Frank Otto: THE INTERVIEW LUNCH im Restaurant LA CHANCE

Gruppenfoto: Jimmy“ Saini ,Frank Otto, Cetin Yaman von linkisWenn das Essen schmeckt, ist auch die Laune bestens und das Resultat des Interviews ebenfalls ganz so wie gewünscht! Unternehmer Frank Otto umrahmt von Restaurant-Inhaber Dzemazi „Jimmy“ Saini (li.) und THE INTERVIEW LUNCH-Reporter Cetin Yaman im La Chance in der Hamburger Neustadt (Wexstraße 33). Foto: privat

So kennen ihn nur wenige: Frank Otto als Unternehmer im Musikbiz.

ganz-hamburg.de Hallo Frank, schön, dass du als äußerst aktiver Geschäftsmann die Zeit für eine Reportage aus unserer Reihe THE INTERVIEW LUNCH gefunden hast. Und damit sind wir schon beim Thema, denn in den vergangenen Jahren wirst du in den einschlägigen Boulevard-Medien fast nur noch als „der ältere Lover von Nathalie Volk“ wahrgenommen – dabei warst du ja schon dein Leben lang, und bist es immer noch, ein Unternehmer, der sogar in verschiedenen Branchen erfolgreich unterwegs ist. Fangen wir doch gleich mal mit deinem Hamburger Musiklabel, FerryHouse Records, an. Was ist das Konzept des Labels? Was für Musik wird dort veröffentlicht? Welche Linie wird da verfolgt?

Frank Otto: Dazu muss man zuerst wissen, dass ich Ende der 80er Jahre durch die Musik zum Radio kam. Und Musik hatte mich sowieso mein Leben lang begleitet. Das Label hab ich 2007 gegründet, weil damals durch das Erstarken des Internets eine ganz besondere Situation aufkam. In der öffentlichen Diskussion gab es einige Gruppierungen, wie zum Beispiel damals die Piratenpartei, die der Meinung waren, dass im Internet alles umsonst sein müsse. Und ich hatte viele Musiker als Freunde und merkte, in welch üble Situation sie durch diese Entwicklung gekommen waren und noch weiter kommen würden. In der Branche wurde nur darüber gesprochen, von welchen Künstlern man sich getrennt hat und von welchen man sich noch trennen will. Alle waren nur damit beschäftigt sich zu sanieren und neu aufzustellen, keiner war mehr bereit neue Künstler aufzunehmen. Und da dachte ich mir: das ist ja nicht der eigentliche Job von den Plattenfirmen. Es ist ja wichtig und richtig, dass mein ökonomisch arbeitet, aber dennoch müssen ja junge Musiker auch irgendwie eine Chance bekommen.

Frank Otto
Als Unternehmer in der Musikbranche kommt Frank Otto an Fachmessen wie den in Hamburg stattfindenden „Musik Dialog“ nicht vorbei, hier eine Aufnahme von seiner Teilnahme im September 2020. Foto: Cetin Yaman

Gegen den Mainstream und Gegner von Musikerenteignung

Und das war dann dein Ansatz, etwas gegen diesen negativen Trend zu tun…

Genau, da hab ich dann begonnen, mit befreundeten Musikern ein Label aufzubauen. Dann hatten wir auch ein bisschen Glück, dass sich keiner getraut hat, mit neuen Musikern etwas zu machen und so waren wir maßgeblich am ersten Album von Philipp Poisel beteiligt. Und damit wurde schon deutlich, dass man im Bereich Deutsch-Pop durchaus Erfolge erzielen kann.

Du warst ja selber auch als Musiker aktiv, so in den 1980ern, oder?

Ja, von 1979 bis 1985 spielte ich Schlagzeug in der Band City Nord, danach kam noch ein englischsprachiges Bandprojekt hinzu. In der Zeit ging es dann auch los mit dem Privatfunk, so Mitte/Ende der 80er Jahre. Einige sprachen mich darauf an und meinten, dass ich ja stark an Musik interessiert sei und politisch interessiert bin, da wäre doch ein Engagement im Privatfunk genau das richtige für mich. Zu diesem Schluss kam ich dann auch und so startete ich im Privatfunk.

Es blieb bei der Musik sozusagen.

Ich hatte nur, um es mal verkürzt auszudrücken, die Seite des Schreibtisches gewechselt. Das traf dann auch auf das Musiklabel FerryHouse Records zu. Da spielen wir inzwischen eine ziemlich gute Rolle, haben immer wieder Künstler bekannt und erfolgreich machen können.

Woher kommen eure Künstler? Nur aus Hamburg?

