Sophia Fritz: Toxische Weiblichkeit

Sophia Fritz hat ein Buch mit dem interessanten Titel „Toxische Weiblichkeit“ geschrieben:

 

Aus einem Interview:

Lange galt „toxische Männlichkeit“ als zentrales Problem der Gesellschaft. „Männerbashing bringt uns nicht weiter“, sagt nun die Autorin und Tantra-Masseurin Sophia Fritz dazu. Sie findet viele „weibliche“ Verhaltensmuster ebenso problematisch – nicht nur gegenüber Männern.
Sophia Fritz ist 1997 geboren und hat Drehbuch an der Filmhochschule in München studiert. Neben dem Schreiben von Romanen und Zeitungsartikeln arbeitet sie als Sterbebegleiterin und Tantramasseurin. Nun ist ihr Buch „Toxische Weiblichkeit“ bei Hanser Berlin erschienen.
WELT: Sie fangen Ihr Buch mit einer langen Erklärung an, wie Sie den Titel meinen. Haben Sie Angst, missverstanden zu werden?
Sophia Fritz: Am Anfang hatte ich Angst, dass Männer sich über das Buch freuen, à la „endlich sagt es mal eine“. Dabei habe ich es nicht geschrieben, um der Männerwelt ein Geschenk zu machen, sondern damit wir unsere weibliche Prägung besser verstehen und uns dadurch nachhaltiger empowern können. Es war auch ganz essenziell, andere feministische Stimmen, Gespräche mit Freundinnen und popkulturelle Referenzen einzubeziehen. Wenn ich im Buch meine eigene misogyne Prägung spüre, versuche ich das transparent zu reflektieren. Zum Beispiel, wenn ich über die „Bitch“ schreibe. In diesem Kapitel habe ich gemerkt, dass ich Vorurteile habe. Aber ich will das offenlegen, damit wir im Thema weiterkommen. Ich glaube nicht, dass die Anklage noch sein kann, das Buch sei frauenfeindlich. Ich kann mir vorstellen, dass es für manche zu weich ist, zu sehr in die Versöhnung geht. Aber das ist für mich okay.
Also erst einmal ein feministisches Buch für Frauen. Ich vermute mal sie ist keine intersektionale Feministin, aber mal sehen, was sich im Laufe des Interviews ergibt.
WELT: Im Buch schreiben Sie: „Toxische Weiblichkeit ist die Performance einer Unterordnung, hinter der sich doch der Versuch, Macht und Kontrolle zu erringen verbirgt.“ Wonach sollen feministische Frauen streben, wenn nicht nach Macht?
Fritz: Die Idee, dass man nach Macht streben muss, wenn man nicht untergehen will, finde ich perfide. Wenn es um Macht geht, gibt es immer jemanden, der entmächtigt wird.
WELT: Man kann sich auch über sich selbst ermächtigen. Das eigene Leben selbstbestimmter führen.
Fritz: Ja, aber das klingt für mich sehr abstrakt. Was würde das im Alltag bedeuten? Natürlich sage ich nicht, Frauen sollen nicht nach Macht streben. Dann bleiben wir beim Status quo. Und der ist, dass wir heute noch nicht in der gleichberechtigten Gesellschaft leben, die wir gerne hätten. Was mich an bloßen Machtdebatten stört, ist die angespannte Grundhaltung. Das schließt Sehnsucht und Berührbarkeit aus und macht automatisch defensiv. Anstatt zu sagen: Worauf habe ich Lust? Wie soll die Welt aussehen? Heißt es: Wogegen muss ich mich wehren? Dabei bräuchten wir neben der defensiven Abwehrhaltung auch positive Visionen.
Das klingt etwas nach dem Traum von der besseren Welt in der keiner mehr „Macht“ hat. Oder nach „wir machen alle, was uns Spass macht und irgendwie ist die Welt dann schön. Aber mal sehen, was sie will
Ich glaube, wir dürfen die Debatte um toxische Weiblichkeit nicht so führen, wie die über toxische Männlichkeit, weil wir sie nicht gut geführt haben. Da wurde viel mit Beschämung gearbeitet. Das öffnet mehr Gräben, als dass es progressiv zusammenführt. Mein größtes Anliegen ist zu sagen: Wie kommen wir ins Gespräch, wie kommen wir zu Vertrauen und Entspannung, anstatt uns weiter voneinander zu entfernen.
Das ist ja erst einmal eine interessante Erkenntnis, die durchaus richtig ist. Ins Gespräch kommen klingt auch gut. Weg von der Vorstellung, dass Männer und Frauen zwei feindliche Lager sind, die sich gegenüberstehen.
WELT: Was ist Ihre Definition von „toxisch“?
