Kreuzzug gegen Homöopathie & Co.

Die Homöopathie und andere komplementärmedizinische Angebote geraten zunehmend unter Druck. da sie angeblich ihre Wirksamkeit nicht nachweisen können und nur Kosten verursachen. In Frankreich und anderen Ländern müssen homöopathische Mittel nicht mehr vergütet werden. In Grossbritannien geriet der Verband der Homöopathen selbst ins Visier des staatlichen Gesundheitsdienstes NHS.[1] In der Schweiz gibt es zwar auch eifrige Stimmen gegen Homöopathie & Co., doch noch sind die entsprechenden ärztlichen Leistungen durch die Grundversicherung gedeckt. Wie lange noch? Und wo liegt das Problem? – Ein Überblick.

Die Homöopathie steht von den komplementärmedizinischen Angeboten am meisten unter Beschuss. Ihre Arzneien sind oft so stark verdünnt – potenziert, wie die Homöopathen sagen –, dass vom Ausgangsstoff kaum noch oder gar keine Moleküle mehr vorhanden sind. Für die Kritiker der Homöopathie ist deshalb klar, dass die Medikamente nicht wirken können. Wo kein Stoff ist, kann es keine Wirkung geben. Allfällige Erfolge der Homöopathie seien auf den Placeboeffekt zurückzuführen, also auf die Tatsache, dass Mittel ohne Wirkstoff eine rein suggestive Wirkung erzielen können, wenn man nur fest daran glaubt.

Auch wenn diese Argumentation immer und immer wieder kolportiert und von den Medien gerne aufgegriffen wird, ist sie nicht haltbar. Es gibt ausreichend klinische Studien, die einen therapeutischen Effekt homöopathischer Medikamente über den Placeboeffekt hinaus klar nachweisen.[2] Auch Metastudien, also wissenschaftliche Studien, die bereits publizierte Studien zu einem bestimmten Thema in einer Art Zusammenschau bewerten, kommen zum Schluss, dass homöopathische Medikamente wirksam sind, wenn spezifische Krankheitsbilder im Fokus stehen.[3]

Wirkmechanismus ist nach wie vor unklar

Die wissenschaftliche Herausforderung im Zusammenhang mit der Homöopathie besteht nicht mehr darin aufzuzeigen, dass ihre Arzneien wirken, sondern darin, schlüssig herauszuarbeiten, wie sie wirken. Vier Forschungsansätze zu dieser Frage stehen im Zentrum:

Trotz erheblicher Fortschritte in den letzten Jahren konnte sich kein theoretisches Modell der Wirkmechanismen bei homöopathischen Anwendungen etablieren. Dies allerdings darf der Homöopathie nicht zum Vorwurf gemacht werden. Vielmehr ist das ein üblicher Zwischenstand in der wissenschaftlichen Forschung und gilt im Übrigen auch für viele andere Wirkstoffe der Pharmakologie, auch wenn sie von den Arzneimittelbehörden genehmigt sind.

Zweifelhafte Argumente

Erstaunlich ist, mit welcher Vehemenz die Gegnerschaft der Homöopathie ihre (falsche) Behauptung von der Unwirksamkeit der entsprechenden Heilmittel in die Welt setzt und oft zugleich versucht, auch weitere komplementärmedizinische Therapien in Misskredit zu bringen. Man bekommt den Eindruck, dass es sich hier um eine Art Hexenjagd handelt, zumal ein zweites wichtiges Argument der Gegner – diese Therapierichtungen würden hohe Kosten verursachen, obschon sie nichts bewirkten –, in sich zusammenfällt, wenn man den lächerlichen Anteil der Kosten der Komplementärmedizin an den gesamten Gesundheitskosten betrachtet. In der Schweiz setzen die Krankenkassen gerade mal 0.05 Prozent, also ein halbes Promille ihrer Gesamtausgaben für komplementärmedizinische Angebote ein (18 Millionen Franken von 40 Milliarden Franken).[4]

Was die Gegnerschaft der Homöopathie und im weiteren Sinn der Komplementärmedizin antreibt, kann nur spekuliert werden. Ist es ein allein selig machender Anspruch der Naturwissenschaft, die, einer Religion gleich, die Gegenwart mit (materialistischen) Dogmen zu beherrschen sucht, ganz nach dem Motto: «Ohne Stoff keine Wirkung»? Oder steht hinter den Gegnern die mächtige Pharmalobby, die im Arzneimittelmarkt keine Konkurrenz duldet?

Für ein gesundes Gesundheitswesen

Tatsache ist, dass die Komplementärmedizin bei den PatientInnen sehr beliebt ist. In der Schweiz stimmten im Jahr 2009 ganze 67 Prozent der Abstimmenden für den Verbleib der klassischen Homöopathie, der anthroposophischen Medizin, der Akupunktur und der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) in der Grundversicherung. Bis jetzt wagt niemand, dieses klare Verdikt politisch in Frage zu stellen.

Die Komplementärmedizin setzt deutlich weniger auf Konkurrenz als ihre Gegner. Sie versteht ihre Angebote und Heilmittel als Ergänzung – komplementär – zur klassischen Schulmedizin und nicht als Alternative. (Der Begriff der Alternativmedizin ist diesbezüglich irreführend.) Den Patientinnen und Patienten dient ein solches Zusammengehen am meisten. Denn die Vielfalt der Therapiemöglichkeiten und ihre freie Wahl ist die Voraussetzung für ein gesundes Gesundheitswesen.


Anmerkungen:

[1] https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2019/az-45-2019/uk-nhs-gegen-homoeopathie

[2] Siehe dazu eine auch für den interessierten Laien nachvollziehbare Zusammenstellung des Instituts für Komplementäre und Integrative Medizin der Uni Bern: https://www.ikim.unibe.ch/forschung/uebersichten_zum_stand_der_forschung/homoeopathie/index_ger.html

[3]https://www.ikim.unibe.ch/forschung/uebersichten_zum_stand_der_forschung/homoeopathie/metaanalysen_zu_spezifischen_krankheitsbildern/index_ger.html

[4] https://www.nzz.ch/schweiz/zehn-millionen-franken-fuer-zuckerkuegelchen-ist-das-zu-viel-ld.1775951

 Bild von wal_172619 auf Pixabay

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