Mittwoch, 12. Dezember 2018

12. Dezember 1918



„Auf belgischem Boden, in Noirefontaine, verbrachten die Ehinger die Nacht vom 9./10. November. Von der Front her dröhnte gewaltiger Schlachtenlärm; wer wollte da glauben, daß der Waffenstillstand vor der Tür stand! Der Rückmarsch ging weiter, in Ordnung, so gut sie bei den verstopften Straßen und überfüllten Quartieren einzuhalten war. In Neufchâteau, wo die Armee des Herzogs Albrecht von Württemberg im August des Jahres 1914 ihren ersten schönen Sieg errungen hatte, gab es eine Rast und wieder einen heiklen Auftrag: Straßenpolizei und Schutz der wertvollen Magazine. Das Plündern war bei manchen deutschen Truppenteilen zur selbstverständlichen Übung geworden; wollte man es ganz verhindern, so hätte man schon mit Maschinengewehren Einhalt gebieten müssen! So hatten die Ehinger schwere Arbeit. Unter anderem mußten damals 30 000 Liter Schnaps vernichtet werden, um nicht in die Hände der Plünderer zu fallen.
Weiter ging der Marsch im Verband der 3. Garde-Division bei den Nachhuten der 3. Armee, Tag für Tag, durch frostkalte Nächte und sonnenklare Herbsttage, ins luxem-burgische Gebiet – wo das Bataillon den nachdrängenden Amerikanern gerade noch ausweichen konnte – nach Esch und endlich zur deutschen Grenze. Das deutsche Grenzdorf trug den seltsamen Namen „Bettel“, aber doch war zum Willkomm ein grü-ner Bogen errichtet mit der Inschrift: „Die Heimat grüßt die heimkehrenden Krieger!“ Das übernächste Quartier war Ehlenz, ein sauberes und stattliches Dorf. Am 25. November war die Bahnstation Ehrdorf bei Kyllburg erreicht. In langer Fahrt über Koblenz und weiterhin rheinaufwärts fuhr das Bataillon der schwäbischen Heimat entgegen. An einem trübseligen Winterabend – es war der 27. November – zog es in dem alten Donaustädtchen wieder ein, dessen Namen es trug und das es vier Jahre zuvor unter anderen Verhältnissen verlassen hatte.“

aus: „Landsturm vor! Der mobile württembergische Landsturm im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart, 1929


Paul Gundert erreichte Ehingen an der Donau nicht mehr. Kurz nachdem der Rückkehrerzug seine Heimatstadt Stuttgart passiert hatte, wurde er am 27. November 1918 in Plochingen am Neckar ausge-laden und ins dortige Johanniter-Krankenhaus eingeliefert, wo er zwei Wochen später verstarb.

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