Liebe auf Umwegen

Eine schöne Sendung / Wiederholung kam heute im Schweizer Fernsehen, "Liebe auf Umwegen". Sie summierte jeweils ca. 40 Jahre dreier Liebespaare, die sich nicht im Beginn ihrer Liebe für lang fanden, sondern sich aus diversen Gründen nach dem ersten Feuer trennten. Und sich nach vielen Jahren doch noch fanden.

Mir hat das sehr gefallen, erinnere ich mich doch zurück, durchaus auch gerne, in welche Mädchen ich damals im Gymnasium verknallt war. Als molliger und verklemmter, drum oft raunziger Klotz blieb das aber meistens in dem verborgen - und wenn es doch rauskam, erkannte der Klotz es nicht richtig - das Umfeld aber schon. Was grad nochmals für rumorende Irritationen im nur äusserlich unbewegten Klotz führte.

In jenem Alter sagte mir der Verstand zwar schon, dass ich bekloppt bin. Aber der Verstand kam nicht gegen die enorme Macht der Emotion an, die mich fast wortwörtlich lähmte im Beisein des gewünschten weiblichen Wesens.

Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie ich in einem kleinen Zimmer meiner damals äusserst schmerzhaft begehrten Mitgymnasiastin stand, und selbst jenen spärlichen Raum nicht ausnützte, sondern praktisch auf der Fläche des Paars meiner Schuhe über eine Stunde erstarrt stand und nur laberte.

Es war schlimm für mich. Die Mutter erkannte und wusste, was in mir war. Mütter wissen das wohl immer, und auch noch bevor man selbst es weiss. Doch sie sagte meines Wissens nie was.

Nun, es brauchte viele Jahre, bis der Klotz auch äusserlich zu brökeln begann, dünnwandig wurde, und sich endlich mal jemand von drinnen meldete. Die Mädchen der Jugend waren alle weg, doch eine Geschäftsfrau, wenig jünger als ich, zermürbte meinen Restbeton über die Jahre.

Bzw. ich war das selbst, sie bot mir die Möglichkeit mit ihrer Art und Duldung, dass ich endlich begann, die Eierschale aufzupicken. Denn bei mir war seit unserem ersten Treffen sofort die Empfindung präsent, dass ich bei ihr zuhause bin. Ihre Arbeit war zwar sehr zeitintensiv, sie führte als Chefin eine Redaktion, und ich wusste, solcher Arbeitsstress wird nie zu meinem Leben gehören. Dennoch wollte ich ab dann natürlich nur noch mit ihr zusammensein, auch wenn da halt bei ihr nur Arbeit war. Das klappte anfänglich auch, weil ich damals eine Software entwickelt hatte, die offenbar als einzige mit Hunderttausenden von Adressen zurechtkam. Dass in jenen Zeiten nicht nur ich, sondern auch Computer noch sehr langsam waren, kam mir grad zupass, denn so ergaben sich für mich viele Stunden des Wartens in ihren Büroräumlichkeiten, in der ich wenigstens um sie herum sein durfte. Und sie schaute auch ab und an nach dem Computerfuzzi. Meine Begierden waren damals auch noch sehr unter Verschluss, weshalb da nie was passierte - leider, denn ihre Art liess mich erst erahnen, welche Sexualität wohl irgendwann mal meine sein würde - doch das wusste ich damals nicht. Diese Zeiten gingen definitiv dann zu Ende, als ihre Zeitung eingestellt werden musste. Da gab's ja auch keinen Grund mehr für meine Adressverwaltung ...

Doch all das, ihr Stress, all das, was ich sonst noch an "Unschönem" sah, überwog niemals meine Sicherheit, dass sie die Richtige sei. So ging dann mehr oder weniger fast eine Dekade ins Land, in der wir beruflich Kontakt hatten - oder auch nicht. Ab und an fast ein lang Jahr gar keinen.

In der Zeit, als ich sie kennenlernte, passierte mir, dass ich zwei andere Frauen gleichzeitig kennenlernte, mit denen dann für wenige Monate Sexualität und Gemeinsamkeit erlebbar wurde. Für mich grad mühsam, denn die, die ich wollte, wollte mich nicht, und die ich bekam, die mochte ich zwar beide sehr, doch sie waren halt nicht die Begehrte.

Vor allem eine der beiden half mit enorm, denn sie zeigte mir eine Lebensart, die ich bis damals noch nie von irgend jemandem vorgelebt bekam. Sie war mir in jeder Hinsicht überlegen - und nutzte das nicht aus. Doch sie terminierte unsere Zeit, nicht ohne mir beim Abschluss dann noch mitzugeben, woher sie ihre höchst beeindruckende Lebensart hatte. Mit ihr als lebendigem Beispiel fiel es mir dann leicht, eine Gruppe von Bewusstseinstrainern zu finden, deren Informationen mich bis zum heutigen Tag mein Leben unendlich viel einfacher und leichter erleben lassen. Sie lebte dies vor, ich wollte das auch lernen und können - und das war Ende der Beziehung und Start des bis heute anhaltenden Bewusstseinstrainings.

