KAN, eKA, Aus Tradition ohne Errichtungsanordnung: Erfahrungsbericht mit Informationsfreiheit beim BKA, 26.10.2016

Aus Tradition ohne Errichtungsanordnung: Erfahrungsbericht mit Informationsfreiheit beim BKA, Bürgerrechte und Polizei, 26.10.2016

Spätestens seit der Kaiserzeit führen deutsche Polizeien Kriminalakten. Diese wurden und werden aus gutem Grund in der Regel als Geheimsache behandelt, denn sie enthalten – vermutlich – Papiere, die an Spekulation und Unterstellung alles bieten, was das obrigkeitsstaatliche Herz begehren mag. Nun migrieren die Polizeien, vorne dabei natürlich das BKA, diese Bestände in ihre EDV, und zwar ohne nennenswerte Beteiligung von Gesetzgeber oder Öffentlichkeit. Grund genug für den Autor, einmal beim BKA nachzufragen, wie denn da die Details aussehen.

„Polizeiakten” oder spezieller „Kriminalakten” klingt schön offiziell und geregelt. In Wirklichkeit definieren weder Strafprozessordnung – die der Polizei erlaubt, Daten zur Aufklärung begangener oder künftiger Straftaten zu speichern – noch die Polizeigesetze der Länder – die entsprechende Privilegien zur „Gefahrenabwehr” einräumen –, was wirklich in solchen Akten stehen kann. Da die Polizei ihre Schätze argwöhnisch hütet, können normale Sterbliche nur spekulieren, was praktisch darin zu finden ist.

…Dann und wann heftet aber einE StaatsanwältIn unvorsichtigerweise ein Stück Ermittlungsakte in das Material, das ans Gericht geht – und manchmal gerät dieses dann über Prozessakten an AnwältInnen. Wer einmal lesen konnte, wie in solchen Akten von harmlosen Treffen in Geschäften und Sichtungen polizeilicher Objekte der Begierde bei Demonstrationen oder Mahnwachen berichtet wird, mag im Gegensatz zur polizeilichen Argumentation zu dem Schluss kommen, eine Einsicht in die wohl aus solchen Schriftstücken entstehende Kriminalakte komme nicht in Frage, weil die Kenntnisnahme der Inhalte den Glauben an eine verfassungsgemäße Polizeiarbeit schwer erschüttern würde.

…Es steht zu erwarten, dass die neuen Datenbestände ungezählte Details über die Zielpersonen, aber auch über Geschädigte, ZeugInnen oder zufällige Bekanntschaften enthalten, und das in einer Tiefe, die es bisher in der Polizei-EDV allenfalls in Fallbearbeitungen gab (auf die dann aber nur recht kleine Gruppen Zugriff hatten). Wenn solche Daten erst im Rechner sind und dort jedenfalls technisch beliebig vervielfältigt, übertragen, durchsucht und verknüpft werden können, wird die Überwachungsschraube um mindestens eine volle Umdrehung angezogen.

…Daher ist mit die beste Quelle zum Thema elektronische Kriminalakten (eKA) in der BRD immer noch ein Gerichtsbeschluss des Landesarbeitsgerichts (LAG) Schleswig-Holstein von 2012, das aus der dortigen Richtlinie zur eKA zitiert. Demnach sei deren Zweck,

„Erkenntnisse für die Bewertung und Abwehr von Gefahren bereitzuhalten,
Ermittlungen zur Aufklärung von Sachverhalten, insbesondere von Straftaten und die Feststellung von Verdächtigen zu unterstützen.
Informationen für die Gefahrerforschung zur Verfügung zu stellen,
Informationen zu Personen-, Tat- und Ereigniszusammenhängen bereitzuhalten,
Ermittlungsansätze für die Festnahme oder Ingewahrsamnahme gesuchter Personen zu liefern,
Hinweise für das taktische Vorgehen und Eigensicherung der Polizei vorzuhalten,
Personenidentifizierungen zu unterstützen,
Erkenntnisse bereit zu halten, die zur Fertigung einer negativen Sozialprognose herangezogen werden können (z. B. zur Durchführung eines DNA-Verfahrens)” …

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