Dienstag, 16. April 2024

Passives Abseits Leser wissen es exklusiv: Für Mainz geht es nur noch um die Relegation.

Platz 15 hatte ich da schon abgeschrieben. Und nicht nur ich selbst, der Trainer Bo Henriksen hat die Relegation als "am wahrscheinlichsten" bezeichnet. "If it takes two more games, we take it."

Nun ist ja auch nicht so schlimm mal daneben zu liegen... solange die Logik hinter der Prognose vernünftig war. Daran kann man sich dann orientieren, um festzuhalten, was sich bei den Mainzern verändert hat.

Da war zunächst mal das grundlegende Qualitätsproblem: Diese Mannschaft hatte nach 21 Spieltagen 2 Trainer "verbrannt" und dabei nur ein Spiel gewonnen. Das kann dann nicht nur an den Trainern liegen, sondern muss auch etwas mit einem ziemlich schlecht zusammengestellten Kader zu tun haben. Dass der dritte Trainer dann auf einmal einen radikalen Umbruch bewirkt, hielt ich für ausgeschlossen. Eine Mannschaft, die nach 21 Spieltagen 12 Punkte gesammelt hat, holt doch nicht plötzlich 10 Punkte Rückstand auf Bochum auf. Vor allem, weil man ja auch davon ausgehen muss, dass Bochum noch den einen oder anderen Punkt holt.

Und der "neue Besen" musste direkt erstmal eine 1:8 Niederlage gegen die Bayern unter den Tisch kehren. Das war dann der Punkt, dann dem ich den Dead Coach Bounce als "verpufft" betrachtet habe. Aber hier ist das faszinierende: Henriksen hat, seit dem er im Amt ist, nur gegen die Bayern und Bayer verloren. Davor hat er den Auftaktsieg gegen Augsburger geholt... Aber das erste Spiel hat ja selbst Jan Siewert gewonnen. Das war der Moment, in dem man als Mainz darüber nachdenken konnte, ob man einfach jedes Wochenende den Trainer austauscht. Zwischendurch holte man einen Punkt gegen Borussia Mönchengladbach, die gerade spielen, wie so eine Mannschaft unter Gerado Seoane spielt... also im konsequenten Abwärtstrend ist. Der eine oder andere mag das vergessen haben, aber Seoane war letztes Jahr noch Bayer Trainer. Da konnte der den Negativtrend auch nicht stoppen. Dort sieht man jetzt, was ein guter Trainer bewerkstelligen kann, während man in Gladbach sieht, dass Seoane dies offensichtlich nicht ist. Gladbach hat nebenbei nur eines der letzten 7 Pflichtspiele gewonnen und unter anderem gegen den Drittligisten aus Saarbrücken verloren. 

Dann hat Mainz die elementar wichtigen Pflichtspiele gegen Bochum und Darmstadt gewonnen. Diese umringen dem überraschenden Unentschieden, welches Robin Zentner gegen RB Leipzig festgehalten hat. (Fun Fact: Mainz holte 4 Punkte gegen RB Leipzig... WTF!) Ich hab ja schon im Worst Of des entsprechenden Wochenendes festgehalten, wie absurd dieser festgehaltene Punkt war, denn bisher hat Zentner dem Verein, wie mit seinem Patzer gegen Bayer gezeigt, was man eigentlich von ihm erwartet. Oder beim Führungstreffer für Hoffenheim an diesem Wochenende, als er mit einem unmotivierten Ausflug ins Leere eine an sich gute Halbzeit kaputt machte.

Die 2. Halbzeit war dann aber für mich der wirkliche Wendepunkt. Der Moment, in dem ich an den Klassenerhalt der Mainzer zu glauben begann.
Dabei zeigte sich in diesem Spiel auch die Besonderheit dieser Saison: denn die Mainzer spielten ganz sachlich gegen eine Mannschaft, die die Saison eher aus trudeln lässt. Wie sie es schon gegen Gladbach taten. Auch Hoffenheim ist bei einem Sieg aus 5 Spielen. Oder 3 Siegen in 12 Rückrundenpartien. Hoffenheim war mal auf Europacup Kurs, aber da merkt man einfach den Spannungsabfall.

