„Nur ein kleiner Gefallen“ Kritik: Vorstadtidylle in Gefahr

Sophia Freiheit 21. Oktober 2018 0
„Nur ein kleiner Gefallen“ Kritik: Vorstadtidylle in Gefahr

Regisseur Paul Feig, bekannt durch Blockbuster-Komödien wie Spy – Susan Cooper undercover, Brautalarm und Voll daneben, voll im Leben, wagt sich auf neues Terrain – mit Nur ein kleiner Gefallen inszeniert er seinen ersten Psychothriller. Das Drehbuch basiert auf dem Debütroman von Darcey Bells aus dem Jahr 2017.

Der Film erzählt die Geschichte von Stephanie (Anna Kendrick), einer übereifrigen, alleinerziehenden Mutter und Mom-Bloggerin, die täglich in ihrer Küche Videos mit hilfreichen Haushaltstipps für ihre Follower dreht. Durch ihren Sohn lernt sie in der Schule Emily (Blake Lively) kennen, eine toughe Mode-PR-Chefin, mit der sie sich nach ein paar Gin Tonics anfreundet. Doch eines Tages erhält Stephanie einen Anruf von Emily, die sie um einen kleinen Gefallen bittet: ihren Sohn Nicky von der Schule abzuholen und am Nachmittag zu betreuen. Doch nicht nur an diesem Abend wartet Stephanie vergeblich darauf, dass Emily ihren Sohn abholt. Emily scheint vom Erdboden verschluckt. Gemeisam mit Emilys Mann Sean (Henry Golding) kümmert sie sich um Nicky. Was ist mit Emily passiert? Stephanie macht sich mit Hilfe ihrer Follower auf die Suche nach Spuren und trifft dabei auf dunkele Geheimnisse…

Die beiden weiblichen Protagonistinnen sind tolle Antagonisten – während die naive Stephanie alles auf ihren Social Media Plattformen von sich preisgibt und sehr viel Wert auf die Meinung anderer legt, möchte Emily unsichtbar sein. Sie lebt ihr Leben wie es ihr gefällt und begießt den Feierabend am liebsten mit einem starken Cocktail. Stephanie ist beeindruckt von Emilys Art und ihrem Leben, was für den Zuschauer gut nachvollziehbar ist – jeder hätte gern eine Freundin wie Emily. Beide verkörpern  starke Frauenrollen, die nicht böswillig oder zweidimensional dargestellt werden. Anna Kendrick und Blake Lively spielen großartig, was dazubeiträgt, dass man sich in die Rollen gut hineinversetzen kann. Auch wenn Stephanie in ihrer heilen Welt Scheuklappen auf den Augen trägt, hat sie im Verlauf des Films eine gute Figurenentwicklung. Sie ist dennoch nicht die typische toughe und zynische Thriller-Heldin, die man normalerweise in einem Psychothriller erwarten würde. Nichts in der Handlung darf als gegeben angenommen werden und so strickt sich der Film durch ein Netz aus Lügen und Intrigen, in dem auch Stephanie ihre Hände nicht in Unschuld waschen kann.

Der ganze Look des Films, von der Kameraarbeit bis zum Setting, ist sehr stylisch, genauso wie die Protagonisten. So inszeniert Feig die Handlung in einer sonnigen Vorstadt und nicht als düsteren, mysteriösen Psychothriller und zeigt, dass hinter jeder weißen Fassade Geheimnisse lauern können. Der Thriller schafft es dadurch, immer wieder zu überraschen und die Zuschauer auf die falsche Fährte zu führen. Trotzdem kommt er leider nicht auf das Niveau von Gone Girl, mit dem er oft verglichen wird. Dies ist besonders im letzten Drittel des Films zu spüren, da das Ende nicht so clever ist, wie es sein könnte. Man merkt deutlich, dass Feig auf Komödien spezialisiert ist, was in den ersten zwei Dritteln durchaus unterhaltsam ist und man durch den ironischen Unterton schlecht einschätzen kann, in welche Richtung der Film sich entwickelt. Dies macht es zu einem spannenden Thriller, der Züge verschiedener Genres innehat aber gegen Ende nimmt gerade die Komik die Ernsthaftigkeit der Geschichte. So  überschlagen sich im Finale die Ereignisse, dass die Handlung ins Absurde abdriftet und nicht immer nachvollziehbar ist.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Integration des Vlogs von Stephanie. So hätte man im Film zu postkinematografischer Hilfsmittel greifen können, indem man die interaktive Spurensuche visuell dargestellt hätte, so wie es etwa Searching diesen Sommer toll vorgemacht hat. Gerade durch die Kameraeinstellung der Vlogs (direkt in die Kamera sprechend) hätte man so den Zuschauern das Gefühl geben können, selbst Teil der Suchaktion zu sein.

Insgesamt ein sehenswerter Film, von dem man aber enttäuscht werden kann, wenn man mit zu hohen Erwartungen reingeht. Besonders die schauspielerischen Leistungen von Lively und Kendrick, ihre Figurencharakteristiken und gute Dialoge machen „Nur ein kleiner Gefallen“ unterhaltsam und spannend. Das Ende ist hingegen etwas ernüchternd, weshalb man den Film nicht unbedingt ein zweites Mal sehen muss.

Nur ein kleiner Gefallen läuft ab dem 08. November 2018 in den deutschen Kinos.

[schema type=“review“ url=“www.filmverliebt.de“ name=“Nur ein kleiner Gefallen“ rev_name=“Nur ein kleiner Gefallen“ author=“Sophia Freiheit“ pubdate=“2018-10-21″ user_review=““ min_review=“0″ max_review=“5″ ]

Beitragsbild: ©STUDIOCANAL.

„Nur ein kleiner Gefallen“ Kritik: Vorstadtidylle in Gefahr

1.5 (30%) 2 vote[s]