Kräu­ter Küh­ne schließt Filialen

Eine Mel­dung hat mich sehr erschreckt: “Kräu­ter Küh­ne schließt Filia­len”, allein in Ber­lin sind es 10 Filia­len. 50 Mit­ar­bei­te­rin­nen ver­lie­ren ihre Arbeit. Das ist ein Trauerspiel!

Der bay­ri­sche Kon­zern Derm­a­ph­arm, bestä­tig­te über den RBB (Rund­funk Ber­lin-Bran­den­burg), dass die Pro­duk­ti­on in Ber­lin ein­ge­stellt wird. Ende Sep­tem­ber, wenn die Filia­len geschlos­sen wer­den, wird auch das Ende des lan­ge fami­li­en­ge­führ­ten Unter­neh­mens von Hans-Joa­chim Küh­ne sein. Er grün­de­te das Unter­neh­men vor 70 Jah­ren und lie­fer­te lose Heil­kräu­ter, Gewür­ze, beson­de­re Tees und eini­ge Arz­nei­mit­tel­pro­duk­te. Das Gute: In den Filia­len waren immer aus­ge­zeich­net geschul­te und fach­kun­di­ge Frau­en beschäf­tigt. Ich habe in die­sem Blog immer wie­der auf Kräu­ter Küh­ne ver­wie­sen, denn ich bin regel­mä­ßi­ge Kun­din. Ich habe mich über die Fach­ver­käu­fe­rin­nen sehr gefreut, auch über die Ware, die immer frisch war und aus kon­trol­lier­tem Anbau, bezie­hungs­wei­se Wild­samm­lun­gen stamm­ten. Dann hieß es manch­mal eben auch “die Ern­te war zu schlecht wegen wech­seln­der kli­ma­ti­scher Bedin­gun­gen, die­sen Tee kön­nen wir zur Zeit nicht liefern”.

Derm­a­ph­arm hat­te vor zwei Jah­ren Kräu­ter Küh­ne gekauft. Die Schlie­ßung wur­de nun damit begrün­det, dass sich das Kräu­ter-Küh­ne-Sor­ti­ment nicht “lang­fris­tig pro­fi­ta­bel fort­füh­ren” lie­ße. Wel­che Beweg­grün­de Derm­a­ph­arm lang­fris­tig hat­te, lässt sich von außen nicht ein­se­hen. Doch hat das Auf­kau­fen von klei­nen Unter­neh­men, die sich mit Her­stel­lung und Ver­trieb von Heil­pflan­zen beschäf­ti­gen, in Deutsch­land eine trau­ri­ge Tra­di­ti­on. Das Aus­mer­zen der Pflan­zen­heil­kun­de wur­de sys­te­ma­tisch von der che­misch-phar­ma­zeu­ti­schen Groß­in­dus­trie und ent­spre­chen­den Phar­ma-Lob­by­is­ten betrie­ben. Den letz­ten Coup lei­te­te die Gesund­heits­mi­nis­te­rin Ursu­la Schmidt ein, als sie pflanz­li­che Arz­nei­mit­tel — bis auf eini­ge weni­ge — aus der Ver­ord­nung her­aus­nahm. Seit 2004 kön­nen Ärz­te also kei­ne pflanz­li­chen Prä­pa­ra­te mehr ver­ord­nen, son­dern nur noch che­mi­sche. In Deutsch­land gab es bis dahin zahl­rei­che klei­ne oder mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men, die beson­de­re heil­pflanz­li­che Prä­pa­ra­te anbo­ten. Ent­we­der ver­schwan­den die­se Unter­neh­men oder wur­den wegen ihrer pro­fi­ta­blen Mar­ken auf­ge­kauft. Das Resul­tat: In Deutsch­land gibt es nur noch fünf gro­ße Unter­neh­men, die pflanz­li­che Arz­nei­en her­stel­len und die nen­nens­wer­te Markt­an­tei­le haben (siehe Bericht).