Und hier kommt das spannende: Mit Freiburg, Heidenheim und Wolfsburg stehen noch 3 weitere derartige Spiele auf dem Programm. Auch wenn Freiburg natürlich um die "Europa Conference League" spielt. Und ja, ich gehe nach wie vor davon aus, dass Wolfsburg zu gut ist, um von Bochum überholt zu werden. Auch wenn wir Samstag endgültig erfahren werden, wie dringend sie am Abstiegskampf teilnehmen wollen, schließlich geht es am Wochenende zu genau den Bochumern.

Ich habe ja auch schon zwischenzeitlich behauptet, dass diese Spiele den Abstiegskampf eher entscheiden werden, als das direkte Duell zwischen Mainz und Köln. Jetzt kann sich Mainz plötzlich übernächste Woche endgültig das "Problem Köln" vom Hals schaffen.

Hier kommt jetzt der entscheidende Fortschritt: Es sieht plötzlich so aus, als hätte Mainz auch die Qualität dafür. Also sowohl um die Punkte gegen die "Wir lassen die Saison austrudeln" Mannschaften zu holen, als auch um Köln zu schlagen.
Das kann man am besten an 3 Personen festmachen:
Nadiem Amiri könnte der wichtigste Wintertransfer der Saison gewesen sein. Das ist zwar ein Spieler, der bisher selten wirklich überragte, dessen schlechteste Leistung aber eine 4,5 gegen die Bayern war. Dazu kommt noch eine 4,0 gegen den VfB Stuttgart und RB Leipzig. Gegen Mannschaften mit dominantem Ballbesitz hat Amiri offensichtlich seine Probleme. Oder gegen die qualitativ Besten. Wenn es allerdings nicht gegen die Mannschaften auf Platz 2-4 geht, kommt er plötzlich auf einen Notenschnitt von 2,9.
Die allerwichtigste Personalie ist und bleibt allerdings Jonathan Burkardt. Der erinnert uns plötzlich daran, dass er mal Nationalstürmer werden sollte. Auch, weil wir da gar keinen haben. Aber auch, weil er halt viel zu gut für Mainz ist. Burkhart ist ja ganz sachlich gesehen nur noch in Mainz, weil er quasi die gesamte letzte Saison dank einer Knie-OP verpasst hat. Danach, das wird jetzt deutlich, brauchte er einfach noch eine ganze Weile, um wieder ins Laufen zu kommen. Ein halbes Jahr ist dafür bei einer derart schweren Verletzung nicht so ungewöhnlich. Vor allem, wenn ein stabiles und qualitativ hochwertiges Umfeld fehlt,
All seine 7 Scorerpunkte sammelte Burkhardt in der Rückrunde. Und wann immer der trifft, gibt es Punkte für die Mainzer. In der Hinrunde kam er nur auf 3 benotete Spiele. Dass Burkardt so zurückkommt, hätte man tatsächlich ahnen können. Bevor seine Verletzung in zurückwarf, stand er kurz vorm endgültigen Durchbruch.
Beim dritten Namen war das dagegen nicht so abzusehen. In der Sportschau hieß es plötzliche "Kaum vorstellbar, dass Mainz Gruda in dieser Form halten kann." Und ich so: Wer?
Also ja, Brajan Gruda ist ein Talent aus der Mainzer Schmiede. Der kam mit 15 in den Verein und spielt jetzt seine ersten wirklich starken Bundesligaspiele. Er traf zuletzt 2 Mal infolge. Aber er ist definitiv die größte Wildcard in diesem Kader: Wenn der jetzt während der Saison einen entscheidenden Leistungssprung nach vorne gemacht hat, kann Mainz die nächste Bundesligasaison planen. Also zumindest über die Relegation. Aber es kann bei einem derart jungen Spieler auch passieren, dass das jetzt sein letzter Scorerpunkt in dieser Saison war.

