Von Pamela Premm

Eintauchen in eine Welt voller Zuckerwatte, gemütlich durch die Luft schweben oder gleich bis zum Mond fliegen – Phantasiereisen für Kinder sorgen für Entspannung. Pflegekinder, die im Spagat zwischen der Herkunfts- und Pflegefamilie leben, können durch Phantasiereisen ihr inneres Gleichgewicht zurückfinden und gezielt Stress abbauen. Über Imaginationen können sich Pflegefamilien auch bewusst mit Alltagsthemen auseinandersetzen. Das ermöglicht Pflegeeltern mit ihren Pflegekindern ins Gespräch zu kommen. Pflegefamilien-Hessen gibt Tipps, worauf Familie bei Phantasiereisen für Kinder achten sollten.

Phantasiereisen mit Kindern aktiv gestalten

Monika Schilling ist Pflegemutter von vier Pflegekindern und berichtet gern von den Gedankenausflügen mit ihren Kindern. Für sie und ihre Kinder sind Phantasiereisen ein vertrautes, liebgewonnenes Ritual, das den gegenseitigen Austausch und den Familienzusammenhalt fördert. „Wir stellen uns z. B. vor, wie der nächste gemeinsame Urlaub aussehen könnte. Dabei lassen wir unsere Gedanken frei. Jeder darf seinen Urlaub so beschreiben, wie er ihn gerne hätte – egal, ob die Reise ans Meer, an den See oder auf den Camping-Platz führt. Meistens mischen sich vergangene Urlaubserlebnisse mit neuen Ideen“, erklärt die diplomierte Sozialpädagogin.

„Wenn wir all unsere Vorstellungen gesammelt haben, entwickeln wir daraus einen Aktionsplan, den wir dann in die Realität umsetzen.“

Für die Kinderbuchautorin war es wichtig, mit ihren Pflegekindern regelmäßig in den Austausch zu treten, die Sprachentwicklung und die Beziehungsebene zu fördern. „Über Phantasiereisen setzen wir uns mit Alltags- und Gesellschaftsthemen auseinander. Wir arbeiten auch kritische Themen auf und versuchen uns dabei, in die Lage und Gefühle anderer Menschen hineinzuversetzen. Das hilft den Pflegekindern, die eigene Situation besser zu verstehen.“ In den täglichen Abendrunden werden unter anderem Gewaltthemen besprochen. „Gewaltvorstellungen gehören zum Päckchen, das Pflegekinder mit sich tragen. Phantasiereisen helfen uns dabei, diese traumatischen Erfahrungen aufzuarbeiten.“ Themen bearbeiten, Geschichten besprechen, sich etwas vorstellen: Familie Schilling setzt Phantasiereisen gezielt ein, um den Familienalltag aktiv zu gestalten. Sie können aber auch passiver Natur sein.

Phantasiereisen für entspannte Pflegefamilien

Während Familie Schilling Phantasiereisen nutzt, um Empathie, Sprache und Kreativität zu fördern, können sie auch als Entspannungstechnik eingesetzt werden. Als Basis dient eine beruhigende Geschichte, die Eltern ihren Kindern vorlesen. Bei einer Phantasiereise tauchen die Kinder meist in eine ruhige Phantasiewelt ab, in der sich enge Regeln und Grenzen auflösen. Die Geschichte arbeitet mit anschaulichen Bildern und Visualisierungen und nimmt die Kinder mit auf eine Reise in eine andere Welt. Wer sich auf Phantasiereisen begibt, folgt den Bildern, die vor dem geistigen Auge entstehen. Die Geschichten sind so aufgebaut, dass sie alle Sinne ansprechen: Die Kinder können das Beschriebene hören, fühlen, schmecken, riechen und sehen. Auf diese Weise können selbst aufgedrehte Pflegekinder leichter entspannen, loslassen, Stress und Ängste abbauen sowie die eigene Konzentrationsfähigkeit stärken.

Besuchskontakte von Pflegekindern zu den leiblichen Eltern
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Tipps für Phantasiereisen mit Pflegekindern

Phantasiereisen sollten immer gleich ablaufen, damit sich Pflegekinder darauf einstellen können, dass jetzt eine Phase der Entspannung beginnt. Dabei lassen sich Phantasiereisen für Kinder in drei Phasen einteilen.

1) Die Vorbereitungsphase: eine angenehme Atmosphäre schaffen

Der Alltag ist häufig stressig, laut und hektisch. Um sich entspannt auf Phantasiereise begeben zu können, sollten Pflegeeltern eine ruhige Atmosphäre schaffen. Die Konzentration gehört ganz der Geschichte, die erzählt wird. Handys, Fernseher und andere Geräuschquellen werden solang abgestellt. Pflegeeltern sollten Gegenstände, die ablenken und die Aufmerksamkeit der Kinder auf sich ziehen, in dieser Zeit wegräumen. Vor Beginn der Phantasiereisen kommen alle Beteiligten zur Ruhe. Eltern sollten ihre Kinder dazu animieren, ruhig zu atmen, sich bequem hinzulegen und die Augen zu schließen.

2) Die Entspannungsphase: der Geschichte lauschen

Während der Phantasiereisen mit Kindern bleibt der Alltag draußen. Die Pflegeeltern sollten sich ganz bewusst der Geschichte widmen und sich für die gemeinsame Traumreise Zeit nehmen. Alle anderen Aufgaben müssen und dürfen in dieser Zeit liegen bleiben. Wenn Eltern die Traumgeschichte selbst vorlesen, sollten sie dabei langsam und ruhig vorgehen. Wenn sie langsam vorlesen und die Visualisierungen betonen, können Kinder mit ihren Gedanken besser an den Ort der Geschichte reisen, Gefühle spüren und Bilder entwickeln.

3) Die Rückkehrphase: den Gefühlen auf der Spur

Nach der Phantasiereise müssen Kinder wieder in die Realität zurückgeholt werden – körperlich und geistig. Sie dürfen sich räkeln und strecken und die Energie zurückkehren lassen. Anstelle des Abenteuers in die bunte Phantasiewelt tritt fester Boden. Dabei eignen sich Phantasiereisen als Ausgangspunkt, um mit den Kindern anschließend über Gefühle und Erlebnisse zu sprechen. Durch kreative Arbeit wie Kneten oder Malen können sich Kinder kreativ mit den gefühlten Emotionen auseinandersetzen.

Mehr Empathie durch Phantasiereisen

Übrigens: Im Pflegekind-Bereich werden Phantasiereisen noch zu einem ganz anderen Zweck eingesetzt. So kann es sein, dass sich zukünftige Pflegeeltern selbst auf Phantasiereise begeben, um sich vorzustellen, aus welcher Situation heraus, sie ihre Kinder in Obhut geben würden. Was müsste passieren, dass sie für ihre Kinder nicht mehr Sorgen könnten? Was würden sie von der zukünftigen Pflegefamilie erwarten? Wie stellen sie sich den Kontakt zur Pflegefamilie vor? Dadurch, dass sich zukünftige Pflegeeltern in die Notlage der leiblichen Eltern hineinversetzen, können sie leichter Verständnis für die Reaktionen der Herkunftsfamilie aufbringen.

Drei Empfehlungen für kindgerechte Phantasie- und Traumreisen

Phantasiereisen für Kinder gibt es zum Vorlesen oder als Hörspiel. Hier finden Sie einige Empfehlungen:

Babuba und die Mondlinge – Phantasiereisen zum Entspannen und Einschlafen

Fantasiereisen für Frühling, Sommer, Herbst und Winter von Anne Katrin Müller – für Kinder von 4 bis 7 Jahren

Fantasiereisen für Kinder. Entspannung für Tag und Nacht

Wollen Sie Pflegefamilie werden, dann genügt die Kontaktaufnahme unter folgendem Link:http://www.pflegefamilien-hessen.de/kontakt