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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Donnerstag, 26. November 2020

MALEFICENT: MÄCHTE DER FINSTERNIS (2019)

Originaltitel: Maleficent: Mistress of Evil
Regie: Joachim Rønning, Drehbuch: Linda Woolverton, Noah Harpster und Micah Fitzerman-Blue, Musik: Geoff Zanelli
Darsteller: Angelina Jolie, Elle Fanning, Michelle Pfeiffer, Harris Dickinson, Chiwetel Ejiofor, Ed Skrein, Sam Riley, Robert Lindsay, Jenn Murray, David Gyasi, Warwick Davis, Lesley Manville, Imelda Staunton, Juno Temple, Miyavi, Judith Shekoni, Kae Alexander
Maleficent: Mächte der Finsternis
(2019) on IMDb Rotten Tomatoes: 39% (5,1); weltweites Einspielergebnis: $491,7 Mio.
FSK: 12, Dauer: 119 Minuten.
Fünf Jahre nach dem Tod des bösen Königs Stefan lebt dessen Tochter Aurora (Elle Fanning, "Super 8") glücklich mit ihrer Stiefmutter, der dunklen Fee Maleficent (Angelina Jolie, "Mr. & Mrs. Smith"), und den Zauberwesen in den Mooren, zu deren Königin Maleficent sie ernannt hat. Als der galante Prinz Phillip (Harris Dickinson, "Beach Rats") Aurora einen Heiratsantrag macht, nimmt sie diesen dennoch freudestrahlend an, wenngleich sie nach der Hochzeit wohl die Moore wird verlassen müssen. Um die Verlobung zu feiern, laden Prinz Phillips Eltern, der gutmütige König John (Robert Lindsay, "Wilde Kreaturen") und die intrigante Königin Ingrith (Michelle Pfeiffer, "mother!"), Aurora und Maleficent zu einem Abendessen in ihrem Schloß im Königreich Ulstead ein. Dort provoziert Ingrith Maleficent so lang, bis es zu einem Eklat kommt und König John zusammensackt, offenbar getroffen vom gleichen, von der wütenden Maleficent gewirkten Fluch des ewigen Schlafes wie einst Aurora – das glauben jedenfalls alle. Maleficent flüchtet zutiefst verletzt, doch ahnt sie nicht, daß dies nur der Auftakt von Ingriths bösem Plan ist, dessen nächste Eskalationsstufe Maleficent beinahe das Leben kostet. In letzter Sekunde rettet sie Conall (Chiwetel Ejiofor, "Doctor Strange") und durch ihn erfährt Maleficent, daß sie keineswegs die einzige dunkle Fee ist. Krieg zwischen Menschen und dunklen Feen scheint unausweichbar, sofern Aurora als Bindeglied zwischen den beiden Reichen ihn nicht doch noch verhindern kann …
 
Kritik:
Fünf Jahre nach dem – trotz mediokrer Kritiken – großen Erfolg der "Dornröschen"-Variante "Maleficent – Die dunkle Fee" brachte Disney das Sequel "Maleficent: Mächte der Finsternis" in die Kinos. Das diesmal vom Norweger Joachim Rønning ("Pirates of the Caribbean: Salazars Rache") in Szene gesetzte Abenteuer konnte den kommerziellen Siegeszug des Vorgängers nicht ganz wiederholen und schnitt bei den Kritikern insgesamt sogar etwas schlechter ab, war aber dennoch weit von einem Mißerfolg entfernt. Der wäre auch denkbar unverdient gewesen, denn "Mächte der Finsternis" präsentiert sich klar ambitionierter, gereifter und unterhaltsamer als der erste Teil und erweitert die wunderschöne Märchenwelt um einige interessante Aspekte, die theoretisch reichlich Anknüpfungspunkte für weitere Fortsetzungen oder Spin-Offs anbieten würden. Daß die Rezensionen erneut nur mittelmäßig ausfielen, hat jedoch seine Gründe, denn bei allen Stärken des Films und bei aller konsequenten Weiterentwicklung weist das Drehbuch doch einige unschöne und kaum zu übersehende Logikfehler auf. Die lassen sich mit etwas gutem Willen sehr wohl verkraften, wirken sich aber natürlich negativ auf die Gesamtbewertung aus – Mängel, über die "normale" Zuschauer großzügig hinwegsehen können, sollten Kritiker nunmal nicht einfach so beiseitewischen …
 