Aber wenn diese 3 Spieler das Niveau der letzten Wochen halten, hat Mainz plötzlich genügend Qualität für den Klassenerhalt, die ich so nicht gesehen habe. Vor allem hat man plötzlich wesentlich mehr Potenzial als die Kölner, die irgendwie darauf hoffen müssen, dass Davie Selke was auf die Reihe bekommt.

Was uns aber zu der spannenden Frage führt: Woran könnte es scheitern? Da bleibt zum einen der Fakt, dass man bisher nur zu Hause gewonnen hat. Auswärts ist man bei 7 Unentschieden und 7 Niederlagen. Der derzeitige Lauf mit 10 Punkten in 4 Spielen könnte also wirklich einer absurden Konstellation im Spielplan geschuldet sein. Dass man halt auch genau da gegen die gerade schwächsten Mannschaften antreten durfte, könnte das Bild extrem verzerren. Aber man hat ganz sachlich gesehen nur noch ein "einfaches" Heimspiel gegen Köln, welches man zwingend gewinnen muss. Dazu muss man 4 Punkte aus 3 Auswärtsspielen holen. 

Ansonsten muss ich ganz ehrlich zugeben, dass ich Robin Zentner nicht traue. Also klar, das ist der notenbeste Spieler der Mainzer. Und angeblich der achtbeste Torhüter der Liga. Minimal schlechte als Lukas Hradecky, aber besser als Alexander Nübel. Gerade bei Nübel ist das an sich absoluter Wahnsinn, denn der zeigt ja gerade den Stuttgartern, wie geil das ist, wenn man einen souveränen Torwart in seinen Reihen hat. Zentner ist natürlich ein Torhüter, der selten krass patzt. Aber er hält dir auch ganz selten mit überragenden Partien die Punkte fest. Also ein Mal alle 2 Jahre und das war diese Saison schon. Da die Ausgangslage so extrem beschissen war, könnten wütend anrennende Dortmunder im letzten Heimspiel der entscheidende Faktor sein. Dass Zentner da nochmal so einen Sahnetag wie gegen Leipzig erwischt, würde mich doch überraschen.

Am schwierigsten zu berechnen ist aber das Restprogramm des direkten Konkurrenten aus Bochum. Die spielen am Wochenende gegen Wolfsburger, die sie dann auch richtig in die Scheiße ziehen könnten. Danach geht es gegen Hoffenheim, Union Berlin, Bayer Leverkusen und Werder Bremen. Selbst bei Bayer Leverkusen, die direkt davor im Halbfinale der Europa League stehen sollten, kann keiner abschätzen, in welcher Verfassung diese dann auflaufen werden. Hoffenheim hat gerade eindrucksvoll nachgewiesen, dass sie mit der Saison schon abgeschlossen haben. Werder Bremen hofft auch intensiv darauf, dass sie nur noch Spalier stehen müssen. Selbst nach einer Niederlage gegen Wolfsburg, von der ich irgendwie ausgehe, ist es nicht ausgeschlossen, dass die plötzlich 4 Spiele infolge unbesiegt bleiben und 8 Punkte holen, weil die Gegner mit der Saison schon abgeschlossen haben. 

Und auch wenn Wolfsburg sich alle Mühe gibt: Ich gehe weiterhin davon aus, dass die Mannschaften von Platz 9 bis 14 zeitnah wirklich nichts mehr zu erreichen haben. Und es wäre bei weitem nicht das erste Mal, dass derartige Mannschaften dann indirekt den Abstiegskampf entscheiden.
Wobei "entscheiden" ja relativ ist, schließlich sollte es am Ende für Bochum oder Mainz über die Relegation reichen...
Oder anders ausgedrückt: Der Zyniker in mir muss auch nur festhalten, dass der derzeitige Lauf der Mainzer jegliche Luft aus dem Abstiegskampf genommen hat, weil ja eh nur 2 Mannschaften absteigen.

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