Referendum: Ungewissheit beim FC Barcelona

Der FC Barcelona hat ein Problem: Noch spielt der Fußballklub in der spanischen Primera Divisón gegen hochkarätige Gegner wie Real Madrid oder Atlético Madrid. Doch es könnte sein, dass Barcelona künftig in einer eigenen katalanischen Liga antreten muss.

Hintergrund ist ein Referendum in Katalonien, einer Region im Osten Spaniens, zu der auch Barcelona gehört. Katalonien will unabhängig werden. In der Abstimmung haben am Sonntag rund 90 Prozent der Wähler sich dafür ausgesprochen, sich von Spanien loszulösen. Wie die regionalen Behörden weiter bekanntgaben, beteiligten sich rund 2,3 Millionen Wähler an dem Referendum (etwas mehr als 42 Prozent der wahlberechtigten Katalanen). Für die Regierung in Madrid ist das Referendum illegal, das Verfassungsgericht hatte die Abstimmung untersagt.

Kommt Barça in die Premier League?

Die Ungewissheit darüber, wie es nun weitergeht und die möglichen Folgen entscheiden auch über die Zukunft des FC Barcelona. Es sei ausgeschlossen, dass katalanische Teams im Ernstfall der Unabhängigkeit weiter in der spanischen Liga spielen könnten, sagte Ligachef Javier Tebas. Das spanische Sportrecht erlaube das nicht. Tebas gilt als Fan von Real Madrid.

Auch Kataloniens Regierungschef Carles Puigdemont kennt die Ängste der Fans. Er versuchte bereits, sie zu beruhigen: „Wenn Barça weiter in der spanischen Liga spielen will, wird der Verein dort spielen“, sagte er Spiegel Online. Der Verein sei eine „Geldmaschine“, niemand werde den Klub zurückweisen. Forbes listet den FC Barcelona nach Manchester United als wertvollsten Fußballklub weltweit. Außerdem hat laut Puigdemont keiner ein Interesse daran, „dass es den Clásico nicht mehr gibt“ – also das Duell FC Barcelona gegen Real Madrid.

Der katalanische Sportminister Gerard Figuera sagte: „Im Falle der Unabhängigkeit müssten sich die katalanischen Vereine in der Primera División entscheiden, wo sie spielen möchten: in der spanischen Liga oder in einem Nachbarland wie Italien, Frankreich oder der Premier League.“

Seine Aussage bezieht sich auf andere Klubs und Ligen in Europa: „Monaco spielt in Frankreich, walisische Vereine in England“, so Figuera. Seiner Meinung nach hat der europäische Fußballverband Uefa bestimmt nichts dagegen, „wenn ein weiterer Verein in einer anderen Liga als dem Heimatland spielen sollte.“

Katalanische Liga wäre unattraktiv

Vermutlich hätte die Uefa tatsächlich nichts dagegen. Stichwort: Geldmaschine. Der FC Barcelona erzielte in der vergangenen Saison einen Gewinn von 18 Millionen Euro nach Steuern. Der Umsatz betrug 708 Millionen Euro – Rekord für den Verein. Aus sportlicher Sicht wäre der FC Barcelona für jede ausländische Liga ein Gewinn. Beim fünffachen Champions-League-Sieger stehen derzeit Stars wie Lionel Messi, Gerard Piqué, Ivan Rakitic und der deutsche Torwart Marc-André ter Stegen im Kader.

Sollte es zu einer katalanischen Liga kommen, wäre das für den FC Barcelona wenig attraktiv. In dieser Liga würde das Team zum Beispiel weiter auf den Lokalrivalen Espanyol und den FC Girona (beide derzeit ebenfalls noch in der Primera División) treffen. Dazu kämen vermutlich noch Zweitligisten. Als große Bühne bliebe Barcelona lediglich die Champions League. 

Die Situation mit dem Referendum ist eine Zwickmühle für den FC Barcelona: Der Klub hat weltweit zahlreiche Fans, Anhänger in Barcelona und Katalonien bilden aber die Basis. Die Lösung? Der Verein vermeidet eine Position in der Unabhängigkeitsdebatte. „Der Klub ist kein politische Akteur“, so ein Barça-Sprecher. Bezogen auf das Referendum sagte er: „Wir unterstützen nicht, ob man mit Ja oder Nein wählt, wir sind nicht parteiisch.“

Referendum spaltet Vereinsspitze und Spieler

Offenbar spaltet das Thema auch die Vereinsspitze und die Mannschaft. Das zeigt sich anhand des Fußballspiels, das Barcelona am Tag des Referendums gegen Las Palmas im heimischen Camp Nou austrug (3:0). Wegen der Unruhen in der Stadt (die Polizei musste Gewalt anwenden, hunderte Menschen wurden verletzt), wollte der Verein das Spiel verschieben. Die Liga erlaubte das nicht und drohte mit dem Abzug von sechs Punkten.

Also entschied sich Barça-Präsident Josep Maria Bartomeu, das Spiel stattfinden zu lassen – allerdings ohne Zuschauer, um die Sicherheit zu gewährleisten. Vizepräsident Carles Vilarrubí und Jordi Monés, Leiter der medizinischen Abteilung, gaben daraufhin ihre Posten auf. Sie wollten nicht, dass das Spiel ausgetragen wird.

Auch die Mannschaft war bei diesem Thema nicht einer Meinung, berichtete die Madrider Sportzeitung „Marca“. Demnach seien einige Spieler, darunter Verteidiger Gerard Piqué und Mittelfeldspieler Sergi Roberto, für die Absage gewesen. Der Großteil der Mannschaft habe antreten wollen, Messi habe sich nicht dazu geäußert, hieß es in dem Bericht.

FC Barcelona beteiligt sich an Streik

Nach dem Referendum hatten mehrere Organisationen und Verbände dazu aufgerufen, am Dienstag in Streik zu treten, um gegen die Polizeigewalt im Rahmen des Referendums zu protestieren. Der FC Barcelona beteiligte sich, der Klub war geschlossen, weder die Profis noch die Jugendteams trainierten. Ein Schritt, der dem Verein leicht gefallen sein dürfte. Denn mit dem Streik protestiert der Klub gegen Polizeigewalt, ohne dabei eine Position in der Unabhängigkeitsdebatte zu beziehen.

Dabei zeigt die Geschichte, dass Fußball und Politik beim FC Barcelona zusammenlaufen – zumindest früher einmal. Zu Zeiten des Diktators Francisco Franco war es verboten, Katalanisch zu sprechen. Das Camp Nou wurde zum Zufluchtsort, an dem die Katalanen ihre Sprache sprechen konnten. Es gab aber auch Spieler und Funktionäre im Klub, die der Diktatur gewogen waren – zum Beispiel Barças ehemaliger Rekordtorschütze Paulino Alcántara.

Über den Autor

Bild von Christian Höb

Christian liebte als Kind Fifa 98 und International Superstar Soccer auf dem N64. Er hat beim Zocken aber den Ton ausgemacht und lieber selbst kommentiert. Kein Wunder also, dass Christian als Journalist und Autor im Sportressort unterwegs ist.