Donnerstag, 18. April 2019

Best of des "Wenn Ajax gut ist" Champions League Rückspiels

Wenn Ajax gut ist... also so richtig gut und nicht nur im Nationalen Vergleich... dann ist die Fußball-Welt ein besserer Ort.

Ajax ist der wohl faszinierendste Fußballverein der Welt. Gerade weil ihnen das ja alles nicht zum ersten Mal passiert. Das letzte Mal... war Edwin van der Saar noch ein junger Hüpfer... heute ist er der Sportdirektor und es läuft wieder.

Um da mal direkt in den Geschichtsbüchern zu kramen: Meine erste Ajax Erinnerung kommt vom 19.04.1995... Damals gab es Fußball noch im FreeTV, allerdings mit mehr Werbeunterbrechungen als Halbzeitanalysen... Die Jüngeren kennen das von den Qualifikationsspielen der Nationalmannschaft... Was dazu führte, dass Sat1 noch nicht wieder auf Sendung war, als Ajax das 4:1 erzielte. (Und wenn ihr euch immer noch fragt, warum ich diesen Blog betreibe: Ich habe mir viel zu viel sinnlosen Scheiß gemerkt, der irgendwo hin muss).

Die aktuelle Ajax-Generation ist noch absurder als ihre Vorgänger aus den 90ern oder 70ern, denn eigentlich sollte es unmöglich sein mit einer gefühlten A-Jugend derart erfolgreich zu sein. Vor allem, weil die Spieler eigentlich jetzt schon im Ausland sein sollten. Früher war es halt ganz normal mit Anfang 20 noch in der Heimat zu spielen, weil ja die Spitzenmannschaften, für die Ajax ausbildet, auch nur begrenzte Möglichkeiten hatten Ausländer in ihrem Kader einzubauen. Heute ist es eigentlich ein Wunder, dass die Kinder noch bei Ajax bleiben und nicht schon in der C-Jugend zu Chelsea London wechseln... also wie das halt gefühlt all den belgischen Talenten passiert, die dann mit 20 schon für Millionenbeträge innerhalb der Premiere League verliehen werden.

Und selbst wenn dann mal ein Talent in der ersten Mannschaft auftaucht... wird es mittlerweile halt mit 18 und nicht mehr mit 22 Jahren verpflichtet, weil man halt nicht mehr eine Mannschaft aufbauen, sondern sich Wertanlagen sichern will. Das lohnt sich sogar dann finanziell, wenn die Wertanlage insgesamt 3 Spiele für dich macht und dich hinterher regelmäßig abschießt...


Trotzdem hat Ajax es geschafft eine überragende Mannschaft aufzubauen. Und zwar nicht nur für eine Saison, genau genommen ist das jetzt nur der Höhepunkt eine Entwicklung, die, man mag es kaum glauben, unter Peter Bosz anfing. Der führte Ajax ziemlich überraschend ins Europa League Finale... und mit Onana, Veltman, de Light, Schöne und de Jong sind erstaunlich viele (für Ajax Verhältnisse) Spieler von "damals" heute noch dabei. Es ist keine Sensation mehr, dass diese Mannschaft jetzt so gut ist, es ist nur eine Sensation, dass sie so lange zusammen geblieben ist. Und genau diesen Fakt sollte man jetzt genießen. Denn diese Mannschaft wird nach der Saison auseinander brechen, was völlig normal ist. Das ist in den 70ern und in den 90ern auch passiert. Danach muss Ajax dann neu aufbauen und das sie wieder eine derart gute Generation zusammenbekommen dürfte danach dann wider 30 Jahre dauern...

Was die Ajax-Generationen so besonders macht, ist ja der Fakt, dass ihnen alles egal ist. Also zurück zu dem Beispiel aus dem Jahr 1995: Damals führte man mit 3:1 in einem Champions League Halbfinale. Eigentlich musste man nur noch verhindern, dass man 2 Tore in 45 Minuten kassiert... und was macht man? Man greift vom Anpfiff an weiter konsequent an, womit zumindest bei Sat1 und bei den Bayern anscheinend niemand gerechnet hat, und erzielt direkt das 4:1... ein völlig unnötiges Tor, aber das ist den Erben von Johann Cruyff doch egal.

