Unlösbare Probleme lösen. (posttraumatisches) Wachstum durch Weisheit.

Manchmal stehen wir komplett vor der Wand. Wie bloß, soll es weiter gehen? Wenn nichts zu helfen scheint, gibt es dennoch eine Vorgehensweise, die uns Schritt für Schritt Richtung Licht am Ende des Tunnels führt: Weisheit.

„Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“

So beginnt das Gebet von der Gelassenheit. Soweit kennen wir es oft als Sinnspruch. Lesen wir es weiter, offenbart es noch so manche „Weisheit“.

„Einen Tag nach dem anderen zu leben,
einen Moment nach dem anderen zu genießen.
Entbehrung als einen Weg zum Frieden zu akzeptieren,
sie anzunehmen, wie Jesus es tat:
diese sündige Welt, wie sie ist,
und nicht, wie ich sie gern hätte,
zu vertrauen, dass Du alles richtig machen wirst,
wenn ich mich Deinem Willen hingebe,
sodass ich in diesem Leben ziemlich glücklich sein möge
und im nächsten Leben für immer überglücklich.
Amen“

Im Weiteren werden wir sehen, wie sehr unsere heutige Weisheitslehre an die Erkenntnisse aus dem Gebet anknüpft.

 

Was ist ein posttraumatisches Wachstum?

Als Trauma (griech. Wunde) bezeichnen wir eine (seelische) Verletzung. Ein posttraumatisches Wachstum ist demnach eine persönliche Reifung, die sich nach einer Verletzung einstellt. Oftmals wird ein besonders hoher Grad Reifung erst durch eine gewisse heftige Verletzung möglich. Wir kennen alle die Beispiele wonach Menschen erst durch Schicksalsschläge verschiedenster Ausprägungen wie Verlusten, Unfällen, Krankheiten oder auch Misshandlungen zu einer besonderen Wertschätzung von Leben, Gesundheit oder Wirken für andere gelangt sind. Wobei sie ganz klar sagen, ohne die Wunde wären sie wohl niemals zu solcher Reife gelangt. Wobei die durch die Verletzung entstandenen Nachteile nicht leicht zu verkraften waren oder sind.

Wenn wir nachdenken, so haben wir alle Wunden, Verletzungen und Verluste erlebt. Auch wenn wir sie vielleicht nicht als handfeste Schicksalsschläge bezeichnen würden, so können wir durch sie doch eine Veränderung unseres Wesens und damit unseres Lebens beobachten. Normalerweise zum Positiven. Denn wir tragen in uns das Zeug zur Reifung. Das ist eine normale menschliche Eigenschaft.

 

Wie gelingt posttraumatisches Wachstum?

Weisheit ist eine Form der „Expertise bei den wesentlichen Verrichtungen des Lebens”. Sie ist „ein Intelligenzmaß, das mit dem Alter bzw. mit den gesammelten und reflektierten Erfahrungen in Bezug steht” und setzt sich zusammen aus:

Reichhaltiges Faktenwissen
Allgemeines und spezifisches Wissen über die Umstände des Lebens und seine Variationen.

Reichhaltiges prozedurales Wissen
Allgemeines und spezifisches Wissen über Strategien zur Beurteilung und Ratschläge in Dingen des Lebens.

Für mich zählt hierzu auch die Verhaltensdisziplin, die wir in der Natur besonders gut üben können. Hier zeigt sich schonungslos wenn wir uns zu lax gegenüber uns selbst verhalten:

 

  • Wahl von Route, Begleitern, Jahres- und Tageszeit, Ausrüstung, Wetter…
  • Körperliche Vorbereitung, Ruhe-, Eis- und Trinkverhalten
  • Wahl von Tempo, Etappen, Pausezeiten und Distanzen…
  • Beobachtung und Reaktion von Wetter, Temperatur und ggf. Sonneneinstrahlung
  • Verhalten bei Entscheidungen und zur Vorbeugung von Notfällen: verlaufen? zu weit? zu anstrengend? leichte Verletzungen, Überlastungssymptome (Kopfschmerzen, Übelkeit, Gereiztheit usw.)? Angst?

Kontextualität über die Lebensspanne
Wissen über die Begleitumstände des Lebens und deren zeitliche (entwicklungsbedingte) Beziehungen zueinander.

Werterelativismus
Wissen um die Vielfalt von Werten und Lebenszielen und die Notwendigkeit, jede Person innerhalb ihres Wertesystems zu betrachten, ohne dabei eine kleine Anzahl universeller Werte aus dem Auge zu verlieren.

Unsicherheit
Wissen über die relative Unbestimmtheit und Unvorhersehbarkeit des Lebens und Wege, damit umzugehen. VUCA Volatil, unsicher, komplex, ambiguity

Emotionswahrnehmung
Fähigkeit zur Wahrnehmung und Akzeptanz eigener Gefühle

Emotionale Serenität (Vergnügtheit, Aufgeräumtheit)
Fähigkeit zur Bewältigung von – insbesondere negativen – Emotionen, wozu auch die Fähigkeit zur Entwicklung von Humor gehört

Empathie = Einfühlungsvermögen
Fähigkeit zum Erkennen und Nachempfinden von Gefühlen der am Problem beteiligten Personen

Nachhaltigkeit
Wissen um negative und positive Aspekte jedes Geschehens und Verhaltens sowie um diesen kurz- und langfristige Konsequenzen, die sich auch widersprechen können

Perspektivenwechsel
Fähigkeit zum Erkennen der verschiedenen Perspektiven der an einem Problem beteiligten Personen

Selbstdistanz
Fähigkeit, sich selbst als Teil eines größeren Ganzen zu sehen und dafür eigene Bedürfnisse zurückzustellen (Belohnungsaufschub, Askese und Verhaltensdisziplin siehe oben)

Quelle: Linden, Hautzinger, 2015: „Verhaltenstherapiemanual”, Weisheitstherapie S. 443

Video zum Beitrag.

 

Gute Zeit & Viele Grüße!

Jörg Romstötter

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Meine Hilfestellungen zur Selbstführung und damit zur Führung anderer, erscheinen nicht immer leicht in ihrer Umsetzung. Wobei sie sich gerne offenkundig plausibel, „einfach” und eingängig lesen. Diese Vorgehensweisen, werden in ihrer Umsetzung sowohl als äußerst einfach und äußerst schwierig empfunden. Je nachdem, welche Qualität innere „Arbeit” jemand schon mit sich angestellt hat. Selbstführung beginnt mit der Selbst-Begegnung. Ohne sie ist jede erlernte Vorgehensweise lediglich vordergründiges Tun und funktioniert nur rudimentär: Wir werden als „Tool-Anwender” entlarvt.

Selbst-Begegnung ist ein Stufenprozess: Wer eine „Stufe” erreicht hat, sieht sich unmittelbar mit der nächsten konfrontiert. Wer keine „Stufen” erkennt, ist nicht etwas schon „angekommen” oder gar „fertig”. Der sieht lediglich (unbewusst) von der nächsten Stufe weg. Was natürlich auch völlig ok ist.

Eine der wirksamsten Möglichkeiten zur Selbst-Begegnung und gleichzeitig zur Selbstführung ist seit jeher die Natur. Und dabei im Besonderen das Alleinsein draußen. Sich selbst ein wenig zuhören inmitten der weitenden, klärenden, stärkenden und erdenden Natur, ist ein ganz besonderes Geschenk. Ich wünsche Dir und mir den Mut, dass wir uns dieses Geschenk immer wieder machen.