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Den Unternehmenswert berechnen mit dem vereinfachten Ertragswertverfahren

vereinfachtes Ertragswertverfahren

Es gibt immer mal wieder Situationen, in denen man den Wert seines Unternehmens berechnen möchte, z.B. für Nachfolgeregelungen, den Firmen-Verkauf oder die Änderung der Gesellschafterstruktur. Auch das Finanzamt interessiert sich manchmal für den Wert eines Unternehmens, zum Beispiel um Erbschafts- oder Schenkungssteuer zu berechnen …

Eine Möglichkeit den Unternehmenswert zu berechnen, ist das vereinfachte Ertragswertverfahren nach §199 ff. BewG.

Bewertungshierarchie

Bevor man das vereinfachte Bewertungsverfahren einsetzt, muss man zunächst gucken, ob sich aus § 11 BewG und der dort festgeschriebenen Bewertungshierarchie überhaupt das vereinfachte Ertragswertverfahren ergibt:

  1. D.h. zunächst wird geschaut, ob man den Firmenwert oder den Wert von Anteilen an einer Firma aus dem Börsenkurs ableiten kann (hier wird der niedrigste Kurs am Stichtag genommen).
  2. Kann man keinen Kurs ermitteln, weil das Unternehmen beispielsweise gar nicht an der Börse notiert ist, so wird der Firmenwert aus Transaktionen unter Dritten innerhalb des letzten Jahres abgeleitet. Anteilsverkäufe innerhalb der Familie zählen also nicht!
  3. Ist auch das nicht möglich, weil vielleicht gar keine Anteilsverkäufe innerhalb des letzten Jahres stattgefunden haben, ist der Wert des Betriebsvermögens unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln. Genau hier kommt dann das vereinfachte Ertragswertverfahren zum Einsatz.
  4. Wertuntergrenze ist dabei stets der sogenannte Substanzwert (Summe der gemeinen Werte der einzelnen Wirtschaftsgüter abzüglich der Schulden).

Vereinfachtes Ertragswertverfahren

Das vereinfachte Ertragswertverfahren kommt vor allem dann zum Einsatz, wenn ein Unternehmen weder börsennotiert ist, noch im letzten Jahr getätigte Anteilsverkäufe als Vergleichswerte heran gezogen werden können. Gerade im Mittelstand mit seinen vielen Familienunternehmen ist das ja oft der Fall.

Wie berechnet man in solchen Fällen den Wert eines Unternehmens bzw. seiner Anteile? Man stützt sich auf Werte aus der Vergangenheit und standardisierte Rechen-Faktoren.

Ganz einfache Formel: (Jahresertrag x Kapitalisierungsfaktor) +/- nicht betriebsnotwendiges Vermögen = Unternehmenswert

Das klingt jetzt so easy, aber wie genau berechnet man die Faktoren der Formel?

Jahresertrag

Basis für die Berechnung des nachhaltig erzielbaren Jahresertrages ist der durchschnittliche Steuerbilanzgewinn der letzten 3 Jahre bzw. der 3-Jahres-Durchschnitt des Gewinns aufgrund einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Für das vereinfachte Ertragswertverfahren wird dieser Gewinn dann noch ein wenig bereinigt mit Hilfe von Hinzurechnungen und Abzügen (Details s. § 202 BewG).

Zusätzlich sind die sonstigen wirtschaftlich nicht begründeten Vermögensminderungen oder -erhöhungen zu korrigieren, die Einfluss auf den zukünftigen nachhaltig erzielbaren Jahresertrag haben und mit gesellschaftsrechtlichem Bezug sind. Damit sollen zum Beispiel verdeckte Gewinnausschüttungen bei Kapitalgesellschaften, überhöhte Pachtzahlungen und Ähnliches ausgeglichen werden.

Ist der so korrigierte Ausgangswert positiv, wird hiervon eine fiktive Steuerbelastung von 30 Prozent abgezogen.

Dieser Wert stellt das korrigierte Betriebsergebnis dar. Der Durchschnitt der korrigierten Betriebsergebnisse der letzten drei Jahre ist der maßgebliche Jahresertrag für die Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens.

So ergibt sich (rein rechnerisch) der Jahresertrag, d.h. der eine Faktor zur Berechnung des vereinfachten Ertragswerts.

Kapitalisierungsfaktor

Auch hier wird einfach gerechnet:

Basiszinssatz 20xx (zum 1. Börsentag des Jahres 20xx durch die Bundesbank festgesetzter Zinssatz) + pauschalierter Zuschlag gem. § 203 Abs. 1 BewG (4,5%) = Kapitalisierungszinssatz

1 / Kapitalisierungszinssatz = Kapitalisierungsfaktor

Beim aktuellen Basiszinssatz 2015 i.H.v. 0,99 % ergibt sich also eine Kapitalisierungsfaktor i.H.v. 18,2149362.

Berechnung: 1 / (0,99% + 4,5%) = 1 / 5,49% = 18,2149362

Hinweis: Für Bewertungsstichtage nach dem 31. Dezember 2015 wurde der Kapitalisierungsfaktor auf 13,75 fixiert (§ 203 BewG).