Ich begab mich also immer mehr auf den Selbsterkennungsweg, besuchte Seminare, lernte weise Leute kennen, probierte deren Hinweise aus und konnte meiner Begehrten davon in meiner damaligen Unbeholfenheit doch auch schon einiges weitergeben. Das gefiel mir deshalb sehr, weil ich merkte, dass sie das auch sucht, aber nicht so prioritär wie ich. So - im Nachhinein - erhielt sich unsere Bekanntschaft wohl - sie war nach eigener Aussage eh nie an mir interessiert als Person, aber als Informationsvermittler schon. Das machte es mir natürlich auch nicht einfacher, da ich diese Diskrepanz bemerkte. Und ich merkte es auch an ihren Reaktionen an, denn ich wurde schon mutiger über die Zeit ... ich war halt ein Langsamstarter ... :-)

Doch ich habe auch eine Eigenschaft, sehr klar zu sehen. Ob ich nun wollte oder nicht. In der Schulzeit waren meine Sprüche oft sehr verletzend. Unbewusst geäussert natürlich, oft ins Schwarze treffend - daher das "verletzend". Und ich verstand dann die meines Erachtens völlig überzogenen Reaktionen nicht. Man sagt ja oft, Kinder seien grausam. Das ist natürlich völlig falsch, sie sind einfach direkt und ehrlich und sagen, was sie sehen. Erst die Empfänger der Texte finden's dann grausam - weil es sie halt trifft.

Heute nutze ich diese Fähigkeit bewusst - und kann vor allem meine Schnauze halten. Früher brachte ich sie nicht auf, oder nur unter Druck und traf dann, heute muss ich nichts mehr sagen, der Druck ist weg - allermeistens - Ausnahmen? Die Ärger-Rubrik im Blog hier ...

Wie dem auch sei: Auch meine sprichwörtliche Gemütsruhe konnte erschüttert werden. Jene Frau erreichte meine Siedetemperatur schon ab und an. Doch einmal, da knallte der Dampf unkontrolliert aus meinem Topf und ich sagte etwas in meiner gewohnt treffenden Art zu ihr, was sie offenbar so sehr verletzte, dass sie ab jenem Zeitpunkt keinerlei Kontakt mehr wollte. Meine Entschuldigungen versandeten. Selbst auf geburtstägliche Grüsse kommt nie mehr etwas zurück.

Mein Fehltritt ist nun schon viele, viele Jahre her. Dennoch: Im Sinne der Sendung "Liebe auf Umwegen", war diese selbständige Businessfrau und Chefin genau meine sicher grösste Liebe bisher.

Und wie dort erwähnt, kommen andere Menschen ins Leben, auch andere Lebenspartner, doch die erste Liebe, die einen wirklich rannahm, die bleibt immer irgendwo im Kopf. Und wenn man sich reinbegibt, erscheint alles wieder - wie wenn nicht Dekaden vergangen wären.

Es gibt halt keine Zeit. Es ändert sich schon was, aber die Gefühlslandschaft ersteht wohl sofort wieder auf, wenn mann/frau sich an die erste tiefe Liebe erinnert - sei die nun beidseitig oder nur einseitig gewesen. Denn wenn man auch litt, wie ich damals, so ist nach soviel Zeit das Leiden weg, es wich einer Freude, dass ich das erleben durfte, dass so eine Frau da war, um mit mir einige Erfahrungen zu teilen. Denn was sie aus der Sache zog, das weiss ich nicht. Ich weiss nur, dass ich ihr sehr dankbar bin für meine Zeit mit ihr.

Wenn ich heute etwas wehmütig bin an ihren Geburtstagen, dann nur noch darum, weil ich nicht weiss, wie es ihr geht. Und so wünsche ich mir einen wenn auch nur einmaligen Kontakt schon noch, um einfach in ihrer Anwesenheit abschliessen zu können - das, was war. Gewiss zu sein, dass sie glücklich ist in ihrem Leben. Auf eventuell etwas Neues - oder auch nicht. Und wenn es jetzt nichts Neues mehr gibt, dann ist es gut so. Dies war die Änderung, die bei mir durchlief.

Dass ich sie weiterhin liebe, das war und ist mir klar - dass es in der Jugend ein Haben-Wollen war, heute ein Glücklich-Sehen-Wollen ist, das ist die Wandlung von oder der Rückzug der erotischen zugunsten der menschlichen Liebe. In dem Sinne ebenfalls wie in der Sendung "für den Rest des Lebens". Menschliche Liebe ist zeitlos und freiheitbelassend. Nena hat da noch ein paar Attribute mehr zum Besten gegeben.

Deshalb - und noch immer mit etwas Wehmut - liebe ich Dich, Tatjana M.

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