Lausitzer Rundschau: Der Fall Dogan Akhanli

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Ende gut, alles gut? Mitnichten. Der deutsche
Autor Dogan Akhanli ist zwar von den spanischen Behörden vorerst
wieder freigelassen worden. Das ist gut so. Doch es ändert nichts
daran, dass niemand sicher zu sein scheint vor dem langen Arm des
türkischen Präsidenten Erdogan. Auch nicht fern ab der Türkei.
Zumindest dann nicht, wenn man kritischer Journalist, Schriftsteller
und Andersdenkender ist. Oder Bundesaußenminister. Die
selbstherrlichen Attacken, die der Mann vom Bosporus angesichts des
Falls Akhanli gegen Sigmar Gabriel gefahren hat, sind an
Überheblichkeit kaum zu überbieten. Das ist zugleich politischer
Kampf auf Kindergartenniveau. Aber leider nicht nur lächerlich,
sondern auch brandgefährlich. Weil Erdogan damit die Stimmung inner-
und außerhalb seines Landes gegen die deutsche Politik und ihre
Vertreter weiter aufheizt. Er legt die Axt ans friedliche Miteinander
hierzulande. Doch Obacht: Das ist die klassische Strategie von
Autokraten. Um vor allem innenpolitisch ihre Macht zu sichern,
konstruieren sie äußere Gegner und Feindbilder, werden Konflikte mit
anderen immer wieder neu geschürt. Man kann nur hoffen, dass
möglichst wenige Menschen Erdogan auf den Leim gehen. Sicher darf man
sich da jedoch nicht sein. Der Fall Akhanli zeigt darüber hinaus
erneut, dass Erdogan im wahrsten Sinne des Wortes keine Grenzen kennt
– oder sie bewusst verletzt. Erinnert sei nur daran, dass der
Präsident ja auch schon seine Spione losgeschickt haben soll, um
vermeintlich kritische Landsleute in Deutschland auszuforschen. Eine
Dreistigkeit. Und aus fadenscheinigen Gründen sitzen in den
türkischen Gefängnissen immer noch der deutsch-türkische Journalist
Deniz Yücel und der Menschenrechtler Peter Steudtner in Haft, dazu
noch einige andere, die bei allen Bemühungen um Freilassung nicht
vergessen werden dürfen. Sie sind alle Geiseln des Präsidenten. Die
Liste der Einmischungen Erdogans und seiner unverfrorenen Attacken
ist also lang. Und sie wird länger werden, wenn die Bundesregierung
sich nicht noch stärker gegen Ankara wehrt. Außenminister Gabriel hat
unlängst angekündigt, die Hermes-Bürgschaften für Türkei-Geschäfte –
mit denen der Staat Auslandsgeschäfte von Unternehmen gegen Ausfälle
absichert – zu überprüfen. Das reicht nun nicht mehr aus. Jetzt muss
die Regierung auch entstprechend handeln, weil allein
wirtschaftlicher Druck helfen kann, Erdogan ein wenig zur Besinnung
zu bringen. Europa ist da zugleich gefordert. Wenn Ankara also
europäische Abkommen dazu nutzt, unliebsame Kritiker zu verfolgen,
dann müssen diese eingegangenen Kooperationen schleunigst beendet
werden. Damit sich ein Fall Akhanli nicht wiederholt. Doch dazu muss
Europa mehr an einem Strang ziehen. In der Türkei-Frage scheint das
nicht immer der Fall zu sein. Zumindest reagiert Brüssel gerne laut,
aber dann leider nur halbherzig. Auch dies muss sich zügig ändern.

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