Nicht betriebsnotwendiges Vermögen

Vom Gewinn ausgenommen wurden ja oben die Erträge und Aufwendungen (zum Beispiel Finanzierungskosten) im Zusammenhang mit

  • Wirtschaftsgütern, die nicht betriebsnotwendig sind (= die aus dem Unternehmen herausgelöst werden können, ohne die eigentliche Unternehmenstätigkeit zu beeinträchtigen),
  • Wirtschaftsgütern, die innerhalb von zwei Jahren vor dem Betriebsübergang eingelegt wurden oder
  • Beteiligungen an anderen Gesellschaften.

Diese Wirtschaftsgüter werden mit ihrem gemeinen Wert zum Ertragswert für das übrige Unternehmensvermögen hinzu gerechnet.

So ergibt sich der Unternehmenswert nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren.

Mindestwert ist der Substanzwert

Der Substanzwert des Unternehmens ist der Mindestwert bei der steuerlichen Unternehmensbewertung und setzt sich aus der Summe der gemeinen Werte der betrieblichen Einzelwirtschaftsgüter abzüglich der Schulden zusammen.

Der gemeine Wert wird dabei durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen (s.a. § 9 BewG).

Dieser Substanzwert bildet die Untergrenze bei der Ermittlung des Unternehmenswerts!

Ãœbersicht zum vereinfachten Ertragswertverfahren

Hier das Ganze nochmal in der Zusammenfassung:

Stichwort Rechenschritte
1. Ermittlung Jahresertrag Gewinn

+ Hinzurechnungen

– Abzüge

+/- sonstige wirtschaftlich nicht begründete Vermögensminderungen/-erhöhungen

= Betriebsergebnis

– pauschaler Ertragsteueraufwand (30 Prozent), wenn Betriebsergebnis positiv

= korrigiertes Betriebsergebnis

⇒ Summe Betriebsergebnisse der letzten drei Jahre / 3

= Jahresertrag

2. Berechnung des Kapitalisierungsfaktors Variabler Basiszinssatz für das Jahr 2015: 0,99%

+ Pauschaler Zuschlag: 4,50 %

= Kapitalisierungszinssatz i.H.v. 5,949 %

 

1 / Kapitalisierungszinssatz

= 1 / 5,949

= Kapitalisierungsfaktor 2015: 18,2149362

3. Berechnung Ertragswert Jahresertrag x Kapitalisierungsfaktor
4. Ansatz nicht betriebsnotwendiges Vermögen + gemeiner Wert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens

+ gemeiner Wert der Beteiligungen an anderen Gesellschaften

+ gemeiner Wert des kurzfristig eingelegten Vermögens

5. Unternehmenswert Unternehmenswert nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren
6. Mindestwert Abgleich des gemeinen Unternehmenswerts mit dem Mindestwert (Substanzwert)
7. Steuerlicher Unternehmenswert Steuerlicher Unternehmenswert
Ãœbersicht zum Download

Mehr Informationen

Da ich kein Steuerberater oder Rechtsanwalt bin, gebe ich hier nur meine persönliche Einschätzung wieder. Wer wirklich mit dem Finanzamt über den Wert des eigenen Unternehmens diskutieren möchte, sollte sich auf jeden Fall an einen Profi wenden, sowas kann nämlich ganz leicht schief gehen und dann bezahlt man mehr Steuern als nötig!

Hier findet ihr weitere Informationen:

Bei Verkäufen bieten sich je nach Branche, Größe oder Rechtsform andere Modelle zur Wertermittlung von Unternehmen an. Der Preis regelt sich aber letztlich über Angebot und Nachfrage. Grundsätzlich gilt: „Wenn der Kaufpreis nicht in fünf bis acht Jahren aus den Erträgen abgezahlt werden kann, ist der Wert nicht realistisch“, so Birgit Felden, Professorin an der Berliner Hochschule für Wirtschaft und Recht. (Quelle: impulse.de)

vereinfachtes Ertragswertverfahren

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5 Kommentare

  1. Avatar-Foto

    Hallo,
    ich halte es für kritisch bei der Ertragswertmethode „Nicht-betriebsnotwendige Vermögensgegenstände“ vom Ertrag abzuziehen.
    Beispiel: Ein Unternehmen macht nachhaltig einen GEwinn von 100.000 Euro. Es ist ein Porsche aktiviert im Wert von 120.000 Euro. Der ist nicht betriebsnotwendig, aber das Ergebnis wäre bei der o.g. Formel – 20.000!
    Jedoch hat das Vorhandensein des Porsche keinen Einfluss auf den GEwinn des Unternehmens.

    • Heike Lorenz

      Hallo,
      diese Vermögensgegenstände werden später wieder hinzugerechnet, so steht es ja auch im Text :-)

      „Diese Wirtschaftsgüter werden mit ihrem gemeinen Wert zum Ertragswert für das übrige Unternehmensvermögen hinzu gerechnet.“

      Viele Grüße
      Heike Lorenz

    • Avatar-Foto
      h. gruen sagt

      der Porsche dient der Firma nicht, er ist kein Betriebsmittel wie eine Maschine, die eine Ware erzeugt. Deshalb wird er nicht berücksichtigt, wollen Sie ihn aber haben, oder will ihn der Verkäufer los werden, wird er später zu IhrEm Ksufpreis dazugezählt.

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