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Biergarten: Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen

Biergarten an der Gertenbachstraße verboten?“, fragte am 11. August der Waterbölles. Im Vorfeld der gestrigen Sitzung der Bezirksvertretung Lüttringhausen war bekannt geworden, dass sich der Gastwirt Aliaba Topbas offenbar wenig Hoffnungen machen kann,  im Haus Gertenbachstraße 6 in Lüttringhausen nicht nur ein Restaurant, sondern auch einen Biergarten eröffnen zu dürfen. Das hatte ihm das Bauordnungsamt im Rahmen des laufenden Anhörungsverfahrens klar gemacht. Eine Formulierung im dem Amtsschreiben – „Rücksichtslosigkeit“– war von Topbas als persönlicher Vorwurf verstanden worden. Und auch bei zahlreichen Facebook-Nutzern! Gut also, dass gestern auch Jörg Schubert, Leiter des Fachdienstes Bauen, Vermessung, Kataster und Untere Denkmalbehörde, an der BV-Sitzung teilnahmen, die coronabedingt im Großen Sitzungssaal des Remscheider Rathauses stattfand.

Doch bevor er zu Wort kam, zeigte sich Bezirksbürgermeister Andreas Stuhlmüller enttäuscht über die Haltung des Amtes. Schließlich seien an der Gertenbachstraße schon vier Gaststätten weggefallen. „Und das kann uns gar nicht gefallen!“ – „Zumal die Ablehnung an den Haaren herbeigezogen ist“, schimpfte BV-Mitglied Jürgen Koball (früher DIE LINKE, heute parteilos).

Da hatte Jörg Schubert schon so einiges, das er zurecht rücken musste. Noch sei ja gar keine Entscheidung gefallen; die Anhörung laufe noch, betonte er. Dabei käme der Antragsteller zu Wort, aber auch seine Nachbarschaft, und zwar nicht die Mieter, sondern die Hauseigentümer.  Und von dieser Seite habe es Bedenken gegeben. „Wir müssen den Schutzanspruch der Eigentümer würdigen. Wir haben zu prüfen, ob sich das Vorhaben in das Allgemeine Wohngebiet an der Gertenbachstraße einfügt. Und dabei haben wir natürlich auch rechtskräftige Urteile von Verwaltungsgerichten zu bedenken!“ Eines dieser Urteil habe einem ähnlichen Projekt in der Lenneper Altstadt gegolten. Das sei vom Gericht abgelehnt worden. Und dabei hätten die Richter von einer nachbarschaftswidrigen Baugenehmigung und von  Rücksichtslosigkeit gesprochen. Letzteres habe sich aber nicht auf den Antragsteller bezogen, sondern auf das Projekt ganz allgemein.

Für die Behörde sei nicht entscheidend, ob es sich um einen Biergarten oder um ein Café handeln solle, fuhr Schubert fort. „Wir bewerten nur, was beantragt worden ist, und das seien in diesem Fall 48 Außenplätze auf einer Fläche von ca. 85 Quadratmetern!“ Und das sei schon erheblich. Ob da die Aufforderung mitklang, es mit einem "bescheideneren“ Antrag zu versuchen? Auch Nachfragen von Andreas Stuhlmüller konnten Jörg Shubert nicht bewegen, konkreter zu werden. „Der Antragsteller hat einen Architekten. Der wird sich auskennen, kann also Vorschläge machen zur Genehmigungsfähigkeit des Antrags. Wir können da nur bis zu einem gewissen Punkt Rat geben…!“ Da scheine also das letzte Wort noch nicht gesprochen zu sein, gab sich Bezirksbürgermeister Stuhlmüller vorläufig zufrieden.

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Kommentare

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Peter Maar am :

Eigentlich müsste man von der Verwaltung erwarten können, eine Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Rahmen eine Außengastronomie an diesem Standort genehmigt werden könnte. Außerdem sollte die Verwaltung einmal die Frage beantworten, weshalb alle an die Gertenbachstraße angrenzenden Grundstück im Flächennutzungsplan als Mischgebiet dargestellt werden und lediglich das Grundstück Gertenbachstraße 6, auf welchem die Außengastronomie vorgesehen ist, im Flächennutzungsplan als Wohnbaufläche ausgewiesen wird.

Stefan Holzhauer am :

"Noch sei gar keine Entscheidung gefallen". - Das ist eine interessante Interpretation. Ich war anhand der vorangegangenen Berichterstattung davon ausgegangen, dass ein ablehnender Bescheid ergangen ist. Das ist eindeutig eine "Entscheidung" - dass man dagegen vorgehen oder klagen kann, ist in meinen Augen pure Wortklauberei. Und wenn das Amt tatsächlich 48 Außenplätze auf 85 Quadratmetern nicht für genehmigungsfähig hält, weniger aber offenbar schon, dann sollte das auch so kommuniziert werden, statt sofort abzulehnen. Das sieht alles für mich so aus, als würde man jetzt aufgrund des Gegenwinds zurückrudern.

Eija Tirkkonen am :

Der Vergleich der Verwaltung mit einem Gerichtsurteil ist mehr als absurd: Das Urteil bezieht sich auf eine Baumaßnahme, die sich in ein (planungsrechtlich) allgemeines Wohngebiet nicht einfügt hat. Hier verhält sich die Sachlage genau umgekehrt. Die Maßnahme muss sich in ein Mischgebiet (Nachbarschaft) einfügen. Anwohner im Mischgebiet müssen höheren Lärm mit ausgedehnten Emissionszeiten aushalten. Der Investor als einziger im allgemeinen Wohngebiet muss ja nicht vor sich selbst geschützt werden. Was war die Veranlassung, einen Antragsteller von seiner Maßnahme mit einem Pseudo-Bescheid ohne Rechtsbelehrung abzuhalten? Wie kann überhaupt diese Kuriosität im FNP vorkommen, ein einzelnes bestehendes Haus anders zu beurteilen mitten im offensichtlichen Mischgebiet?

Jürgen Koball am :

Sehr geehrter Herr Maar, die Verwaltung, in diesem Fall das Bauamt, ist nicht in erster Linie dazu da, dem Antragsteller "auf die Sprünge" zu helfen. Dieser Satz ist auch gefallen. Klingt erstaunlich. Sollte sich doch eine öffentliche Verwaltung als Dienstleister gegenüber ihren Bürgern verstehen.

Eija Tirkkonen am :

Sehr geehrter Herr Koball, jenseits von diesem konkreten Fall sollten Sie sich fragen, warum in Remscheid die Wiedernutzbarmachung von brachliegenden Gewerbeobjekten nicht gelingt. Das hat sehr viel damit zu tun, dass für Investoren Brachflächen schwer kalkulierbar sind. Da wäre die Beratung des Bauamtes mit der städtischen Wirtschaftsförderung unabdingbar. Oft geht es nicht ohne Ausnahmeregelungen. Ob sie genehmigungsfähig sind oder nicht, kann nur das Bauamt entscheiden. Wenn es dieser Beratung verweigert, suchen die Investoren weiter Bauland auf der grünen Wiese, und der Flächenfraß schreitet voran.

Eija Tirkkonen am :

Der Vorgang durch die Verwaltung hat eine übergeordnete Bedeutung, da es sich um Remscheider Wirtschaftsförderung geht. Das Bauamt sollte potentielle Investoren sachkundig beraten und willkommen heißen, statt abzuschrecken. Die Art wie in diesem Fall dem Antragsteller zur Änderung seines Antrages zu bewegen, ohne jedoch eine klare Aussage zur Genehmigungsfähigkeit, ist unsachlich.

Chronist am :

Nach Auskunft von Fachbereichsleiterin Christina Kutschaty (Stadtentwicklung, Verkehrs- und Bauleitplanung) hat der Flächennutzungsplan keine Außenwirkung. Er soll lediglich die Absicht der Gemeinde hinsichtlich einer beabsichtigten Flächennutzung darstellen. An den Flächennutzungsplan ist die Gemeinde bei der Aufstellung von Bebauungsplänen gebunden. Der Bereich Gertenbachstraße liege in keinem B-Plan-Bereich. Damit werden Vorhaben nach § 34 BauGB (Baugesetzbuch) beurteilt. Da in diesem Bereich tatsächlich überwiegend gewohnt werde, sei dieses Gebiet als allgemeines Wohngebiet einzustufen. Demnach werden alle Vorhaben analog zu § 4 Baunutzungsverordnung (BauNVO) beurteilt. (Auszug aus dem Gesetzestext: "....Zulässig sind 1) Wohngebäude 2) die der Versorgung des Gebietes dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften......" Hier komme es also darauf an, ob das Lokal in seiner Größe und Umfang noch der Versorgung des Gebietes diene. Es geht nicht darum, ob ein Lokal möglich sei oder nicht, sondern darum, ob die Größe passt.

