26. Juni 2019

'Tom Tumbler und das Pendel der Zeit: Teil 1: Der Fluch' von Marcus Kaspar

Kindle (unlimited) | Taschenbuch
»Tom Tumbler ist zurück – und dieses Mal geht es um seinen Freund.«

Nach der Schlacht der eisernen Monster sinnt General Necromar auf Rache. Mit Hilfe des Pendels der Zeit verflucht er Toms besten Freund Akimo, den unsterblichen Formwandler. Plötzlich beginnt dieser rasant zu altern und es ist nur eine Frage der Zeit, bevor er an dem Fluch sterben wird. Schnelles Handeln ist angesagt.

Doch diese Art von mächtigem Fluch kann nur durch die heiligen vier Saeclus Steine aufgehoben werden. Dummerweise sind diese seit Jahrhunderten verschollen. Ungeachtet aller Gefahren machen sich Tom, Akimo und Bee auf, die Steine zu finden. Doch nicht nur sie sind hinter ihnen her. Und General Necromars Plan stellt sich als weitaus perfider heraus, als zunächst angenommen.

Leseprobe:
König Graywagtail stand an einem kleinen Pult in seiner Privatbibliothek und studierte konzentriert ein Pergament. Direkt neben ihm und der Wendeltreppe, die sich meterhoch die Wand entlang schlängelte, drehte sich ein großes Planetenmodell, in dessen Zentrum sich Ardesia befand. Tausende Sterne und Sonnen in allen Farben flogen stoisch auf ihren wiederkehrenden Umlaufbahnen und verbreiteten dabei ein flirrendes Licht, das durch die frei im Raum schwebenden Gaslaternen gemildert wurde. Die prall gefüllten Regale der Bibliothek bargen das Wissen von Jahrhunderten und nur er hatte Zugang zu ihr. Während er in dem Pergament las, schob er mit einer Hand die Lesebrille über sein verbliebenes Auge, die aufgrund der Tatsache, dass sie nur ein Glas besaß, immer wieder über seine Nase rutschte. Das andere Auge benötigte keine Brille, da es von einer mächtigen Augenklappe verdeckt war. Mit der anderen Hand zwirbelte Graywagtail seinen meterlangen Bart, den er sich wie gewohnt wie einen Schal um den Hals geschlungen hatte.
»Mmh. Mmh. Puh. Mmh«, brummelte er in regelmäßigen Abständen, während er den Kopf hin und her wiegte. Eine innere Unruhe hatte ihn in aller Früh geweckt. Normalerweise hatte der König einen ausgezeichneten Schlaf, aber seit einiger Zeit quälte ihn etwas, ohne, dass er sagen konnte, worum es sich handelte. Es war wie eine Vorahnung. Ein schaler Geschmack im Mund, der immer tiefer rutschte und sich dann vehement in seinem Magen festsetzte. Und dort auch nicht mehr weg wollte. Ein ganz schlechtes Gefühl, so als hätte er etwas außerordentlich Wichtiges vergessen. Aber was?
Seine Schlaflosigkeit hatte ihn in die Bibliothek getrieben, wo er sich Antworten erhoffte. Immerhin gab es nirgendwo mehr versammeltes Wissen als hier. Und selbst wenn er keine Antwort fand, so machte ihn das Lesen in den alten Büchern so müde, dass er danach noch in aller Ruhe ein weiteres Stündchen schlafen konnte. Normalerweise.
»Was habe ich übersehen?«, murmelte er in seinen Bart und verstärkte den Vergrößerungseffekt der einäugigen Brille, um die winzige Handschrift auf dem Pergament besser lesen zu können. Es musste etwas mit den Geschehnissen der jüngeren Zeit zu tun haben. Seit der Schlacht um Ardesia hatte er dieses schale Gefühl im Magen. Genau genommen erst nach der Schlacht um Ardesia. Aber was war seitdem passiert? Hatte er ein Gesetz erlassen, dessen Folge böse Auswirkungen haben könnte? Nein, das war es nicht, dessen war er sich sicher.
Er setzte die Brille ab und legte sie zur Seite. Dann wanderte er unruhig in der Bibliothek auf und ab. Das Gehen half ihm nachzudenken. Während König Graywagtail seine Kreise zog und dabei seinen Bart immer schneller zwirbelte, ließ er den Blick über die Abertausenden Bücher schweifen. Bücher über Magie, über gute und böse Zauberer, bedeutende ardesische Erfindungen, über starre und bewegliche Architektur, Geschichte, Flüche und Prophezeiungen.