Und genau so agiert diese Generation: Da spielt man gegen Cristiano Ronaldo und die ganze Welt geht davon aus, dass einer der schon noch das Tor (oder die Tore) macht, die seine Mannschaft braucht... Und Ajax sagt sich: Ist uns egal, wir spielen einfach aufs 3:1... Und das Achtelfinale gegen Real Madrid sah ja genau so aus. Man spielt bei den renommiertesten Vereinen in Europa... man hat das Hinspiel verloren oder liegt im Rückspiel plötzlich hinten und ist nach allen Regeln der Vernunft so gut wie ausgeschieden... Man bekommt in deren Festungen trotzdem irgendwie die Chance weiter zu kommen... und dann erstarrt man nicht vor Ehrfurcht, sondern spielt einfach munter weiter auf das gegnerische Tor...

Was mich ja am meisten fasziniert: Wie egal das unseren Leitmedien ist. Also das ehemalige Fachmagazin gönnt dem (gut, ebenfalls historischen, aber aus den falschen Gründen) Zweitligagipfel wesentlich mehr Aufmerksamkeit als eine Mannschaft zu feiern, auf deren Reinkarnation man 24 Jahre lang gewartet hat. Dass da gerade etwas wirklich besonderes passiert, erfährt der gemeine Kicker-Leser nicht.
Und das, obwohl der Kicker die Zeit dafür hatte, auf Ole Gunnar Solskjaers größten Moment hinzuweisen. Was ein guter Ansatz ist. Derartige Videos kann man eigentlich nicht oft genug einbauen... Aber sowohl die Entwicklung bei Ajax, als auch die von Tottenham hätten mehr Aufmerksamkeit verdient.

Denn kommen wir direkt mal zum nächsten Klassiker: Manchester City - Tottenham wird eines dieser Spiele sein, an das sich der gemeine Fußballfan ewig erinnert. Eines dieser Holy Shit Ergebnisse. Wie das Etihad Stadium eskaliert ist, als Raheem Sterling den scheinbar entscheidenden Treffer erzielte... Wie es zitterte, als der Videobeweis angezeigt worden ist... und dann die Stille danach... Ein eh schon unbeschreibliches Spiel bekam nochmal eine absurde Krönung.

Und auch was Tottenham abliefert, ist völlig absurd. Also die haben ja im Sommer gegen jede Logik keinen Cent ausgegeben. Und sie sind die Premiere League Mannschaft, die jegliches "Die haben halt mehr Geld als wir" auf den Kopf stellt... Und natürlich geben auch die Geld aus. Aber halt pro Saison nur 10 Millionen mehr als die Bayern... Da fällt einem das Jammern schon schwerer... Und da könnte man auch mal feststellen, dass der Unterschied zwischen Premier League und Bundesliga nicht nur in den Investoren und den TV Milliarden aus Asien liegt.
Und auch wenn ich die anwesenden Arsenal Fans jetzt vergraule: Die Entwicklung von Tottenham auf dem Platz hätte man in einer der beiden letzten Ausgaben auch mal angemessen würdigen können. Aber vielleicht kommt das ja jetzt, wo die im Halbfinale aufeinander treffen.

Stellt euch einfach mal vor, eine Deutsche Mannschaft wäre an einem dieser beiden Spiele beteiligt gewesen. Der Kicker hätte einen Weg gefunden das Ereignis auf die nächsten 3 Titelseiten zu strecken. Sind die Ereignisse jetzt weniger historisch, weil keine Deutschen beteiligt sind? Ist es nur deswegen wirklich relevanter, dass die Trainerstühle in der Bundesliga diesen Sommer ein Mal im Kreis gedreht werden, sich sonst aber nichts ändert? Und ja, wenn sich die Kicker Analyse zu den Trainerwechseln durchliest, ändert sich in der Bundesliga gerade weniger als ich vermutet hätte... trotzdem wird dieser Stagnation mehr Aufmerksamkeit geschenkt als den wirklichen Entwicklungen... Das ist irgendwie Schade.

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