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Mit 63 wurde ich Pendler zwischen Remscheid und Spanien

 Jose Agustin Gamino Lanza, geboren 25.11.1942 in Badajoz in Spanien, seit 1968 in Remscheid:

„Badajoz ist die Hauptstadt der Provinz Badajoz in Extremadura (Spanien). Die Stadt liegt am Ufer des Flusses Guadiana. Badajoz ist Bischofssitz und Universitätsstadt. Die Einwohnerzahl betrug am 1. Januar 2007 149.137 Einwohner. Ich bin im Alter von 14 Jahren mit meiner Familie von Badajoz, nahe der Grenze zu Portugal nach Madrid umgezogen. Dort habe ich mein Abitur gemacht und meinen Militärdienst absolviert. An der technischen Hochschule in Madrid begann ich mit dem Studium der Aeronautik.

In dieser Studienzeit wollte ich einen Auslandsurlaub machen. Ich habe eine spanische Familie aus Linz am Rhein kennen gelernt. Da bin ich dann zum „Auslandsurlaub“ hingefahren. Auf der Fahrt mit dem Zug nach Linz schaute ich natürlich zum Fenster raus. Da sah ich morgens, gegen 5 Uhr eine Gruppe von sieben oder acht Personen auf dem Fahrrad. Ich fand das sehr verwunderlich. In Linz angekommen, habe ich davon erzählt. Meine spanischen Freunde erzählten mir dann, dass die Radfahrer auf dem Weg zur Arbeit waren. Das war neu für mich; in Spanien beginnt die Arbeit frühestens um 8 Uhr morgens, und nicht um 6 Uhr, oder noch früher, zumindest damals.

Der katholische Priester aus Linz, der auch für die spanische Familie sorgte, hat mir für drei Monate einen Job in Linz verschafft. Von diesen Menschen erfuhr ich auch über die Möglichkeit, in Deutschland zu studieren. Während dieser drei Monate habe ich die Stadt Berlin besichtigt und dort erfahren, dass es in Deutschland nur wenige technische Universitäten gibt, bekannt waren mir eine technische Universität in München und eine in Berlin. Für eine mögliche Aufnahme an der technische Universität sollte ich eine Sprachprüfung ablegen. Eine solche Sprachprüfung war mir zu diesem Zeitpunkt zu schwer. Deshalb habe ich davon Abstand genommen. Ich habe mich dann entschieden, einen anderen Beruf zu lernen.

Durch einen Freund bin ich nach Remscheid gekommen und habe direkt bei EDSCHA eine Anstellung gefunden. Kurze Zeit später wechselte ich zur BARMAG. Neben meiner täglichen Arbeit habe ich dann in Köln abends eine Berufsschule besucht, das Berufsbildungszentrum – BBZ. Parallel dazu besuchte ich die Volkshochschule hier in Remscheid zum Deutschkurs. Das dauerte ungefähr drei Jahre. In Köln habe ich dann meine Prüfung und Facharbeiterbrief als Starkstromelektriker, heute heißt das Anlagenelektronik, abgelegt. Meine Woche gestaltete sich in dieser Zeit so, dass ich in der Frühschicht gearbeitet habe, 4x wöchentlich nach Köln zum BBZ gefahren bin und dort von 15 Uhr bis 23 Uhr 3 x wöchentlich und samstags gelernt habe. Wir sind als eine Gruppe mit vier Personen, zwei Italiener und mit mir zwei Spanier, mit dem Auto nach Köln gefahren. Die Bücher, den Schulbesuch und Benzinkosten bzw. Fahrtkosten habe ich alles selbst bezahlen müssen; es gab keinerlei Unterstützung, ich hatte überall gefragt, weder vom Arbeitsamt noch vom spanischen Konsulat. Das war jeden Monat ein kleines Vermögen.

Meine Frau habe ich in meinem Studium in Madrid kennen und lieben gelernt. Sie ist 1970 nach Deutschland gekommen, zu mir nach Remscheid und wir haben geheiratet. Wir haben damals in der Hindenburgstraße in einer Zwei-Zimmerwohnung gewohnt. Mein Verdienst war zu der Zeit ca. 1.000 DM netto, mit den Überstunden, die an den verbleibenden zwei Werktagen anfielen. (weiter auf der 2. Seite)

Klicken führt zum'Zeitstrahl' der Ausstellung Zur 200-Jahr-Feier der Stadt Remscheid stellte Heike Hildebrandt vom damaligen Migrationsbüro der Stadt eine Ausstellung („Zeitzeugen-Projekt“) zusammen mit Schilderungen zahlreicher „Zeitzeugen der Zuwanderung“, deren neue Heimat Remscheid geworden war. Das ist jetzt zehn Jahre her. Doch die Geschichten sind es wert, nach vorne gestellt zu werden. Denn darin erzählen die „Zugereisten“, warum sie ihre Heimat verlassen haben, wie sie hier in Remscheid ankamen, welche Erwartungen, welche Hoffnungen, welche Enttäuschungen sie erlebten und warum sie sich trotzdem mit Remscheid verbunden fühlen. Zuwanderung begann aber nicht erst mit den "Gastarbeitern", sondern schon Ende des 19. Jahrhunderts mit italienischen Straßenbauern. Und nach dem nach dem Zweiten Weltkrieg folgten Vertriebene, Flüchtlinge und Heimatlose.

 

Eigentlich wollte die Vermieterin in dem Haus keine Ausländer. Sie war gegen Ausländer. Später hat sie allerdings ihre Meinung geändert und sagte „Ich wusste ja nicht, dass Sie so nett sind.“ Ich habe dann bis 1975 in der VHS ein paar Jahre spanisch unterrichtet. Wann ich damit angefangen habe, weiß ich nicht mehr. 1976 sind wir dann in eine 90 qm große Wohnung in die Wilhelmstraße gezogen. Nach ein paar Jahren haben wir dann die Wohnung gekauft. Das ist mittlerweile über 28 Jahre her.

Bei der BARMAG habe ich über 30 Jahre gearbeitet. Ich bin mit 61 Jahren in den Vorruhestand und mit 63 Jahren in Rente. Seitdem pendele ich zwischen Remscheid und Spanien. Bei den Erfahrungen, die ich in all den Jahren zwischen Remscheid und Spanien gemacht habe, ist ein wesentlicher Vorteil, dass die medizinische Versorgung hier um ein Vielfaches besser ist. In Spanien bekommt man einen Termin bei einem Facharzt erst in drei bis vier Monaten. Wenn ich dann hier höre, dass gemeckert wird, weil man zwei Stunden im Wartezimmer warten muss, kann ich nur den Kopf schütteln. Das Rechts- und Sicherheitssystem sowie das soziale System hier in Deutschland ist vorbildlich. Das sieht man regelmäßig bei Auslandsaufenthalten.

Genau wie alle anderen war auch bei mir die Überlegung, hier Geld zu verdienen, zu sparen und wieder nach Hause, nach Spanien zu gehen. Irgendwann kam dann die Erkenntnis: Ich lebe in Deutschland, ich lebe in Spanien, ich lebe in Remscheid, ich lebe hier mein Leben, hier in Remscheid ist meine zweite Heimat! Ich fühle mich hier wohl.

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