Fritz: Das Wort ist als popliterarisches Phänomen ziemlich neu. Für mich ist „toxisch“ eine Form der Dysfunktionalität, die bewirkt, dass ich einer anderen Person nicht auf Augenhöhe begegnen kann. Häufig nutzen wir Geschlechterstereotype, um uns über- oder unterzuordnen. In dem Kontext ist toxische Männlichkeit leichter zu erkennen, weil sie sich tendenziell in Macho-Gehabe und im Mythos des Alpha-Mannes über der anderen Person verortet. Toxisch weibliches Verhalten ist ambivalenter, weil wir uns aufgrund der soziokulturellen Prägung tendenziell unterordnen beziehungsweise untergeordnet werden. Aber auch das sind Rollen — zum Beispiel aufopferungsvolle, gefällige Rollen — über die ich Macht ausüben kann.
Also Macht durch eine gewisse Unterordnung. Ich vermute mal in dem man eben den Mann für sich arbeiten lässt und sich auf Kinder zurückzieht? Oder indem man das Opfer ist ohne wirklich daran zu arbeiten, dass man es nicht ist?
WELT: Diese Rollen bilden auch die Kapitel Ihres Buchs. Da gibt es „Das gute Mädchen“, „Die Mutti“, „Die Bitch“, „Das Opfer“ und „Die Powerfrau“.
Fritz: Ja. Ich habe mich für misogyne Begriffe entschieden, weil wir in einer misogynen Gesellschaft leben. Nicht, um sie zu reproduzieren, sondern um irgendwann entspannt mit ihnen umgehen zu können. Ich wollte sie mir aneignen, um zu sehen, inwiefern sie mich geprägt haben, aber auch beleuchten, welche Ressourcen hinter den spöttischen Zuschreibungen liegen, die vielleicht noch nicht so häufig als solche gesehen wurden.
„Das gute Mädchen“ ist vermutlich brav und fleissig und fällt nicht weiter auf. Die Mutti vermutlich hauptsächlich in einer Mutterrolle, vielleicht auch in Bezug auf ihren Mann? Die „Bitch“ könnte auf das sexuelle bezogen sein. „Das Opfer“ ist die ewig unterdrückte Frau. Und die „Powerfrau“ vermutlich die, die sich auf Karriere konzentriert (aber evtl trotzdem noch die Kinder betreut?)
WELT: Können Sie Beispiele nennen, wo Sie toxische Weiblichkeit bei sich entdeckt haben? Ich fand das Kapitel der „Mutti“ da sehr interessant.
Fritz: Im Mutti-Kapitel gehe ich erstmal von dem Mythos der unschuldigen Mutter aus, der durch starke, archetypische Figuren wie die Mutter Gottes, Mutter Teresa oder den „Mutterinstinkt“ genährt wird. Die Gefahr ist relativ hoch, die Mutterrolle aufgrund dieser Verklärung unterbewusst auszunutzen. Durch Fürsorge und Aufopferung kann zum Beispiel sehr schnell emotionale Erpressung stattfinden. Genauso, wie wir an Männern den sexualisierten Blick auf Frauen kritisieren, könnten wir uns auch mal den infantilisierenden Blick von Frauen auf Männer genauer anschauen — Frauen, die ihre Partner nicht ernst nehmen und sie mit ihren Anmerkungen verkindlichen.
Das ist ja immerhin eine ganz interessante Figur und eine interessante Gleichsetzung. Wo Männer sexualisieren würden Frauen dann verkindlichen und als Mutter die Kompetenz an sich ziehen oder zu stark bemuttern.
Im Buch spreche ich auch über den „Moms Gaze“ in Anlehnung zum „Male Gaze“ – der ständige, kritische Blick von Frauen auf ihre Kinder. Ich kenne keinen Vater, der zu seinem Sohn sagen würde: „Das Hemd steht dir aber nicht, magst du damit wirklich rausgehen?“ Das ist schon eine sehr weibliche Prägung, hinter der steht, dass Frauen, um sicher zu sein, immer noch unsichtbar, im Sinne von möglichst angepasst sein sollten. Der mütterliche Blick ist schützend gedacht, und erhält doch patriarchale Strukturen.
Den Satz „Das ist schon eine sehr weibliche Prägung, hinter der steht, dass Frauen, um sicher zu sein, immer noch unsichtbar, im Sinne von möglichst angepasst sein sollten“ verstehe ich in dem Zusammenhang auch mit dem obigen Beispiel zusammen nicht. Inwiefern ist die Frau angepasst, wenn ihr Sohn ein anderes Hemd anzieht? inwiefern ist sie unsichtbar und was hat das mit ihrer Sicherheit zu tun?
Aber klar kann ein „schützender Blick“ auch eine gewisse Dominanz haben oder etwas bestimmendes (ich nehme an, das meint sie mit patriarchal). Einfach weil sie ja direkt eine Aufforderung ausspricht doch bitte das Hemd zu wechseln auch wenn sie es als Frage stellt.
