Krankenschein per WhatsApp

www.Au-Schein.de

Die Aufhebung des „ausschließlichen Fernbehandlungsverbotes“ für Ärzte macht es möglich! Das Hamburger Unternehmen AU-Schein.de bewirbt die Krankschreibung per WhatsApp unter ihrer gleichnamigen Webadresse AU-Schein.de. Wie funktioniert das und ist das „legal“?

AU-Schein.de

Zunächst einmal geht es bei AU-Schein.de nicht um Krankschreibungen mit beliebigen Krankheiten, sondern nur um Erkältungen mit den entsprechenden Symptomen. Dazu muss der Patient verschiedene Fragekataloge beantworten (siehe weiter unten) und anschließend werden die Antworten an einen Arzt des Unternehmens gesendet, ergänzt um persönliche Daten und ein Foto der entsprechenden Gesundheitskarte.

Der Arzt prüft die Informationen und bei positiver Begutachtung bekommt der Antragsteller für neun Euro die Krankschreibung wahlweise für ein, zwei oder drei Tage per Post nach Hause und direkt nach der Prüfung als Foto per WhatsApp zugesendet.

Antrag – Fragen zur Erkältung

Der Prozess startet, indem der Nutzer sieben Fragen zu seiner Erkältung beantworten muss:

  1. Haben Sie Fieber über 38,5 Grad?
  2. Wählen Sie Ihre Erkältungs-Symptome [aus einer Liste von 17 Symptomen wie Nase läuft, Kopfschmerzen oder Niesen]
  3. Wann ist das erste Symptom aufgetreten?
  4. Haben Sie weitere Symptome, die oben nicht aufgelistet sind? [ja/nein]
  5. Für wie lange fühlen Sie sich arbeitsunfähig? [1, 2 oder 3 Tage]
  6. Wurden Sie für Ihre jetzige Erkranung bereits krankgeschrieben? [ja/nein]
  7. Haben Sie über AU-Schein.de seit 1. Januar bereits 2-mal AU-Scheine erhalten? [ja/nein]

Für die „erfolgreiche“ Krankmeldung gibt es zwei Randbedingungen, wie man den Fragen entnehmen kann. Zum einen kann keine nachträgliche Krankschreibung erfolgen, Tag 1 ist immer der Tag, an dem der Nutzer die Webseite verwendet und den Fragebogen ausfüllt. Zum anderen können Nutzer maximal zweimal pro Jahr die Webseite für eine Krankmeldung von bis zu drei Tagen verwenden.

Ablauf – Fragen zur Identifikation von Risikopatienten

Weiter geht es mit fünf Fragen, die das Risiko des Patienten klären sollen:

  1. Wählen Sie zutreffende Risikoumstände [aus einer Liste mit unter anderem chronische Atemwegserkrankungen, Sie vermuten, es ist keine normale Erkältung oder starke Schmerzen]
  2. Gibt es Geräusche oder Atembehinderungen beim Ein- oder Ausatmen? [ja/nein]
  3. Wählen Sie weitere Symptome, falls zutreffend [aus einer Liste von sechs Symptomen wie Erbrechen oder Atemnot]
  4. Falls Sie Schmerzen haben, wo genau? [aus einer Liste mit sechs Einträgen wie Gesicht stark oder Glieder stark]
  5. Liegt eines der oben genannten Risiken oder Symptome bei Ihnen vor? [ja/nein]

Sollte bei der Beantwortung der Risikofragen eine auffällige Antwort gegeben werden, so kann es die Rückmeldung geben, dass der Dienst nicht benutzt werden kann, da der Nutzer zu einer Risikogruppe gehört oder Symptome hat, die gegen ein Erkältung sprechen. Ein entsprechender Filter, Krankschreibungen nur für „einfache Erkältungen“ auszustellen, ist auf der Webseite mit den Fragebögen also eingebaut.

Ablauf – restliche Daten

Abschließend werden nun noch die notwendigen Kontaktdaten wie Name, Adresse, Geburtstag und WhatsApp-Nummer abgefragt sowie die Daten der Krankenkasse (Name der Krankenkasse, Kennnummer des Trägers/Unternehmensnummer, persönliche Kennnummer/Versicherungsnummer) und die Krankmeldung ist angefordert.

Der Dienst ist zunächst mit WhatsApp gestartet (die Fragen werden über den Browser beantwortet), allerdings ist eine eigene App in Arbeit und es soll für andere Messenger die Prüfung auf eine weitere Realisierung laufen.

Meine Einschätzung

Ich glaube, dass sich das Unternehmen AU-Schein.de mit diesem Angebot recht weit aus dem Fenster lehnt. Zuallererst ist es ein leichtes, die Angaben in den Fragebögen so zu gestalten, dass der Arzt zur Beurteilung einer Erkältung passende Daten bekommt. Das kann auch durch mehrfaches Ausprobieren erfolgen, sofern bei den ersten Versuchen der Abbruch wegen „keine Erkältung“ oder „Risikopatient“ erfolgt. Wer will dabei prüfen, ob der Nutzer die Eingaben wahrheitsgemäß gemacht hat.

Tatsächlich las ich im Ärzteblatt dann kürzlich, dass einige Ärztekammern von der Nutzung abraten. Die AU-Bescheinigung gilt als Privaturkunde und Gesundheitszeugnis – „vom Arzt zu Unrecht ausgestellte Atteste können straf-, zivil- und berufsrechtliche Konsequenzen haben“.

Die Bundesärztekammer weist ebenfalls daraufhin, dass „nicht jede Erkältung und nicht jedes ihrer Symptome automatisch zur Arbeitsunfähigkeit führt“. Riskant ist somit, dass die Selbsteinschätzung der Patienten ausreicht, ob aufgrund einer Erkältung überhaupt eine Arbeitsunfähigkeit vorliegt und wie lange diese voraussichtlich andauern wird.

Sollten die für AU-Schein.de tätigen Ärzte trotzdem dem Nutzer die AU-Bescheinigung ausstellen, so besteht für den Patienten die Gefahr, dass sein Arbeitgeber die Richtigkeit anzweifelt und eine gutachterliche Überprüfung durch den medizinischen Dienst beantragt.

Insofern – eine aus meiner Sicht „wackelige Lösung“, sowohl für den Patienten als auch den ausstellenden Arzt.

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