Beitrag von Kathrin Bramke

15.09.2021

September 2021 - Es ist nun mehr als drei Jahre her, dass der Radwegabschnitt für den Fernradweg Berlin-Leipzig in Lankwitz im Gemeindepark umgesetzt werden sollte. Was ist bisher passiert und wie geht es weiter?

Wir erinnern uns, der ursprünglich geplante Fernradwegabschnitt ging über die Mühlenstraße bis zur Kreuzung an der Gallwitzallee und bog dann auf die Gallwitzallee ein. Umplanung des Bezirks, nun soll der Abschnitt von der Mühlenstraße verlängert werden und direkt durch den Park durch eine Grünfläche führen. Geplant war der Bau des Abschnitts im Tiefbau, das heißt der Boden musste zum Teil abgetragen werden.

Foto 1: Blühstreifen bzw. Trasse zwischen den Linden (Allee) im Gemeindepark Lankwitz mit Frühblühern, wie Schabockskraut und Blaustern

Wir fragten im Bezirk, im Rahmen von Ausschüssen und der BVV nach, warum hier bei dem Bauvorhaben von der ursprünglichen Planung abgewichen wird und warum die Grünfläche versiegelt werden soll, statt diesen die restlichen 50 Meter der Mühlenstraße auf den bereits nebenan, vorhandenen Radweg entlang zu führen. Auch fragten wir, ob der Bezirk diesen Bauschnitt als „Eingriff“ bewertet, was zu einer genaueren Begutachtung des Eingriffes vor Ort führen würde. Eine Eingriffs- Ausgleichsbilanzierung inkl. Bewertung der betroffenen Schutzgüter (Boden, geschützte Arten…. ) wäre nötig.

Dass es sich um einen vermeidbaren Eingriff handelt, wird jedem schnell klar, der sich die Situation im Gemeindepark anschaut. Nach § 13 des Bundesnaturschutzgesetz sind erhebliche Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu vermeiden. Nicht vermeidbare erhebliche Beeinträchtigungen sind durch Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen oder, soweit dies nicht möglich ist, durch einen Ersatz in Form von Geld zu kompensieren.

Der Bezirk, grün-schwarz geführt, beruft sich hier auf seine bezirklichen Freiheiten und als Eingriff wird das Vorhaben auf dem kurzen Abschnitt im Park nicht gewertet. Wir erfragten, welche Gutachten vorliegen, die mögliche Konflikte untersuchten. Ebenso wurde hier von der Stadträtin Frau Schellenberg (B90/Grünen), als Vorsitzende des Ausschusses unsere Fragen beantwortet, das Gutachten nicht nötig wären, da sich der Bezirk auf seine Freiheiten beruft. Gutachten zur Verkehrssicherheit bei Berücksichtigung der Kreuzachsen von Parkbesucher:innen und Fahrradfahrer:innen - Fehlanzeige, Gutachten zur Beeinträchtigung von Schutzgütern (Boden, Alleebäume und weitere …) - Fehlanzeige.

Eine weitere Argumentation von Frau Schellenberg für den Fahrradabschnitts durch den Park ist, dass bereits Radfahrer:innen auf dem Fußweg neben der Allee fahren. Es stimmt, dass dort einige Radfahrer:innen auf dem etwas holprigen Kopfsteinpflaster entlang fahren, statt auf dem vorhandenen Radweg daneben, der erst Anfang 2020 neu asphaltiert wurde. Aber es sind eben wie auch andernorts nur einige.

Der Bagger kam, grub und stoppte nach drei Zentimetern, da die Wurzeln der Lindenbäume zu sehen waren. Kurz darauf im Frühjahr 2019 schauten wir uns den Abschnitt nochmal genauer an und stellten fest, dass dort verschiedene Wildbienenarten im Erdboden nisten. Nach unserem Hinweis zu den besonders geschützten Arten, die dort im Frühjahr nisten war zunächst an einen Weiterbau ohne Ausnahmegenehmigung nicht zu denken.

Foto 2: Einige Wildbienenarten (Sand- und Furchenbienen), die dort am Blühstreifen bzw. Trasse Nahrung finden und ebenso nistend beobachtet wurden

Die Parteien „Die Linke“ und „SPD“ unterstützten uns und es folgten Kleine Anfragen in der Bezirksverordnetenversammlung zu bereits diskutierten Alternativen, die eine Versiegelung einer Grünfläche vermeiden und die Verkehrssicherheit für Rentner, Familien mit Kindern, den Lebensraum der Bienen und Frühblüher sowie die Vitalität der Baumkronen sichern sollte.