Tief in ihm regte sich etwas. Es war wie eine winzige Gestalt, die sich mühsam durch die schlechten Magensäfte kämpfte und einen mahnenden Zeigefinger hob. Du hast einen Fehler gemacht.
Graywagtail unterbrach seinen Gedankenspaziergang. Er starrte auf ein Buch, das in der Rubrik Ardesias dunkle Geschichte eingeordnet war.
Der Winzling in seinem Magen wurde größer, die Vorahnung konkreter. Behutsam zog er das schwere, in Drachenleder gebundene Buch aus dem Regal. Eine dicke Staubschicht hatte sich auf seiner Oberseite abgesetzt und zeugte davon, dass es lange nicht in die Hand genommen worden war. Graywagtail blies sie weg und hustete kurz. Von den dunklen Welten lautete der Titel des Buches. Der König runzelte seine buschigen Augenbrauen. Ein klammes Gefühl beschlich ihn. Mit langen Schritten ging er zu dem Lesepult zurück, legte das Buch ab und setzte seine Brille wieder auf. War hierin die Antwort zu finden?
Er öffnete das alte Buch und blätterte es konzentriert Seite für Seite durch. Er wusste nicht genau wonach er suchte. Er hoffte lediglich, dass er es wissen würde, wenn er darauf stieß. Die Schrift in dem Buch war von blassgrauer Farbe und mit Hand geschrieben. Ordensbrüder hatten es vor langer Zeit in dem Kloster Kesteran verfasst. Der Text befand sich jeweils auf der linken Seite des Buches und war in zwei Spalten angeordnet. Die gegenüberliegende Seite zierte eine dazu passende Illustration.
Graywagtail blätterte Seite für Seite um, justierte ab und an seine Brille und betrachtete intensiv jedes Bild. Einige zeigten die ersten ardesischen Kriege, andere die großen Drachenkämpfe um die schwebende Stadt Crishire. Plötzlich hielt der König inne. Der Winzling in ihm war zu einem Riesen mutiert und hämmerte mit den Fäusten gegen die Magenschleimwände. Das kunstvoll illustrierte Bild war erschreckend und faszinierend zugleich. Eine riesige dunkle Gestalt wandelte über die Erde und zermalmte unter ihren Füßen, was sich ihr in den Weg stellte. Umgestürzte Bäume und niedergerissene Gebäude zeugten von ihrem Pfad der Verwüstung. Vor ihr befand sich eine Armee, die sich dem Riesen in den Weg stellte, doch offensichtlich machtlos war. Leiber wirbelten durch die Luft, zertreten und abgeschüttelt wie Ameisen. Es war ein schrecklicher Anblick. Unter der Illustration war der Satz »Der Erste ist gekommen« zu lesen.
Unmerklich schüttelte Graywagtail den Kopf. Sicherlich, das Bild war erschreckend, aber es war etwas anderes, das ihn störte. Er wusste nur nicht, was es war. Erneut justierte er die Brille und erhöhte den Vergrößerungsfaktor. Der Riese in seinem Magen brüllte auf, als der König erschrocken sein Auge aufriss. Bei allen Göttern.
Der dunkle Zerstörer, dessen schwarze Gestalt nur schemenhaft dargestellt war, trug eine barbarische Rüstung und einen langen Umhang. Aus seinen Händen zuckten Blitze in den wolkenverhangenen Himmel, doch was Graywagtail viel mehr erschreckte, war ein winziges Detail in der Zeichnung. Um seinen Hals trug er eine Kette, an deren Ende ein kleiner Anhänger baumelte. Die Vergrößerung der Lesebrille machte die Verzierung darauf deutlich. Ein kompliziertes Muster aus Zahnrädern und kleinen Stäbchen formten die Gestalt eines brüllenden Löwen. Graywagtail erkannte es sofort. Das Wappen von Ardesia. Der Zerstörer trug das Amulett, das der König Tom Tumbler geschenkt hatte.
»Was habe ich getan?«, flüsterte er verzweifelt.

Im Kindle-Shop: Tom Tumbler und das Pendel der Zeit: Teil 1: Der Fluch.
Mehr über und von Marcus Kaspar auf seiner Website.



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