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Neue Caritas-Mitarbeiter für die Flüchtlingshilfe

Remscheid ist eine Stadt, die Zugewanderten aus mehr als 120 Nationen zur Heimat geworden ist. Dabei haben die Stadt und ihre Bürger und Bürgerinnen allen Schwierigkeiten zum Trotz Beachtliches geleistet. Nicht erst in den vergangenen beiden Jahren gegenüber Flüchtlingen, viele davon aus Syrien, Afghanistan oder dem Irak, sondern beginnend schon kurz nach Ende des zweiten Weltkriegs – bei der Ansiedlung von Kriegsflüchtlingen und Aussiedlern. Es folgten die „Gastarbeitern", später dann die Bürgerkriegsflüchtlingen aus den Balkan-Ländern. Daran erinnert der Fachdienst für Integration und Migration“ des Caritasverbandes Remscheid e.V. in seinem Jahresbericht 2016. Und daran, dass in eben diesem Jahr Remscheid den Zuzug von ca. 1500 Flüchtlingen zu bewältigen hatte, die der Stadt zumeist ohne lange Vorankündigung von der Bezirksregierung Arnsberg zugewiesen wurden. „Dies stellte alle an der Flüchtlingsarbeit beteiligten Kräfte und Institutionen vor große Herausforderungen, die in kürzester Zeit zu bewältigen waren“, so Fachdienstleiterin Martina Richard. Zwar ist der Caritasverband Remscheid schon seit vielen Jahren Anlaufstelle für Flüchtlinge, konnte auf die vielen Flüchtlinge auf personelle Ressourcen und Kompetenzen zurückgreifen. Aber um seine Angebote auszubauen bzw. neue, spezifisch ausgerichtete Angebote entwickeln zu können, bedurfte es finanzieller Unterstützung.

Um die bewarb sich der Verband und bekam sie gewährt – vom Bund, vom Land NRW, von der Stadt Remscheid und aus dem kirchlichen Haushalt. Hinzu kamen Projektförderungen und Spenden. So konnte neues Personal eingestellt werden. 2016 waren im Fachdienst 13 Mitarbeiter/innen tätig (deutlich mehr als noch zwei Jahr zuvor, die meisten allerdings in Teilzeit), aufgeteilt auf die Geschäftsstelle in der Blumenstraße und die Büros in der Brunnengasse. Jetzt sind es 14. Sie verfügen neben ihren ausgewiesenen fachlichen Kompetenzen auch über besondere sprachliche und interkulturelle Schlüsselkompetenzen, um die soziale und gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund und/oder Fluchterfahrung verbessern und zu einem friedlichen Miteinander in Remscheid beizutragen zu können. Drei neue Mitarbeiter stellte Martina Richard gestern auf einer Pressekonferenz vor: die Ehrenamtskoordinatorin Leyla Velarde, den Rückkehrberater Jamel Othmani und Theresa Güldenring, zuständig die die so genannte Integrationsagentur. Zwei von Ihnen haben selbst einen Migrationshintergrund: Othmani, studierter Romanist, kam vor drei Jahren aus Tunesien, Velarde vor zehn Jahren aus Peru. In Köln schloss sie ihr Studium (Regionalwissenschaften Lateinamerika) ab.

Zum 31. Dezember 2016 lebten in Remscheid 1553 Flüchtlinge, 240 mehr als ein Jahr zuvor. Bei vielen Klienten der Caritas – Über die Hälfte von ihnen ist unter 30 Jahre alt – mache sich ein Gefühl sehr großer Angst und der Hoffnungslosigkeit breit, heißt es im Jahresbericht 2016. „Dieses Gefühl hemmt die zumeist jungen Menschen, aktiv ihr Leben in Deutschland zu gestalten und die geforderten Integrationsleistungen zu bringen. Umso wichtiger ist es, sie über ihre rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten im Asylverfahren und Aufenthaltsrecht (z.B. schulische und berufliche Möglichkeiten) zu informieren und zu unterstützen.  Gleichwohl zeichneten sich gerade diese jungen Menschen allen Widrigkeiten und Belastungen zum Trotz „durch eine hohe Motivation und den Wunsch nach einer sinnvollen Beschäftigung aus“. Ein erster und zentraler Schritt sei die möglichst frühzeitige Vermittlung in Deutschkurse. Aber: Das Angebot an speziellen Integrationskursen wie Alphabetisierungskurse und Abendkurse reicht auf Grund des Zuwanderungsanstiegs nicht aus. Und Mütter von kleinen Kindern ohne KITA-Platz konnten nicht in Integrationskurse vermittelt werden, da diese keine Kinderbetreuung vorsahen. Auch bestanden „große Schwierigkeiten, geeignete C1- Kurse zu finden, die die von Hochqualifizierten (Ärzte, Pharmazeuten usw.) als Zugang zum Studium benötigt werden.

