Der Drusenkopf in Brehms Tierleben

Drusenkopf (Brehms Tierleben)

Die zweite Eidechse der Galapagosinseln , welche wir Drusenkopf nennen wollen, ist im allgemeinen Gepräge sowie auch durch den Mangel von Gaumenzähnen wesentlich von der Meerechse verschieden und im ganzen noch plumper und schwerfälliger als diese. Nur auf das feste Land angewiesen, entbehrt sie der Schwimmhäute zwischen den kürzeren Zehen der gedrungeneren Beine. Ihr Schwanz ist ebenfalls kürzer und mäßig zusammengedrückt, im Durchschnitte daher eiförmig und kammlos, der Hals dagegen bedeutend länger und unterseits zahlreich gefaltet, der Kopf endlich gestreckter, daher verhältnismäßig minder hoch und weniger rasch von der Schnauzengegend zum vorderen Mundrand abgeflacht. Aus allen diesen Gründen tritt Steindachner denjenigen Forschern bei, welche den Drusenkopf (Conolophus subcristatus, Amblyrhynchus subcristatus und Demarlii, Trachycephalus subcristatus, Hypsilophus und Conolophus Demarlii) als Vertreter einer besonderen gleichnamigen Sippe (Conolophus) ansehen.

Zur weiteren Kennzeichnung des Thieres hebt Steindachner noch folgendes hervor. Die Schilder der Oberseite des Kopfes sind bedeutend kleiner und daher viel zahlreicher als bei der Meerechse; der Scheitelschild liegt wie eingesunken hinter der Stirne; die weiten Nasenlöcher münden in je einem großen, wallförmig sich erhebenden Schilde. Das Gebiß besteht aus dreiundzwanzig bis vierundzwanzig schlanken, drei- bis vierspitzigen Zähnen im Oberkiefer, einschließlich sieben, welche im Zwischenkiefer stehen, und dreiundzwanzig bis vierundzwanzig in jedem Unterkiefer. Die eiförmige Zunge ist an der Oberseite walzig und in der Mitte des vorderen Randes seicht dreieckig eingebuchtet. Die Schuppen der Unterseite des Kopfes, des Halses, des Rückens und der Seiten sind klein und kugelförmig zugespitzt, mit den Spitzen je nach ihrer Lage nach außen oder nach unten gekehrt, die Bauchschuppen bedeutend größer, flach und ungleichseitig viereckig, mit ihren Spitzen nach außen gekehrt und in regelmäßigen Querreihen angeordnet. Nur im Nacken erhebt sich eine Längsreihe hoher, mehr oder weniger kegelförmiger, größtentheils aber an der Hinterseite flach gedrückter, an der Vorderseite stark gewölbter Schuppen, welche durch kleinere von einander getrennt werden, zu einem unterbrochenen Kamme, welcher in seiner Mitte am höchsten ist, gegen den Rücken rasch an Höhe abnimmt und in den viel niedrigeren aber zusammenhängenden, nur hier und da von einer höheren Schuppe überragten Schwanzkamm übergeht; letzterer beginnt in einer geringeren Entfernung vor der Schwanzwurzel, hängt nie vollständig zusammen und verliert sich wenig hinter der Mitte des Schwanzes. Hinsichtlich der Färbung unterscheidet sich der Drusenkopf ebenfalls nicht unerheblich von der Meerechse. Der Kopf zeigt eine mehr oder minder lebhafte citronengelbe Färbung; der Rücken ist zunächst dem Kamm ziegel- oder rostroth, in seltenen Fällen querüber abwechselnd und sehr verschwommen gelblich oder rothbraun gebändert; gegen die Seiten hin geht die rothbraune Färbung in ein schmutziges, dunkles Braun über. Hie und da bemerkt man zuweilen Punkte oder kleine schwärzliche Flecken mit undeutlicher Begrenzung. Die Bauchseite ist dunkelgelb mit einem Stich ins Röthlichbraune. Die Vorderbeine sind nach außen und oben röthlich-, die Hinterfüße bräunlichgelb, die Krallen und deren nächste Umgebung aber schwärzlich.

Der Drusenkopf wurde von Darwin nur auf den mittleren Inseln der Galapagosgruppe, Albemarle, James, Barrlington und Indefatigable beobachtet.

Hier bewohnt diese Echse sowohl die höheren und feuchten wie die tieferen und unfruchtbaren Theile; in den letzteren findet sie sich am zahlreichsten. »Ich kann hiervon«, bemerkt Darwin, »keine bessere Vorstellung geben, als wenn ich sage, daß wir auf der Jamesinsel eine Zeitlang keine passende Stelle zum Aufschlagen unseres Zeltes finden konnten, weil keine frei von ihren Höhlen war. Der Drusenkopf ist ebenso häßlich wie die Meerechse und hat wegen seines niederen Gesichtswinkels einen besonders dummen Gesichtsausdruck.