WELT: Sie beschreiben bei Freundschaften die Dynamik, dass Frauen sich gegenseitig meistens bestätigen. Die neuen Schuhe und der Haarschnitt sind immer schön. Warum ist das so?
Fritz: Im Kapitel über das „Gute Mädchen“ geht es auch um die Angst, bestraft zu werden, wenn man anders ist. Das Gleichsein wird zur Bedingung einer Freundschaft. In der Schule hatten wir Mädchen Freundschaftsarmbänder, wir waren BFFs. Symbiose wurde zur Bedingung für Beziehung. Und das ermöglicht kein individuelles Dasein.
Das hat auch was damit zu tun, dass man Frauen grundsätzlich mehr natürliche Bösartigkeit unterstellt und sie deshalb immer bemüht sind, das Gegenteil zu beweisen. Man enttarnt sie sonst als Schlange oder als Bitch. Ein Fehltritt reicht, und man ist als falsch „geoutet“. Vereinzelte fiktionale Männerfiguren kennen wir schon lange, sie sind durch ihre Einsamkeit nicht existenziell bedroht, sondern werden darin auch glorifiziert: als cooler Cowboy, als genialer Erfinder, als verschrobenes Genie. Andersherum wurden andersartige Frauen über Jahrhunderte als Hexen bezeichnet und verbrannt.
Unterstellt man Frauen mehr Bösartigkeit? Oder wissen Frauen, dass Statuskämpfe unter Frauen einfach subtiler ausgetragen werden und sind deswegen besonders hellhörig, was bestimmte Äußerungen angeht? Eben weil Mittel der Wahl dann Rufzerstörung oder Ausgrenzung sind, während Männer das auch durch eine Hierarchie regeln können.
Der coole Cowboy als Einzelgänger dürfte seinen Grund darin haben, dass intrasexuelle Konkurrenz dort eben anders ausgetragen werden kann: Der Einzelne, der sich gegen viele Andere durchsetzt beweist eben deutlicher seinen höheren Platz in der Konkurrenz. Das ist bei Frauen schwieriger, weil sie weniger in die direkte Konfrontation gehen.
WELT: Haben sich Ihre persönlichen Beziehungen verändert, seitdem Sie das Buch geschrieben haben?
Fritz: Ja. Ich verstehe etwa schneller, wann ich mich schäme. Und ich habe ein bisschen was von der Furcht verloren, Freundinnen auf Verhaltensweisen anzusprechen, die ich nicht verstehe. Etwa, wenn sich jemand jahrelang über die Beziehung beschwert, aber nichts ändert. Jetzt kann ich sagen: Damit ich emotional anwesend sein kann, während du mir das erzählst, muss ich verstehen, warum du in dieser Opferrolle bleibst. Ich bin da, glaube ich, ehrlicher zu mir und zu anderen geworden. Ich möchte sie häufiger in eine liebevolle Selbstverantwortung holen und da selbst auch reingeholt werden. Ich bin ja nicht besser.
Das immerhin könnte ein echter Fortschritt sein, denn Selbstverantwortung ist etwas seltenes in feministischen Strömungen
WELT: Es geht Ihnen darum, dass Frauen sich ihre eigenen destruktiven Verhaltensweisen anschauen sollen, um dann zu überlegen, woher sie kommen und wie sie sie ändern können?
Ein ganz neuer Ansatz. Bisher würde man sich ja beschweren, dass man unterdrückt wird und im intersektionalen Feminismus Männer auffordern ihre Privilegien zu hinterfragen.
Fritz: Ja, und das ist wichtig, weil Frauen im Patriarchat darauf trainiert werden, gut und lieb zu sein. Dann fällt es schwer, sich die Situationen anzuschauen, in denen man gemein oder neidisch war.
Da ist es wieder das nebelhafte Patriarchat. Was es ist, wie es angeblich trainiert: Muss man hier zumindest in diesem Interview nicht weiter erläutern. Das Frauen vielen Konflikten und direkten Konfrontationen eher ausweichen, weil sie in der evolutionären Vergangenheit wesentlichen häufiger schwanger waren und wesentlich häufiger unselbständige Kinder von ihnen abhängig waren und es daher ungünstig war, wenn sie die Kosten einer direkten Konfrontation tragen müssen  wäre eine Erklärung, die ganz ohne das Patriarchat auskommt.
WELT: Ist es ein Appell an Frauen, aus der Opferrolle herauszutreten?
Fritz: „Das Opfer“ war für mich das komplizierteste Kapitel. Letztendlich muss ich dazu sagen, die Antwort ist „Ja und“. Wir brauchen Menschen, die sich als Betroffene in einem öffentlichen Diskurs als solche zu erkennen geben. Weil wir nur über eine öffentliche Opferhaltung Täter und missbräuchliche Strukturen sichtbar machen können. Gleichzeitig wäre ein Bewusstsein für die Trennung zwischen öffentlicher Opferhaltung und Eigenverantwortung im Privaten hilfreich.
