27. April 2024

Cryptos von Ursula Poznanski

Ursula Poznanski: Cryptos, Hardcover, Loewe Verlag, August 2020

Kerrybrook ist Janas Lieblingswelt: Ein idyllisches Fischerdorf mit viel Grün und geduckten Häuschen. Es gibt Schafe, gemütliche Pubs und vom Meer her weht ein kühler Wind. Manchmal lässt Jana es regnen. Meistens dann, wenn es an ihrem Arbeitsplatz mal wieder so heiß ist, dass man kaum mehr atmen kann.
Jana ist Weltendesignerin. An ihrer Designstation entstehen alternative Realitäten, die sich so echt anfühlen wie das reale Leben: Fantasyländer, Urzeitkontinente, längst zerstörte Städte.

Aber dann passiert ausgerechnet in Kerrybrook, der friedlichsten Welt von allen, ein spektakuläres Verbrechen. Und Jana ist gezwungen zu handeln … (Quelle: Loewe Verlag)

Titel: Cryptos Autorin: Ursula Poznanski Verlag: Loewe Seitenzahl: 448 Genre: Dystopisches Jugendbuch Alter: 12+ Erste Aufl.: 12. August 2020 Ausgaben: Hardcover, E-Book, Hörbuch ISBN: 978-3743200500 (HC) Sonstiges: Lesebändchen

Über Cryptos und die Autorin

Ursula Poznanski, die Autorin von Cryptos, auf der Leipziger Buchmesse.

Ursula Poznanski, geboren in Wien, studierte sich einmal quer durch das Angebot der dortigen Universität, bevor sie nach zehn Jahren die Hoffnung auf einen Abschluss begrub und sich als Medienjournalistin dem Ernst des Lebens stellte. Nach der Geburt ihres Sohnes begann sie Kinderbücher zu schreiben. Ihr Jugendbuchdebüt Erebos erhielt zahlreiche Auszeichnungen (u. a. den Deutschen Jugendliteraturpreis) und machte die Autorin international bekannt.

Ihre Bücher, wie Cryptos, sind regelmäßig auf den oberen Plätzen der Spiegel-Bestsellerliste zu finden und werden in den Feuilletons namhafter Zeitungen und auf den Kulturseiten im Netz besprochen. Inzwischen ist sie eine der erfolgreichsten Jugendbuchautorinnen im deutschsprachigen Raum und schreibt zudem Thriller-Bestseller für Erwachsene. Sie lebt mit ihrer Familie im Süden von Wien. Cryptos ist ihr inzwischen elfter Jugendroman.

Meine Meinung zu Cryptos

Cryptos ist wieder ein Hardcover

Da ich inzwischen wirklich jeden Jugendthriller von Ursula Poznanski gelesen und rezensiert habe, darf Cryptos hier nicht fehlen. Auffällig ist, dass die Neuerscheinung des Buches nicht als broschierte Ausgabe in die Regale kommt, sondern als Hardcover. Vom Preis her macht des 3,00 € mehr aus, als der broschierte Vorgänger Thalamus, der im August 2018 erschien. Bereits ihr letzter Jugendthriller Erebos 2, der im August 2019 erschien, kam als Hardcover in den Buchhandel, ebenso die Neuauflage ihres Debütromans Erebos. Da ich prinzipiell ein Freund von Hardcovern bin, bin ich vom Buch recht angetan. Der Umschlag von Cryptos hat eine Folien- und Tiefprägung, wenn man mit der Hand darüber fährt. Grüner „Spotlack“ glänzt bei schrägem Lichteinfall und macht den Titel des Buches zu einem Hingucker. Glänzend, hellgrünes Kapitalband und ein ebensolches Leseband runden das Buchdesign ab.