In ihren Bewegungen ist diese Echse träge und schläfrig. Wenn sie nicht in Furcht gesetzt wird, kriecht sie langsam dahin, Bauch und Schwanz auf dem Boden nachziehend, hält oft still, schließt die Augen minutenlang, als ob sie schlummere, und legt dabei ihre Hinterbeine ausgebreitet auf den Boden. Sie wohnt in Löchern, welche sie zuweilen zwischen Lavatrümmern, häufiger auf ebenen Stellen des weichen, vulkanischen Gesteins aushöhlt. Diese Löcher scheinen nicht sehr tief zu sein und führen in einem kleinen Winkel in die Tiefe, so daß der Boden über ihnen stets nachgibt und eine derartig durchlöcherte Strecke den Fußgänger ungemein ermüdet. Wenn der Drusenkopf sich in seine Höhle gräbt, arbeitet er abwechselnd mit den entgegengesetzten Seiten seines Leibes; ein Vorderbein kratzt eine Zeitlang den Boden auf und wirft die Erde nach dem Hinterfuße, welcher so gestellt ist, daß er sie aus der Oeffnung der Höhle schleudert. Wenn die eine Seite des Körpers ermüdet, beginnt die andere zu arbeiten, und so abwechselnd. Ich bewachte eines dieser Thiere eine Zeitlang, bis sein ganzer Körper sich eingewühlt hatte, dann trat ich näher und zog es am Schwanze; es schien sehr erstaunt zu sein, grub sich heraus, um nach der Ursache zu sehen und blickte mir starr ins Gesicht, als wenn es fragen wolle: ›Warum hast Du mich am Schwanze gezogen?‹

Die Drusenköpfe fressen bei Tage und wandern dabei nicht weit von ihrer Höhle weg. Werden sie in Furcht gesetzt, so stürzen sie sich auf eine sehr linkische Weise nach den Zufluchtsorten hin. Wegen der Steilstellung ihrer Beine können sie sich nicht sehr schnell bewegen, es sei denn, daß sie bergab laufen. Vor den Menschen fürchten sie sich nicht. Wenn man genau auf sie Acht gibt, rollen sie ihren Schwanz, erheben sich auf ihre Vorderbeine, nicken mit dem Kopfe in einer schnellen, senkrechten Bewegung und geben sich ein sehr böses Ansehen, welches der Thatsächlichkeit jedoch keineswegs entspricht: denn wenn man nur mit dem Fuße auf den Boden stampft, senken sie ihren Schwanz, und fort geht es, so schnell sie können. Ich habe oft bei kleinen fliegenfressenden Eidechsen bemerkt, daß sie mit ihrem Kopfe genau in derselben Weise nicken, wenn sie auf etwas Achtung geben; aber ich weiß durchaus nicht, weshalb es geschieht. Wenn der Drusenkopf festgehalten und mit einem Stocke gereizt wird, beißt er heftig; ich fing jedoch manchen beim Schwanze, und keiner von diesen machte einen Versuch, mich zu beißen. Dagegen kämpfen zwei von ihnen, wenn man sie auf die Erde setzt und zusammenhält, sofort mit einander und beißen sich, bis Blut fließt.

Alle diejenigen Drusenköpfe, welche das niedere Land bewohnen, können während des ganzen Jahres kaum einen Tropfen Wasser kosten; aber sie verzehren viel von dem saftigen Kaktus, dessen Aeste zufällig von dem Winde abgebrochen werden. Ich habe oft einem oder zweien ein Stück davon vorgeworfen, und es war ergötzlich zu sehen, wie jeder den Bissen zu ergreifen und wegzutragen suchte, gerade wie hungerige Hunde mit einem Knochen verfahren. Sie fressen sehr gemächlich, kauen aber die Nahrung nicht. Alle kleineren Vögel wissen, wie harmlos sie sind. Ich sah einen von den dickschnäbeligen Finken an einem Ende eines Kaktusstückes picken, während ein Drusenkopf an dem andern fraß, und der kleine Vogel hüpfte nachher mit vollkommener Gleichgültigkeit auf den Rücken des Kriechthieres. In dem Magen derer, welche ich innerlich untersuchte, fand ich stets nur Pflanzenfasern und Blätter verschiedener Bäume, besonders solche einer Akazienart. In dem oberen Gürtel der Insel leben diese Echsen hauptsächlich von den sauren und zusammenziehenden Beeren der Gua yavita, unter denen ich sie und die Riesenschildkröten zusammen habe fressen sehen. Um die Akazienblätter zu erhalten, suchen sie die niederen, zwerghaften Bäume auf, und es ist nichts ungewöhnliches, daß man eine oder ein Paar meterhoch über dem Boden auf Aesten sitzen und ruhig fressen sieht. Die Einwohner sagen, daß die Drusenköpfe, welche die feuchte Gegend bewohnen, Wasser trinken, daß aber die anderen des Trinkens halber nicht von ihren unfruchtbaren Tiefen zur wasserreichen Höhe emporwandern, wie die Schildkröten es thun.

Während der Zeit unseres Besuches hatten die Weibchen in ihrem Körper zahllose, große, längliche Eier. Diese legen sie in ihre Höhlen, und die Einwohner suchen sie für die Küche auf.

Das gekochte Fleisch sieht weiß aus und gilt, bei denen deren Magen über Vorurtheile erhaben ist, für ein sehr gutes Essen.«

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