Da habe ich versucht, eine Trennlinie zu ziehen: Was brauchen wir in einem öffentlichen Diskurs an Opfer- und Täterrollen, um Druck auf Täter aufzubauen und Ungerechtigkeiten sichtbar zu machen, um sexistische, aber auch rassistische und ableistische Strukturen aufzuzeigen? Und wo nehmen wir uns im Privaten durch diese Schablonen Potenzial an Wachstum und ebenbürtiger Beziehung?
Also missbräuchliche Strukturen anzeigen, dann aber auch in der Eigenverantwortung stehen diese zu beseitigen bzw um diese herum zu kommen?
WELT: Haben wir uns zu sehr angewöhnt, Opfer nicht mehr im Hinblick auf Situationen zu verstehen, sondern als Teil der Identität?
Fritz: Genau das ist dann die Frage der Selbstdefinition.
Das eine Selbstdefinition als Opfer sehr viele negative Seiten haben kann, gerade dann wenn es Teil der Identität wird, so dass man es gar nicht ändern will, war hier auch schon häufiger Thema.
WELT: Sie sprechen eher sanft über den Feminismus. Können Sie mit Begriffen wie „Geschlechterkampf“ und „feministischer Kampftag“ was anfangen?
Fritz: Ja, aber den Fokus des Buchs habe ich an eine andere Stelle gelegt. Außerdem fürchte ich, dass wir in dem System stecken bleiben könnten, das wir verändern wollen, wenn wir nur die Machtrollen tauschen. Unsere Gesellschaft ist durch Hierarchien strukturiert, einige müssen oben und einige müssen unten sein. Um an Macht zu gelangen, tun wir dann häufig so, als seien wir nicht berührbar. Und das finde ich so albern, dass man die Berührbarkeit verlieren muss, um irgendwo aufzusteigen. Das finde ich ermüdend. Ich möchte nicht die nächsten sechzig Jahre unberührbar sein.
Da wäre interessant, was sie mit Berührbarkeit meint. Das man sich abhärtet? Aber das wird ohne ja auch gar nicht gehen.
WELT: Sie sind neben Ihrem Beruf als Autorin auch als Tantramasseurin und Sterbebegleiterin tätig. Wie hat das Ihren Feminismusbegriff geprägt?
Fritz: Schon sehr, vor allem das Tantra.
WELT: Worum geht’s da genau?
Fritz: Im Prinzip ist eine Tantramassage ein Ganzkörper-Verehrungsritual. Man berührt zwei Stunden den Körper des anderen mit einer absichtslosen, liebevollen Haltung.
WELT: Wie viele Frauen und wie viele Männer kommen zur Massage?
Fritz: Es kommen ungefähr gleich viele männliche und weibliche Gäste zwischen 20 und 80 Jahren, darunter sind auch nonbinäre Personen. Die Arbeit prägt mich sehr.
Einige kommen mit Missbrauchserfahrungen für traumasensitive Berührungen, andere wollen sich fallen lassen. Es geht um eine Ziellosigkeit, darum, Zeit zu haben für emotionale Prozesse, Sexualität und tiefgreifendere Entspannung. Sexualität ist ja sonst oft an Leistung gekoppelt, daran, dass man zum Beispiel dem Partner gefallen möchte. In der Tantramassage bekommt man die Zeit und den Raum, bei sich zu bleiben und die Empfindungen im eigenen Körper wahrzunehmen.
Das kann an mir liegen, aber Tantramassage scheint mir nicht der beste ideologische Ansatz zu sein aus dem heraus man Geschlechterthemen behandelt. Vielleicht kommt da auch die Berührbarkeit her.
WELT: Hat das Ihren Blick auf Männer verändert?
Fritz: Auf jeden Fall. Es kommen Männer mit unterschiedlichen Berufen, unterschiedlichen Lebensentwürfen. Banker, Landwirte, Automobilhändler, Redakteure, Juristen. Durch die Arbeit wird mir immer wieder bewusst gemacht, dass wir ja alle Menschen sind. Und das vergesse ich schnell, wenn ich Feminismus als Kampf und Männer nur als Autoritäten begreife.
Im Kontext von Tantramassagen begegnet man sich auf Augenhöhe und sagt einfach: Schön, dass du hier bist. Aus dieser Haltung heraus ist das Buch entstanden. Ich verstehe die systemischen und individuellen Gründe hinter dem „alte weiße Männer“-Tenor und das Männerbashing, aber ich glaube, dass es uns nicht weiterbringt.
Eine Feministin entdeckt, dass Menschen Menschen, Individuen,  sind. Nicht falsch verstehen, dass ist eine wichtige Einsicht, die auch im radikalen Maskulismus zu kurz kommen kann.