Doch beginnen wir mit dem Positiven: Offensichtlich war ich nicht der einzige Zuschauer, der sich im ersten Film mehr Szenen gewünscht hat, in denen Angelina Jolie in der Titelrolle so richtig schön böse oder zumindest wütend werden dürfte. Denn in "Mächte der Finsternis" darf Jolie sich in dieser Hinsicht erfreulicherweise deutlich stärker austoben – zugegebenermaßen geht das zu Beginn mit einem gewissen Glaubwürdigkeitsproblem einher, denn Maleficent wirkt ohne guten Grund wesentlich mißmutiger und unbeherrschter als in "Maleficent – Die dunkle Fee", wo sie immmerhin die meiste Zeit über von Rachsucht getrieben wird. Das ist ein wenig irritierend, aber da eine fiese Maleficent beim Zuschauen viel mehr Freude bereitet als eine brave Maleficent, nimmt man das sehr gerne in Kauf. Im späteren Verlauf bekommt sie dann ja sowieso – Ingrith sei Dank – genügend Gründe, um sich alles andere als handzahm zu geben. Überhaupt zählen die leider wenigen Szenen, in denen die Schauspiel-Größen Angelina Jolie und Michelle Pfeiffer direkt und antagonistisch aufeinandertreffen, zu den großen Höhepunkten von "Mächte der Finsternis", gerade beim spannungsgeladenen Abendessen im Königsschluß sprühen zwischen diesen beiden Alpha-Damen die (ganz und gar nicht romantischen) Funken, während sich die versammelte Männlichkeit eingeschüchtert wegduckt. Ein wenig unpassend ist nur, daß diese Begegnung unter einem nicht wirklich passenden komödiantischen Tonfall leidet, der das erste Filmdrittel durchzieht, nur um dann fast komplett zu verschwinden. Dabei sind die Gags häufig kindisch geraten, allerdings gibt es auch ein paar richtig gute, die meist Ingrith involvieren und dementsprechend fies sind (Michelle Pfeiffers Gesichtsausdruck, als ihr Sohn sie auffordert, den vermeintlich verfluchten König John mit einem "Kuß wahrer Liebe" zu wecken, ist einfach köstlich).
 
Ab dem Eklat beim royalen Abendessen verdüstert sich die Stimmung ganz erheblich – das ist wenig überraschend, jedoch erstaunt sehr wohl, wie weit die Filmemacher dabei gehen. Konnte der deutsche Verleiher beim Vorgänger noch durch das Schneiden einer knappen Minute für die Kinofassung eine FSK 6-Freigabe erreichen, dürfte der Nachfolger näher bei FSK 16 als FSK 6 liegen! Natürlich gibt es keine wirklich expliziten Szenen und es fließt keinerlei Blut – es ist schließlich immer noch ein Disney-Film –, mit einer derart offenen und inhaltlich ungeschönten Darstellung von Rassismus und Tod bis hin zum versuchten Genozid hatte ich aber nun wirklich nicht gerechnet; die Brüder Grimm wären stolz gewesen! Diese Thematiken hängen eng mit der Einführung der vor langer Zeit vor den Menschen von der Oberfläche in ein – ausnehmend schön gestaltetes – Untergrundreich geflohenen dunklen Feen zusammen, die die zauberhafte Welt von "Maleficent" sinnvoll erweitern. Zugegeben: Deren interner Konflikt zwischen dem Krieg mit den Menschen anstrebenden Borra (Ed Skrein, "Midway") und dem immer noch auf friedliche Koexistenz hoffenden Conall ist klischeehaft und wird recht oberflächlich abgehandelt, dennoch sind die dunklen Feen eindeutig eine Bereicherung und ermöglichen zudem eine spektakuläre Schlacht. Weniger positiv ist derweil die Rolle von Aurora zu werten, die allzu lange als naives Dummchen dargestellt wird, das auf wirklich jede Lüge hereinfällt, die ihm erzählt wird – zum Glück darf sie sich dafür in der zweiten Filmhälfte ein wenig rehabilitieren. Trotzdem steht sie stellvertretend dafür, daß Ingriths böser Plan in Wahrheit weder übermäßig raffiniert noch subtil ist und eigentlich nur deshalb funktionieren kann, weil niemand außer Maleficent ihre intrigante Durchtriebenheit durchschaut – und das ist schwer nachvollziehbar, da sie sich eigentlich kaum Mühe gibt, sie zu verschleiern (amüsant dabei: Um einen Geheimgang zu öffnen, muß Ingrith einer Art Schaufensterpuppe buchstäblich den Hals umdrehen …).
 