SPD Lüttringhausen am :

Unter dem Motto „Wir beleben das Dorp“ lädt die Lüttringhauser SPD für Donnerstag, 27. August, von 15 bis 16 Uhr auf die Gertenbachstraße zu einer Musikaktion ein. Der Musiker Manfred Janzen wird die Anwohner*innen und die Besucher*innen der Gertenbachstraße auf seinem Keyboard erfreuen. „Dass wir in der Lage sind, den richtigen Ton zu treffen, haben wir mit unseren zahlreichen Musikaktionen vor Alten- und Pflegeheimen in den vergangenen Monaten bereits unter Beweis gestellt. Mit dieser Aktion wollen wir jedoch auch eine politische Forderung setzen,“ so der Spitzenkandidat der SPD für die Bezirksvertretung Lüttringhausen, Jürgen Heuser. Seit Jahren bemühe sich die Bezirksvertretung Lüttringhausen um eine Belebung des Dorfkerns. Vor einigen Jahren sei das schon Thema einer Sendung in der WDR-Lokalzeit „Bergisch Land“ gewesen. Damals erhofften sich viele eine Belebung durch die Ansiedlung eines DOC in Lennep. Daraus ist bis heute nichts geworden. Ein Ladengeschäft nach dem anderen - und auch eine Gaststätte nach der anderen - haben seitdem ihre Türen für immer geschlossen. Andere Versuche, Nischen zu finden, sind gescheitert. „Uns ist klar, dass sich Einzelhandel dort nicht mehr etablieren wird. Dazu haben sich die Voraussetzungen in den letzten Jahren zu stark geändert! Einzig das Gastgewerbe hat Chancen das Dorf wieder zu beleben. Interessante Angebote fehlen, die vorhandene Gastronomie ist ständig ausgebucht. Daher ist es uns vollkommen unverständlich, wie man einem willigen Investor seitens der Verwaltung Knüppel zwischen die Beine werfen kann!“ pflichtet die Vorsitzende der Lüttringhauser SPD, Dr. Gerhilt Dietrich, Jürgen Heuser bei. Beide reagieren mit Unverständnis darauf, dass das Grundstück zwischen den Häusern 4 und 6 auf der Gertenbachstraße zurzeit nicht für Außengastronomie genutzt werden darf. „Sieht man sich den Flächennutzungsplan an, wird man feststellen, dass die gesamte Gertenbachstraße als Mischgebiet ausgewiesen ist; mit Ausnahme des Grundstücks Gertenbachstraße 6, der geplanten Außengastronomie. Eine Begründung ist uns nicht bekannt!“, so Heuser. „Schon seit Generationen wurde das daneben liegende Gebäude als Café und später als Restaurant genutzt. Wir fordern die Verwaltung auf, den Sachverhalt noch einmal zu prüfen und, wenn nötig, den Flächennutzungsplan für dieses Grundstück zu ändern.“, ergänzt Dietrich. Mit der Aktion „Wir beleben das Dorp“ soll gezeigt werden, dass mit verhältnismäßig einfachen Mitteln – beispielsweise ein wenig Musik – Leben ins Dorp kommen kann. (Es wird gebeten, die Abstandsregeln einzuhalten sowie Mund- und Nasenbedeckungen mitzuführen!)

Peter Maar am :

Auf die Feststellung der Verwaltung, bei der Gertenbachstraße handele es sich um ein allgemeines Wohngebiet, in dem überwiegend gewohnt werde, muss einmal näher eingegangen werden. In der Gertenbachstraße, die früher einmal die Hauptgeschäftsstraße von Lüttringhausen war, befinden sich heute immer noch folgende Gewerbebetriebe / Dienstleister etc (nur Teilstück Kreuzbergstraße bis Richthofenstraße).: Geschenkeladen, Cafe, Gaststätte, zwei Geschäftsstellen Pflegedienste, zwei Friseurgeschäfte, Geschäftsstelle Lüttringhauser Anzeiger, Geschäftsstelle Heimatbund, Stadtteilbücherei Lüttringhausen, Zahnarztpraxis, Fachgeschäft für Berufsbekleidung, Facharzt f. Orthopädie, Praxis für Physiotherapie, Pizzeria, Praxis für Allgemeinmedizin, Tagesstätte "Weitblick" Haus Remscheid, Flair-Weltladen, Second-Hand-Shop, Praxis Heilpraktikerin, Elektrofachgeschäft, Sängerheim Männerchor, Gemeindezentrum Ev. Kirchengemeinde Lüttringhausen, Freilichtbühne. Im oberen Bereich der Gertenbachstraße befinden sich: Geschäftsstelle der Stadtsparkasse, Restaurant, Pizzeria, Fachgeschäft Uhren u. Schmuck, CVJM-Heim mit großem Saal. Dies dürfte doch wohl ein klassisches "Mischgebiet" sein, so wie es auch im Flächennutzungsplan dargestellt wird. Die Ausführungen von Frau Kutschaty interprätiere ich im Übrigen so, dass eine Außengastronomie durchauaus in einer vernünftigen Größe genehmigungsfähig sein dürfte.

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