Rein über die Energieeffizienz erreichen wir die Klimaziele nicht – so sehen das Kritiker. Suffizienz-Strategien müssen her, um den Energieverbrauch nachhaltig zu senken und unsere Umweltprobleme zu lösen. Es geht um das richtige Maß der Dinge, beziehungsweise in diesem Fall um den maßvollen Einsatz von Ressourcen und Energie. Suffizienz hilft, Energie zu sparen. Suffizienz kann ohne großen Aufwand von jedem umgesetzt werden. Suffizienz ist zusammen mit Energieeffizienz der entscheidende Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Welt.
Unsere Energiewende beruht zu einem großen Teil auf Energieeffizienz. Das heißt, es werden immer effizientere Verfahren entwickelt, die immer effizientere Produkte herstellen. Befürworter der Suffizienz meinen jedoch, dass dies nicht ausreicht, denn der Energiegewinn werde durch Mehrverbrauch aufgehoben oder sogar ins Negative geführt. Dieser Rebound-Effekt entsteht etwa, wenn die Verbraucher die Energie sparenden Produkte mehr benutzen als vorher. Suffizienz dagegen möchte den Verbrauch an sich mindern. Dies ist eine logische Forderung, die eigentlich noch vor der Effizienzsteigerung stehen sollte. Wenn ich zu viel Energie verbrauche und damit unserer Umwelt schade, sollte ich als erstes den Verbrauch einschränken. Da wir alle nicht ohne Energie auskommen, ist der weitere Schritt, diese benötigte Energie möglichst effizient bereitzustellen und Geräte zu bauen, die energieeffizient arbeiten. Werden Suffizienz und Energieeffizienz intelligent miteinander verbunden, ist das, so sind sich Befürworter sicher, der Schlüssel zur Lösung unserer Umweltprobleme.
Suffizienz bedeutet Verzicht ohne Verlust. Klick um zu TweetenSuffizienz ist keine Technologie, sondern vielmehr ein Konsumverhalten. Der Begriff kommt aus dem Lateinischen und bedeutet “ausreichen” oder “genügen”. Es geht also darum, mit weniger auszukommen und dabei ein besseres Leben zu führen. In unserer jetzigen Konsumgesellschaft misst der Verbraucher Wohlstand und Lebensqualität an einem stetig steigenden Konsum. Wer viel hat, der ist erfolgreich, glücklich und zufrieden. Die Suffizienz-Strategie sieht im Gegensatz dazu nur den Konsum der wirklich benötigten Menge eines Produkts oder einer Dienstleistung vor. Hinzu kommt, dass Produkte eine möglichst lange Lebenszeit haben sollten, damit die eingesetzten Ressourcen so lange wie es geht genutzt werden. Entscheidend dabei ist nicht nur die Haltbarkeit, sondern auch die Aktualität der Produkte. Beste Beispiele hierfür sind die Smartphone- und Computerindustrie. Ein Handy ist mit zwei Jahren bereits alt und überholt, auch Rechner sind schnell nicht mehr auf dem neuesten Stand – die Industrie bringt ständig neue, noch bessere Modelle heraus.
Doch wie lebt es sich suffizient? Eigentlich ganz einfach: Man verzichtet auf alles, was man nicht unbedingt braucht. Dies setzt einen bewussten Konsum voraus, bei dem man sich im Vorfeld ausführlich Gedanken macht, was wirklich benötigt wird. Brauche ich wirklich einen neuen Laptop oder finde ich das neue Teil einfach nur chic? Oder, um wieder im Baubereich zu landen, wie viel Wohnraum benötige ich tatsächlich? Auf welche Technologien, die zwar praktisch und hip sind, aber Ressourcen und Energie verschlingen, kann ich verzichten? Muss wirklich alles elektrisch und zentral gesteuert werden? Verzicht wird im Sinne der Suffizienz nicht als Rückschritt gewertet, sondern als ein Weg zu einem leichteren Leben. Weniger Besitz und weniger Technik bedeutet auch weniger, was ich hüten, pflegen und verwalten muss. Dabei muss nicht völlig verzichtet werden. Car-Sharing ist dafür ein gutes Beispiel. Wer das Auto nur ab und zu benötigt, kann sich dieses bei Bedarf leihen und sich dann sogar noch ein passendes Modell für sein Vorhaben aussuchen. Das hat den Vorteil, dass man keine monatlichen Fixkosten für einen Pkw hat und trotzdem in gewissen Situationen nicht auf den Komfort eines fahrbaren Untersatzes verzichten muss.