Eine bisschen wie Matrix und Ready Player One

Unsere Gesellschaft in der Zukunft. Der Mensch hat seinen eigenen Lebensraum massiv zerstört und vielerlei Naturkatastrophen suchen die Kontinente heim. Wüsten breiteten sich aus, das Klima ist für Menschen, Flora und Fauna nahezu unerträglich geworden. Um dem ungemütlichen Alltag zu entrinnen, verbringen große Teile der Gesellschaft in Europa (andere Kontinente werden nicht erwähnt) fast ihr gesamtes Leben in von Designern geschaffenen virtuellen Welten, welche eine gewünschte Umwelt simulieren. Dort wird gearbeitet, gegessen, geschlafen, zusammen die Freizeit verbracht, gelernt und sogar geheiratet. Unzählige dieser Welten stehen den Menschen schon von Kindesalter an offen, um der grausamen Realität entfliehen zu können und das Leben zu leben, das in der Realität nicht mehr möglich ist. Kontrolliert werden die virtuellen Welten und damit eigentlich die gesamte Gesellschaft, vom Unternehmen Mastermind und deren Managern an der Spitze, den sogenannten „Alphas“…

Ernest Cline: Ready Player One, Limitierte/signierte HC-Ausgabe Subterranean Press, Herbst 2015

Ein bisschen klingt das schon wie aus dem Film Matrix, nur mit dem Unterschied, dass sich die Menschen ihres Lebens in der digitalen Welt und ihrer Flucht vor der Realität des unwirtlichen Planeten durchaus bewusst sind. Sie flüchten sich wie bei Ready Player One in die OASIS, um der Realität zu entkommen. Sie machen sich aber auch abhängig von den Gestaltern dieser Welten und deren Regeln. Poznanskis Konzept ist daher an sich nicht völlig neu. Neu ist hingegen ihre Umsetzung und die Möglichkeit der Menschen unter tausenden verschiedener Welten ihren bevorzugten Lebensraum zu wählen. Dieser Aspekt hat mich persönlich am meisten fasziniert. Man kann im London des 17. Jahrhunderts leben oder im alten Griechenland der Antike oder auf einer beschaulichen irischen Insel oder… der Fantasie sind dabei kaum Grenzen gesetzt. Sogar eine Welt voller Dinosaurier in der Kreidezeit steht den Wagemutigen offen, sowie toll gestaltete Fantasy-Welten oder düstere Welten mit Zombies oder Vampiren für alle Abenteuersuchenden. Während des Lesens war ich fasziniert von der Vielzahl dieser Welten und konnte mir durchaus vorstellen, dass große Teile der Gesellschaft lieber dort ihre Zeit verbringen, als mit den Sandstürmen und Flutkatastrophen vor ihrer Haustüre. Ursula Poznanski hat damit eine wirklich glaubwürdige Zukunftsvision erschaffen, in die man eintauchen kann.

Gesellschaftskritik in Cryptos

Natürlich führt uns die Autorin mit Cryptos ein Bild vor Augen, wie es werden könnte, wenn wir weiterhin Raubbau an der Natur betreiben und uns nicht zügeln wollen. Das ist durchaus ein gesellschaftskritischer Aspekt, der hervorzuheben ist. Ebenso sehe ich eine Kritik am Einfluss von Konzernen auf eine Gesellschaft, die das Ruder ihres eigenen Lebens mehr oder weniger freiwillig aus der Hand gegeben hat, um sich von einer Minderheit an den Schalthebeln der Macht lenken zu lassen. Die Menschen können ihre eigene Situation kaum mehr beeinflussen, sie sind abhängig von virtuellen Realitäten, um ihr ansonsten tristes Leben in einem Traum noch einigermaßen erträglich leben zu können. So schön Poznanskis virtuelle Welten auch beschrieben werden, es ist keine Zukunft, die ich mir wünschen würde. Was den Menschen blüht, wenn sie nur noch Spielbälle der Mächtigen sind, verdeutlicht sich im letzten Viertel des Buches. Ich verrate dazu weiter nichts…

Interessante Charaktere, spannende Unterhaltung

Jana ist eine Welten-Designerin, die für den Konzern Mastermind arbeitet und virtuelle, lebenswerte Welten für die Menschen erschafft. Mir hat ihr Charakter recht gut gefallen, ebenso die Charaktere ihrer Arbeitskollegen. Jana ist es auch, die einige Unstimmigkeiten in den virtuellen Realitäten von Mastermind aufdeckt und deshalb im Laufe der Geschichte immer mehr in die Enge getrieben wird, weil sie zu neugierig wird und ihre Nase in Dinge steckt, die sie nichts angehen sollten. Mir hat besonders ihre Odyssee durch die zahlreichen interessanten Welten gut gefallen und wie sie immer wieder ums eigene Überleben kämpfen muss. Rätsel und Geheimnisse halten den Leser bei der Stange und ein wenig erinnerte mich das an Poznanskis Debütroman Erebos, der mich mit seinen Mysterien ähnlich fesseln konnte.

