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Samstag, 18. September 2021

Lissabon 2021 - Lecker und mehr...


Wir waren mal wieder in Lissabon, wie sich unschwer erkennen lässt. Für uns ist es eben einer der schönsten Orte der Welt und immer wieder eine Reise wert. Nachdem es letztes Jahr nicht geklappt hatte, haben wir die Reise kurzerhand verlegt und sie, nach einer weiteren Umbuchung, antreten können.

In den letzten Jahren haben wir hier ja schon ein paar Eindrücke der Stadt gezeigt und vielleicht kommt in einem späteren Eintrag noch etwas von diesem Trip dazu, aber in diesem Post will ich erstmal auf einen anderen Aspekt eingehen, den wir dieses Jahr viel deutlicher wahrgenommen haben. Vielleicht liegt es ja am Alter. 

Ganz gut, aber es gibt noch soviel mehr

Lissabon ist nicht nur eine historische, kulturell wertvolle Stadt, sondern auch Melting Pot für Menschen aus aller Herren Länder, insbesondere der ehemaligen Kolonien. Diese Menschen bereichern die heimischen Traditionen und Gepflogenheiten mit den eigenen und sorgen für eine Vielfalt an Eindrücken, die auch durch die mitgebrachten Lebensweisen ergänzt werden. Man sagt so schön, dass Liebe durch den Magen geht, und auch zur Völkerveständigung leistet gutes Essen durchaus seinen Beitrag. Somit will ich ein wenig über die Gastronomie und unsere eigenen Eindrücke aus den Restaurants der Stadt erzählen.

Bevor wir in Urlaub fahren, pflegen wir unsere Hauptmahlzeiten (i.d.R. Abendessen) vorher zu buchen. Das hat sich bewährt, weil wir dadurch tagsüber nicht in Hektik geraten etwas für den Abend finden zu müssen und uns auf Wichtigeres konzentrieren können. Es hat auch einen weiteren Grund, nämlich den, dass man mit Vorlauf auch noch Plätze in  beliebten Restaurants bekommt, die kurzfristig eher unwahrscheinlich wären. Außerdem kochen wir gerne und auch ganz passabel, was uns eher neugierig auf das macht, was wir nicht hinbekommen würden. 

Also los geht`s. Was kennt man so an portugiesischen Spezialitäten? Bacalhau (Stockfisch)... Ok. Sardinen... Ja. Pasteis de Nata... sehr gut. Fangen wir mal mit letzterem an, weil es einem in Lissabon überall begegnet und inzwischen auch über die Landesgrenzen hinaus einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt hat. Die Pasteis de Nata heissen im Original "Pasteis de Belem" und wurden im 18Jh von den Mönchen des Hieronymusklosters erfunden. Später, im Jahr 1837 fing ein Konditor in einer nahegelegenen Bäckerei an, die Törtchen zu backen, nachdem er das Originalrezept von den Mönchen erworben hatte. Dies gilt noch heute als Betriebsgeheimnis und nur Wenige kennen es in Gänze. Die Bäckerei ist heute ein Touristenmagnet, aber auch bei den Einheimischen sehr beliebt. Die Törtchen selbst gibt es aber (nicht unter dem Originalnamen) praktisch überall und wenn man mal in Lissabon ist, sollte man sie probieren.

 
Am ersten Abend besuchten wir Joao Sá, einen hervorragenden Koch, in seinem Restaurant Sála. Dort wird eine saisonale Küche mit internationalen Einflüssen serviert, die er in diversen Küchen des Landes, aber auch im Ausland erlernt und verfeinert hat. Das Sála steht im portugiesischen für den Wohnbereich eines Hauses und hier soll man sich auch zu Hause fühlen. Dafür sorgte eine äußerst nette und kompetente Servicetruppe. Das Menü war nicht sonderlich umfangreich, hat uns aber sehr gut geschmeckt. Es basierte auf diversen Fischen und Meeresfrüchten von der heimischen Küste, die man auch immer wieder auf den lokalen Speisekarten findet. Modern interpretiert wurden sie z.b. durch Moqueca Soße, einer Spezialität aus Brasilien, oder Caril, einem Goa-Curry. Alles in allem eine sehr runde Geschichte und ein sehr guter Auftakt in Lissabon.
 