Nein, von überall, wir haben zum Beispiel auch australische Musiker unter Vertrag. Stilistisch bieten wir Singer/Songwriter einerseits, anderseits auch Alternative, immer mit einer Spur Rock mit dabei. Wir suchen Künstler, die selber schreiben und auch selber ihre Musik performen.

Nun hat sich in den vergangenen 15 Jahren die Art des Tonträgers dreimal geändert. 2007 waren noch CDs angesagt, das wechselte dann in den digitalen Verkauf und nun ist mehr weniger fast nur Streaming angesagt. Habt ihr diese Wechsel gut verkraftet?

Das kann man durchaus so sagen. Auf Spotify arbeiten wir zum Beispiel viel mit Kuratoren zusammen, d.h. einflussreichen Leuten, die Playlists zusammenstellen und unsere Künstler mit aufnehmen. Sonst ist es wahnsinnig schwer für neue Künstler entdeckt zu werden, auf der Plattform tummeln sich Tausende von bekannten und unbekannten Interpreten. Diese Playlists helfen uns sehr. Insofern sind wir jetzt ein Digitalunternehmen geworden.

Wie kann man denn heutzutage in dieser Streaming-Welt, in der es ja immer mehr oder weniger nur um einen Song geht, einen Künstler etablieren? Früher als es noch CDs und Schallplatten gab, war das mit den Alben noch etwas einfacher, da konnte man das Spektrum des Musikers präsentieren.

Das ist richtig, das erfordert eine andere Art von Künstleraufbau, aber auch da sind wir gut dabei kann ich behaupten. Denn unsere Künstler haben sich alle in ihren Nischen über die Zeit gut etabliert.

Wie ist denn eigentlich deine Rolle bei dem Musiklabel? Suchst du auch die Künstler mit aus?

Nein, da liegt die Verantwortung schon im Wesentlichen bei den Mitarbeitern des Labels, die sich täglich damit befassen. Aber es ist natürlich auch so, dass ich durch meinen Background als Musiker und meinen Erfahrungen in der Musik- und Radiobranche den Künstlern meine Erfahrungen mitgeben kann. Das wird auch gern angenommen. Denn wir sind zwar im Musikgeschäft unterwegs, aber man darf dabei auch nicht vergessen, dass es nicht nur ums Geschäft gehen darf. Der künstlerische Moment ist mindestens genauso wichtig dabei und da kann ich eben unseren Vertragskünstlerin in meiner Person eine gewisse Authentizität vermitteln, die sie schätzen. Da ergeben sich dann oft auch freundschaftliche Kontakte und eine gute Vertrauensbasis. Das ist für die Weiterentwicklung der Musiker ebenso wichtig.

Kann man sagen, dass alles, was bisher auf deinem Label veröffentlicht wurde, auch zuhause bei dir durchaus gehört wird?

Klar, im Prinzip schon – es sei denn meine Kinder sind da… die haben natürlich andere Vorlieben.

Was hörst du denn selber aktuell so an Musik?

Berufsbedingt höre ich natürlich sehr viel an neuer Musik, also von Künstlern, die bisher noch nichts veröffentlicht haben. Freue mich natürlich auch immer wenn wir einen Künstler von uns erfolgreich positionieren konnten, wie zum Beispiel im Moment Benne. Wo man auch gut sehen und hören kann, wie gute Aufbauarbeit durch ein Label so funktioniert. An ihn hab ich und haben wir von Anfang an geglaubt und jetzt sieht man, dass das Ganze aufgeht. Dann haben wir auch eine Band aus Frankfurt mit elektronischer Musik dabei, die sind durch irgendwelche Zufälle auf eine Playlist in Mexiko gekommen und der Playlist-Kurator hat anscheinend eine riesige Anzahl von Followern, das geht auch ziemlich ab im Moment mit denen.

In der Jugend: Can und Pink Floyd

Wie ist es denn nun mit deinem eigenen privaten Musikgeschmack? Was sind denn so deine All-time-Favorites?

Ich als Kind der 70er finde natürlich Can oder Pink Floyd ganz spitze, aber auch die Alben von Michael Jackson sind schon eine Klasse für sich. Ebenso hab ich neulich auf Disney eine Dokumentation über das letzte Album der Beatles gesehen, absolut faszinierend. Es war eine ganz andere Zeit und eine ganz andere Welt als jetzt und heraus kam ein Meisterwerk, das aber – und das ist ganz wichtig, ganz anders zustande kam als die Popmusik heutzutage entsteht. Man dachte viel stärker an einheitlichen Konzepten für Alben, dies ist heutzutage nur noch bedingt der Fall.