Damit wären wir bei den erwähnten Logik- und Glaubwürdigkeitsfehlern angekommen. Denn so unterhaltsam und abwechslungsreich sich die Story in ihren knapp zwei Stunden entwickelt, verläßt sie sich dabei sehr darauf, daß das Publikum nicht mitdenkt. SPOILERWARNUNG! Offensichtlichstes Beispiel dafür ist, daß Prinz Phillip seinen Vater – analog zu Maleficent und Aurora im ersten Film – jederzeit selbst mit einem "Kuß wahrer Liebe" wecken könnte, denn dieser muß ja, wie im Vorgänger etabliert wurde, keineswegs romantischer Natur sein. Auch der Verlauf der großen Schlacht zwischen dunklen Feen und Menschen ergibt nicht wirklich Sinn, denn mangels Informationen über den Feind sollte es schlicht unmöglich sein, daß Ingrith und ihre Truppen so perfekt auf ihre Gegner vorbereitet sind. Dazu kommen ein paar kleinere Mängel wie das wenig konsistent erscheinende Auftreten des von Ingrith gefangengehaltenen und zu Experimenten mit anderen Zauberwesen gezwungenen Lickspittle (Warwick Davis aus "Willow") oder die Tatsache, daß der Film von einem Moment zum nächsten von der erbitterten Schlacht zu einem Happy End übergeht, in dem unrealistischerweise (fast) alle glücklich sind und offenbar die vielen Toten auf beiden Seiten sofort wieder vergeben und vergessen haben. ENDE DER SPOILERWARNUNG.
 
In technischer Hinsicht gibt es an "Maleficent: Mächte der Finsternis" wenig zu kritisieren: Die Märchenwelt war bereits im Vorgänger toll gestaltet und wirkt im zweiten Teil noch schöner und traumhafter, zumal die Qualität der computergenerierten Effekte in den fünf Jahren naturgemäß noch einmal deutlich angestiegen ist; für das phantasievolle Hairstyling und Makeup gab es sogar eine OSCAR-Nominierung. Bei den Schauspielern dominiert erneut Angelina Jolie, die dank der komplexeren Story vielfältiger agieren darf als im Original. Michelle Pfeiffer spielt ihre Rolle ebenfalls sehr überzeugend und mit sichtlichem Genuß, während Elle Fanning erst spät ansatzweise zeigen darf, was in ihr steckt. Sam Riley, der als die menschliche Gestalt von Maleficents Raben-Vertrautem Diaval im ersten Teil zu den Highlights zählte, kommt ziemlich kurz, auch Chiwetel Ejiofor und Ed Skrein haben als die Hauptvertreter der Untergrund-Feen nicht allzu viel zu tun – schade, aber bei einem so großen Ensemble kaum zu vermeiden. Eine Umbesetzung gibt es übrigens auch zu vermelden: Da Phillip-Darsteller Brenton Thwaites aus Termingründen absagen mußte, übernahm der Newcomer Harris Dickinson die Rolle und liefert im Zusammenspiel mit Fanning eine gute Leistung ab. Es ist wirklich schade, daß das Skript von "Mächte der Finsternis" so viele unnötige Logikfehler fabriziert, denn ansonsten handelt es sich um eine rundum gelungene Fortsetzung, die ihren Vorgänger in beinahe jeder Hinsicht übertrumpft. Ich würde mich über weitere Filme in der reizvollen Märchenwelt freuen, angesichts des deutlichen Rückgangs der Einspielergebnisse ist damit aber zumindest im Kino eher nicht zu rechnen – eine (Mini-)Serie oder ein Special beim ambitionierten Streamingdienst Disney+ scheint dagegen durchaus vorstellbar.
 
Fazit: "Maleficent: Mächte der Finsternis" ist eine visuell prachtvolle und inhaltlich gelungene, jedoch für junge Zuschauer phasenweise arg düstere Fortsetzung des Disney-Märchens, in der vor allem Angelina Jolie und Michelle Pfeiffer als Gegenspieler glänzen und über allzu viele Logikfehler im Drehbuch hinwegtrösten.
 
Wertung: 7,5 Punkte.
 
 
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