Es ist jedenfalls ein Gedanke, der in der Geschlechterdiskussion wichtig ist.
Ich hätte es interessant gefunden etwas mehr über die „Systemischen und individuellen Gründe“ die sie versteht zu erfahren, aber vielleicht führt sie das ja im Buch mehr aus. Von Männerbashing in dem Zusammenhang zu sprechen ist jedenfalls ganz erfrischend-
Zeitgleich wäre es hilfreich, wenn sich Männer besser untereinander organisieren würden. Ich wäre wirklich interessiert an einer feministischen Männerbewegung.
Eine „feministische Männerbewegung“ ist ja zum Scheitern verurteilt. Weil sie eben in den ganzen feministischen Unterdrückungsmythen drinsteckt und da nicht raus kommt. Mal sehen, was ihr Bild ist.
WELT: Was meinen Sie genau mit „Männerbewegung“?
Fritz: Es gibt einzelne Männer, die sagen, ich bin ein Feminist – womit sie sich häufig nur von anderen Männern abgrenzen wollen. Eigentlich sind das Pick-Me-Männer.
Pick-Me Männer wären Männer, die eine Ansicht nur vertreten, damit die Frauen sie positiv sehen und was mit ihnen anfangen wollen.
Menschen mit männlicher Prägung fällt es schwer, eine kollektive Opfergeschichte zu erzählen. Dabei könnten sie die erzählen — und ich glaube auch, dass sie uns fehlt. Männer sind statistisch häufiger im Gefängnis, sie sterben häufiger an Drogen, an Suiziden, in Unfällen und Gewaltverbrechen. Männer müssen seit Jahrhunderten aufgrund ihres Geschlechts in den Krieg ziehen. In „King Kong Theorie“ schreibt Virginie Despentes, dass die Körper der Frauen den Männern nur dann gehören, wenn die Körper der Männer in Friedenszeiten der Produktion und in Kriegszeiten dem Staat gehören. Aus diesem Blickwinkel ließen sich definitiv Opfergeschichten erzählen. Aber wir schaffen es irgendwie noch nicht, da in eine solidarische und konstruktive Opferstory einzutauchen, die nicht selbstmitleidig oder frauenfeindlich ist.
Das ist ja eine interessante Kritik. Eine feministische Männerbewegung, die eine männliche Opfergeschichte darstellt, aber nicht selbstmitleidig und nicht Frauenfeindlich ist.
Aber das ist eben das Problem: Ein Opfer braucht einen Täter. Sonst ist es kein Opfer. Und wer sollte der Täter sein, wenn nicht die Frau? Klar könnte es das Patriarchat sein, dass versuchen ja einige Strömungen mit „Das Patriarchat schadet eben auch Männern“, aber dann sind sie eben in der Doppelrolle von Täter und Opfer.
Deswegen bringt der Opferbegriff nichts.
WELT: Geht das, eine Opfergeschichte, die nicht selbstmitleidig ist?
Fritz: Ich glaube schon, wenn sie sich solidarisch zeigt und Strukturen kritisiert. Ich würde mir so wünschen, dass Männer Strukturen anprangern und sich füreinander einsetzen. Das ist etwas, dass viele Frauen füreinander schon besser können, was man an Bewegungen wie #MeToo gesehen hat.
Da hat sie durchaus recht. Die Frauenlobby ist wesentlich besser als die Männerlobby.
WELT: Was müssen wir ändern, um die festgefahrene Debatte wieder zu bewegen?
Fritz: Wir müssen uns wieder an die eigentliche Frage erinnern. Ich habe das Gefühl, die haben wir vergessen. Die Frage ist ja: Wo wollen wir hin? Was wollen wir erreichen? Unsere Debattenkultur ist so sehr auf Ego und Repräsentation ausgerichtet. Es geht um Gewinnen und Verlieren. Wie anders wäre es, wenn wir lernen würden, dem Körper in Diskussionen mehr Raum zu geben. Wenn wir sagen könnten: „Deine Körperspannung macht mich gerade nervös“, oder: „Ich habe gerade einen Kloß im Hals“. Wenn man ansprechen könnte, was gerade da ist. Das würde, glaube ich, schon einiges ändern. Vielleicht könnten wir dann allmählich eine wirkliche Transformationskompetenz entwickeln.
Das Problem ist ja, dass viele Männer gut damit zurechtkommen, dass vieles auf Ego und Status ausgerichtet ist und viele Frauen gut damit zurechtkommen, dass ihr Mann beruflichen Status hat und sie Zeit mit den Kindern.
Das Problem ist, dass Frauen anfangen müssten ihre Opferhaltung zu hinterfragen und nicht aus Ungleichheiten auf Benachteiligungen schließen.

