Recht auf ArbeitszeugnisHabe ich Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?

Ja. Der Gesetzgeber hat diesen Anspruch ausdrücklich in § 109 Gewerbeordnung festgeschrieben. Danach ist auf Wunsch auch ein so genanntes qualifiziertes Zeugnis auszustellen, d.h. ein Zeugnis, das sich auch auf Führung und Leistung erstreckt. Das so genannte einfache Zeugnis, das nur Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit enthält, spielt dagegen in der Praxis kaum eine Rolle.

 Kann ich auch ein Zwischenzeugnis verlangen?

Das kommt drauf an.

Es muss hierfür einen nachvollziehbaren Anlass geben – oder juristisch ausgedrückt ein „berechtigtes Interesse“. Ein solcher Anlass besteht regelmäßig, wenn etwa der Vorgesetzte wechselt oder wenn Sie die Abteilung wechseln.

 

In der Praxis ist es meistens unproblematisch, ein Zwischenzeugnis zu erhalten. Denn es macht für den Arbeitgeber regelmäßig keinen Sinn, ein Zwischenzeugnis zu verweigern.

Als Arbeitnehmer sollten Sie aber darauf achten, welche Signale Sie mit dem Wunsch nach einem Zwischenzeugnis aussenden. Wenn es hierfür keinen nachvollziehbaren Anlass gibt, wird der Arbeitgeber dies in aller Regel als Hinweis verstehen, dass Sie sich anderweitig bewerben möchten.

Im schlimmsten Fall kann das dazu führen, dass der Arbeitgeber Sie im Geiste „abschreibt“. Dann kann die Entwicklung ganz schnell Richtung Trennung gehen.

 

Welche Note kann ich verlangen?

Meistens gar keine. Jedenfalls keine, die interessant wäre.

Das Bundesarbeitsgericht gesteht Arbeitnehmern ohne besondere Nachweise nur einen Anspruch auf ein durchschnittliches Zeugnis zu. Darunter versteht das Bundesarbeitsgericht ein Zeugnis mit der Note „befriedigend“.

Trotz vielfacher Kritik hat das Bundesarbeitsgericht diese Auffassung kürzlich noch einmal bestätigt. Die Kritik stützt sich auf den Umstand, dass in der Praxis rund 80% der Zeugnisse die Note „gut“ oder „sehr gut“ erhalten. Vor diesem Hintergrund kann man durchaus daran zweifeln, ob die Note „befriedigend“ nicht als unterdurchschnittlich anzusehen ist.

Das Problem ist, dass man auf dem Arbeitsmarkt mit einem solchen Zeugnis praktisch nichts anfangen kann.

Die Rechtsprechung erlaubt dem Arbeitnehmer zwar, eine überdurchschnittliche Leistung nachzuweisen. Allerdings ist dieser Nachweis praktisch unmöglich, wenn man nicht gerade kurz zuvor ein Zwischenzeugnis mit der entsprechenden Note erhalten hat.

Kann ich mich gegen bestimmte Formulierungen wehren?

Ja, gegen bestimmte Formulierungen schon, gegen andere nicht.

Grundsätzlich ist die Formulierung des Zeugnisses Sache des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer darf dem Arbeitgeber keine Formulierungen vorschreiben. Auch das Arbeitsgericht darf dies nicht.

Der Arbeitnehmer kann jedoch verlangen, dass der Arbeitgeber auf bestimmte Formulierungen verzichtet, die doppeldeutig erscheinen oder als versteckte Hinweise gedeutet werden können. Die in dieser Hinsicht klassischen Formulierungen wie z.B. „hat sich stets bemüht“ kommen heutzutage jedoch kaum noch vor, weil dieses Thema inzwischen „durch“ ist.

Eine abschließende Formel, in der der Arbeitgeber Dank für die Leistungen, Bedauern über das Ausscheiden und gute Wünsche für die Zukunft zum Ausdruck bringt, kann der Arbeitnehmer jedenfalls nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht verlangen. Ohne eine solche Formel ist auch ein ansonsten gutes Zeugnis aber zumindest im Wert stark gemindert wenn nicht gar wertlos. Auch hier zeigt sich wieder die schwache Position des Arbeitnehmers beim Zeugnis.