 
 
 

Was in Lissabon, und nicht nur dort, inzwischen eine ziemlicher Hype ist, und dabei fällt mir das Lied von Snap ein "Don`t believe the hype", ist gesundes Essen. Vor allem zum Frühstück bekommt man inzwischen oft in trendigen Cafés: Smoothies, Bowls, Avocadosandwiches usw. geboten. Dabei reichen die Zutaten von besagten Avocados, über Gojibeeren bis zu Acai oder noch exotischeren Wundermitteln für die bewusste Ernährung. Zugegeben, das Zeug schmeckt meist auch ziemlich gut und die Präsentation sind auch teilweise echte Kunstwerke. Manchmal ist aber auch eine einfache Stulle, oder dort eine "Sandes mit Fiambre und queijo" (Schinken und Käse) was Feines. 

 
 

Und da wären wir schon beim zweiten Abend und dem Attla. Ein Restaurant, das schon beim letzten Mal unsere Neugierde geweckt hatte. Hintergrund war der Chef, André Fernandes, der seine Sporen schon überall auf der Welt verdient hat, nämlich in diversen Ländern Europas, aber auch u.a. in Brasilien, Laos, Costa Rica und PNG. Zurück in seiner Heimat hat er das Attla eröffnet. Es ist eine Hommage an seine Wurzeln am Atlantik und die Welt, das durch das Wort Atlas abgeleitet wird. Hier serviert er internationale Kreationen mit Waren, die er fast ausschließlich von regionalen Zulieferern bekommt. Heraus kommen solche Sachen wie Dorade mit Kimchi aus roten Früchten,  gebratene Jungzwiebel mit Barrigoule Soße oder aber Kürbisravioli mit Thaibasilikumbutter und Paprikaöl... Alles basiert auf dem Konzept "Sharing is caring" und somit ist es zum gemeinsamen Verzehr aller Tischgäste gedacht. Was soll ich sagen? Wir haben uns in dieses Restaurant verliebt, denn solch intensive Aromen und dazu so gelungen komponiert findet man wenige. Leider ist die Lage nicht so zentral, was auch wir zu spüren bekamen, weil wegen der anstehenden Wahlen und einer Podiumsdiskussion der Kandidaten im Freien, der Verkehr umgeleitet werden musste. Wer aber den Weg dorthin findet, wird bestimmt nicht enttäuscht, wenn er eine gewisse Experimentierfreudigkeit mitbringt.

 
 

Anfang September ist es zwar noch etwas früh, aber wir haben sie schon gerochen: die ersten gebrannten Maronen. Wir waren etwas überrascht, denn normalerweise gibt es sie erst Ende September/ Anfang Oktober, aber scheinbar hat auch in diesem Business der Klimawandel seinen Einfluss und sie reifen früher. In den kommenden Wochen jedenfalls werden die Straßen wieder duften nach diesen Leckereien und an fast jeder Straßenecke werden die mobilen Verkäufer an ihren kleinen Öfen stehen und sie Tütchenweise verkaufen. Auch das gehört nämlich zu Portugal. 

Das Epur war für uns eigentlich nur ein "Nachrücker", weil ein anderes Restaurant uns kurzfristig abgesagt hatte. Jedoch wurden wir nicht enttäuscht, ganz im Gegenteil. Mit seiner Lage am Rande des Chiado liegt es schon in einer fürstlichen Gegend. Beim Betreten des Restaurants kann man gleich einen Blick in die atemberaubend schöne Küche erhaschen und dem Maître zusehen bevor man, ein paar Schritte später, das eigentliche Highlight der Location, nämlich den unbezahlbaren Blick auf die Baixa und die Burg genießen kann. Vincent Farges ist ein französischer Koch, der schon seit Jahren in Portugal arbeitet. Zunächst war er Herr in der Fortaleza do Guincho und hat sich dort seinen ersten Stern erkocht, den er auch bis zu seinem Abgang 2017 hielt. In seinem eigenen Restaurant hat er sich der kulinarischen Annäherung von Portugal und Frankreich verdient gemacht. Seine Küche ist klar dem frankophilen Raum entsprungen, jedoch hat auch er fast nur regionalen Bezug von Zutaten und verquickt beide Küchen auch in einigen Gerichten zu sehr gelungenen Fusionen. So puristisch wie die Räume sind auch die Gerichte, die seine Handschrift tragen. Kleine Kunstwerke mit tollen Details und feinen Nuancen in den Geschmacksnoten. Auch der Service stand in nichts nach. Die Sonderwünsche wurden beachtet und das wir den gewünschten Fensterplatz bekamen, kann bei diesem Ausblick nicht hoch genug angerechnet werden.


