Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Erdogan

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Man kann über Sigmar Gabriel manches Schlechte
sagen – aber in Sachen Türkei-Politik gibt der SPD-Außenminister
momentan eine ausgezeichnete Figur ab. Von ihm kommen die Ansagen,
die man sich auch von Kanzlerin Angela Merkel öfter wünschen
würde. Erst am Wochenende machte Gabriel deutlich, dass die
Bundesregierung den zuletzt eingeschlagenen härteren Kurs gegenüber
der Türkei langfristig fortsetzen müsse. »Wir dürfen nicht glauben,
dass das in ein paar Wochen erledigt ist.« Und als er das sagte,
wusste Gabriel noch gar nichts von dem Fall des in Spanien
festgenommenen deutschen Schriftstellers Dogan Akhanli. Auch wenn
Akhanli unter Auflagen wieder frei ist und die deutsche Diplomatie
vor und hinter den Kulissen alles versucht, die Spanier von einer
Auslieferung Akhanlis an die Türkei abzuhalten, steht fest: Recep
Tayyip Erdogan sucht die Provokation. Und er wird sie weiter suchen.
Erdogan hat schon lange eine Grenze überschritten – sein
Verhalten ist unerträglich, seine Attacken sind unverschämt. Im
Streit um seine dreiste Einmischung in den Bundestagswahlkampf hat
er am Samstag sogar noch einmal nachgelegt. Direkt an die Adresse
Gabriels gerichtet, sagte der türkische Präsident: »Wer sind Sie
denn, um den türkischen Präsidenten anzusprechen? Erkennen Sie Ihre
Grenzen.« Selbstherrlicher und arroganter geht es kaum. Zugleich
bekräftigte Erdogan seinen Aufruf an die wahlberechtigten
Deutschtürken, am 24. September nicht für CDU, SPD oder Grüne zu
stimmen. Diese Parteien seien Feinde der Türkei, ihnen müsse »die
beste Lektion erteilt werden«. Und: Gabriel sei »eine Katastrophe«.
Eine unglaubliche Entgleisung! Lange hatte die Bundesregierung
stillgehalten. Sehr lange sogar. Erst nach der Verhaftung des
deutschen Menschenrechtlers Peter Steudtner im Juli wurde der
moderate Kurs gegenüber Erdogan aufgegeben. Das war auch
höchste Zeit, wie sich jetzt herausgestellt hat. Reisehinweise
wurden verschärft und Firmen vor Investitionen gewarnt. Erfolg
immerhin: Die Türkei ließ die Liste mit 680 deutschen Unternehmen
unter Terrorverdacht zurücknehmen. Doch solange es bei den
deutschen Häftlingen kein Einlenken gibt, muss es beim Kurs der
Härte bleiben. Zu Recht schlägt Gabriel vor, den Ausbau der
Zollunion zwischen der Europäischen Union und der Türkei auf Eis zu
legen. Zudem soll die deutsche Förderung für Investitionen und
Exporte begrenzt werden. Es ist schlimm mit anzusehen, wie sich die
Türkei unter Erdogan immer weiter von Europa (und der EU)
entfernt. Doch erst wenn man am Bosporus zur Besinnung kommt, kann
es eine Besserung der Beziehungen geben. Das wäre in unserem wie
im Sinne dieses wundervollen (Reise-)Landes und seiner vielen
gastfreundlichen Menschen gewiss wünschenswert. Wahrscheinlich ist es
momentan aber leider nicht.

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 – 585261

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