Wer aus einem so genannten sicheren Herkunftsland nach Deutschland geflüchtet ist, hat kaum eine Chance, dass sein Asylantrag bewilligt wird. Irgendwann steht er vor der Frage: „Lasse ich mich abschieben, oder nehme ich meine Rückreise selbst in die Hand?“ Für Jamel Othmani ist die Antwort klar: „Letzteres. Mit einer Art Businessplan im Gepäck!“ Bei dem will der einzige Rückkehrberater, den es seit dem 15. Juli in Remscheid gibt, behilflich sein. Denn wer die Zeit, die ihm in Deutschland bleibt, zur für berufliche, am besten handwerkliche Qualifikation nutzt, hat (vielleicht) bei seiner Rückkehr in die Heimat einen leichteren Neustart und fällt nicht ins Bodenlose. Dass hier das „Prinzip Hoffnung“ eine große Rolle spielt, weiß der Tunesier. Denn nicht alle Flüchtlinge, die freiwillig in ihr Herkunftsland zurückkehren, können – wie etwa Iraker oder Iraner - mit einer finanziellen Unterstützung durch den Bund rechnen.

Seine Herkunft kann Othmani seinen künftigen Umgang mit Ratssuchenden, gerade aus Nordafrika, womöglich erleichtern. In Wuppertal, wo er wohnt, hat er aber auch die Erfahrung machen müssen, von Landleuten ohne gesicherten Aufenthaltsstatus beneidet zu werden. Das werde bei seiner künftigen Beratungsarbeit in der Caritas hoffentlich keine Rolle spielen, wünscht sich Jamel Othmani. Ein neues Bundesgesetz kann ihm dabei helfen. Es verhilft Flüchtlingen, die eigentlich abgeschoben werden könnten, zur Duldung durch die Ausländerbehörde, falls sie dort einen Ausbildungsvertrag vorzuweisen haben. Hier könnte Fred Schulz, der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Remscheid, für den Rückkehrberater sicherlich hilfreich sein...

Seit Mai arbeitet Leyla Velarde bei der Caritas als Ehrenamtskoordinatorin. Denn ohne ehrenamtliche Unterstützung geht es in der Flüchtlingshilfe nicht. Das gilt auch für junge Flüchtlinge, die in Remscheid einen Ausbildungsplatz gefunden haben. Deshalb sucht Velarde „Jobpaten“, die sich im deutschen Arbeitssystem gut auskennen. Einen hat sie schon gefunden, den früheren Edscha-Unternehmer Richard Bremicker; er kümmert sich um einen jungen Syrer. „Ideal wären als Jobpaten auch Handwerksmeister im Ruhestand“, sagte gestern Martina Richard. „Je mehr, desto besser!“ Mindestens zwei Stunden pro Woche sollten sie schon Zeit haben für den Kontakt mit einem Flüchtling, dem es an sozialen Kontakten mangelt.

Um soziale Kontakte soll sich auch Theresa Güldenring kümmern. Die gebürtige Remscheiderin ist für die „Integrationsagentur“ der Caritas zuständig, soll Kontakte knüpfen zu Migrantenselbstorganisationen bzw. zwischen Remscheider Bürgern mit Zuwanderungsgeschichte und Einheimischen. Konkretes Beispiel: Beim jüngsten Stadtteilfest auf dem Hasenberg bot eine eritreische Gemeinschaft, die sich kürzlich gebildet hatte, Speisen aus ihrer Heimat an. Den Kontakt zum Veranstalter, der IG Hasenberg, hatte Theresa Güldenring hergestellt. Sie weiß: „Integration funktioniert nur von beiden Seiten!“ Ihre Stadtteilarbeit gilt derzeit im Wesentlichen Lennep und Stachelhausen.

„Das soziale und kulturelle Leben im Stadtteil Stachelhausen ist geprägt von seiner kulturellen Vielfalt. 62,8 Prozent der Menschen in diesem Stadtteil haben einen Migrationshintergrund. Es ist der prozentual höchste Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund in der Stadt, die größte Migrantengruppe bilden die türkischstämmigen Personen“, heißt es im Jahresbericht 2016 des Fachdienstes. „Viele Bewohner im Stadtteil Stachelhausen haben wirtschaftliche und soziale Schwierigkeiten aufgrund der strukturellen Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt und des Verlusts des Arbeitsplatzes im produzierendem Gewerbe. Der dadurch eingesetzte Bevölkerungsverlust und der hohe Anteil an Transferleistungsempfängern haben im Stadtteil zu einer komplizierten gesellschaftlichen Situation beigetragen.“ Deshalb sei in diesem Stadtteil eine stärkere Integrationsarbeit anzustreben. Zitat: „In Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Akteuren vor Ort wird ... auf eine versöhnte Vielfalt der Kulturen und Traditionen hingearbeitet. Vielfalt in seinem Reichtum zu erkennen, zu gestalten und leben zu lernen im Sinne einer Willkommens- und Anerkennungskultur, ist das Hauptziel einer solchen Arbeit!“ Da benötigt Theresa Güldenring sicherlich auf vielfältige Weise Unterstützung.

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Martina Richard am :

Gerne möchten wir Sie darüber informieren, dass der Fachdienst für Integration und Migration des Caritasverbandes Remscheid seine Räumlichkeiten in die Alleestr. 39 verlegt hat und dort nun seine Beratungsangebote vorhält. Nach einem weiteren Umzug in das Erdgeschoss/Eingang Mandtstraße werden wir uns dann im Januar vollständig neu installiert haben.

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