Jurastudium: Der Schwerpunkt “Internationales Privatrecht” (IPR)

Jeder von uns hat bestimmt schon einmal im Internet etwas von einem ausländischen Online-Shop bestellt. Doch was ist, wenn mit der Bestellung etwas schiefläuft? Löse ich das über inländisches oder über ausländisches Verbraucherrecht? Und was ist, wenn ich bei meinem Sommerurlaub etwas im Ausland kaufe und sich im Nachhinein ein Mangel zeigt? Kann ich mein deutsches Kaufrecht im Koffer mitnehmen und darauf anwenden oder ist das ausländische Recht maßgeblich? Wo mache ich diese Rechte geltend, sollte es zu einem Prozess kommen?

Diese sind nur einige von vielen Beispielen, in denen zwei Rechtsordnungen miteinander kollidieren können. Diese Fragen regelt das überaus spannende internationale Privatrecht, welches auch als „Kollisionsrecht“ bezeichnet werden kann. Das internationale Privatrecht wird deswegen zu Recht an vielen Universitäten als Schwerpunktbereich angeboten. So auch als “Internationaler und Europäischer Privatrechtsverkehr” an der Universität Leipzig (Schwerpunktbereich 3).

Tipps fürs Jurastudium

Wie relevant ist dieser Schwerpunkt?

Wie sich an den Kurzfällen bereits gezeigt hat, ist das internationale Privatrecht überaus praxisrelevant. Dennoch ist der Schwerpunktbereich oft ein Nischen-Schwerpunkt mit (vergleichsweise) wenigen Teilnehmern. Zu den Inhalten des Schwerpunkts gehört die materiell-rechtliche Bestimmung des anzuwendenden Rechts. Diese Prüfung kann ergeben, dass auch bei deutschen Gerichten ausländisches Recht anwendbar ist. Ebenso wichtig ist die prozessrechtliche Bestimmung des internationalen Gerichtsstands. Dies ist ein weiteres Kernthema für den Schwerpunkt. Eine typische IPR-Klausur ist daher eine sogenannte Richterklausur (Prüfung von Zulässigkeit und Begründetheit).

Aufgrund seiner hohen Praxisrelevanz bietet sich der Schwerpunkt für alle an, die den Beruf des Rechtsanwalts oder Richters anstreben. Viele Professoren mit diesem Fachbereich sind auch als Gutachter tätig, wenn es bei Gericht um die Beantwortung ausländischer Rechtsfragen geht.

Was lernt man in dem Schwerpunkt so?

Als Wahlpflichtfächer werden auch – jeweils abhängig von der Universität – Veranstaltungen zu ausländischen Rechtsordnungen angeboten. An der Universität Leipzig habe ich Seminare zum spanischen und französischen und skandinavischen Recht besucht. Amerikanisches Recht wird aber auch häufig angeboten. Ebenso wie Vorlesungen mit europarechtlichen Bezügen (wie beispielsweise über die europäische Menschenrechtskonvention). In der Regel gehört zu den Kerninhalten auch die Rechtsvergleichung.

Die Veranstaltungen zum ausländischen Recht sind besonders spannend, weil sie die Unterschiede zwischen verschiedenen Rechtsordnungen aufzeigen. Daher erlauben sie einen Blick über den üblichen “juristischen Tellerrand“ hinaus. So gibt es in ausländischen Rechtsordnungen einzelne Konstrukte, die hierzulande fremd sind (wie beispielsweise die sogenannte „Autohypothek“ im italienischen Recht).

Zu den Hauptfächern gehört in einem internationalen Bezug das Familienrecht (Ehescheidungsrecht, Erbrecht, Adoptionsrecht) sowie das Schuldrecht (Besonderes Schuldrecht, insbesondere Kaufrecht, Deliktsrecht). Dabei ist das internationale Familienrecht deutlich anspruchsvoller als das Schuldrecht, da in Letzterem sehr viel gesetzlich geregelt ist. Gerade das Familienrecht unterliegt vielen ungeschriebenen Wertungen. So hat beispielsweise die Anerkennung einer ausländischen Scheidung für Betroffene eine sehr persönliche und individuelle Tragweite.

Welche Materialien gibt es dazu?

Zu dem Schwerpunkt gibt es unzählige Skripte, Lehr- und Fallbücher. Die Skripte sind für den Anfang hilfreich, jedoch für den Schwerpunkt in der Regel zu oberflächlich. Besonders hervorzuheben ist der Podcast von Professor Lorenz von der LMU zum internationalen Privatrecht. Der Podcast von Prof. Martin Fries ist ebenso hörenswert.

Für wen eignet sich der Schwerpunkt?

Zu empfehlen ist dieser Schwerpunkt für alle, die ein allgemeines internationales Interesse haben. Ich wollte in meinem Studium immer Rechtsanwältin in einer internationalen Kanzlei werden und beruflich reisen können.

Dabei sind Fremdsprachenkenntnisse zwar hilfreich, jedoch – bis auf englisch – nicht unbedingt notwendig. Wichtiger ist ein tiefergehendes juristisches Verständnis. Zwingend erforderlich sind zumindest Grundkenntnisse im Europarecht, da sehr viel über EU-Verordnungen geregelt ist. Auch ist eine EU-Richtlinie in einem Sachverhalt keine Seltenheit. Daher muss deren Wirkung und Bedeutung notwendigerweise vorab verstanden worden sein.

Alles in Allem ist der Schwerpunkt aufgrund seiner Vielfalt und am Anfang aufgezeigten Praxisrelevanz sehr empfehlenswert. Da jedoch Bezüge zum Europarecht und Zivilrecht bestehen und die Vorfrage des anwendbaren Rechts für viele Studierende schwer greifbar ist, ist dieser Schwerpunkt eher anspruchsvoll. In machen Bundesländern (beispielsweise NRW) ist das internationale Privatrecht auch Bestandteil des Pflichtfachstoffs (jedoch wird es oft von Studierenden vernachlässigt).

Vorstellungsvideo IPR an der

An welchen Unis gibt es den Schwerpunkt Internationales Privatrecht

Den Schwerpunktbereich Internationales Privatrecht gibt es außer in Leipzig noch an weiteren Juristischen Fakultät. Es ist deswegen nicht nötig, die Uniwahl von diesem Schwerpunktbereich abhängig zu machen. Mit einem Klick auf die Links landet Ihr direkt auf den jeweiligen Seiten des Schwerpunktbereichs Internationales Privatrecht an der jeweiligen Universität:

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Julia Schmidt
Julia Schmidt
Die Autorin hat an der Universität Leipzig Jura mit Schwerpunkt internationalen Privatrecht studiert.

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