16 Gedanken zu “Sophia Fritz: Toxische Weiblichkeit

  1. Der feministische Wolf hat mal wieder Kreide gefressen und säuselt so versöhnlich daher. Geh ihm nicht auf den Leim, das ist immer noch der Wolf, der dich nur fressen will.

    „Toxische Weiblichkeit“ ist der sattsam bekannte „internalisierte Sexismus“. Und das „patriarchy hurts men, too“ ist das andere, womit die hier rumklappert.

    Immer die gleiche Leier.

  2. Nutten erklären die Welt wäre ein Buch, das mal wer schreiben könnte. Es gibt jede Menge davon.

    Tantra ist doch kostenpflichtiger Orgasmus mit ausführlicher Vorbereitung?

    Interessanter ist die Erklärung von Danisch. Den Weibsen fehlt ein Steuerelement im Hirn, daher drehen sie durch. Wenn das stimmt, kann man es behandeln. Wird auch Zeit.

    • „Wenn das stimmt, kann man es behandeln“

      Dann haben wir aber keine Frauen mehr sondern nur noch Männer. Ist vielleicht was für Adrian, nicht für mich.

      Ich denke, wir sollten Wahlrecht von der Fähigkeit logischen Denkens und Empathie und einer gewissen Grundbildung abhängig machen.

      Vor jeder Wahl gibt es eine Prüfung und wer durchfällt hat kein Wahlrecht. Gilt dann für Politiker natürlich doppelt. Die bekommen eine richtig knackige Prüfung bevor sie ein Amt antreten dürfen.

      • Die Mehrheit tickt aber nicht richtig, also bekommst du das mit dem Wahlrecht nicht durch. Junge Männer sind ja auch betroffen, siehe Klimaangst und so.

        Ob es die PET Flaschen sind? Es muss doch einen Auslöser geben.

      • „Gilt dann für Politiker natürlich doppelt. Die bekommen eine richtig knackige Prüfung bevor sie ein Amt antreten dürfen.“ Und ständige Nachprüfung hinsichtlich kontinuierlicher fachlicher Fort- und Weiterbildung. Denn wenn es Politikern recht ist, dies für meinen und andere Berufe einzufordern, kann das für sie doch nur billig sein. Gerade für all die hochqualifizierten und bestens ausgebildeten Grünen mit langer Berufserfahrung sollte das doch ein Klacks sein.

        • Dann würden sich die Dummen ja selbst abschaffen müssen. Hätten wir echte Demokratie, könnte das per Volksentscheid ins GG gedrückt werden. Können wir aber nicht und so bleibt es beim Fachkräftemangel in der Politik.

