Introvertiert & extrovertiert: Hand in Hand, statt gegeneinander!

Introvertiert und extrovertiert: Hand in Hand, statt gegeneinander.

Introvertiert und extrovertiert – zwei Temperamente, die verschiedener nicht sein könnten. Klar, dass es da zu Reibungen kommt. Doch lässt sich das auch verhindern?

Dieser Blogartikel unterscheidet sich ein wenig von meinen meisten anderen Beiträgen. Er soll weniger informieren, sondern mehr zum Nachdenken anregen.

Ich bin ein Mensch, der viel beobachtet und sich Gedanken macht, wie wir die Welt zu einem besseren Ort machen könnten. In den letzten Jahren habe ich immer wieder erlebt, dass Introvertierte und Extrovertierte aneinandergeraten sind. Introvertierte haben sich unfair behandelt gefühlt und Extrovertierte waren überfordert, weil wir nicht so ticken wie sie selbst. Dadurch ist ein Ungleichgewicht entstanden.

Ich kann in diesem Artikel natürlich nicht für alle Introvertierten sprechen. Alles, was ich hier geschrieben habe, ist meine persönliche Meinung und Erfahrung.

Dennoch hoffe ich, dass ich hiermit einen kleinen Beitrag dazu leisten kann, dass Introvertierte und Extrovertierte sich zusammentun, anstatt gegeneinander zu sein.

Introvertiert & extrovertiert: Was ist der Unterschied?

Bevor ich mich auf das heutige Thema stürze, möchte ich kurz erläutern, was man unter den Begriffen „Introversion“ und „Extraversion“ eigentlich versteht und was der größte Unterschied ist.

Extrovertierte und introvertierte Menschen unterscheiden sich in erster Linie an einem Punkt: wie sie neue Energie tanken.

Wenn Extrovertierte einen anstrengenden Tag hatten, schaffen sie sich einen Ausgleich, indem sie Freunde treffen oder auf eine Party gehen. Extrovertierte ziehen ihre Energie nämlich aus dem Äußeren. Das heißt, wenn sie vielen äußeren Reizen ausgesetzt sind, fühlen sie sich wohl und laden ihre Energiereserven wieder auf.

Introvertierte sind das genaue Gegenteil. Sie ziehen neue Energie aus dem Inneren. Das heißt also, dass introvertierte Menschen sich eher zurückziehen und Zeit alleine verbringen, wenn sie neue Kraft tanken wollen. Anstatt feiern zu gehen oder sich mit anderen Menschen zu umgeben, gehen sie ruhigeren Aktivitäten nach, wie lesen, schreiben oder einen Filmmarathon abhalten.

Extrovertierte haben das Sagen

In unserer heutigen westlichen Gesellschaft sind extrovertierte Eigenschaften hoch angesehen. Wer sehr gesellig, kontaktfreudig und laut ist, wird als kompetenter und sympathischer eingestuft, als Menschen, die viel nachdenken, analysieren und sich mehr im Hintergrund halten.

Ein Freund von mir hat vor einigen Jahren im Hauptsitz einer Bank gearbeitet. Er war sehr kompetent und liebte seine Arbeit, aber nach der Probezeit ist er rausgeflogen, weil er eher ruhig war und sich nicht gleich mit allen Kollegen vernetzt hat. Dieses Beispiel zeigt sehr deutlich, wie gefragt extrovertierte Eigenschaften im heutigen Berufsleben sind.

Auch privat findet man leichter Freunde, wenn man sich extrovertiert gibt und sich ins Getümmel stürzt. Menschen, die sich eher zurückziehen, werden schon als Kinder aufgefordert, sich zu ändern und „extrovertierter zu werden“. Dabei ist Introversion angeboren und kann nicht einfach abgelegt oder ausgetauscht werden.

Dass sie oft nicht akzeptiert werden, setzt Introvertierte unter Druck. Sie haben das Gefühl, nicht gut genug zu sein und fühlen sich von der Gesellschaft ausgeschlossen.


