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Johnny Marr: Call the Comet (Albumkritik)

 

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Johnny Marr: Call the Comet (New Voodoo)

 

 

Johnny Marr wird immer mit einem Künstler verbunden sein, mit dem er zum letzten Mal vor 31 Jahren zusammenarbeitete und der dennoch wie ein Schatten über ihm liegt. Vor der Veröffentlichung von Marrs drittem Soloalbum ließ sich besagter Schatten ausgiebig über Anne Marie Waters und Tommy Robinson aus, aber das könnte seltsamerweise für Marr von Vorteil sein. Die Bestürzung die Morrissey ausgelöst hat, scheint gar nicht wenige Leute dazu bewogen zu haben, Marr, der sich mit jeder öffentlichen Äußerung als Mann voller Empathie und Anstand zu erkennen gibt, für den Guten“ in The Smiths zu halten und sich auf seine Musik zu konzentrieren, Musik, die nun viel interessanter ist als Morrisseys. Call the Comet ist ein Album, das dazu angetan ist, dieses Wohlwollen zu nutzen. Es ist das beste von Marrs Soloalben; er mag zwar nicht über die textlichen Fertigkeiten oder das stimmliche Charisma des einen oder anderen seiner früheren Kollegen verfügen, aber das Altern scheint seinem Gespür für Melodien überhaupt nichts anhaben zu können und sein wunderschönes, flüssiges Gitarrenspiel nicht im geringsten zu beeinträchtigen. Call the Comet endet mit einem Song, der sowohl Marrs Menschlichkeit als auch seine Musikalität verkörpert: „A Different Gun“ wurde über den Terroranschlag in Nizza im Jahre 2016 geschrieben und in der Nacht des Bombenanschlags in der Manchester Arena im vergangenen Jahr aufgenommen. Aber dieser Song ist nicht zornig; er schäumt nicht vor Wut und verdammt nicht.

 

Stattdessen verlangt er Mitgefühl mit den Opfern und ihren Angehörigen und bekräftigt, dass das Leben gelebt werden muss und soll (der “stay and come out tonight” Refrain stammt von Broken Social Scenes Kevin Drew, der Marr davon überzeugte, am Abend nach dem Anschlag in Manchester aufzutreten). Er erfreut mit einer herrlichen Melodie, einer Art Marr Neuauflage, die sich sehnt und aufsteigt wie die Emotionen, die der Text versucht, heraufzubeschwören. An anderen Stellen ist die Musik weniger versöhnlich: „New Dominions“, „Actor Attractor“ und „My Eternal“ verbreiten eine kühle, mechanische Post-Punk-Stimmung; auf „Rise“ und „Hey Angel“ klingt Marrs Gitarre absichtlich geradezu hässlich und brodelt und kreischt. Diejenigen, die sich Klimpern und Arpeggios wünschen, müssen sich keine Sorgen machen: das wird auf „Day In Day Out“ und „Hi Hello“ geboten, Songs, die klingen, als hätten sie bereits seit 1985 in Marrs Kopf existiert. Call the Comet ist für sich allein ein sehr gutes Album. Im Kontext ist es ein Triumph.

 

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