Beim Wohnen könnte Suffizienz beispielsweise in einer Nutzungsüberlagerung der Räumlichkeiten Ausdruck finden. Das heißt, man hat nicht für Essen, Wohnen, Fernsehen, Gäste empfangen usw. einen einzelnen Raum, sondern kombiniert diese Funktionen in einem multifunktionalen Zimmer. Die Wohnküche ist ein klassisches Beispiel. Dafür sollte man sich die Abläufe der Familie im Alltag genau anschauen. Verzicht ist gut, aber nur, wenn er auch praktikabel ist. Doch meist lassen sich bei genauem Hinsehen einige Punkte herausarbeiten, auf die getrost verzichtet werden kann. Grundsätzlich ist auch die Frage entscheidend, ob ich überhaupt in einen Neubau ziehen muss oder ob nicht ein Altbau in Frage kommt. Damit bleibt die Energie, die für die Errichtung des Gebäudes einmal eingesetzt wurde, bestehen und wird weiter genutzt. Daniel Fuhrhop, Buchautor und Neubau-Kritiker, meint sogar, dass wenn wir alle Möglichkeiten der Altbauten ausschöpfen, bräuchten wir keinen Neubau. Auch ohne die Sache so auf die Spitze zu treiben, bietet ein bestehendes Gebäude oftmals Vorteile, über die es sich lohnt, nachzudenken. Bei einem Bestandsbau kennt man das Umfeld, man kann sich oft eine größere Wohnfläche für sein Geld leisten als beim Neubau und die Grundstücksgrößen waren früher meist großzügiger geschnitten als aktuell in Neubaugebieten üblich.
Energiewende benötigt einen Bewusstseinswandel des Konsumverhaltens. Klick um zu TweetenEs Bedarf also eines Bewusstseinswandels der Menschen und einer Abkehr vom Wegwerf-Konsum. Auch ohne die Klimaziele unserer Regierung und die dringend nötige Energiewende, profitiert jeder Einzelne von Suffizienz. Immer mehr und immer besser – diese Einstellung führt in unserer schnelllebigen Welt zu Frust, Druck und oftmals auch zu Krankheiten. Ballast abwerfen, sich nur mit dem wirklich Notwendigen zu befassen, erscheint dagegen doch wie ein Verlockung des Paradieses. Gehen wir’s an: Mit Suffizienz zu einem leichten und zufriedenen Leben in einer intakten Umwelt. Jeder kann sein Puzzlestück dazu beitragen, auf jedes einzelne kommt es an!
Die Bilder sind alle im Gasthof zum Goldenen Löwen in Kallmünz entstanden, einem kleinen, idyllischen Städtchen in der Nähe von Regensburg. Hier schaltet und waltet die Familie Luber. Liebevoll wurden alte Häuser und sogar ein Schloss restauriert. Viele Dinge aus früheren Tagen finden einen neuen Platz und werden kunstvoll in Szene gesetzt.
Christiane Focking meint
Danke für diesen Überblick zur Suffizienz! Was mir besonders aus dem Herzen spricht, sind die positiven Folgen über die ökologischen Vorteile hinaus: Weniger Käufe und Dinge lassen mehr Zeit übrig – und das ist doch die wertvollste Ressource, die ich als Mensch habe.