      • Vor jeder Wahl gibt es eine Prüfung und wer durchfällt hat kein Wahlrecht.

        Mit solchen Vorschlägen wäre ich sehr vorsichtig, solange nicht sichergestellt ist, dass die Prüfung nach rein objektiven Kriterien erfolgt – und wie sollte man das sicherstellen? Wer auch immer Einfluss auf die Erstellung der Prüfung hat, kann in erheblichem Umfang die Wahl manipulieren. Gerade heutzutage hätte ich da große Bedenken, dass Prüfungsaufgaben herauskommen, bei denen man nur bestehen kann, wenn man links-grün „progressiv“ denkt.

        • Satz des Pythagores/Thales …
          Newton’sche Gesetze
          Grundgesetze der Thermodynamik
          Wann ist was passiert?
          Wo liegen die folgenden Länder auf der Karte
          Welche Fälle gibt es im Deutschen?
          Wer ist die abgebildete Person?
          Für wen gilt das GG?
          Ziemlich eindeutig zu beantworten.
          Aber im Grunde haben Sie natürlich recht. Es gilt immer „Quis custodiet ipsos custodes?“ Und es gibt kaum Zweifel, dass Linksgrün im Bewusstsein totaler moralischer Überlegenheit keine Skrupel kennt.

  3. im Spiegel war dazu ebenfalls ein Artikel und da klang es weit weniger moderat als hier im Interview. Da wurde die übliche Sichtweise vorgestellt und als neu verkauft: toxische Männlichkeit ist überall und schadet den Frauen, Ursprung ist das Patriarchat. es gibt aber auch toxische Weiblichkeit: die schadet ebenfalls den Frauen und hat ebenfalls ihre Ursprünge in Patriarchat.

    Dabei klang die Überschrift im Spiegel zunächst hoffnungsvoll, dass endlich mal festgestellt wird, dass Frauen toxisch sein können…

  4. Den Begriff toxische Weiblichkeit nutze ich schon länger um weiblich-aggressives Verhalten zu beschreiben. Für mich ist das mit dem aus der Psychologie bekannten Begriff der relationalen Gewalt verbunden, umgangssprachlich als Stutenbissigkeit bekannt. Dazu zählt aggressive Sprache, Wortwahl, Untertöne (Gendersprache zähle ich mittlerweile auch zur toxischen Weiblichkeit), ausgrenzendes Verhalten, Mobbing, uvm. Relationale Gewalt findet ausschließlich auf der Beziehungsebene statt. Gut beobachten lässt sich das schon im Kindesalter und an Schulen, da gibt es oft Probleme mit aggressiven Mädchenverbindungen, die ganze Klassen massiv stören können. Mittlerweile zeigt sich das auch offensiv in sozialen Medien oder whatsapp Gruppen. Eine Schülerin hat mir da mal einige Screenshots gezeigt, das war richtig heftig. Das ist ein Verhalten, welches über das Jugendalter mit in die Adolescents genommen wird, auch weil es in der Erziehungsphase oft nicht erkannt und „wegerzogen“ wird. Das macht sich dann im Berufsleben oft so bemerkbar, dass rein feminine Teams auch für Frauen oft ein unangenehmes Arbeitumfeld sind.

    Fritz bringt dies öfter zur Sprache, deutlich hier:

    Durch Fürsorge und Aufopferung kann zum Beispiel sehr schnell emotionale Erpressung stattfinden. Genauso, wie wir an Männern den sexualisierten Blick auf Frauen kritisieren, könnten wir uns auch mal den infantilisierenden Blick von Frauen auf Männer genauer anschauen — Frauen, die ihre Partner nicht ernst nehmen und sie mit ihren Anmerkungen verkindlichen.

    Diese „Verkindlichung“ führt dann zu einem passiv-aggressiven Unterton in der Kommunikation und letzendlich zur Herabsetzung des Partner.

    Für mich ist der Versuch von Fritz ein sehr durchsichtiges Manöver die Deutungshoheit über den Begriff toxische Weiblichkeit zu erlangen, bevor Männeraktivisten dies tun.