Wir wollen hier in diesem Interview nicht die üblichen Yellow Press-Fragen über deine wesentlich jüngere Freundin, Nathalie Volk, abspulen. Aber in Bezug auf Musik bin ich doch etwas neugierig: wie einigt ihr euch denn wenn es um die zu hörende Musik bei euch zuhause geht? Kann sie denn mit deinen Sachen und mit denen, die auf dem Label erscheinen, überhaupt etwas anfangen? Ist sie nicht – wie man vermuten könnte – eher in Richtung aktueller Sounds wie Hip-Hop unterwegs?

Ich dränge ihr natürlich nicht meinen Geschmack auf, aber so weit sind wir gar nicht voneinander entfernt. Sie war auch schon auf einigen Konzerten von FerryHouse-Künstlern mit dabei und es hat ihr jedes Mal gut gefallen. Dann gibt es natürlich auch im Rock-Bereich absolute Evergreens, die jeder Generation gut gefallen. Sehr gutes Beispiel dafür ist „Bohemian Rhapsody“ von Queen, das alle paar Jahre immer wieder, sei es durch einen Soundtrack oder weil es ein Remake gibt, eine neue Popularität erfährt.

Funktioniert das Ganze auch andersrum? Wirst du durch ihren Musikgeschmack auch auf neue, interessante Bands aufmerksam?

Ja, auf jeden Fall. Sie verbringt ja immer – bedingt durch ihr Studium – viel Zeit im Ausland, in den USA und so weiter, und kennt dadurch immer zum Beispiel sehr viel an amerikanischer Musik, die sie mir dann wiederum vorstellt.

Vieles, was damals außergewöhnlich gewesen war ist heute Standard

Bleiben wir bei der Musik, gehen aber auf das Thema Radio über. Da bist du ja auch seit den 90er Jahren aktiv. Nun nach über drei Jahrzehnten privater Rundfunk, was würdest du sagen, hat sich das Ganze aus Sicht der Musikfreunde gelohnt? Ist durch das Privatradio ein frischer Wind in die Radiolandschaft gekommen? Denn vorher war man ja zu 100% vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk abhängig und die spielten mehr oder weniger nur das, was sie selber für richtig hielten. Für die damalige Jugend war das aber eher Musik zum Einschlafen.

Lass es mich so formulieren: vieles, was damals außergewöhnlich gewesen ist, ist nun Standard geworden. Früher gab es einmal die Woche die internationale Hitparade, jetzt hört man sie nonstop, 24 Stunden am Tag. Dann gab es damals aber auch hoch interessante Spezialsendungen wie die von John Peel auf BFBS (British Forces Broadcasting Services), aber die gab es nur einmal die Woche. Auch dafür gibt es inzwischen Radiosender, die diese Art von Musik durchgehend anbieten. In Norddeutschland hatten wir Peter Urban und ich freue mich immer noch wenn ich seine Stimme irgendwo höre. Bei Radio kommt noch hinzu, dass es ein ganz spezielles Medium ist, in dem auch Emotionen eine Rolle spielen. Es ist etwas anderes als wenn man nur Musik nonstop abspielt.

Frank Otto
Aktiv ist Frank Otto auch in Umweltfragen, auf der 10. Hamburger Klimawoche 2018 war er einer der Redner. Foto: Cetin Yaman

In welchen Sendern bist du noch mit dabei?

In Hamburg ist es Hamburg 2, in Schleswig-Holstein Delta Radio, in Berlin Kiss und einen aus Aachen agierenden Internet-Sender mit Namen „Raute“. Dann bin ich in dem Hamburger Unternehmen „Radiopark“ involviert, die mit einer Technologie arbeitet, die wir entwickeln lassen haben.

Um was geht es da genau?

Wir hatten festgestellt, dass es auf den riesigen Kreuzfahrtschiffen bis zu über zwei Dutzend Bars, Restaurants, Cafés etc. gibt, die alle Musik als Background benötigen. Da haben wir im Wesentlichen zwei unterschiedliche Zielgruppen festgestellt: auf der eine Seite ist der Gast, der sich eher kurz in diesen Gastronomie-Bereichen aufhält, und dem es gefallen muss. Auf der anderen Seite sind die Mitarbeiter, die sich die ganze Zeit dort aufhalten müssen, und auch denen muss es gefallen. Denn wenn es den Mitarbeitern nicht gefällt, greifen sie ein und fangen an, ihre eigene Musik abzuspielen und dann kann es leicht zu einer Katastrophe kommen, denn dann kommen ganz individuelle persönliche Geschmäcker ins Spiel, die möglicherweise unvereinbar mit den Geschmäckern anderer Individuen sind.