 
 
 
 

Der Sommer ist heiss in Portugal. Dieses Jahr vielleicht nicht ganz so wie die Jahre zuvor, aber immernoch besser als hierzulande. Was passt also besser als ein Eis? In den vergangenen Jahren haben die Italiener Konkurrenz bekommen. Nicht nur beim Fußball, sondern auch beim Eis. Ja genau. Es haben sich einige Manufakturen hervorgetan, die mit wirklich leckerem Eis aus eigener Produktion aufwarten können. Neben dem landesweit bekannten Santini Eis, das auf den italienischen Einwanderer Attilio Santini zurückgeht, haben sich ein paar jüngere Semester der Herstellung des kühlenden Genusses verschrieben. Da wäre z.B. Pizpireto, das Eis am Stiel mit extrem hohem Fruchtgehalt anbietet, oder aber Colé, das ebenfalls Eis am Stiel produziert, bei dem aber große Fruchtstücke das Gesamtbild verschönern und noch dazu gut schmecken. 

Für das Wochenende hatten wir uns nichts besonderes vorgenommen und waren somit frei in unserer Entscheidung wohin wir gehen würden. Nach einem anstrengenden Tag auf dem Rad, hatten wir Lust auf Sushi und fingen genau damit an, weswegen wir normalerweise immer vorher buchen. Wir klapperten die Läden ab, die uns ansprachen. Aber da Corona auch bei den Touristenzahlen seine Spuren hinterlassen hat, dauerte es nicht lange bis wir fündig geworden waren und einen Platz bekamen. In der Nähe des Cais do Sodré liegt Confraria LX. In einem extrem stylischen Ambiente bekamen wir sehr gute Sushi serviert, die allerdings mehr auf der fancy Seite liegen, als auf der traditionellen. Die Kreationen waren optisch und qualitativ sehr gelungen, aber in unseren Augen zu Lachs und Thunfisch lastig. Es gab wenig anderen Fisch, was aber den Gesamteindruck nicht schmälern soll.

 
 

Cacilhas ist einer der Orte auf der anderen Uferseite des Tejo. Es ist der am einfachsten und schnellsten zu erreichende. Wir verbrachten einen Tag auf der anderen Seite und als wir am frühen Abend wieder übersetzen wollten, fragten wir uns was wir essen sollten. Da wir schon bei Ankunft die einfachen Fischrestaurants vollbesetzt gesehen hatten und noch immer der Geruch von gegrilltem Fisch in der Luft lag, entschieden wir uns spontan für einen portugiesischen Klassiker, nämlich Sardinen. Die Restaurants liegen direkt am Fährhafen, und die Preise für die Sardinen sind auch gleich. Wir ließen uns im "Estrela do Sul" nieder. Möglicherweise nicht die beste Wahl, wie wir gleich erfahren sollten, denn der Kellner war etwas pampig als wir zwei, drei Fragen zu den Beilagen stellten. Egal, für 5€ war es verschmerzbar und der Kollege am Grill verstand sein Handwerk. Der Fisch war lecker, die Kartoffeln auch und nach 20 Min waren wir auch schon wieder weg. Nächstes mal würde ich den "Farol" nebenan wählen. 

 

Wusstet ihr, dass Lissabon einer der besten Orte außerhalb Nepals ist, um die nepalesische Küche zu probieren? Das liegt daran, dass man für Portugal recht einfach ein Visa bekommt und viele Nepalesen davon gebrauch gemacht haben. Mit diesem Bleiberecht können sie nach 6 Jahren dann die portugiesische Staatsbürgerschaft erlangen und anschließend ggf. in andere Länder ziehen. Jedoch ist es so, dass viele sich inzwischen recht wohl fühlen, was an der gewachsenen Community von inzwischen über 20.000 (vor 2010 waren es keine 1000) und dem Klima und recht sicheren Lebensumständen liegt. Somit ist auch die Zahl der nepalesischen Restaurants in den letzten Jahren enorm gewachsen, wovon einige immer wieder auf lokalen Empfehlungslisten auftauchen.