    Wie jede faschistische Ideologie, prägt auch der Feminismus eigene Termini um den gesellschaftlichen Einfluß deutlich zu machen. So haben sich über die Jahre Begriffe wie manspreading, mansplaining, toxische Männlichkeit, care Arbeit oder auch die Deutungshoheit von „Incel“ verfestigt. Wer sich auf social media bewegt, wird das in vielen Kommentaren sehen, wie diese Begriffe gezielt eingesetzt werden, um den (meist männerfreundlichen) Gegner zu diskreditieren. Argumente sind so gar nicht mehr nötig, weil die zugewiesenen Attribute den minderwertige Status des Gegenüber festlegen.

  5. „Wenn es um Macht geht, gibt es immer jemanden, der entmächtigt wird.“

    Das wäre schon mal eine wichtige Einsicht, wenn es gelänge, sich vom postmodernen Paradigma, nach dem alle menschlichen Beziehungen als Machtverhältnisse zu verstehen sind, verabschieden könnte. Dann könnte man evtl. zu Lösungen gelangen, die alle Interessen angemessen sind, anstatt immer nur nach dem eigenen Sieg und der Niederlage der anderen zu streben.

    Ich sehe allerdings nicht, wie das mit der Annahme einer misogynen Gesellschaft bzw. eines Patriarchates vereinbar sein sollte. Auch das müsste man in Frage stellen, wenn man wirklich aus dem Schützengraben heruskommen will.

    • Das wäre schon mal eine wichtige Einsicht, wenn es gelänge, sich vom postmodernen Paradigma, nach dem alle menschlichen Beziehungen als Machtverhältnisse zu verstehen sind, verabschieden könnte.

      100% Zustimmung.

      Es wäre schonmal ein guter Anfang, wenn es wenigstens gelänge, menschliche Beziehungen nicht mehr hauptsächlich als Machtverhältnisse zu analysieren. Zweifellos spielt bei Beziehungen auch Macht eine Rolle, aber diese Verengung auf den Machtaspekt wie wir es im ideologischen Feminismus u.ä. sehen, schadet mehr als es nützt.

    • „postmodernen Paradigma, nach dem alle menschlichen Beziehungen als Machtverhältnisse zu verstehen sind“

      Und da liegen die Postmodernen m.E. richtig. In jeder Gesellschaft gibt es dominierende Gruppen. Und wenn diese die Dominanz abgeben greifen andere Gruppen zu. Aktuell geben die weißen europäischen Männer die Dominanz ab. Und die freiesten, sichersten und wohlhabendsten Gesellschaften die es jemals gab werden autoritärer, unsicherer und ärmer.

      • Natürlich, Eltern haben Macht über die Kinder. Aber es geht nun mal nicht anders, alleine kommen die Kinder nicht zurecht. Und auch sonst funktionieren Gesellschaften nur auf der Basis von Kooperation und Übereinunft, durch gegenseitige Bindungen.

        Es gibt eben nicht nur Sieger und Verlierer. Machtverhältnisse sind eher die Ausnahme.

  6. Ganz ehrlich, wer sich anscheinend für erleuchtet hält aber nebenbei behauptet, dass die (unsere) Gesellschaft misogyn sei und Frauen nicht gleichberechtigt, den kann ich einfach nicht mehr ernst nehmen. Insbesondere bei der angeblich fehlenden Gleichberechtigung möchte ich solche Küken bitten, mir dafür wenigstens ein einziges Beispiel zu nennen. Aber die „Berührung“ mit Fakten fehlt da vielleicht noch.

  7. Klar, besser wie andere Feministinnen, aber auch sie haut genau so völlig hirnrissige Behauptungen raus, die Leute wie sie allein aufgrund von der eigenen Propaganda glauben. Sie geht auch Schmusekurs, da der Feminismus mittlerweile toxisch ist und auch Frauen Probleme macht. Würden nur Männer es sein, deren Leben schlechter wird, würde ihre vermutlich die Motivation für diesen Schmusekurs fehlen.

    Sehr beeindruckend ist das alles wirklich nicht, aber sowas erwarte ich von Feministinnen auch nicht mehr, nur noch wenn es um neue Tiefpunkte geht.

    Das hat auch was damit zu tun, dass man Frauen grundsätzlich mehr natürliche Bösartigkeit unterstellt

    Wie kommt man auf sowas? Männer werden für die gleichen Taten häufiger und härter bestraft. Frauen werden bei Straftaten oft gar nicht bestraft, da man grundsätzlich bei Frauen davon ausgeht, dass das eine Einzelfall war und sie es nie wieder tun werden… und dann ist die Frau zum 13. Mal wegen eine Falschbeschuldigung vor Gericht, die 12 Mal davor waren ja alles Einzelfälle.

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