Schuster bleib bei deinem Leisten… oder: Wie Politiker im Gesetz rumpfuschen

Frank Hannig

Bob der Baumeister war der Held meiner Kinder. Aus gutem Grund. Er hat die Dinge immer bis zum Ende erledigt- alles gebaut, entwickelt, repariert- bis es funktioniert hat.

Juristisch waren das immer Werkverträge. Das besondere an einem Werkvertrag ist: Der Unternehmer schuldet dem Besteller ein Werk, also ein fertig gestelltes Produkt, dass die vereinbarten Eigenschaften aufweist und zu dem vertragsgemäßen Gebrauch geeignet ist.

Bob der Baumeister hat in jeder einzelnen Folge sein Werk errichtet, es hat funktioniert, der Auftraggeber hat es abgenommen (wahrscheinlich auch bezahlt, aber da hat die Kinderserie immer rechtzeitig vorher ausgeblendet).

Abzugrenzen hiervon sind Dienstverträge und Kaufverträge. Nun schreibe ich hier keine Doktorarbeit sondern meinen Blog- deshalb vereinfache ich mal ein wenig: Beim Dienstvertrag wird kein bestimmter Erfolg geschuldet, also kein fertiges Werk. Hier geht es um eine gewisse Zeitdauer, einen Dienst der über einen gewissen Zeitraum unabhängig von seinem konkreten Erfolg geschuldet ist. Beim Kauf geht es nicht um ein einmaliges Werk- nicht um eine bestimmte individuelle Sache, die extra für den Besteller angefertigt wird sondern um den Erwerb einer „vertretbaren“ Sache- also einer Sache, die es so oder zumindest vergleichbar vielmals gibt und die daher austauschbar ist. Das ergibt Sinn. Ende des vorletzten Jahrhunderts entstand aus den gesammelten Erfahrungen von nahezu 1000 Jahren Rechtspflege das Bürgerliche Gesetzbuch mit genau diesen Regeln. Diese Gesetz funktioniert genialerweise bis heute- trotz Internet und Globalisierung und Internationalismus.

Bis zu dem Moment, an dem die Kompetenz für Gesetze, die für alle gelten, von Leuten ausgeht, die davon keine Ahnung haben- die nicht Juristen sind, oder Unternehmer oder Wissenschaftler, sondern vielmehr Verbraucher. Die Rede ist von unseren Politikern. Und so passiert gerade etwas, was vermutlich für die meisten Juristen völlig unverständlich ist, was Gerichte zu verzweifeltem Aufstöhnen treiben wird und zu viel mehr Streit und neuen teuren Prozessen führen wird: Im Namen des Verbraucherschutzes stümpert der Bundestag am Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) herum, ohne sich über die Konsequenzen im Klaren zu sein:

Zum Verbraucherschutz von „Häuslebauern“ wird das Werkvertragsrecht abgeändert: Gute Idee für Verbraucher- Eine Katastrophe für Unternehmer.

Die klaren Spielregeln von Bob dem Baumeister werden ausser Kraft gesetzt und durch fast beliebige Verbraucher- Regeln ersetzt. Ein Werkvertrag darf jetzt aus wichtigem Grund gekündigt werden, wie ein Dienstvertrag. Was beim Vertrag mit der Sekretärin, Putzfrau oder dem Klavierlehrer aber völlig ok ist, funktioniert beim Bauunternehmer nicht so einfach: Darf ich den nun feuern, weil er mein Haus zu 90 % fertig gebaut hat aber dann mit meiner Frau flirtet? Bekommt er dann sein Geld noch- obwohl das Werk ja nicht abgenommen wird? Ein wichtiger Grund wäre es ja. Oder darf ich den Unternehmer der für Tausende Euro meinen Oldtimer repariert hat kurz vor Fertigstellung rauswerfen, weil ich betrunken den Führerschein verloren habe? … wäre ein wichtiger Grund.

Ein Werk ist individuell, Ein Kaufgegenstand ist eher beliebig. Baue ich bisher einen beweglichen Gegenstand (zum Beispiel einen Dachbalken) in ein Werk (zum Beispiel ein Wohnhaus) ein- wird der Gegenstand Bestandteil des Werkes und gehört dazu. Ein Fehler am Balken wird zu einem Mangel des Werkes, berechtigt zu Nachbesserung oder Werklohnminderung. Das ist sachdienlich und angemessen. Was pfuscht der Bundestag (Bob der Pfuscher ist eine wirklich lustige Facebook- Seite, die hier mehr als passend wäre) nun in diesem Gesetz herum? In Zukunft sollen bewegliche Sachen in einem „Werk“ aus Verbraucherschutzgründen weiterhin wie solche „Kaufgegenstände“ behandelt werden. Das ist nett für Verbraucher, die nun verlangen können, dass die eingebaute Türklinke in Goldbronze gegen die eigentlich bestellte in Messing, glänzend ausgetauscht wird. Aber was ist mit einem Dachbalken aus Fichte statt Kiefer in einem ansonsten tadellosen und vor allem fertig gestellten Haus? Der Unternehmer müßte den Balken entfernen! Das Haus müßte faktisch abgerissen werden und neu wieder aufgebaut! Der Bauunternehmer wäre stehenden Fusses pleite- obwohl der Mangel vergleichsweise marginal wäre. Denkt in Berlin noch irgend jemand, der nicht selbst „Verbraucher“ ist und mit 10.000 Euro Monatseinkommen vom grünen Tisch aus Bestellungen aufgibt? Also denken im Sinne von „Nachdenken“ unter Benutzung eines dafür vorgesehenen Gehirns- nicht „Denken“ im Sinne von „was will die Masse der Verbraucher hören, damit sie mich wieder wählen wird?“

Die Werkunternehmer in Deutschland sind nicht nur die großen Industriebetriebe. die in der Regel gar nicht mehr für Verbraucher tätig sind, sondern für andere Unternehmer- nein: die Werkunternehmer sind in der Regel der Mittelstand. Der Dachdecker, Autoschlosser oder Maler. Das Rückgrat unserer Wirtschaft. Und unsere Politiker laden wieder ein neues „Verbraucherschutz- Ding“ auf deren Rücken ab… ohne Sinn und Verstand und ohne nachzudenken, dass Bob der Baumeister mutmaßlich gar nichts mehr reparieren würde oder Bauen oder Projektieren, wenn er vor lauter Frust über schlechte Gesetze seine Firma schließen würde um Verbraucher zu werden- so wie unsere Politiker.

Wir lösen Probleme. Immer.
Hannig. Rechtsanwälte