Ein weiteres Restaurant, das wir besucht haben, ist das 100 Maneiras. Im portugiesischen ist der Name etwas zweideutig. Gelesen wie geschrieben, heisst es 100 Methoden bzw 100 Art und Weisen. Wenn man 100 spricht (cem) klingt das wie "sem". Wenn man also "sem maneiras" sagt, bezichtigt man seinen Gegenüber keine Manieren zu haben. Nach diesem kurzen Diskurs wären wir auch schon beim Grund dieses Wortspiels. Der Koch, Ljubomir Stanisic ist Bosnier und kam in den 90ern wegen der Liebe nach Portugal. Hier arbeitete er in einer Küche und entschloss sich irgenwann ein eigenes Restaurant zu eröffnen. Das ging in die Hose und er musste um Hilfe bitten um wieder auf die Beine zu kommen. Das Thema Küche ließ ihn jedoch nicht mehr los und er versuchte sich, mit unterschiedlichem Erfolg in der Gastroszene. Im Jahr 2011 wurde er als einer der talentiertesten Köche des Landes (er spricht fließend Portugiesisch) in die Jury der Sendung "Masterchef" berufen und somit einem größeren Publikum bekannt. Von dort an ging es eigentlich stetig bergauf und er begann sein Imperium kontinuierlich auszubauen. Man kann ihn sich als einen portugiesischen Jamie Oliver oder Tim Mälzer vorstellen, der auch immer wieder in den Medien auftaucht. Letztes Jahr war er u.a. einer derjenigen, die vor dem Regierungspalast in einen mehrtägigen Hungerstreik trat um auf die Not der Gastronomie im Lande wegen der Coronamaßnahmen aufmerksam zu machen. 

 

Wir hatten das alte 100M schon vor einigen Jahren besucht und es hatte uns gut gefallen, auch wenn K damals gesundheitlich angeschlagen war. In diesem Jahr wurde das "beste Restaurant Lissabons ohne Stern" endlich mit dem langersehnten Etoile ausgezeichnet, was für uns, neben des Gesundheitsproblems damals,  auch Grund war unsere Aufwartung zu machen. Stark verändert präsentierte sich das 100 mit dunklen Wänden und gedimmter Beleuchtung. Alles extrem stylisch und passend zum Provokateur und Wirbelwind Stanisic. Auch das Menü, das ein wenig eine autobiografische Reise durch das Leben des Chefs ist, war phänomenal. Derb und filigran sind hier keine Widersprüche, sondern gewollte Kontraste, die sich auf den Tellern finden. Man bekommt grobe Wurst aus Bosnien genauso wie "Pinzettenkreationen" gleichermaßen. All das auf technisch perfektem Niveau und mit tollen Aromen, die einen komplett mit auf die Reise nehmen. 

 

Weitab der Touristenpfade, nämlich im Stadtteil Benfica, befindet sich eine lokale Institution. Das Edmundo. Es serviert klassische portugiesische Küche ohne großen Schnick Schnack, aber auf exzellentem Niveau. Wen es mal dorthin verschlägt, dem sei der Polvo (Tintenfisch) und der Arroz de Tamboril (Reistopf mit Seeteufel und Garnelen) ans Herz gelegt. Ein wirklich empfehlenswertes Restaurant mit top Qualität zu einem erschwinglichen Preis. 

Unser letztes "Abendmahl" hatten wir in einem unserer Lieblingsrestaurants. Warum das eines der Lieblingsrestaurants ist, erkläre ich gleich im Anschluß, aber warum es nicht nur großartig ist, sondern auch mehr zu bieten hat als den Service am Tisch, zeigte sich schon bei unserer Reservierung. Obwohl inzwischen ein paar Jahre seit unserem letzten Besuch vergangen waren, begrüßte man uns als wiederkehrende Gäste und bedankte sich für das entgegengebrachte Vertrauen. Da war das gute Gefühl doch gleich wieder da, so als würde man einen alten Freund besuchen.

Das Loco von Alexandre Silva verkörpert genau das, was wir uns von hochwertiger Küche erwarten. Saisonale Gerichte mit lokalen Zutaten. Das muß die Kreativität nicht einschränken wie man hier gezeigt bekommt. Man setzt hier konsequent auf beste Produkte mit großem Augenmerk auf faire Haltung bzw Wildfang und kreiert daraus auch Gerichte, die man sonst mitunuter anders kennt. Eine Besonderheit hier, gegenüber vielen anderen in der Stadt, ist die üppige Auswahl an nicht alkoholischen Getränken. Diese sind fast alle hausgemacht und schmecken vorzüglich. Das Restaurant mit dem Olivenbaum im Vorraum ist ein Highlight in der kulinarischen Welt Lissabons und unbedingt einen Besuch wert.

 

 

Ok, das war unser kulinarischer Streifzug durch die Stadt auf den sieben Hügeln. Wir hoffen es hat euch gefallen und war vielleicht sogar Inspiration für einen Besuch.


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