Gewohnheitsveränderungen verlangen nach Durchhaltevermögen

Gewohnheiten entwickeln eine Kraft, gewinnen Macht über einen Menschen. Der schottische Philosoph Thomas Reid war der Überzeugung, dass eine Gewohnheit dann vorliegt, wenn sie eine kausale Kraft entfaltet, eine Neigung, einen Menschen in einer gewissen Weise handeln zu lassen, sodass es eine Anstrengung bedürfe, nicht so zu handeln. Clemens Sedmak fügt hinzu: „Wenn wir also eine Gewohnheit verändern wollen, verlangt das nach einer gewissen Anstrengung. Man könnte auch sagen: Ein Handlungsablauf wird dann zur Gewohnheit, wenn es mich anstrengt, anders zu handeln.“ Gewohnheiten bringen einen Menschen dazu, etwas zu tun, auf das er im Augenblick vielleicht gar keine Lust hat. Gewohnheiten sind kraftvoll und hartnäckig, sie weisen eine gewisse Beharrlichkeit auf, zu deren Überwindung Mühen aufzuwenden sind. Der österreichische Philosoph Clemens Sedmak hat unter anderem eine Professur am Londoner King´s College inne.

Geduld ist eine Form der Mäßigung

Die Veränderung einer Gewohnheit verlangt deswegen nach einer Arbeit an sich selbst trotz der Hindernisse und Widrigkeiten, die sich in den Weg stellen. Je länger eine Gewohnheitsveränderung andauert, desto härter wird die Arbeit sein. Am Anfang eines Gewohnheitsexperiments mag eine gewisse Euphorie stehen, die Frische des Entschlusses, der Reiz des Neuen, die farbenfrohe Vision eines anderen Lebens, die Erfahrung eines Erfolgserlebnisses, wenn ein Tag gut durchgestanden wurde.

Ein Entschluss ist schneller gefasst, als eine Gewohnheit verändert. Bei einer Veränderung einer Gewohnheit ist vor allem Durchhaltevermögen gefragt. Menschen mit Durchhaltekraft verfügen über Ausdauer und Geduld, aber auch über Widerstandskraft und die Fähigkeit, Schmerzen auszuhalten. Ausdauer, so sagt Thomas Sedmak, verlangt den langen Atem und den klaren Blick auf das Ziel am Ende des Weges. Geduld ist eine Form der Mäßigung, sich auch mit kleinen Schritten und geringen Erfolgen zufriedenzugeben und nicht zu schnell zu viel zu verlangen.

Die Durchhaltekraft ist mit der Tapferkeit verwandt

Widerstandskraft ist die Bereitschaft, sich einem Hindernis entgegenzustemmen, das erkannte Gute zu verteidigen, gerade nicht den Weg des geringsten Widerstands zu gehen. Die Fähigkeit, Schmerz auszuhalten, deutet an, dass Wehleidigkeit ein Hindernis auf dem Weg zur Arbeit an Gewohnheiten ist. Das, was der Durchhaltekraft entgegensteht, ist einerseits die Bequemlichkeit, die sich im Wunsch ausdrückt, Widrigkeiten zu meiden und die Handlungskosten, also den Handlungsaufwand, niedrig zu halten.

Durchhaltekraft ist mit Mut und Tapferkeit verwandt; denn Tapferkeit ist das Vermögen am Guten festzuhalten, auch wenn sich Schwierigkeiten in den Weg stellen. Das Durchhaltevermögen ist eine besondere Tugend. Hier ist im Grunde eine moralpsychologische Gemeinheit angesprochen: Ein Mensch braucht die Tugend des Durchhaltens, um sich andere Tugenden aneignen zu können. Anders gesagt: Man braucht schon gute Gewohnheiten, um sich gute Gewohnheiten anzulegen. Daraus folgt: Eine gute Gewohnheit wird unschwer zur nächsten guten Gewohnheit führen. Quelle: „Jeder Tag hat viele Leben“ von Clemens Sedmak

Von Hans Klumbies