Berlin ist immer eine Reise wert, besonders wenn man Spatzen mag. Frühmorgens im Frühling sind die noch stillen Straßen in allen Viertel erfüllt vom lauten Schilpen der Sperlinge. In den Biergärten und auf den Außenterrassen der Cafés belagern Dutzende dieser frechen Viecher jeden, der etwas isst. Und in Düsseldorf? In unserer schönen Stadt am Rhein sieht man kaum noch Spatzen, vor allem nicht in nennenswerter Anzahl. Dabei handelt es sich bei dieser Singvogelart um einen Kulturfolger, der schon seit über 10.000 Jahren besonders gern in den Städten der Menschen lebt. Tatsächlich ist die Zahl der Brutpaare in den letzten Jahren um gut ein Drittel zurückgegangen.

Biologische Station Haus Bürgel - hier werden auch Spatzen gezählt

Biologische Station Haus Bürgel – hier werden auch Spatzen gezählt

Bei ihren Wildvogelzählungen registrierte die Biologische Station Haus Bürgel in der Region Düsseldorf für das Jahr 2009 noch rund 12.000 Spatzenpaare, 2014 waren es nur noch um die 8.000. Auch und besonders auf dem Stadtgebiet brüten immer weniger Sperlinge. Zwischen Benrath und Kaiserswerth, Gerresheim und Heerdt sieht man sie deshalb nur noch selten und meistens einzeln. Wie aber kommt es, dass die Zahl der Spatzen in Berlin offensichtlich kaum gesunken ist, bei uns aber doch?

Die möglichen Gründe

Der Naturschutzbund (NABU) führt drei mögliche Gründe an: Rückgang möglicher Nistplätze, Zunahme von Fressfeinden und klimatische Veränderungen. Zumindest ein Faktor erklärt den Unterschied. In Düsseldorf wurden in den vergangenen zehn Jahren viele neue Häuser gebaut und alte saniert. Typischerweise brüten Sperlinge aber in Mauerritzen, Häusernischen und unter Dachvorsprüngen. Bei Neubauten – zumal mit Flachdach – gibt es diese Nistplätze nicht mehr, bei der Sanierung von Altbauten werden entsprechende Öffnungen in aller Regel radikal versiegelt. In Berlin, so viel ist bekannt, nutzen die Sperlinge aus ähnlichen Gründen andere Nistplätze, vor allem auf Brachland und aufgelassenen Fabrikbauten. Von denen gibt es in Düsseldorf ebenfalls immer weniger. Finden die Sperlinge solche Lieblingsplätze nicht mehr, brüten sie auch gern in dichten Hecken und ähnlicher Vegetation. Ausgerechnet die inzwischen über alle Maßen beliebten Kirschlorbeerhecken bieten den Vögeln diese Möglichkeit kaum.

Der Spatz hat eine ganze Menge Fressfeinde, und deren Zahl hat in Großstädten in den vergangenen zehn Jahren ebenfalls zugenommen. Zum Beispiel der Marder, der ja nicht nur Gummischläuche in Autos frisst, sondern besonders gern Jungvögel, die sich auch aus Nestern in größerer Höhe holt. Wo die Rattenpopulationen gewachsen sind, sind Sperlinge ebenfalls die Leidtragenden. Besonders stark leiden die Spatzen auch unter den Elstern, die sich gern die Küken holen. Schließlich sind es auch die viel zu vielen freilaufenden Hauskatzen, die dafür sorgen, dass maximal ein Drittel der geschlüpften Küken überleben. In dieser Hinsicht unterscheiden sich Düsseldorf und Berlin allerdings kaum.

Klimafolgen?

Bleibt noch das Klima. Die steigenden Durchschnittstemperaturen in unseren Breiten sorgen dafür, dass der Spatz zunehmend nach Norden und Osten ausweicht, weil es ihm bei uns zu warm ist. Berliner Sperlinge sind anscheinend noch nicht von diesem Trend betroffen. Außerdem liegt die Bundeshauptstadt ja auch weiter nördlich und östlich als die Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen. Die möglicherweise gute Nachricht: Wo unser guter, alter Haussperling wegen der Wärme weniger wird, nimmt die Population des Italiensperlings zu – ihn findet man zunehmend in den Großstädten südlich des Mainäquators.

Ein Spatzenhaus zum Selberbauen (NABU)

Ein Spatzenhaus zum Selberbauen (NABU)

An mangelnder Möglichkeit, etwas zum Knabbern zu finden, liegt der Rückgang der Spatzen bei uns auf den ersten Blick nicht, denn der Haussperling ist Vegetarier und verträgt – im Gegensatz zu vielen anderen Singvögeln – auch denaturierte Formen von Getreide, Gemüse und Obst. Davon finden die frechen Kerle heutzutage in den großen Städten sogar mehr als noch vor Jahren. Aber: Weil die Jungvögel im Wachstum einen hohen Bedarf an Eiweiß haben, verfüttern die Eltern ihrem Nachwuchs vor allem Insekten. Dass die Bestände aller Insekten insgesamt drastisch zurückgegangen sind, dürfte bekannt sein. Der Lebensraum für die Spatzennahrung wird immer weniger, Pestizide und Insektizide tun ein Übriges. Und da ist Berlin mit seinen ausgedehnten Grün- und Brachflächen dann doch noch der bessere Platz für die Aufzucht von Jungspatzen.

Insgesamt aber erklären die geringen Unterschiede bei den entscheidenden Faktoren zwischen Berlin und Düsseldorf nicht, weshalb es an der Spree – zum Glück! – immer noch dermaßen viele Spatzen gibt und bei uns am Rhein nicht. Wer aber möchte, dass es wieder mehr Sperlinge bei uns gibt, der kann möglicherweise nachhelfen. Normale Brutkästen nehmen sie nicht so gut an, aber mit einem speziellen Spatzenhaus (hier eine NABU-Bauanleitung) kann man möglicherweise das eine oder andere Paar anlocken und ihm den geschützten Raum geben, in dem alle ausgebrüteten Jungvögel überleben können.

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