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DBU: “Wir sind womöglich letzte Generation, die Umschwung noch schaffen kann”





DBU-Kongress zum 25-jährigen Bestehen der DBU in
Berlin – Appelle, entschlossen zu handeln

“Kleine, nationalstaatliche Strukturen sind wieder auf dem
Vormarsch. Doch das kann nicht die Antwort auf die globalen Fragen
wie Klimawandel und Armut sein. Was wir stattdessen brauchen, sind
globale Kooperationen. Nur wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen,
können wir die komplexen Aufgaben angemessen lösen, denn
Umweltprobleme machen vor Staatsgrenzen keinen Halt.” – Diesen Appell
richtete heute Dr. Heinrich Bottermann, Generalsekretär der Deutschen
Bundesstiftung Umwelt (DBU), im Radialsystem Berlin an Politik,
Forschung, Wirtschaft und Gesellschaft. Aus Anlass ihres 25-jährigen
Bestehens veranstaltete die DBU einen Kongress, in dem es um die
Kernfragen ging, wie Innovationsprozesse gefördert und etabliert
werden und einen Beitrag dazu leisten können, den Wandel hin zu einer
nachhaltigen Gesellschaft voranzutreiben.

Wie leben und wirtschaften, ohne Erdsystem an Grenzen seiner
Tragfähigkeit zu bringen?

Bottermann betonte, 25 Jahre nach Gründung der DBU beobachte die
DBU besorgt, wie sich das Rad der Geschichte in Teilen in Richtung
Kleinstaaterei zurück drehe. Dabei zeigten die jüngsten
internationalen Umweltschutzabkommen, dass ein Schulterschluss über
Ländergrenzen und Kontinente hinweg trotzdem möglich sei. Die Frage
sei, wie der Wandel in Richtung auf eine nachhaltige Gesellschaft
gelingen könne, wie Menschen leben und wirtschaften könnten, ohne das
Erdsystem an die Grenzen seiner Tragfähigkeit zu bringen.

“Drehen das Rad in falsche Richtung”

Denn der Mensch treibe den Planeten an seine Belastungsgrenzen. Er
sei zwar “offenbar in der Lage, das große Rad zu drehen. Nur wir
drehen es in die falsche Richtung.” Was wir brauchten, um heutigen
und folgenden Generationen weltweit eine lebenswerte Welt zu
erhalten, seien grundlegende neue Ansätze – nicht nur in der Technik,
sondern auch in Forschung, Wirtschaft und Gesellschaft. In einer
immer komplexer werdenden Welt bedürfe es einer Vielfalt von
Innovationen, die über technische Lösungen hinausgehen: neuer
Geschäftsmodelle, die auch Einzelunternehmern und Mittelständlern
eine Chance in einer globalisierten Welt geben, neue
Gesellschaftsmodelle, die auch diejenigen mitnehmen, die von der
rasanten Entwicklung abgehängt werden. Bottermann: “Wir sind
womöglich die letzte Generation, die den Umschwung noch schaffen kann
und gleichzeitig die erste, die unter den massiven Auswirkungen der
globalen Veränderungen zu leiden hat.” Letztlich gehe es um die
Frage, wie 2050 rund zehn Milliarden Menschen gut und im Einklang mit
den natürlichen Lebensgrundlagen leben könnten.

Erneuerung, Inspiration, Kreativität und Mut nötig, um notwendigen
Kurswechsel zu schaffen

Um den notwendigen Kurswechsel zu schaffen, brauche es Erneuerung,
Inspiration, Kreativität – und Mut, komplizierte Fragen in Angriff zu
nehmen und Dinge beim Namen zu nennen. Bottermann: “So zum Beispiel,
dass die weitere Nutzung von Kohle zur Energiegewinnung letztlich die
Sicherheit und damit auch die Zukunftsfähigkeit unseres Planeten
gefährdet.” Die Zusammenhänge müssten den Menschen erklärt werden –
insbesondere denen, die existenziell von den Veränderungen betroffen
seien. Strukturpolitik müsse auch sozialverträgliche Lösungen
aufzeigen und dürfe die Betroffenen nicht allein lassen.

“Wer nichts Neues wagt, erzielt auch keinen Fortschritt”

Es brauche aber auch Haltung, für eine Sache einzustehen – gerade
auch, wenn langfristig angelegte Lösungen zunächst unpopulär seien,
weil sichtbare Erfolge erst später spürbar würden. Er sehe die DBU,
so Bottermann, als “Anwalt der Fakten”, was umso wichtiger sei in
einer Zeit, “in der wissenschaftliche Erkenntnisse und Tatsachen eine
immer geringere Rolle zu spielen scheinen.” Es brauche Mut, Neues
auszuprobieren und dabei auch einmal Fehler oder sogar Scheitern in
Kauf zu nehmen. Bottermann: “Das liegt im Wesen von Innovationen: Wer
nichts Neues wagt, erzielt auch keinen Fortschritt. Lassen Sie uns an
die Neuerungen herangehen und begeben wir uns mutig auf den Weg in
eine lebenswerte Zukunft!”