Wie kann ich meine Position beim Zeugnisanspruch verbessern?

Durch richtiges Timing und geschicktes Verhandeln.

Da die Position des Arbeitnehmers beim Zeugnis an sich sehr schwach ausgeprägt ist, kommt es darauf an, diese mit anderen, „stärkeren“ Positionen zu verknüpfen. Eine solche starke Position ergibt sich oft im Kündigungsschutzprozess, wenn die Kündigung jedenfalls nicht unzweifelhaft wirksam ist.

Solange der Arbeitgeber die gewünschte Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch nicht rechtssicher erreicht hat, sieht er das Zeugnis meistens als unwichtige Verhandlungsmasse. Es gilt hier also die alte Weisheit: “Man muss das Eisen schmieden, solange es heiß ist.“

Das bedeutet in der vorliegenden Konstellation: Man muss den Arbeitgeber im Rahmen der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses beim Zeugnis auf eine bestimmte Note„festnageln“. Noch besser ist es, in einer solchen Vereinbarung – sei es gerichtlich oder außergerichtlich – auch die Formulierungen festzulegen oder sich das Recht zu sichern, die Formulierungen selbst zu bestimmen.

Keinesfalls sollte man sich dagegen auf wolkige Versprechungen des Arbeitgebers verlassen, er werde beim Zeugnis wohlwollend sein. Denn wenn das Arbeitsverhältnis erst einmal unzweifelhaft beendet ist, hat man als Arbeitnehmer in aller Regel keine Verhandlungsmacht mehr, den Arbeitgeber zu irgendwelchen Zugeständnissen beim Zeugnis zu zwingen.

Worauf sollte ich sonst noch achten?

Vor allem darauf, dass das Zeugnis keine formalen Fehler enthält.

In diesem Bereich ist der Anspruch des Arbeitnehmers auch recht klar. So muss das Zeugnis als Ausstellungsdatum regelmäßig den letzten Tag des Arbeitsverhältnisses ausweisen. Es ist von einer Person zu unterzeichnen, die im Rang über dem Arbeitnehmer steht.

Das Zeugnis darf keine Knicke, Eselsohren oder ähnliche optische Mängel aufweisen. Auch ist es zwar auf dem Briefpapier des Arbeitgebers auszustellen – jedoch ohne Ausfüllung des Adressfeldes.

Natürlich darf ein Zeugnis auch keine Rechtsschreibfehler oder sonstige sprachliche Unzulänglichkeiten wie etwa grammatikalische Fehler enthalten.

Muss ich mein Zeugnis selbst abholen?

Theoretisch ja.

Nach der Rechtsprechung ist das Zeugnis eine so genannte Holschuld, keine Bringschuld des Arbeitgebers. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber das Zeugnis nur zur Abholung zur Verfügung stellen muss.

In der Praxis ist es aber allgemein üblich, dass der Arbeitgeber das Zeugnis per Post an den Arbeitnehmer verschickt, falls dieser aus dem Betrieb schon ausgeschieden ist und damit eine persönliche Übergabe nicht mehr so einfach ist.

Nur wenn der Arbeitgeber sehr verärgert ist, kommt es gelegentlich vor, dass zumindest damit „gedroht“ wird, man werde das Zeugnis nicht schicken. Wenn aber die Gesprächsatmosphäre schon derart frostig ist, will der Arbeitgeber den Arbeitnehmer regelmäßig erst recht nicht mehr im Betrieb sehen. Daher wird das Zeugnis am Ende dann doch meistens geschickt.

Wenn Sie weitere Fragen zum Zeugnis oder zu anderen arbeitsrechtlichen Themen haben, stehe ich Ihnen zur Beratung und Vertretung gern zur Verfügung.

Dr. Michael Tillmann

Fachanwalt für Arbeitsrecht

www.rechtsanwalt-tillmann.de