Auch die anderen Protagonisten sind durchaus gut ausgestaltet. Zum Beispiel ist Tivon ein Rebell, der sich gegen das System stellt und sich Mastermind zum Feind machte. Weitere Charaktere bereichern die Handlung, allerdings bleiben viele recht oberflächlich beschrieben. Die Frage, wem Jana vertrauen kann und wer ihr vielleicht übel gesonnen ist, hängt bis zum Schluss wie ein Damoklesschwert über ihrem Charakter. Diese Unsicherheit trägt nicht wenig zur Spannungskurve bei, ebenso die Frage, wie das Buch letztendlich von der Autorin beendet wird und ob es den Ansprüchen der Thematik gerecht werden kann?

Ein wirkliches Happy End kann es in Cryptos kaum geben

Künstler: Tim Savage

Um es vorweg zu nehmen, das Ende war gut und angemessen. Aufgrund der Thematik und der doch recht düsteren Zukunftsvision in Cryptos kann man wohl auch nicht erwarten, dass es ein für alle glückliches Ende geben wird. Vielmehr kann der Schluss nur ein Schritt in die für unsere Umwelt richtige Richtung sein und der Versuch es in Zukunft besser zu machen. Für mich ging es daher auf den letzten Seiten etwas zu glatt und zu positiv ab, aber ich denke das ist wie immer Geschmackssache. Insgesamt hat Ursula Poznanski jedoch ganz gut die Kurve bekommen und es war ein akzeptabler Schluss.

Regt das Buch zum Nachdenken an? Ich für meinen Teil sage ja, bis zu einem gewissen Punkt. Als Optimist, der ich bin, kann ich mir nicht vorstellen, dass es in Zukunft mit unserer Mutter Erde so schlimm kommen wird, wie es Ursula Poznanski beschreibt. Das Klima wird sich verändern und daran können wir vielleicht etwas ändern, wenn die ganze Welt an einem Strang zieht. Eine Gefahr sehe ich auch in den virtuellen Realitäten und dass sich die Menschen allzu gerne in Träume flüchten, anstatt ihre Zukunft aktiv zu gestalten und den Problemen entgegenzutreten. Das ist nur mein Gedanke zum Abschluss.

Mein Fazit zu Cryptos

4.5 von 5 Sternen „Spannend und aktionsgeladen.“

Mit Cryptos ist Ursula Poznanski wieder einmal ein guter Jugendthriller gelungen, der aktuelle Themen aufgreift und ihre Leserinnen und Leser von Beginn an in die Geschichte hineinzieht. Die virtuellen Welten sind ganz wunderbar ausgestaltet, die Handlung fesselnd und die Charaktere glaubwürdig und durchdacht. Ich kann die Lektüre durchaus empfehlen, sowohl für Jugendliche, als auch für Erwachsene.

Jay

2 Gedanken zu “Cryptos von Ursula Poznanski

  1. Huhu Jay 🙂

    Ich hatte an sich ohnehin vor, Cryptos zu lesen. Poznanski gehört zu meinen Lieblingsautoren und aktuell versuche ich, all ihre Werke „nachzuholen“, die ich noch nicht gelesen habe. Deine Rezension hat mir das Buch jetzt noch einmal deutlich schmackhafter gemacht 😀 Ich vermute, dass es jetzt sehr zeitnah bei mir im Regal landen wird.

    Die Parallele zu Ready Player One finde ich sehr interessant. Das Buch kam bei mir auf dem Schirm, nachdem ich Anime zu ähnlichen Konzepten (Sword Art Online und Overlord) geschaut hatte. Ich bin sehr gespannt, ob ich auch bei Poznanski Parallelen werde festmachen können.

    Liebe Grüße
    Lisa von lieschenliest.de

    1. Hallo Lisa,

      eigentlich lohnen sich fast alle Bücher von Ursula Poznanski und ich kann sie wirklich empfehlen. Es sind Bücher, die ich auch in meiner Jugend gerne gelesen hätte.
      Deine Meinung und dein Eindruck zu Cryptos würde mich sehr interessieren, wenn du es gelesen hast.

      Liebe Grüße
      Jay

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