaum gemacht. Also klar, die Bayern versuchen das gerade. Und sie haben das mit Pep Guardiola 2 Mal gemacht: Als sie ihn geholt haben und als er ging. Und dann gab es die eine Saison, in der Wolfsburg, Frankfurt und Gladbach die Trainer im Kreis getauscht haben. Aber normalerweise wechselt man die Trainer, wenn während der Saison was schiefläuft... und nicht wenn man nach der Saison feststellt, dass es keine Weiterentwicklung gibt. Also wie das die Amerikaner machen, bei denen die Trainer am sogenannten "Black Monday" entlassen werden: dem ersten Montag nach der regulären Saison. Aber die haben halt auch keinen Abstiegskampf, da ist so was einfacher.

Die andere Seite des Problems ist natürlich, dass Ole Werner kein schlechter Bundesligatrainer ist. Er dürfte schon den Durchschnitt darstellen. Er macht ja wenig wirklich verkehrt, er macht dich nur nicht besser. Und wenn sich der neue Kandidat dann als "schlechter Bundesligatrainer" entpuppt, hat man das Problem. Da hält man doch lieber so lange wie möglich an dem Durchschnitt fest.

Was aber auch nur bedeutet: Werder wird so lange im derzeitigen "Graue Maus" Status bleiben, bis sie irgendwann in den Abstiegskampf rutschen. Wirkliches Bestreben, da progressiv herauszukommen, ist wieder mal nicht in Sicht. 

Werder Bremen ist da natürlich kein Einzelbeispiel. Borussia Mönchengladbach ist mit Gerado Seoane in derselben Position. Und beides sind allgemein Mannschaft, die schon noch die wirtschaftliche Potenz (und eine entsprechend große Fanszene) haben, um souverän in der Bundesliga mitzuspielen, denen aber die Investitionsmöglichkeiten fehlen, um wirklich und konstant oben anzugreifen. Und beide sind, ganz sachlich gesehen, auf der Suche nach ihrem Christian Streich. Der letzte "Streich-Kandidat" der beiden dürfte Lucien Favre von 2010 bis 2014 gewesen sein. Aber Favres überraschender Rücktritt im Jahr 2015 belegt ja auch nur, wie schwer es ist, so einen Trainer zu halten. Seitdem wird auf der Trainerbank munter rotiert, aber keiner konnte konstanten Erfolg verbuchen.

Aber, so fair muss man sein, mit Adi Hütter, Daniel Farke und eben Seoane holte man zuletzt 3 Mal infolge einen neuen Trainer zum Trainingsauftakt. Die sind also gewillt, nach einer durchschnittlichen Saison nach Verbesserungsmöglichkeiten auf der Trainerbank zu suchen. Jetzt kann Werder darauf zeigen und behaupten "Seht ihr, das bringt doch auch nichts", während Gladbach sagen kann "Wir haben uns wenigstens bemüht"... alles nur ne Frage der Perspektive.

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