Die ANITA-Anomalie: Hat die NASA Beweise für ein Paralleluniversum gefunden?


Vor allem in US-Medien, wenn auch meist nicht gerade den als besonders seriös geltenden, liest man seit einigen Tagen immer wieder davon, dass die NASA in der Antarktis angeblich ein Paralleluniversum gefunden haben soll, in welchem zudem die Zeit rückwärts vergehe, bzw eben umgekehrt zu der Zeit in unserem Universum. Die sogenannte ANITA-Anomalie gibt es zwar tatsächlich, doch wie kommt man nun darauf, aus dieser auf ein Paralleluniversum zu schließen?


Zunächst einmal zu ANITA allgemein, dies ist ein Forschungsprojekt der NASA, bei welchem man mit Hilfe eines Messballons, ANITA genannt (das steht für „Antarctic Impulsive Transient Antenna“), hochenergetische kosmische Neutinos näher erforschen will, das Ganze findet in der Antarktis statt, da man diese Neutrinos nicht direkt detektieren kann (zumindest nicht so einfach), sondern in diesem Fall vielmehr die Radiowellen misst, welche entstehen, wenn die Neutrinos mit dem antarktischen Eisschild wechselwirken. Mehr zu dem ANITA Experiment erfahrt ihr auf WikiPedia.

Doch nun zu dem angeblichen Paralleluniversum, diese Annahme resultiert im Grunde einfach auf der Fehlinterpretation von Daten einer Messung mit eben diesem System, hier konnte man zwar die besagten Radiowellen detektieren, womit man auch gerechnet hatte, jedoch kamen diese nicht aus dem Weltall sondern aus Richtung der Erde, in dem Fall allerdings hätte IceCube, das sich ebenfalls dort in der Antarktis befindende Neutrino-Obervatorium, diese ebenfalls detektieren müssen, doch konnte man dort in dem selben Zeitraum keine derartigen Neutrino-Aktivitäten feststellen, daraus schlossen dann offenbar einige Menschen, dass diese Neutrinos, da sie ja anscheinend nicht von hier kamen, aus einem Paralleluniversum stammen müssten.

Die Behauptung, in diesem Paralleluniversum laufe die Zeit in der umgekehrten Richtung, resultiert wiederum aus einer, sehr theoretischen, Publikation, in welcher vermutet wird, dass man aus den von ANITA gemessenen Daten schließen könnte, es gebe ein „umgekehrtes Universum“ auf der anderen Seite des Urknalls, in welchem Antimaterie dominiert und die Zeit in die andere Richtung laufe, von einem „Beweis“ in irgendeiner Art war dabei allerdings nie die Rede.

Das ist also einfach eine, sehr weit hergeholte, Hypothese, welche auch nicht von ernst zu nehmenden Wissenschaftlern stammt, sondern vor allem in sozialen Medien und von der amerikanischen Boulevardpresse verbreitet wurde.

Grundsätzlich stimmen also zwar fast alle Fakten in diesen Berichten, die ANITA-Anomalie existiert, es wurden Neutrinos unbekannter Herkunft detektiert etc, doch diese Informationen wurden schlicht und einfach völlig falsch interpretiert, offenbar nur um künstlich eine „Sensationsmeldung“ daraus zu machen.

Es gibt weiterhin keinerlei Beweise für Paralleluniversen, umgekehrte Zeit oder ähnliches, all das wurde von den Verbreitern dieser Geschichten einfach nur so „zurechtgebogen“, wie es ihnen gerade am besten in den Kram passte. Das einzige, was man aus der ANITA-Anomalie derzeit wohl durchaus schließen kann, ist, dass sich diese mit dem Standardmodell aktuell (noch) nicht erklären lässt bzw wir gewisse Dinge einfach noch nicht wissen.

Wer sich selbst ein noch genaueres Bild von diesem Thema machen möchte, nachfolgend findet ihr die Publikationen, die quasi die Auslöser dieser Parallelwelt-Theorien waren:

Das Original-Paper zur ANITA-Anomalie:
https://arxiv.org/abs/1603.05218

Die Publikation mit der Vermutung eines Universums auf der anderen Seite des Urknalls:
https://arxiv.org/pdf/1803.11554.pdf

Eine Publikation des IceCube Neutrino Observatory, welche nahe legt, dass wir alternative Erklärungen für die von ANITA gemessenen Daten erwägen sollten:
https://arxiv.org/abs/2001.01737



Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert