Thompson Bros. Organic Highland Gin, Vermouth Del Professore & Olio e Lamponi

Gin und Whisky sind natürlich zwei völlig verschiedene Paar Schuhe. Allerdings scheint in den Augen vieler Whiskyhersteller eine regelrechte Liebesziehung entbrannt zu sein, wenn es um den klassischen Wacholderschnaps geht. Die Gründe sind sicherlich recht einfach zu umreißen: Gin lässt sich viel schneller herstellen als Whisky und ist ein guter Garant für Einkünfte – insbesondere für junge Destillen, deren Whiskys noch einige Zeit reifen müssen, bevor sie unter diesem Namen verkauft werden dürfen. (zugesandtes Testprodukt)*

In der Vergangenheit habe ich über dieses Phänomen z.B, im Kontext des Isle of Harris Gin berichtet, aber tatsächlich ist die oben beschriebene Konstellation inzwischen ein regelrechter Klassiker. Und auch heute steht einmal mehr ein Gin aus einer schottischen Whiskydestille vor mir, allerdings handelt es sich hier um eine sehr besondere Brennerei. Die Dornoch Distillery in den schottischen Highlands (genauer im Dorf Dornoch an der Nordküste gelegen) wurde im Zuge einer Crowdfunding-Kampagne im Jahr 2016 von den beiden Brüdern Phil und Simon Thompson in einem ehemaligen Feuerwehrhäuschen errichtet. Die Kombination von Gin und Whisky als Standbeine der Brennerei waren dabei von Anfang an geplant. Und aus eben jener Brennerei stammt der Thompson Bros. Organic Highland Gin.

Die schöne, stark an ein Alchimistenlabor erinnernde Flasche ist definitiv sehr ansprechend geraten und informiert uns über einen Alkoholgehalt von 45,7% vol. und über Hintergründe zum Herstellungsprozess. Dieser ist nämlich durchaus interessant: Der Gin besteht zu 90% aus einem auf Weizenbasis hergestellten und schließlich mit einer Botanicalmischung versetzten und gebrannten Ausgangsalkohol. Das Besondere ist hier, dass gefrorene, biologisch angebaute Himbeeren und Holunderblüten zudem noch separat in Weizenalkohol eingelegt werden und mit dem zuvor gebrannten Alkohol vermählt werden. Schließlich ergänzen 10% New Make aus gemälzter Gerste (aus der Whiskyproduktion) den finalen Blend. Klingt natürlich spannend (und fruchtig-blumig, die Zeichen stehen also auf New Western Dry). Neben den genannten Himbeeren und den Holunderblüten zählen zu den verwendeten Botanicals übrigens Wacholder, Angelikawurzel, Kardamom, Anis, Orangenschalen, Zitronenschalen, Koriandersaat, Mädesüß und schwarze Pfefferkörner.

Tasting Notes Thompson Bros. Organic Highland Gin:

Aroma: Die Gerstenbasis des Gins ist definitiv erkennbar, ich fühle mich sofort an den (sehr gelungenen) VOR Gin aus Island erinnert (der ein vollständig auf Gerste basierender Gin ist). Aber natürlich nur in dieser Hinsicht, denn darüber hinaus ist das hier ein völlig anderer Gin: Himbeeren und Holunder stechen unverkennbar heraus und künden von einer würzigen Süße. Der Wacholder ist nicht sehr dominant, dafür finde ich Anis, Zitrusschalen und etwas gestoßenen Pfeffer. Das Gesamtbild wirkt dabei sehr rund und aromatisch, gewisse Kuchenteignoten, die ich auf den New Make-Anteil zurückführe, machen den Gin aber auch sehr besonders.

Geschmack: Am Gaumen überraschend würzig – hier mit durchaus mehr Wacholder als die Nase erwarten ließ. Die Zitrusnoten bleiben eher hintergründig, dafür sind Anis, Holunder und Himbeeren recht prägnant. Koriander und Pfefferkörner bahnen sich mit der Zeit ebenfalls ihren Weg. Der New Make sorgt am Gaumen für eine spannende Grundwürze mit subtilen Röstnoten und einer gewissen Süße. Mir gefällt der Thompson Bros. Organic Highland Gin ausgesprochen gut!

Abgang: recht trocken mit Anis, Anklängen von Himbeeren und wieder etwas gestoßenem Pfeffer

Zudem möchte ich heute noch zwei Wermutflasche rezensieren, die für mich ebenfalls einen sehr vielversprechenden Hintergrund aufweisen. Bei den auf den Namen „Vermouth Del Professore“ hörenden Flaschen handelt es sich um italienischen Wermut aus der traditionsreichen, 1890 gegründeten Quaglia Destille (Antica Distilleria Quaglia) in Castelnuovo Don Bosco im Piemont. Allerdings steckt hinter diesen aus (Weiß)wein, Zucker, Kräutern und Gewürzen (u.a. Bergminze, Wermut, Enzian, Nelken und Muskatblüte) bestehenden Wermuts nicht nur das Knowhow von Carlo Quaglia, sondern auch das des bekannten italienischen Kochs Federico Ricatto und auch die Crew des römischen Jerry Thomas Projects hat hier mitgewirkt. Das Jerry Thomas Project habe ich bereits besuchen dürfen und auch hier darüber geschrieben. Entsprechend versteht sich auch der Name des Wermuts als eine Hommage an „Professor“ Jerry Thomas. Der Wermut ist klassisch in weiß (Classico Tradizionale) und rot (Rosso all’uso di Torino), aber auch in einer Vanille- und einer an Quinquina angelehnten „Chinato“-Variante erhältlich (die beiden letztgenannten rezensiere ich heute allerdings nicht).

Beide Varianten werden mit 18% vol. abgefüllt. (Ein wenig irreführend ist allerdings die farbliche Gestaltung des Flaschenetiketts. Denn das eher in roten Farben gehaltene Etikett weist auf den weißen Wermut hin, während das grünlich gehaltene auf der Flasche des roten Wermuts prangt.)

Tasting Notes Vermouth Del Professore Classico Tradizionale:

Aroma: Wer vordergründig einen besonders weinigen und fruchtigen Wermut erwartet, wird hier überrascht sein. Denn der Vermouth Del Professore Classico Tradizionale zeigt sich von einer sehr würzigen Seite mit erkennbarer Nelke, Minze, aber auch Orangennoten und Enzian. Einen Moment lang kommt mir die Assoziation eines guten, weißen Glühweins, doch ganz adäquat ist dieser Vergleich letztlich nicht, was vor allem an den Minz- und Enziannoten liegt.

Geschmack: Sehr süffig und weich zeigt sich dieser Wermut am Gaumen. Trotz einer gut eingebundenen Süße hat man nicht den Eindruck überbordender Schwere, dafür kommen die Gewürz- und Kräuternoten sehr schön zur Geltung. Enzian, Orangenassoziationen, Wermut und wieder die Minze stechen besonders hervor. Ein sehr eigenständiger Wermut, der mir zu gefallen weiß.

Abgang: eher kurz, doch überraschend trocken mit Gewürznachklang

Tasting Notes Vermouth Del Professore Rosso all’uso di Torino:

Aroma: Tatsächlich – und bevor ich diesen Eindruck aufgeschrieben habe, habe ich mehrfach und über einen längeren Zeitraum das Glas zur Nase geführt – muss ich zuerst an frisches Oregano denken. Das ist natürlich mehr als ungewöhnlich, bleibt aber bestehen. Dahinter kommen fruchtige Weinnoten mit Enzian, Nelken, aber auch Rhabarber, Vanille und Orange sind mit von der Partie.

Geschmack: Der Rosso all’uso di Torino scheint mit einer schwereren und deutlicheren Süße aufzuwarten als die weiße Variante. Gewisse Bitternoten (vermutlich aus Zitrusschalen und Enzian) machen das Geschmacksbild dabei aber sehr rund und anspruchsvoll. Kam mir der weiße Wermut sehr gewürzlastig vor, so würde ich hier eher von einem kräutrigen Wermut sprechen, der vollmundiger daherkommt. Oregano finde ich übrigens am Gaumen erstaunlicherweise gar nicht, was mich immer noch etwas ungläubig zurück lässt, sobald ich aber erneut daran rieche, ist er sofort wieder da.

Abgang: mittellang mit Bitternoten und Rohrzucker

Beim Fat-Washing sollte auf ein sauberes Filtern geachtet werden.

Die zurückgebliebene, gefrorene Fettschicht

Den Vermouth Del Professore Rosso all’uso di Torino werde ich erst in einigen Tagen hier auch im Rahmen eines Cocktails einsetzen, heute steht vielmehr der Vermouth Del Professore Classico Tradizionale dem Thompson Bros. Organic Highland Gin in einer Art schottisch-italienischem Experiment zur Seite. Ausgangspunkt meiner Überlegungen war dabei der klassische Martini Cocktail (im Grunde schon fast ein Dirty Martini), welchen ich auf eine besondere Art und Weise abwandeln wollte. Dazu habe ich den Thompson Bros. Organic Highland Gin einem Olivenöl-Fatwash unterzogen. Ja, ich weiß, das macht etwas Aufwand und der Gin ist auch für sich genommen ein toller Darsteller in einem Martini (denn auch das habe ich zuvor ausprobiert), wenn man aber einmal diesen ganz besonderen Drink ausprobieren will, muss das kleine bisschen Vorausplanung leider sein. Es ist jedenfalls wichtig, ein grünlich-frisches und eher grasiges Olivenöl zu verwenden und kein zu schweres oder voluminöses. Denn neben den sehr spannenden Geschmacksnoten, die das Olivenöl in den Drink einbringt, kommt ja noch der Vermouth Del Professore zum Einsatz – und eine Nuance Himbeergeist, um den beerigen Charakter des Thompson Bros. Gin noch ein klein wenig zu unterstreichen. Das klingt sicher etwas merkwürdig, ich kann Freunden eines nicht allzu trockenen Martinis aber nur ans Herz legen, sich hieran einmal zu versuchen!

Rezept „Olio e Lamponi“:

4 cl Olivenöl-„fat-washed“ Thompson Bros. Organic Highland Gin (s.u.)
2 cl Thompson Bros. Organic Highland Gin
2 cl Vermouth Del Professore Classico Tradizionale
1 Dash Himbeergeist

Zitronenzeste

Olivenöl-„fat-washed“ Thompson Bros. Organic Highland Gin: Thompson Bros. Organic Highland Gin im Verhältnis 6:1 mit einem frischen, grasigen Olivenöl in einer Flasche oder einem Schraubglas mischen und für 6 Stunden ruhen lassen. Dabei immer wieder gelegentlich schütteln. Schließlich den Behälter über Nacht im Gefrierfach frieren lassen. Am nächsten Tag herausnehmen und die oben entstandene, festgefrorene Fettschicht durchstoßen. Den darunter liegenden „fat washed“ Gin durch ein Filtertuch herausgießen und in einem neuen Behälter auffangen.

Zubereitung: Alle Zutaten in einem Rührglas auf Eis kalt rühren und ins vorgefrostete Glas abseihen. Danach mit dem Öl der Zitronenzeste besprühen und die Zeste entsorgen.

Glas: Martini

Garnitur: keine

Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online.

*Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.

8 thoughts on “Thompson Bros. Organic Highland Gin, Vermouth Del Professore & Olio e Lamponi

  1. Danke für den interessanten Artikel, das hört sich super interessant an. Leider habe ich den vorgestellten Gin nicht zur Hand und auch noch keinerlei Erfahrung mit fat washing. Für welche Arten von Alkohol empfiehlst Du es? Wie verändert sich das Armon, wie das Mundgefühl? Welche Eigenschaften sollte ein Gin mitbringen, um ihn dieser Prozedur zu unterziehen?

    Neugierige Grüße von Christina

    • Hallo Christina,

      Du kannst das natürlich auch mit einem anderen Gin ausprobieren. Ich würde hier allerdings keine starke „Wacholder“-Bombe empfehlen. Einen ohnehin bereits mit Olivenaromen daherkommenden Gin (bspw. Gin Mare) würde ich auch nicht verwenden, aber ein anderer, fruchtig-beeriger und floraler Gin passt hier sicher auch sehr gut.
      Du kannst Fat-Washing im Grunde mit allen möglichen Spirituosen betreiben. Ein tolles Beispiel wäre mit Popcorn-Butter fett-gewaschener weißer Rum (z.B. hier: Link zu meinem Artikel über den Cinema Highball). Klassisch ist aber auch ein mit ausgelassenem Bacon fettgewaschener Bourbon Whiskey. Die Möglichkeiten sind schier unbegrenzt (ich habe auch schonmal einen rauchigen Scotch mit Rindersteak-Fett gewaschen). Die Spirituosen erhalten dadurch tatsächlich eine geschmackliche Zusatzdimension, das Mundgefühl verändert sich dabei eigentlich nicht sehr stark, ein wenig „öliger“ oder „cremiger“ wird die Spirituose vielleicht, aber im Grunde macht man das fast immer für die Verwendung in Cocktails – und da fällt das dann wirklich nicht mehr auf!

  2. Wirklich cooler Artikel! Der Gin klingt wirklich interessant!

    Zum Fat Washing muss ich sagen, dass es ein geniales Verfahren ist. Ein Whiskey Sour mit einem Bacon Washed Bourben, Ahornsirup und ein paar Tropfen von den Dr Sours Tabak Bitters ist einfach der Hammer!
    Aber man muss dabei gar nicht so verrückt sein und Bacon oder Rinderfett nehmen, auch wenn es ziemlich geil ist. Selbst flüssige Butter oder wie hier Olivenöl erweitern einen Drink ungemein. Was auch immer gut geht sind Nüsse, Walnüsse, Pecanüsse, Pinienkerne etc. Die Möglichkeit sind eigentlich unendlich, ist halt viel learning by doing. Aber die Neugier, der Aufwand und der Mut lohnen in den meisten Fällen!

  3. PS. Ich finde, durch das Fat Washing vor allem mit herzhaftem Fett schaft man es einen gustatoriaschen Bereich der Sinne zu treffen der sonst eher schwer gekitzelt werden kann. Will sagen, die Drinks sind halt nicht nur süß, sauer, bitter, sondern vor allem auch umami!

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