Am 16.06.2020 hat die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft beschlossen. Dieses Gesetz regelt die Einführung eines neuen Gesetzes, nämlich das „Gesetz zur Sanktionierung von verbandsbezogenen Straftaten“.

Außerdem werden mehrere Gesetze geändert und in diese das neue Gesetz eingebaut, z.B. das Gerichtsverfassungsgesetz, die Insolvenzordnung, die Strafprozessordnung, das Strafgesetzbuch, das Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten und die Abgabenordnung.

Erst einmal zur Terminologie: Das sperrige Wort „Verband“ im Sinne des Verbandssanktionsgesetzes umfasst juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts, nicht rechtsfähige Vereine und rechtsfähige Personengesellschaften, deren Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist. Betroffen sind also auf jeden Fall alle Unternehmen: AG, GmbH, UG, GmbH & Co. KG, KG, OHG etc.

Die Idee des Verbandssanktionsgesetzes ist folgende:

Wenn eine der Leitungspersonen des Verbandes – also insbesondere der Geschäftsführer, Vorstand oder vertretungsberechtigte Gesellschafter – in Wahrnehmung der Angelegenheiten des Verbandes eine Straftat begeht, durch die den Verband treffende Pflichten verletzt wurden oder durch die der Verband bereichert werden sollte, wird neben der Leitungsperson auch der Verband sanktioniert.

Eine solche Verbandstat kann jede Straftat sein, sofern das Kriterium der Verbandsbereicherung oder der Verletzung von Verbandspflichten erfüllt ist.

Umfasst sich alle in Deutschland strafbaren Taten, auch wenn sie im Ausland begangen wurden, und daneben auch nicht in Deutschland strafbare Auslandstaten, wenn der Verband seinen Sitz in Deutschland hat, die Tat bei Begehung in Deutschland strafbar wäre und auch eine Strafbarkeit im Ausland besteht.

Verbandstaten sind daher nicht auf bestimmte Deliktsgruppen wie Vermögens- oder Steuerdelikte beschränkt. In Betracht kommen etwa auch mit Strafe bedrohte Menschenrechtsverletzungen wie Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft (§ 233 StGB), Umweltdelikte (§§ 324 ff. StGB) und Straftaten gegen den Wettbewerb (§§ 298, 299 Absatz 2, 299b StGB).

Die Feststellung der Verbandstat richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften des Strafgesetzbuches und des jeweils begangenen Tatbestandes. Die Straftat muss tatbestandsmäßig, rechtswidrig und schuldhaft begangen worden sein. Unerheblich ist, ob der konkrete Täter der Verbandstat feststeht, es reicht aus, dass die Begehung einer Verbandstat festgestellt werden kann.

Als Sanktionen sind nur die Verbandsgeldsanktion sowie die Verwarnung mit Sanktionsvorbehalt („Geldstrafe auf Bewährung“) vorgesehen.

Der Sanktionsrahmen beträgt bei vorsätzlichen Straftaten zwischen 1.000 € und 10 Mio. €, bei fahrlässigen Straftaten zwischen 500 € und 5 Mio. €. Bei Verbänden mit einem durchschnittlichen Jahresumsatz von mehr als 100 Mio. € beträgt die Obergrenze 10 % bzw. 5 % des durchschnittlichen Konzernumsatzes

Außerdem wird ein Verbandssanktionsregister eingerichtet, in dem rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen über die Verhängung von Verbandssanktionen und Geldbuße nach § 30 OWiG vermerkt werden.

Insgesamt bekommen durch das Verbandssanktionsgesetz Compliance-Management-Systeme (CMS) eine wesentlich höhere Bedeutung als bisher. Im besten Fall kann ein effektives CMS bewirken, dass Taten dem Verband nicht zugerechnet werden können. Ein fehlendes oder unzureichendes CMS kann sich sanktionsschärfend auswirken, ein hinreichendes sanktionsmildernd.

An dieser Stelle daher noch einmal der dringende Appell, sich mit dem Thema Compliance zu befassen. Vor geraumer Zeit hatten wir hier eine anschauliche Zusammenfassung zum Thema Compliance in mehreren Teilen veröffentlicht, an der Sie sich orientieren können.