Wie habt ihr das Problem gelöst?

Ja, das haben wir zum Glück mit aufwendig ausgearbeiteten Rotationsmechanismen etc. in den Griff gekriegt und das hat dann ganz gut funktioniert. Daraufhin schlossen sich einige namhafte Hotelketten an und übernahmen unseren Service. Wir sind zwar nicht die günstigsten auf dem Markt, aber die anspruchsvollsten und wie viele sagen auch die besten. Ich persönlich hatte auch schon mal das Erlebnis, dass ich in einer Bar, die Musik als außerordentlich gut zusammengestellt empfand und nachfragte, was denn das für ein Mix sei und die Antwort erhielt, dass diese von Radiopark geliefert werden würde, also von meinem Unternehmen. Außerdem machen wir zum Beispiel auch ganz individuelle Musiklieferungen für Aufträge, die wir von Luxus-Yachten oder so erhalten, da sind wir ebenfalls als Kuratoren unterwegs. Da zahlt sich unsere Musikkompetenz aus, die wir uns über die Jahr hinweg aufgebaut haben.

Ist dieser Service auf Deutschland begrenzt?

Nein, überhaupt nicht. Wir sind geografisch sehr vielfältig aufgestellt, haben erst neulich einen Musikdienst für eine Luxus-Yacht eines Inhabers aus dem osteuropäischen Raum übernommen. Daraufhin mietete ein Japaner diese Yacht und wir haben dann innerhalb kürzester Zeit die Musik auf die neue Situation abgestimmt, dann ging es eben auf japanisch weiter.

Hört sich alles sehr innovativ an und klingt nach einem erfolgreichen Geschäftsmodell. Aber gehen wir doch noch einmal zurück zum klassischen Radio-Modell, also das heißt lineares Angebot: wenn man die Nachrichten hören will, muss man auf die volle Stunde warten, bei seinem Lieblingssong ist es noch schlimmer, da weiß man gar nicht, ob und wann dieser an dem Tag noch kommen wird.

Ist das nicht etwas, das im 21. Jahrhundert furchtbar altmodisch klingt? Die Menschen haben doch nun jederzeit Zugriff auf die Nachrichten, jeden Song, den man sich vorstellen kann sofort abrufbereit. Was sagst du denn als erfahrener Radio-Mann? Wird es das Radio, das wir jetzt kennen, in zehn oder zwanzig in dieser Form überhaupt noch geben?

Geben wird es das Radio in jedem Fall noch, weil nichts komplett verschwindet von dieser Welt. Welchen Stellenwert das Radio dann noch haben wird, kann man jetzt schon ein bisschen erahnen. Der momentane Stand ist der, dass wir wissen, dass junge Leute eher streamen als Radio hören. Die Möglichkeit, den Ablauf selber steuern zu können und auch zu wollen, ist aber auch nicht so neu. Wir haben das damals in den 70ern auch mit Tonbändern und Cassetten genau so gemacht. Das scheint aber vor allem in der Jugend interessant zu sein, Erwachsene haben zum Beispiel damals auch schon keine Mix-Tapes gemacht. Das heißt, ob die Jugend von heute in zehn Jahren nicht doch vielleicht wieder Appetit auf Radio bekommen wird weil man des Mixens überdrüssig geworden sein wird, kann man noch nicht so ganz genau beantworten.

Das heißt, den Streaming-Diensten gehört die Zukunft?

Ich kann mir gut vorstellen, dass die Streaming-Dienste Radio-Elemente mit in ihr Programm einbauen werden. Ein Indiz dazu ist ja, dass die Streaming-Dienste nun auch verstärkt Podcasts mit aufgenommen haben, also gesprochene Programm-Elemente und das ist ja auch neu. Irgendwann könnte es darum auch Mischformen geben, also Musik-Streaming mit Podcasts zwischendrin, die genau wie Radio funktionieren.

Und da bin ich mir ganz sicher, dass wenn es soweit ist, du als cleverer, innovativer Unternehmer auch ganz sicher die geeigneten Dienstleistungen parat haben und anbieten wirst. Da wünschen wir dir schon mal viel Glück dabei und besten Dank für das informative Gespräch Frank!

Und nun lass dir dein Hauptgericht schmecken: gebratenes Lachsfilet in Zitronen-Butter-Sauce auf Pastinaken-Créme, grünem Spargel und gebackenen Möhren hast du dir ausgesucht. Das klingt sehr lecker, guten Appetit!

von Cetin Yaman