Herdenschutzhund – kein Hütehund

Schafe beschützt vom Herdenschutzhund

Wer fürchtet sich vorm bösen Wolf? – Ich nicht, aber ganz sicher einige Schafe und auch Rinder bei uns in der Region zwischen Elbe und Weser. Hier wird der Wolf allmählich wieder heimisch, ein Wolfspaar hat sich bereits angesiedelt und erfolgreich Junge aufgezogen. Grundsätzlich finden die Wölfe in dieser wildreichen Region genug „wilde“ Nahrung, so dass sie sich nicht an Nutztieren vergreifen müssen. Leider tun sie das aber trotzdem in zunehmendem Maße, was ihnen nicht gerade Sympathien einbringt und den Wolfsgegnern reichlich frisches Fleisch ähhh frische Argumente liefert. Ich stelle mir vor, dass sich ein Wolf vor einer eingepferchten Herde Schafe oder Rinder fühlt wie ein Pauschaltourist am All-you-can-eat-Buffet: Maßlos. Und genauso verhält er sich dann auch. Er reißt unnötig viele Schafe, weil sie ihm ja nicht entwischen können und weil sie nun mal so leicht und lecker vor seiner Nase herumstehen (Das entspricht den vielen, noch fast vollen Tellern, die bei all-inklusive Reisen häufig wieder in die Küche und damit in den Müll wandern). Das bedeutet aber viel Leid für die Schafe/Rinder und damit auch für die Halter. Entschädigung finanzieller Art gibt es nur, wenn zuvor wirkungsvolle Maßnahmen zur Wolfsabwehr ergriffen wurden. Aber was ist eine wirkungsvolle Maßnahme?

Herdenschutzhund versus Hütehund

In diesem Zusammenhang fällt neben wolfssicheren Zäunen häufig auch der Begriff Herdenschutzhund. Zuerst habe ich darüber so hinweg gelesen und in meinem Hirn spulte sich die bekannte Gleichung  Schaf+Hund=Hütehund ab. Aber bei genauem Hinsehen bzw. Hindenken fiel mir auf, dass mit einem Herdenschutzhund sicher kein niedlicher Bordercollie gemeint ist. Tatsächlich handelt es sich um einen ganz anderen Hundetyp, und zwar so ziemlich um das genaue Gegenteil eines Hütehundes.

Was ist ein Herdenschutzhund?

Ein Herdenschutzhund ist kein verlängerter Arm des Hirten, sondern versteht sich als ein Mitglied der Herde, in der er idealerweise aufgewachsen ist und mit der er ganzjährig zusammenlebt. Er verlässt die Herde nicht denn er empfindet sie als sein Rudel. Die Herde selbst ist tabu, aber Angreifer von außen werden in die Flucht geschlagen. Dabei arbeitet der Herdenschutzhund selbständig und nicht auf Kommando des Hirten. Das wäre ja auch sinnlos, dann könnte dieser ja auch gleich selbst den Wolf vertreiben. Das Problem bei Herdenschutzhunden kann nun sein, dass sie „gute Fremde“ nicht von „bösen Fremden“ unterscheiden können. Es ist ja auch nicht einfach zu verstehen, warum die Wanderer mit Stock und Begleithund einfach so durch die Herde marschieren dürfen während Wolf und Bär vertrieben werden müssen. Daher können Herdenschutzhunde durchaus gefährlich werden. In Italien, wo wir diesen Sommer gewandert sind, fanden sich Warnschilder, auf denen darauf hingewiesen wurde, dass in diesem Gebiet Herdenschutzhunde ihren Dienst tun. Auch in der Schweiz sind diese häufig vertreten und ich vermute, dass sich mit der Ausbreitung der Wölfe in Deutschland auch die Zahl der Herdenschutzhunde erhöhen wird. Und dann sollte man wissen, dass es sich nicht um einen besonders großen, weißen Golden Retriever handelt, sondern um einen Pyrenäenberghund oder einen Maremmo Abruzze (auch Kangals, Owtscharkas oder Mastin Espanols werden als Herdenschutzhunde eingesetzt), der dort so scheinbar friedlich bei der Schafherde döst und dem man nur mal eben im Vorbeigehen die Ohren kuscheln möchte.

Fakten zum Herdenschutzhund

Herdenschutzhunde werden, wie der Name verrät, zum Schutz der Herde gegen Eindringlinge gehalten. Eindringlinge können Wölfe, Bären, Luchs, Fuchs aber auch Krähen oder menschliche Diebe sein. Diese soll er vertreiben, notfalls auch bekämpfen. Dabei handelt er nicht auf Kommando, sondern eigenständig. Der Herde, dem Hirten und zufälligen Passanten darf er aber nichts tun. Dieser Spagat ist für den Hund sehr schwer zu bewältigen, daher eignen sich nur wenige Hunde für diese anspruchsvolle Tätigkeit. Eine Herdenschutzhund muss folgende Fähigkeiten haben:

  • Herdentreue: Der Hund empfindet die Herde als sein Rudel, ist in ihr aufgewachsen und sozialisiert worden und verlässt sie nie.
  • Schonung der Herde: Herdentiere werden nicht gejagt, verletzt oder zum Spielen verwendet.
  • Keine Bedrohung von Passanten (und ihren Hunden). Der Herdenschutzhund muss selbständig zwischen Feind und Freund unterscheiden können. Ein schwieriger Spagat.
  • Kein Jagdverhalten gegenüber Wildtieren. Außer wilden Wölfen, Bären, Luchsen…
  • Keine Angst vorm bösen Wolf. Beutegreifer müssen in die Flucht geschlagen werden. Daher müssen Herdenschutzhunde mutige und selbstbewusste Hunde sein.

Wie man sieht, ist es nicht einfach für einen Herdenschutzhund, alles richtig zu machen und die Ausbildung eines solchen Hundes ist höchst anspruchsvoll. Wenn ich mal ein Hinweisschild auf einen Herdenschutzhund sehe, mache ich lieber einen großen Bogen um das Gebiet! Aber ich habe große Achtung vor diesen Hunden. Hier gibt es noch mehr Informationen zu Herdenschutzhunden, auch zu anderen Herdenschutztieren mit langen Ohren!

Viele Grüße
Uta

3 Kommentare

  1. ueberraschungspakethund@googlemail.com'
    Isabella sagt:

    Ein sehr schöner Beitrag – leider ist vielen der Unterschied nicht klar und gerade bei der Anschaffung eines Hundes sollte man darüber gut nachdenken 🙂
    Wir haben unser Leben schon mit zwei Herdenschutzhund-Mischlingen geteilt – und ihre Fähigkeit und auch den Willen eigene Entscheidungen zu treffen sollte man nicht unterschätzen.

    Liebe Grüße,
    Isabella mit Damon und Cara

      • ueberraschungspakethund@googlemail.com'
        Isabella sagt:

        Das sind sie – in jeder Hinsicht. Ich bin mir nicht sicher, ob Du Dich noch an unsere Laika erinnerst. Sie war ja auch ein HSH-Mix. Einige Experten meinten ev. Owtscharka oder Sarplaninac – bekommen haben wir sie als Leonberger-Mix.

        Ich bin froh, dass wir vorher mit unserer Kuvasz-Mix-Hündin schon Erfahrungen gesammelt hatten 🙂

        Liebe Grüße,
        Isabella

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