Fall Rupp: Landshuter Richter watscht Ingolstädter Kripo und Staatsanwaltschaften ab, 17.12.2012

Landshuter Richter watscht Ingolstädter Kripo und Staatsanwaltschaften ab, wochenblatt, 17.12.2012

Das war ein Paukenschlag: Strafrichter Bernhard Suttner verkündete gestern im Verfahren gegen den Schrotthändler Ludwig H. (65) aus Obergrasheim nicht nur einen Freispruch, sondern „watschte” auch die Ingolstädter Polizei und u.a. auch die Staatsanwaltschaften Ingolstadt und Landshut ab.

Dem Schrotthändler war falsche Verdächtigung vorgeworfen worden. Er hatte die Ingolstädter Polizeibeamten beschuldigt, sie hätten ihn mit vorgehaltener Pistole zu einem Geständnis erpresst zu haben. In dem sich über mehrere Verhandlungstage hinziehenden „Nachtarock” vor dem Landshuter Amtsgericht ging es um die Aussage des Schrotthändlers im spektakulären Wiederaufnahmeverfahren im Fall des getöteten Rudolf Rupp aus Neuburg an der Donau.

Der damals 52-jährige galt nach einem Wirtshausbesuch in der Nacht zum 13. Oktober 2001 als vermisst. 2004 gestanden dann seine Ehefrau, die beiden Töchter und der Verlobte einer Tochter, ihn erschlagen, zerstückelt und an die Hofhunde verfüttert zu haben. Wegen Totschlags wurden die Ehefrau und der Verlobte vom Landgericht Ingolstadt zu Freiheitsstrafen von je achteinhalb Jahren, die Töchter wegen Beihilfe zu dreieinhalb bzw. zweieinhalb Jahren verurteilt. Das Quartett widerrief später die ursprünglichen Geständnisse, die sich dann 2009 als tatsächlich falsch erwiesen, als der Mercedes des Landwirts samt Leiche aus der Donau geborgen wurde.

Im Wiederaufnahmeverfahren vor der Schwurgerichtskammer des Landshuter Landgerichts bekamen die Angehörigen den erhofften Freispruch, allerdings „2. Klasse”. Die Kammer war überzeugt, dass sie den Landwirt getötet hatten, allerdings ließ sich nicht klären, wer den Landwirt wie umgebracht hatte.

Im Rahmen der Beweisaufnahme war auch der Landwirt und Schrotthändler als Zeuge vernommen worden. Gegen ihn war 2004 zunächst der Verdacht aufgetaucht, er habe „in Kenntnis der vorangegangenen Tötung” von Rudolf Rupp durch seine Angehörigen dessen Mercedes „entsorgt”.

2009 ging man davon aus, er habe den Wagen an die Donau gefahren und dort „versenkt”. Im Rahmen seiner Zeugenvernehmung im Wiederaufnahmeverfahren im November 2010 bekundete der Schrotthändler, er sei von den vernehmenden Polizeibeamten dazu gedrängt worden, zuzugeben, dass er den Mercedes „entsorgt” habe. Dabei habe ihn ein Neuburger Polizeibeamter im Beisein von zwei Kriminalbeamten die Dienstpistole an die Schläfe gehalten und gedroht: „Wir können auch anders, es geht um Mord, da dürfen wir alles.”

Außerdem sei ihm gesagt worden, er komme aus dem Zuchthaus nicht mehr heraus. Wegen falscher Verdächtigung landete der 65-Jährige deshalb auf der Anklagebank, wo er bei seiner Version blieb, während die damaligen Vernehmungsbeamten den Pistoleneinsatz nachdrücklich bestritten. Die Anklage warf dem Schrotthändler vor, er habe die Story erfunden, um sich für die zu Unrecht erlittene Untersuchungshaft zu rächen.

Nach einer von zahlreichen verbalen Schlagabtauschen zwischen Staatsanwalt Hubert Krapf und den Verteidigern Klaus Wittmann und Regina Rick begleiteten aufwändigen Beweisaufnahme forderte der Anklagevertreter für den vielfach vorbestraften Schrotthändler eine Freiheitsstrafe von 20 Monaten ohne Bewährung.

In seinem emotionalen Plädoyer sprach der Anklagevertreter sogar von “menschlichem Abschaum” und warf dem 65-Jährigen Hass auf Polizei und Justiz vor. Die Verteidiger hatten nach dem Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten” Freispruch beantragt, ihrerseits das „System Ingolstadt” gegeisselt und darauf verwiesen, dass im vorliegenden Fall durchaus auch zur Schusswaffe gegriffen worden sei. …

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Auch der Verlobte einer der Töchter  vom Bauern Rupp erklärte folgendes:

Matthias E. behauptete später, ihm sei von der Polizei Gewalt angedroht worden, nur deshalb habe er ein falsches Geständnis abgelegt.
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/getoeteter-bauer-das-raetsel-des-rudolf-rupp-a-724080.html

 

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