Im April 2019 haben wir eine Petition zum Thema im Petitionsausschuss von Berlin eingereicht, um Antworten auf weiterhin offene Fragen zu erhalten, Alternativen vorzuschlagen und Licht ins Dunkel zu bekommen. An den Petitionsausschuss kann man sich wenden, wenn man als Bürger:innen meint, dass eine Entscheidung einer Behörde oder Einrichtung des Landes Berlin unangemessen, unverständlich oder falsch war. Der Petitionsausschuss prüft die Petition und Vorschläge. Es folgten dieselben Antworten vom Bezirk, die weiterhin vieles offen ließen, wie z. B. warum die Verkehrsthematik. Eine Begehung mit allen Beteiligten und den Mitgliedern des Petitionsausschusses wurde vom Petitionsausschuss begrüßt, jedoch leider nicht von Frau Schellenberg. Es wurde zwischenzeitlich von einem Bienengutachten geredet, welches beauftragt werden sollte.

Erst Ende 2020 wurde der vorhandene Radweg der Gallwitzallee, mitunter auch als Teilabschnitt des ursprünglich geplanten Fernradwegsabschnitts frisch geteert und erneuert, sodass hier das Radfahren wieder bequemer geworden ist. Der Radweg wurde sogar bis zur Kreuzung Mühlenstr. geteert und Schilder erneuert. Die Freude der allen Bienenfreunden, Parkbesuchern und Anwohnern, die das Vorhaben mit bekamen, scheint nun groß, dass das Thema nun doch durch ist, zudem viel Zeit vergangen ist, in der dort nichts mehr passierte.

Doch es gibt Hinweise, dass der Bezirk aus CDU und Grüne bzw. Frau Schellenberg als Ressortleiterin, hier an der ursprünglichen Planung weiterhin festhält.

Für jeden, der sich hier vor Ort die Situation betrachtet ist weiterhin klar, dass eine Vermeidung möglich ist.  Die Ausnahmegenehmigung für die Tötung der besonders geschützten Wildbienen und ihren Niststätten wird dann vom Bezirk, hier maßgeblich durch die Grünen-Stadträtin bzw. Leiterin der Abteilung Grünflächenamtes voraussichtlich beantragt. Wenn die Senatsverwaltung dieser Genehmigung zustimmt, wird der Abschnitt von ca. 100 Metern durch den Gemeindepark die Niststätten der Wildbienen und die Wildbienen selbst überbauen sowie die möglichen Konflikte mit Radfahrer:innen verstärken.

Wie geht es nun weiter? Mehr erfahrt ihr in einem Video, welches in kürze folgt.

Hintergrundinformation - Hier mal etwas rechtlicher Hintergrund und eine Erläuterung was mit dem Begriff "Eingriff" rechtlich einhergeht:

Würde das Vorhaben als Eingriff nach §14 des Bundesnaturschutzgesetz gewertet, wäre es wohl einfacher dies als einen vermeidbaren Eingriff zu betrachten, da ja ein vorhandener Radweg nur weniger als 50 Meter daneben vorhanden ist. Zudem eine Versiegelung von einer Fläche des Parks und die damit einhergehenden Konflikten im Bereich Verkehr, Artenschutz, Boden, und Vitalität von geschützten Bäumen vermieden würde. Paragraph 15 besagt: „Der Verursacher eines Eingriffs ist verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen. Beeinträchtigungen sind vermeidbar, wenn zumutbare Alternativen, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck am gleichen Ort ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu erreichen, gegeben sind. Soweit Beeinträchtigungen nicht vermieden werden können, ist dies zu begründen.“

Eine Übersicht der bisherigen Aktivitäten unsererseits zum Bauvorhaben Radfernweg im Gemeindepark Lankwitz sowie den Berichten zum Thema findet ihr im News Ticker. Wie folgt ein Ausschnitt der bisherigen Blogbeiträge, wer mehr zum Thema lesen will:

26.09.2019: Beantwortung unserer Petition zum Fernradweg Berlin-Leipzig im Berliner Petitionsausschuss

03.04.2019: Geschützte Wildbienen auf geplanter Radwegtrasse nachgewiesen - Grünen Bezirksstadträtin will trotzdem weiterbauen

24.06.2018: Radfernweg Gemeindepark Lankwitz - 16. Ausschusssitzung im Gedächtnisprotokoll

21.06.2018: Historisches Pflaster contra Verkehrssicherheit und Natur in Berlin Lankwitz?

09.06.2018: Radfernweg Lankwitz - Zeit die man nicht hat aber aufbringt

23.05.2018: Radfernweg Berlin-Leipzig durch den Gemeindepark - Eine Wendung?

17.05.2018: Radfernweg Gemeindepark Lankwitz - 15. Ausschusssitzung im Gedächtnisprotokoll

16.05.2018: Radfernweg durch den Gemeindepark - die Frage nach dem Sinn

Mitunter berichtete wurde im Radio, lokalen und regionalen Zeitungen (Tagesspiegel, Berliner Zeitung, B.Z. und Berliner Kurier) und auch im Fernsehen beim rbb im Format zibb über dieses Thema berichtet.

Foto 3: Fuchsrote Sandbiene, aufgenommen im Blühstreifen auf einem Blaustern (Autor: Levin Freitag)

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