Innovative nachhaltige Verhaltensformen entwickeln und umsetzen

Wir alle würden jeden Tag mit unserem Verhalten entscheiden, ob
sich Neues entwickeln und etablieren könne. Ob als Konsument, als
Unternehmer, als Wissenschaftler, als Politiker oder in welcher
Funktion auch immer: Letztendlich müssten die Menschen innovative
nachhaltige Verhaltensformen entwickeln und umsetzen. Die Agenda 2030
der Vereinten Nationen und die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten
Nationen mit ihren 17 Nachhaltigkeitszielen bildeten den sicheren
Handlungsspielraum, das Pariser Klimaschutzabkommen mit Leben zu
erfüllen.

430.000 zusätzliche Stellen durch Klimaschutz-Aktionsprogramm bis
2020 erwartet

Dabei dürfe niemand zurücklassen werden. Viele Menschen fühlten
sich abgehängt. Aus Unzufriedenheit erwachse Wut – der Nährboden für
Populisten, die einfach Antworten auf schwierige Fragen gäben. Das
äußere sich “in seiner absurdesten Form in der Leugnung des
menschengemachten Klimawandels”. Innovationen in ihrer gesamten
Bandbreite seien der Motor, der die Gesellschaft in Richtung
Nachhaltigkeit umbaue. Sie sei eine Chance, “bei der wir mehr
gewinnen als verlieren können”. So sei der wirtschaftliche Nutzen der
Innovationen aus dem Klimaschutz-Aktionsprogramm enorm: In einem
überschaubaren Zeitraum würden nach einer vom Bundesumweltministerium
in Auftrag gegebenen Studie 430.000 zusätzliche Stellen in
Deutschland und ein zusätzliches Bruttoinlandsprodukt von einem
Prozent erwartet.

“Unsere Solidarität ausdehnen auf Menschen, die noch gar nicht
geboren sind”

Prof. Dr. Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des
Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und Träger des Deutschen
Umweltpreises der DBU, forderte in seinem Vortrag zum Klimaschutz,
alte Muster des Denkens aufzubrechen. In den letzten 120, 130 Jahren
sei in Sachen Klimawandel ein klarer Trend nach oben zu registrieren.
Davon, dass er eine Pause eingelegt habe, könne gar keine Rede sein.
2016 werde das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen
sein, das Eis in Arktis und Antarktis habe einen historischen
Tiefstand erreicht. Schellnhuber: “Es passiert etwas höchst
dramatisches. Wir sind schon in eine Gruppe von Stop-Schildern
hineingefahren und erleben einen Eingriff in die Schöpfung
allererster Dramatik.” Schellnhuber forderte einen Ausstieg aus der
Kohle, die komplette Dekarbonisierung, weniger Individualverkehr und
neue Methoden beim zukünftigen Städte- und Straßenbau. Wir brauchten
Innovationen, müssten geeignete Infrastrukturen schaffen – und dabei
alle Bevölkerungsschichten und Generationen mitnehmen. Schellnhuber:
“Wir müssen mitfühlen mit zukünftigen Generationen und unsere
Solidarität ausdehnen auf Menschen, die noch gar nicht geboren sind.”
Ein gestaltender Staat müsse das Heft des Handelns wieder in die Hand
nehmen. Schellnhubers Schlussappell: “Die Intellektuellen in
Deutschland müssen endlich Position beziehen.”

Innovationen – sozialwissenschaftlich betrachtet

Prof. Dr. Rainer Walz, Leiter des Competence Centers
Nachhaltigkeit und Infrastruktursysteme am Fraunhofer-Institut für
System- und Innovationsforschung (Karlsruhe), ging aus
sozialwissenschaftlicher Sicht auf das Thema Innovationen ein. Er
forderte experimentierfreudige Unternehmen und Organisationen, einen
gestaltenden Staat, hohes Umweltbewusstsein verbunden mit der
Bereitschaft zur Verhaltensänderung, mehr Investitionen und
technische Lösungen, mehr Bildung und Kommunikation und ein
verstärktes Nachdenken in der Wissenschaft über ihre
gesellschaftliche Verantwortung.

Pressekontakt:
Ansprechpartner
Franz-Georg Elpers
– Pressesprecher –

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Original-Content von: Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU), übermittelt durch news aktuell

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Erstellt von an 8. Dez 2016. geschrieben in Umwelttechnologien. Sie können allen Kommentaren zu diesem Artikel folgen unter RSS 2.0. Sie können einen Kommentar schreiben oder einen trackback setzen zu diesem Artikel

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