Ich betrei­be mit sehr viel Herz­blut die­sen Blog. Mein bis­he­ri­ges Ziel war, auf­zu­zei­gen wie vie­le Mög­lich­kei­ten Heil­kräu­ter, Heil­pflan­zen und Gewür­ze in der Selbst­be­hand­lung und Selbst­me­di­ka­ti­on zu bie­ten haben. Wie bei­spiels­wei­se man­che Tees lin­dernd, unter­stüt­zend, hei­lend wir­ken, oder Wickel, oder Auf­la­gen. Doch manch­mal beschleicht mich das unbe­stimm­te Gefühl, dass die Men­schen sich in einer ande­ren Wei­se für Heil­pflan­zen und ihrem Nut­zen ein­set­zen wür­den, wenn sie mehr Inter­es­se hät­ten. Für vie­le Men­schen ist das Ein­wer­fen che­mi­scher Tablet­ten ein­fa­cher. Sie wir­ken oft schnel­ler als pflanz­li­che Prä­pa­ra­te, die oft­mals län­ger brau­chen, dafür aber auch nach­hal­ti­ger und auf heil­sa­me pflanz­li­che Art auf den Kör­per wir­ken. Nicht umsonst heißt es “Heil­pflan­zen aus der Apo­the­ke Got­tes” oder für jede “Krank­heit hat Gott ein Heil­kraut wach­sen las­sen”. Viel­leicht haben Heil­pflan­zen in die­ser Welt kei­nen Platz mehr, die sich schnell dreht, wo alles funk­tio­nie­ren und pro­fi­ta­bel sein muss?

2 Gedanken zu „Kräu­ter Küh­ne schließt Filialen“

  1. Vie­len Dank für die­sen Arti­kel. Ich bin seit vie­len Jah­ren in Ber­lin und immer war Kräu­ter-Küh­ne für mich ein Anlauf­punkt. Kräu­ter Küh­ne war ein altes Tra­di­ti­ons­un­ter­neh­men in Ber­lin. Und auch die aus­führ­li­che Bera­tung die man dort von den Ver­käu­fe­rin­nen erhal­ten hat sucht sei­nes­glei­chen. Aber als ich dann aus der Pres­se erfah­ren habe das Kräu­ter küh­ne in ganz Ber­lin schließt, habe ich mich dort tele­fo­nisch infor­miert und mir wur­de mit­ge­teilt, dass das Unter­neh­men deutsch­land­weit auf­ge­kauft wur­de von einem Phar­ma­rie­sen. In der Außen­re­prä­sen­ta­ti­on hat man kund­ge­tan, dass das Unter­neh­men nicht mehr trag­bar wäre. Die freund­li­che Dame im Sep­tem­ber 2019 am Tele­fon ver­si­cher­te mir, dass Kräu­ter Küh­ne ein gesun­des Unter­neh­men war. Aber wel­che Wer­te wir hier in die­sem Land haben, spielt kei­ne Rol­le mehr, ob 50 Arbeits­plät­ze eines über­schau­ba­ren klei­nen Unter­neh­mens dabei auf der Stre­cke blei­ben, spielt auch kei­ne Rol­le — war­um soll­te Mensch­lich­keit vor Kapi­tal kom­men… aber das ein­Tra­di­ti­ons­un­ter­neh­men wie Kräu­ter Küh­ne in einer Stadt wie Ber­lin dabei ver­lo­ren geht… ist Aus­druck unse­rer gan­zen ver­lo­re­nen Mensch­lich­keit, ein schlech­ter Zeit­geist der alles auffrisst… 

    Heu­te fra­ge ich mich, ob man damit den Men­schen eine Grund­la­ge ent­zie­hen möch­te, ich gehe doch nicht zu einem Phar­ma­pro­dukt wenn mir die Kräu­ter­heil­kun­de in vie­len Fäl­len bes­se­res bie­tet. Aber mit dem ein­stamp­fen von Kräu­ter Küh­ne hat man nicht nur ein Unter­neh­men ver­nich­tet, son­dern man ver­sucht auch altes Wis­sen zu eliminieren.

    Man kann nur hof­fen, dass all die Kräu­ter­frau­en, die dort gear­bei­tet haben, einen gleich­be­deu­ten­den guten Job bekom­men haben, um dort ihr Wis­sen für eine gesün­de­re Welt weitergeben.

    Denn eines ist sicher, altes Wis­sen wird nie ver­lo­ren gehen.

  2. Dan­ke für die­sen Artikel…es ist echt ein Trau­er­spiel, was mit der stän­di­gen Redu­zie­rung an pflanz­li­chen Mit­teln vor­an­ge­trie­ben wird…immer mehr Kräu­ter wer­den auf irgend­wel­che Lis­ten gesetzt und damit ver­schwin­den sie aus dem Heil­schatz und irgend­wann auch aus dem Bewusstsein…
    Dass Kräu­ter Küh­ne schliesst, bedaue­re ich sehr…
    auch das Stadt­bild wird ärmer wer­den, denn ver­mut­lich wer­den die frei­ge­wor­de­nen Laden­lo­ka­le von Cafes und/oder Gale­rien geentert.

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