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Introvertierte Stärken werden unterschätzt

Dabei wird völlig übersehen, dass auch wir Introvertierte wunderbare Stärken und Fähigkeiten haben, mit denen wir die Welt bereichern können. Wir können oft gut analytisch denken, beobachten, zuhören und sind äußerst kreativ.

Es gibt so viele Berufe, in denen wir wirklich glänzen können. Und nein, ich meine damit nicht nur Bibliothekar*in (selbst dieser Beruf wird zunehmend von Extrovertierten ergriffen). Auch soziale, künstlerische oder wissenschaftliche Tätigkeiten sind oft perfekt für Introvertierte geeignet. Trotzdem müssen wir uns gegen extrovertierte Konkurrenz behaupten. Und die wird meist bevorzugt.

Wir sind nicht weniger kompetent als Extrovertierte und doch haben wir es schwerer, uns im Leben durchzusetzen.

Häufig kommt es vor, dass Introvertierte irgendwann dazu übergehen, eine Rolle zu spielen. Sie verbiegen und verstellen sich Tag für Tag, weil sie Angst haben, sonst nicht akzeptiert zu werden. Und das löst ungesunden Stress aus, der auf Dauer auch wirklich krank machen kann.

Das muss aufhören!

Was ich Extrovertierten schon immer sagen wollte

Ihr lieben Extrovertierten da draußen, schön, dass ihr euch die Zeit nehmt, diesen Blogbeitrag zu lesen. Das bedeutet, dass ihr euch für uns Intros interessiert und das ist schon einmal ein hervorragendes Zeichen.

Ich bitte euch inständig, hört auf, uns das Gefühl zu geben, dass wir weniger wert sind. Anstatt uns aufzufordern, uns zu ändern, nehmt uns an und hört uns zu. Wir haben viel zu sagen, nur bitte lasst uns vorher kurz darüber nachdenken.

Zeigt Interesse an unserer Meinung und schließt uns nicht aus, nur weil wir anders ticken. Es ist furchtbar schmerzhaft, immer vermittelt zu bekommen, nicht gut genug zu sein. Wir sind so geboren und unsere Introversion ist kein Makel, sondern ein ganz normales Temperament. Auch wenn es im Moment nicht dem Ideal der westlichen Gesellschaft entspricht.

Beweist uns, dass ihr tolerant und offen seid, indem ihr uns eine Chance gebt, am Leben teilzuhaben – auf unsere stille und sensible Weise. Ich weiß, es ist schwierig, eine Person zu verstehen, die anders denkt und fühlt, als ihr es tut. Aber im Endeffekt sind wir auch einfach nur Menschen mit Stärken und Schwächen.

Was ich Introvertierten schon immer sagen wollte

Liebe Introvertierte, ich weiß, dass viele von euch sehr ungerecht behandelt wurden. Schon als Kind hat man euch gesagt, dass ihr nicht richtig seid. Man hat euch dazu gedrängt, euch entgegen eurer Natur zu verhalten und ihr habt über Jahre, ja vielleicht sogar Jahrzehnte hinweg euer wahres Selbst unterdrückt. Aus Angst und Scham, aus dem Gefühl heraus, so nicht liebenswert zu sein.

Aber das seid ihr. Jede*r Einzelne von euch.

Gleichzeitig möchte ich euch aber auch bitten, den Menschen, die euch ungerecht behandelt haben, zu verzeihen. Ich wette, die meisten haben es nicht aus Bosheit getan, sondern aus Unwissen und weil sie eben nicht nachvollziehen können, wie wir denken und fühlen. Hegt keinen Groll gegen sie oder Extrovertierte im Allgemeinen. Das bringt uns nicht weiter.

Stattdessen habt den Mut, offen über eure Introvertiertheit zu sprechen. Wenn euch Unrecht geschieht, dann sprecht das ehrlich an. Ich weiß, das ist alles andere als leicht. Aber es hilft. Erklärt Extrovertierten gerne, wieso ihr euch so verhaltet, wie ihr es tut. Nur so können sie dazulernen und haben eine Chance, euch und andere Introvertierte zukünftig besser zu verstehen und dann auch fairer zu behandeln. (Wenn es euch mündlich schwerfällt, könnt ihr auch einen Brief, E-Mail oder Chatnachricht schreiben – oder ihr startet einen Blog.)

Gleichzeitig möchte ich euch ermuntern, zu euch zu stehen und euch nicht verbiegen zu lassen. Ihr seid toll und stark, so wie ihr seid. Auch als stille und sensible Menschen. Und keiner hat das Recht, euch einzureden, dass ihr euch ändern müsst.

Hand in Hand, statt gegeneinander!

Ich wünsche mir eine Welt, in der Introvertierte und Extrovertierte Hand in Hand gehen, anstatt sich gegeneinander zu stellen.

Keiner ist besser oder schlechter. Extrovertierte sind nicht in allem überlegen und Introvertierte nicht Menschen zweiter Klasse. Mit unseren einzigartigen Eigenschaften und Fähigkeiten ergänzen wir uns perfekt. Wir müssen uns nur aufeinander einlassen.

Wenn wir uns gegenseitig zuhören, können wir uns auch besser verstehen, respektieren und behandeln.

Ich weiß, dass da noch viel Arbeit vor uns liegt. Aber wir können es schaffen. Wenn wir es wirklich wollen.

Schlussgedanken

Vielleicht hältst du mich jetzt für einen Träumer. Und ja, ich träume gerne, aber ich mache mir auch Gedanken darüber, wie das Zusammenleben von Intros und Extros reibungsfreier laufen könnte. Dieser Blogartikel, der mir geradezu aus den Fingern geflossen ist, ist ein erster Versuch, auf das Problem aufmerksam zu machen.

Vielleicht konnte ich ja bei dem Einen oder Anderen etwas bewirken. Und wenn es nur bedeutet, dass du dir über das Thema mal deine eigenen Gedanken machst und überlegst, wie es dir damit geht.

Apropos Gedanken, schreib sie mir gerne in die Kommentare. Hast du auch das Gefühl, dass es zwischen Introvertierten und Extrovertierten oft Reibungen gibt? Welche Erfahrungen hast du damit gemacht? Ich freue mich sehr über dein Feedback. Alternativ kannst du auch gerne mit mir Kontakt aufnehmen.


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2 Kommentare

  1. Mim, Dein Artikel spricht mir aus der Seele.

    Einerseits ist es wichtig, dass wir uns der Unterschiede bewusst werden und ansprechen, wenn wir uns ungerecht behandelt fühlen. Andererseits hilft es uns nicht, wenn daraus ein Gegeneinander wird.

    Ich glaube, es braucht beides in Maßen: uns abzugrenzen, besonders von dem Anspruch extrovertierter „werden“ zu sollen. Und auch das Bewusstsein, wo wir uns ergänzen können und die Neugier aufeinander.

    Und vielleicht auch die Suche nach Gemeinsamkeiten, die gibt es ja auch bei allen Unterschieden. Ein gemeinsames Thema, das bei interessiert. Oder eine geeinsame Erfahrung – zum Beispiel ein Moment, in dem selbst einer extrovertierten Person alles mal zu viel wurde. Oder für mich ein Moment, in dem ich den Trubel um mich herum genossen habe. Ich brauche ganz andere Mengen davon, aber das Gefühl ist mir nicht gänzlich unbekannt. So kann es andersherum vielleicht auch gehen, was meinst Du?

    1. Hallo liebe Paula,

      oh ja, da sprichst du einen ganz wichtigen Punkt an. Auf jeden Fall gibt es auch Gemeinsamkeiten. Ich habe auch schon Momente erlebt, in denen ich den Trubel um mich herum genossen habe, auch wenn ich danach wieder sehr viel Zeit zum „runterkommen“ und erholen gebraucht habe. Mir geht’s ja schon so, wenn wir ein Familientreffen haben. Ich genieße die Zeit mit der Familie sehr, aber ich brauche davon weniger als z. B. meine Schwester, die deutlich geselliger ist als ich und dadurch auch länger bei den Treffen bleibt.

      Danke für deine wertvollen Gedanken dazu, Paula.

      Alles Liebe,
      Mim

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